Renate Künast
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Fast alle in diesem Haus werden sicher die Schlusssequenz des Films „Casablanca“ kennen – –
Da haben Sie jetzt eine Bildungslücke.
Wenn Sie mal einen Abend bei Ihrer aufopferungswürdigen Tätigkeit frei haben, empfehle ich Ihnen, Herr Niedergesäß, gucken Sie ihn sich an. – Die Schlusssequenz auf dem Flughafen lautet – da sprechen Rick und der Colonel miteinander –: „Dies könnte der Beginn einer wunderbaren Freundschaft sein!“ Und genau das haben wir zum Titel gemacht, weil wir uns Sorge machen. Wir wissen nämlich eines: Auch Berlin hat eigentlich die Chance für eine ganz wunderbare Freundschaft, für ein ganz besonderes freundschaftliches Verhältnis zwischen der Bundesebene und seiner Rolle als Bundeshauptstadt. Das könnte eine wunderbare Freundschaft sein. Unsere Sorge ist aber – und die Zeitungen sind ja davon voll –, dass Herr Diepgen und Herr Landowsky hier so langsam dem Zerrüttungsprinzip folgen und die Beziehungen, die eigentlich entstehen könnten, tatsächlich in den Sand setzen – zum Schaden Berlins.
Um was geht es? – Es geht darum, dass Berlin als Hauptstadt seine Rolle findet, finden muss.
Es geht darum, dass 1994 – kritisiert zumindest von unserer Fraktion – ein Hauptstadtvertrag ausgehandelt wurde, der unseres Erachtens schon damals mehr als unzulänglich war. Damals haben Herr Diepgen und andere alle Kritiker kritisiert und gesagt: Dieses uns von Kohls Gnaden gegebene Werk von Hauptstadtvertrag ist bestens. Nun sehen wir, dass selbst Herr Diepgen nichts als kritische Worte findet und ständig finanziell nachbessern muss.
Um was geht es? – Es geht um die Finanzierung von Sicherheit, von Mehrkosten, die dem Land Berlin entstehen, und es geht um die Finanzierung von Kulturpolitik in dieser Stadt.
Und bei dem Wort Kultur ist man eigentlich schon an der allerbesten Stelle. Dieses Wort „Kultur“ zergeht einem fast auf der Zunge wie die Torte, die Eberhard Diepgen im letzten Jahr im August, an einem warmen Augusttag, dem Bundeskanzler Schröder überreichte. Herr Diepgen, das reicht aber nicht an Kultur. Kultur heißt auch mittelenglische Umgangsformen. Und Kulturpolitik in der Bundeshauptstadt sollte da anfangen, wo man einen kulturvollen mittelenglischen Umgang mit der Bundesregierung – und im Übrigen auch mit Herrn Naumann – pflegt.
Ja, bei mittelenglischen Umgangsformen allemal – auch Sie, Herr Kittelmann! – Dieser Begriff von Herrn Landowsky an Herrn Naumann zu sagen, er sei der „Bundesoberschlaumeier“, ist ja etwas unter Niveau. Zum Glück lässt sich Herr Naumann auch nicht von jedermann beleidigen. Das kann die Stadt ja noch beruhigen. Aber unsere Sorge ist, dass alles das, was hier verzweifelt aufzubauen versucht wird, eben gerade Herr Diepgen und Herr Landowsky auch zu Lasten der finanziellen Situation der Stadt Berlin immer wieder einreißen. Nehmen wir ein Treffen der Berliner Bundestagsabgeordneten, das mittlerweile die Berlinvertretung organisiert. Was war beim letzten Mal? – Nichts als Geschimpfe! Nehmen wir – Herr Gewalt, Sie waren leider nicht dazu eingeladen – die Rede des Regierenden Bürgermeisters in der letzten Woche beim traditionellen Spargelessen. Da fing er an über ein Verlöbnis, das es gegeben hat, zu erzählen, und dass der Bräutigam über lange Jahre Erwartungen bei der Braut geschürt hätte. Ich gebe zu, ich habe erst gedacht, er redet über das Ost-West-Verhältnis, dass die Braut im Osten nicht alle Erwartungen erfüllt bekomme, bin aber dann aber schnell einer
weiteren Erkenntnis anheimgefallen. Er meinte Berlin. Er ist tatsächlich in der Situation wie in einer Art Sado-Maso-Nummer zu sagen, der Bund ist der Bräutigam, der immer Versprechungen gemacht hat, und Berlin ist die Braut, die nun nach der Eheschließung etwas düpiert dort steht. Ich kann nur sagen: So nicht, Herr Diepgen, so nicht! Sie haben hier die Aufgabe, die Interessen des Landes Berlin zu vertreten, das heißt, etwas für die Umgangsformen zu tun. Das würde im Übrigen, Herr Wowereit, auch heißen, dass sich die SPD vielleicht an dieser Stelle mal einmischt und nicht tatenlos zusieht, wie CDU-Mitglieder an dieser Stelle die Verhältnisse zwischen der Bundes- und der Landesebene weiter verschärfen.
Wir bemühen uns durchaus, Herr Wowereit! Wenn dieser Senat ständig Öl ins Feuer gießt, darf sich niemand wundern, wenn eine Nachbesserung des Hauptstadtvertrags, des unzulänglichen Hauptstadtvertrags von 1994, im Augenblick im wahrsten Sinne des Wortes nur schwer möglich ist.
Ja. – Wir haben Forderungen zu beiden Bereichen. Bei der Sicherheit war Bonn bedeutend besser ausgestattet. Wir haben Forderungen im Kulturbereich. Immerhin bewegt man sich da. Wir werden immer kritisch betrachten, dessen können Sie sicher sein, dass aus einer finanziellen Ausstattung nicht erwächst, dass der Bund nun bestimmt, was Kulturpolitik in Berlin sein soll. Da werden wir klar nein sagen.
Aber ein Punkt, den wir eigentlich hier an dieser Stelle diskutieren müssten, den wir für dringend halten, lautet: Wie sind die Beziehungen zwischen Berlin und der Bundesebene? Wie können wir sie verbessern? Eberhard Diepgen versucht hier – da muss ich an seine Spargelrede anknüpfen – eine ganz besondere Beziehung zwischen der Bundes- und der Landesebene hinzukriegen, nämlich eine, bei der man sich schlicht und einfach durchschnorrt, eine, die man als „Bratkartoffelverhältnis“ bezeichnen könnte. Sie wissen, was das ist. Da kann man kommen und gehen, wann man will.
Man wird immer ernährt, muss aber selber nichts dazu beitragen, wenn es zum Beispiel um das strukturelle Sparen geht. Wir meinen, diese Stadt muss diskutieren: Welches ist die dienende Funktion als Hauptstadt? Was ist eine selbstbewußte Funktion als Hauptstadt? Wie verändern wir die Beziehungen zwischen Bund und Berlin so, dass Berlin nicht am Ende finanziell das Nachsehen hat?
Lieber Herr Gram!
Sie haben zwei Thesen aufgestellt. Die eine ist die, das Landesamt arbeitete erfolgreich.
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Ich komme sofort zum Schluss. – Dieses Einsetzen gegen die Vollstreckung der Todesstrafe steht in Artikel 102 des Grundgesetzes. Es ist keine Schande, sich dafür einzusetzen.
Bei der letzten Akteneinsicht habe ich noch eine Liste von 40 bis 50 PDS-Bürgermeistern in den neuen Bundesländern gefunden. Das gehört doch nicht in diesen Bericht.
Dieses Amt arbeitet nicht rechtmäßig. Mit diesen Mitarbeitern kann man nicht rechtmäßig arbeiten. Es hält sich nicht an Recht und Gesetz. Wir wollen nicht wieder ein großes Tamtam, mit dem uns etwas vorgegaukelt wird und zwei Monate später der Innensenator vor uns steht und sagt: Es hat nicht geklappt; wir fangen von vorne an. – Wir fordern: kein Schnickschnack, keine Nebelkerzen, sondern Auflösung. Das ist die richtige Antwort.
Herr Lehmann-Brauns, bei der Definition, die Sie hier gegeben haben und bei der Sie meinen, dass wir sie nicht trügen – verstehe ich Sie richtig, wenn Sie an den einfachen Soldaten denken, dass Sie jetzt anregen, dass einige von den Soldaten, die Berlin befreit haben, zu Ehrenbürgern gemacht werden sollen – zum Beispiel der, der die Fahne auf dem Reichstag gehisst hat? interjection: [Beifall der Frau Abg. Anding (PDS)] Ist es das, was Sie meinen? – interjection: [Zurufe] Sie werden es nicht glauben: Wir machen es mit! Aber dann sagen Sie es und werfen Sie keine Nebelkerzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! – Herr Diepgen! Ich muss sagen, mir kommen die Tränen.
Herr Diepgen! Mir kommen die Tränen, und wenn Sie mir auch Ihr Taschentuch anbieten – – Nicht einmal ein sauberes haben Sie zu bieten, fällt mir an der Stelle auf. Schade drum!
Warum kommen mir die Tränen? –
Die Tränen kommen mir, weil Sie sich hier gerade wie ein Wolf im Schafspelz geriert haben. Sie haben so getan, als läge das Entscheidungsdefizit des Landes Berlin und dieses Senats daran, dass Sie möglicherweise zu wenig Richtlinienkompetenz hätten. Sie haben so getan, als sei der Entscheidungsstau in dieser Stadt dadurch verursacht, dass nicht das ganze Haus sich darüber Gedanken gemacht hat, wie neue Strukturen zu schaffen sind und strukturell zu sparen ist und wie jungen Menschen eine Chance gegeben werden kann. – Ich sage Ihnen aber: Unsere Bank hat diese Hausaufgabe gemacht und macht sie seit Jahren. In diesen neun Jahren große Koalition machen wir Monat für Monat Vorschläge, und was machen Sie? – Sie machen damit gar nichts, Sie halten sich die Ohren zu.
Sie sagen, wir müssten gemeinsam Lösungen finden. Ich sage: Wir haben sie angeboten. Sie haben aber nicht einmal ansatzweise versucht, diese Strahlkraft des Landes Berlin zu erhalten. Bei all den weichen Standortfaktoren, die Herr Landowsky benannt hat und die die Gründe dafür sind, warum z. B. die Investoren bzw. die Wirtschaft nach Berlin kommen – bei Bildung, Ausbildung, Kultur –, haben Sie durch Ihr Nichtentscheiden und Ihr Wegsehen zugelassen, dass die Situation heute so desaströs ist, wie sie ist. Deshalb ist mir auch klar, warum so mancher nicht kommt, warum keine Senatoren kommen und warum Sie partout erst einmal niemanden mit Qualifikation für das Kulturressort finden werden. Mir ist auch klar, warum keine Investoren kommen, denn all diese Standortfaktoren sind von Ihnen in die Sackgasse geführt worden.
Wenn jetzt noch weitere gehen und immer mehr Wirtschaftsbetriebe und Senatoren abwandern, ist man ja fast geneigt, den Film „Kevin – allein zu Haus“ in „Ebi – allein zu Haus“ umzubenennen. Denn bald sieht es genau so aus.
Wie stellen Sie das an, Herr Diepgen? – Sie machen das mit diesem klassischen, mittlerweile berühmten System Diepgen. Was ist das? – Das ist eine Mischung aus Westberliner Feuchtbiotop, wo diese Altherrenriege – man kann nicht sagen „60 plus“, weil Sie alle wenige Jahre jünger sind; deshalb: „60 minus“, ich will nicht uncharmant sein –, die Herren Landowsky, Kittelmann und Diepgen, das fest im Griff hat. Und jeder, der neu kommt, hat keine Chance.
Sie haben auch heute noch die Fäden in der Hand. Sie sortieren alles ordnungsgemäß in Plastikhüllen, und auch wenn Herr Landowsky immer über die Verjüngung und Erneuerung redet – dadurch werden Sie ja nicht jünger, Herr Landowsky,
das färbt nicht ab, so etwas merke dann selbst ich! –, agieren Sie in dieser Altherrenriege so, dass man sagen muss: Jeden Dienstag früh am Senatstisch wird gebetet, und der Satz heißt: „Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.“ – Und genau an diesem Satz scheitern sie dann alle. Da geht dann Herr Schönbohm – nicht, dass ich ihm auch nur eine Träne nachweinen würde. Aber Herr Schönbohm war für Sie so lange gut, wie er am rechten Rand trübe Fische fischte. Das war schön. Da hatte man rechts immer freie Hand, und Herr Schönbohm holte sie. In dem Augenblick, wo Herr Schönbohm die Nase über den
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Senatstisch brachte und sagte: „Jetzt möchte ich hier auch mal!“, machte es bong: „Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.“ – Weg war er!
Herr Radunski war eigentlich nur wohlgelitten, weil er Ihnen den Wahlkampf organisiert hat – auch nach dem Motto: „Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.“ – Dafür haben Sie akzeptiert, dass er das mit dem Kulturbereich macht, was er gemacht hat, ihn nämlich in die Sackgasse zu fahren. – Dann bleibt noch Frau Thoben, und die hat selbst die Segel gestrichen an dieser Stelle. – Das war der eine Effekt des System Diepgen.
Der zweite Effekt dieses Systems ist der, den wir gerade schon in verschiedenen Beiträgen gehört haben: Es wird in dieser Stadt nichts, aber auch gar nichts entschieden. Es wird nichts bewegt, es werden keine Linien vorgegeben. Ich bin nahezu gewillt zu sagen: Dieses Auf-den-Sankt-Nimmerleins-Tag-Verschieben muss eine Erfindung von Ihnen sein, weil ich sonst niemandem zutraue, ein solches Wortspiel zu erfinden. Sie jedenfalls nutzen es regelmäßig.
Schauen wir uns doch einmal an, was wir haben: Bis zu 2 Milliarden DM beträgt die Deckungslücke jetzt, und die Spatzen pfeifen es von den Dächern, dass wir in wenigen Jahren eine Dekkungslücke von 7 Milliarden DM haben werden. Und wer ist dabei, Herr Wowereit? – Sie haben versucht, so zu tun, als gebe es keine Senatskrise. Nicht das Land Berlin, sondern Eberhard Diepgen habe eine Krise. – Natürlich hat er eine. Aber Sie, Herr Wowereit, haben auch eine Krise.
Denn was tut die Berliner SPD seit neun Jahren? – Sie steht dabei, sie steht Schmiere bei dieser Art und Weise, mit Berlins Kapazitäten umzugehen.
Sie wissen, dass man im Strafrecht, wenn man Schmiere steht, manchmal zumindest wegen Beihilfe verurteilt werden kann, und ich glaube, das wird das Schicksal der Berliner SPD an dieser Stelle sein.
Was haben Sie z. B. in der Kulturpolitik angerichtet? – Sie haben alle groß geredet, wie gut die Kultur ausgestattet ist, Herr Diepgen! – Es gibt ein Plus von 40 Millionen DM an Zuwendungen von der Bundesebene, aber im Haushalt sieht das aus wie 20 Millionen DM. In welchem Bermuda-Dreieck haben Sie diese Differenz von 20 Millionen DM versacken lassen? – Sie schaffen es ja, selbst dann Löcher zu produzieren, wenn sie ein Plus von 40 Millionen DM erhalten. Das muss erst einmal einer hinbekommen, und Herr Wowereit sieht zu.
Dann kommen Sie noch mit dem schönen Satz, der Bund solle jetzt bezüglich der Bundesmittel immer tiefer in die Tasche greifen. Also, so geht es dann auch nicht. Wir machen uns auf der Bundesebene stark, aber Sie müssen dann, bitte schön, auch irgendeinem von uns die Möglichkeit geben, zu erklären und zu zeigen, dass überhaupt strukturell gespart und im Kulturbereich etwas angepackt wird. Man kann doch nicht sagen: „Wir graben tiefe Löcher, rote Zahlen!“, und dann von Herrn Naumann oder Herrn Schröder fordern: „Gib!“ – Das können sie von niemandem von uns erwarten, und das wird auch nicht funktionieren.
Herr Diepgen! Sie haben auch in allen anderen Bereichen nichts angepackt. Eine Milliarde DM Wirtschaftsförderung, aber was haben Sie getan? – Nichts haben Sie getan. Sie reden über Innovationen und über „Mehr Mäuse für die Schule!“ – man müsse besser qualifiziert sein –, aber was passiert mit dieser einen Milliarde? – Eigentlich gar nichts. Stattdessen wird es immer noch so organisiert, dass bis zu dreistellige Summen – wenn man einmal die verschiedenen Ressorts zusammenzieht – an EU-Mitteln nicht ausgenutzt werden. Sie haben im letzten Wahlkampf versprochen, dass 30 000 Medienarbeitsplätze geschaffen werden und bald ein Medienbeauftragter kommt. Das alles wollten Sie aus eigener Kraft schaffen. Aber was haben Sie geschafft? – Herrn Kogel von Sat 1 bleibt das Frühstücksei im Hals stecken, wenn er mit Ihnen am Frühstückstisch sitzt, und er sucht das Weite. 30 000 Arbeitsplätze sehe ich nicht.
Und nun komme ich zu dem Punkt, den wir die ganze Zeit über besprochen haben, nämlich die Frage des Personals. Nehmen wir den Wissenschaftsbereich – die Krankenhäuser –, nehmen wir den Kulturbereich: Es hat vor zwei Jahren zwischen den Gewerkschaften und dem Deutschen Bühnenverein eine Vereinbarung über eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten gegeben. Was haben Sie getan? – Nichts haben Sie getan; die Kulturverwaltung hat sie abgelehnt. Damit hätten Sie doch genau das haben können, wovon Sie immer geredet haben!
Sie haben noch im Wahlkampf mit großem Getöse Beschäftigungssicherung bis 2004 versprochen und haben sich feiern lassen wie King Louis. Und nun beklagen Sie sich und sagen wieder, die Opposition müsse es richten. Von uns gibt es an dieser Stelle regelmäßig Vorschläge! Wir haben über einen solidarischen Beschäftigungspakt geredet; wir reden über Umverteilung, über Arbeitszeitverkürzung. Sie haben all diese Punkte nicht einmal angetippt!
Gucken Sie sich unseren heutigen Antrag an! Wir haben einen gemeinsamen Kulturpersonalpool, einen Innovationsfonds, vorgeschlagen um ein Stück Anschub zu finanzieren; wir haben in Bezug auf die Charite´ vorgeschlagen, dass diese sich am Personalmanagementverfahren des Landes Berlin beteiligen soll; wir haben gesagt, dass mit dem Universitätsklinikum Benjamin Franklin und der Charite´ wegen des größeren Einstellungskorridors eine Poolbildung vorgenommen werden muss. Was ist denn mit all dem? – Sie lassen sich schon wieder feiern; sie unternehmen an dieser Stelle keinerlei strukturelle Maßnahme. Und am Ende wollen Sie der Opposition, die regelmäßig Vorschläge macht, die Schuld in die Schuhe schieben. So nicht, Herr Diepgen!
Ich komme zum Schluss. – Räumen Sie doch erst einmal in Ihrem eigenen Stall auf! Sie und Herr Landowsky sind manchmal schon nicht einer Meinung. Und heute entnimmt man den Zeitungen, z. B. dem „Berliner Kurier“, dass die hoffnungsfrohe Nachwuchskraft Monika Grütters sagt: „In der Charite´ gibt es keine andere Möglichkeit als Kündigungen.“ Oder Nico Zimmer, Sprecher der „Jungen Gruppe“, sagt, trotz des Wahlversprechens müsse es jetzt eine Aufhebung des „Kündigungsdenkverbots“ geben.
Herr Diepgen, Sie haben nicht einmal bei sich selbst aufgeräumt und wollen uns die Schuld in die Schuhe schieben. Wir haben eine ganze Reihe von konkreten Vorschlägen gemacht. Wir haben niemandem etwas vorgegaukelt und den Menschen gesagt: „Ihr müsst flexibler sein, und dazu sind Poollösungen notwendig, um Umstrukturierungen und neue Chancen zu erreichen.“ Heute gebe ich Ihnen Ihre Aufforderung zurück, Herr Diepgen. Beschäftigen Sie sich bitte endlich mit den Vorschlägen, die zumindest meine Fraktion seit Jahren macht. Berlin hat Chancen, Berlin hat Möglichkeiten.
Und es gibt an vielen Stellen die Situation, dass der Ball quasi auf dem Elf-Meter-Punkt liegt. An vielen Stellen kann man strukturell sparen und neue Möglichkeiten eröffnen. Aber Sie machen nicht einmal den Versuch, ein Tor zu Gunsten des Landes Berlin zu schießen. Das ist unser Vorwurf.
Dass Sie, Herr Senator, dieses Thema gern funktionalisieren, um auf der einen Seite noch einmal über eine Änderung des Versammlungsrechts nachdenken zu können oder über die Bannmeile oder über das Thema Linksextremismus, wundert uns nicht an dieser Stelle. Sie sind vorhin auf eine Frage nicht eingegangen, die Herr Benneter gestellt hat.
Es ging um das Wissen, das Sie uns im Verfassungsschutzausschuss mitgeteilt haben. Sie haben dort mitgeteilt, dass die NPD funktionalisiert wird seitens anderer, z. B. Skinheads. Ich bin froh darüber, dass mit zwei-, dreijähriger Verzögerung das Landesamt für Verfassungsschutz dieses Wissen auch schon hat, dass die
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NPD funktionalisiert wird, und ich möchte die Frage von Herrn Benneter von vorhin präzisieren: Gibt es einen Mangel an Erkenntnissen im Landesamt für Verfassungsschutz, so dass man nicht zeigen kann, wie diese Funktionalisierung der NPD z. B. durch Skinheads und andere Gewaltbereite passiert, und liegt dieser Mangel daran, dass seit Jahren und auch für das kommende Haushaltsjahr das Landesamt für Verfassungsschutz für die Beobachtung des Rechtsextremismus nur halb so viel Geld ausgibt wie für die Beobachtung des Linksextremismus?
Herr Dr. Nelken! Bei diesem Beitrag gerade muss ich Ihnen neidvoll anerkennen: Sie haben wieder einmal versucht, Niklas Luhmann, dem großen Soziologen, bei der Textexegese Konkurrenz zu machen. Wissen Sie, wo die Gemeinsamkeit liegt? – Auch den haben die meisten nicht verstanden. interjection: [Heiterkeit bei den Grünen]
Sie versteigen sich am Ende der Textexegese dieses gemeinsamen Antrags in eine Analyse, die dazu führt, dass auch Herr Gauck Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit gewesen wäre. Das finde ich doch ein bisschen weit hergeholt. So bin ich auch auf den Vergleich mit Niklas Luhmann gekommen, muss ich Ihnen sagen.
Es ist in der Opposition selten genug, dass man Erfolge feiern kann. Das Schöne am heutigen Tag ist, dass wir gleich zwei haben. Der erste Erfolg war der bei den Wahlen zum Verfassungsgerichtshof, der zweite Erfolg ist dieser Antrag hier, den wir gemeinsam als Ersetzungsantrag einbringen. Ich werde auch gleich erklären warum.
Dieses am Ende zweistufige Verfahren zur Überprüfung der Abgeordneten geht auf Initiativen der Fraktion der Grünen zurück. Vor zehn Jahren war es noch so, dass die PDS an Überprüfung nicht dachte und in den anderen Fraktionen die meisten sagten, wir Wessis lassen uns überhaupt nicht überprüfen, weil es bei uns nach den Regeln des Strafgesetzbuchs gleich so wäre, dass wir uns strafbar machten. Es gehörte schon einiges an Mühe dazu, das Haus am Ende dazu zu bringen, nach langen Monaten tatsächlich solche Überprüfungsregeln zu machen. Wir stehen heute noch dazu und sagen heute noch: Man kann bei mancher Strafe eher ein Auge zudrücken, dafür gehört aber zur Aufarbeitung immer Transparenz und Offenheit. Es muss offen gelegt werden, wer wann mit wem zusammengearbeitet hat. Deshalb haben wir auch jetzt wieder diesen Antrag gestellt.
Man muss allerdings eines sagen: In der Praxis haben wir bei diesem Antrag eine Vielzahl an Mängeln gesehen, Mängel in den einzelnen Verfahrensvorschriften und am Ende auch einen Missbrauch dieser Überprüfung überhaupt. Wir können uns alle daran erinnern, wie oft darüber geredet wurde und wer hier in diesem Plenum stand und dann mit lauter Stimme einzelne Abgeordnete – gerade bei der PDS – aufforderte, jetzt sofort ihr Mandat niederzulegen, obwohl der Ehrenrat zu einem solchen Beschluss gar nicht gekommen war, während an anderer Stelle dann das Auge zugedrückt wurde, bei einigen Wessis, wo es Vorfälle gab. Da wurde sozusagen das Mäntelchen der Nächstenliebe darüber gedeckt.
Wir haben aus all diesem Missbrauch Schlüsse gezogen und haben in dieser Legislaturperiode den Antrag anders eingebracht, und zwar mit zwei Kernpunkten. Der eine: Auf Antrag des Betroffenen muss der Ehrenrat öffentlich tagen. Das rechtliche Problem, das dahinter steht, das Rechte Dritter oder geheim eingestufte Materialien vorliegen können, ist bundesrechtlich geregelt, das geht im Zweifelsfall vor. Wir wollten aber die Möglichkeit eröffnen, die sogenannte Beweisaufnahme im Ehrenrat öffentlich zu machen.
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Der zweite Punkt ist eine Klarstellung bei dem Recht des Ehrenrats, Empfehlungen abzugeben. Wir haben bei uns einen Satz aus dem Stasi-Unterlagen-Gesetz aufgenommen. Sie erinnern sich, vor Jahren wurde dort eingeführt, dass Materialien, die vor 1975 entstanden sind, nur dann weitergegeben werden dürfen an eine anfragende Behörde, wenn
der Betroffene ein Verbrechen begangen hat oder gegen Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat.
Genau diese Formulierung haben wir in unseren Antrag aufgenommen, so dass es jetzt heißt, dass die Empfehlung zur Mandatsniederlegung durch den Ehrenrat nur dann gegeben werden darf, wenn genau gegen diese Grundsätze durch den Betroffenen verstoßen wurde. Das ist unseres Erachtens eine Formulierung, die dafür Sorge trägt, dass es diese missbräuchlichen Aufforderungen zur Mandatsniederlegung, auch funktionalisiert und Missbrauch durch eine Fraktion dieses Hauses hier im Plenum in Zukunft wird nicht mehr geben können.
Vorteil dieses gemeinsame Antrages – und deshalb haben wir ihn gemeinsam gemacht –: Beide von mir beschriebenen Formulierungen, die wir neu entwickelt haben, sind in dem neuen Antrag drin, und deshalb haben wir ihn mit gestellt, und ich hoffe, dass alle zustimmen.