Björn Tschöpe

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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eine parlamentarische Tradition zumindest bei nicht ständigen Ausschüssen, ist es, dass der jeweilige Ausschussvorsitzende kurz über den Sach- und Streitstand Bericht erstattet. Ich möchte das auch in der gebotenen Kürze mit dem Verweis auf den Ihnen vorliegenden Abschlussbericht des Ausschusses tun. Im Kern hat der Ausschuss drei Komplexe diskutiert. Zum einen hat er sich über die volkswirtschaftliche und finanzwissenschaftliche Sinnhaftigkeit einer Austeritätspolitik ausgetauscht. Zum anderen hat er den Spielraum einer landesverfassungsrechtlichen Regelung zur Begrenzung der kameral zu tragenden Schulden ausgelotet und sich darüber ausgetauscht, wie mit den bremischen Besonderheiten einer staatlichen Schuldenbremse durch die bestehende Realunion zwischen dem Land und der Stadtgemeinde Bremen umzugehen ist. Völlig unabhängig davon, ob man das Prinzip der Austerität auf europäischer oder nationaler Ebene für ein angemessenes, geeignetes und schlüssiges Politikkonzept hält oder nicht, hat die Ausschussmehrheit aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und CDU festgestellt, dass der Bundesgesetzgeber mit Artikel 109 Grundgesetz bindendes Verfassungsrecht geschaffen hat, welches dieses Prinzip für den Bund und die Länder auch bereits verbindlich einführt. DIE LINKE hält die Regelung des Artikel 109 für verfassungswidriges Recht, dazu wird die Kollegin Frau Vogt mit Sicherheit noch einige Ausführungen machen.
Das ganz überwiegende Ergebnis der durchgeführten Sachverständigenanhörungen war, dass die Schuldenbremse aus Artikel 109 Grundgesetz auch eine abschließende und verbindliche Regelung für die Haushaltsführung der Länder beinhaltet. Soweit der Landesverfassungsgeber eine eigene Norm schaffen will, kann diese nur deklaratorisch den Artikel 109 Grundgesetz übernehmen. Allerdings steht es dem Gesetzgeber zu, diese Regelung zu verschärfen oder mit ergänzenden Regelungen zu versehen. Der Ausschuss hat sich deshalb mit der Mehrheit von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und CDU entschieden, die Regelung des Artikel 109 Grundgesetz wortidentisch in die Bremer Landesverfassung zu übernehmen.
Darüber hinaus bestand Einigkeit, eine denkbare Umgehung über Verschuldungsmöglichkeiten außerhalb des Haushalts auszuschließen. Der Ausschuss hat allerdings in seiner Gesamtheit auch gesehen, dass Bremen als Haushaltsnotlageland insbesondere bei seinen Einnahmen, aber auch bei vielen Ausgaben im Wesentlichen von Entscheidungen des Bundesgesetzgebers abhängig ist. Die zunächst von SPD und Grünen analog der rheinland-pfälzischen Landesverfassung vorgeschlagene Notwehrklausel musste fallen gelassen werden, da diese nicht mit den bindenden Regelungen aus Artikel 109 Grundgesetz zu vereinbaren war. Eine solche Notwehrklausel hätte für den Fall des bundesbedingten Wegfalls von Einnahmen – Stichwort Steuerreduzierungen – eine zeitliche Verschuldungsanpassungsphase vorgesehen, dasselbe gilt bei entsprechenden Ausgabenerhöhungen, die der Bund den Ländern aufbürdet. Dies ist wegen der vorher geschilderten Gründe, dass der Artikel 109 Grundgesetz eine abschließende Regelung enthält, nicht möglich gewesen.
Stattdessen hat der Ausschuss den Weg gewählt, den Senat zu verpflichten, bei seiner Mitwirkung, bei der Mitwirkung Bremens an der Bundesgesetzgebung und den Angelegenheiten der Europäischen Union sein Handeln am Ziel der Einnahmesicherung auszurichten, das heißt, der Senat wird in Zukunft – das hat er sowieso immer zu tun, aber jetzt auch noch einmal verfassungsrechtlich gebunden – sagen, bevor er einer Steuersenkung oder einer Ausgabenerhöhung zustimmt, muss er erst einmal schauen, welche Auswirkungen das für die Einhaltung der Schuldenbremse in Bremen hat.
Der Ausschuss hat ebenfalls beschlossen, die Regelung der staatlichen Schuldenbremse auch für die Haushalte der Kommunen Bremen und Bremerhaven einzuführen. Dies folgt zum einen der bremischen Verfassungstradition, dass die Stadtgemeinde Bremen in personeller und inhaltlicher Realunion zum Land Bremen steht, zum anderen aber auch, dass die bisherigen mit dem Bund vereinbarten Konsolidierungsverpflichtungen gleichermaßen von den Stadtgemeinden und vom Land getragen werden und getragen werden müssen.
Um den Kommunen die Einhaltung der Schuldenbremse zu erleichtern, hat sich Bremen, übrigens als letztes Bundesland, mit eigenen Gemeinden dazu entschlossen, das Konnexitätsprinzip einzuführen. Mit Inkrafttreten der Schuldenbremse zum 1. Januar 2020 müssen dann neue, vom Land eingeführte Aufgaben der Kommunen auch durch das Land angemessen finanziert werden. Die vorliegenden Änderungen werden von der SPD, vom Bündnis 90/Die Grünen und der CDU getragen. DIE LINKE lehnt das aus den beschriebenen grundsätzlichen Erwägungen ab.
Ich möchte abschließend allen Ausschussmitgliedern für den kollegialen, sachlichen und zielgerichteten Diskussionsstil danken. Mein Dank gilt ebenso all denjenigen, die als Sachverständige oder aus der Verwaltung heraus den Diskussionsprozess bereichert haben. Herrn Weiß danke ich für die effiziente Ausschussassistenz. – Ich danke Ihnen für die gewährte Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Den Ausschussvorsitzenden in der Bremischen Bürgerschaft fällt ja immer die Aufgabe zu, den Beratungsgang und das Ergebnis der Ausschussberatungen darzustellen. Dieser Gepflogenheit will ich mich auch nicht entziehen, deshalb versuche ich, relativ kurz die Gegenstände der Ausschussberatungen zu erläutern.
In den Ausschuss sind drei Verfassungsänderungsanträge überwiesen worden. Zum einen war es der Antrag zur Absenkung der Zustimmungsquoren bei verfassungsändernden Gesetzen. Zum Zweiten war es eine Veränderung im Bereich der Bürgeranträge, zum einen zur Absenkung der Quoren für das Einreichen der Bürgeranträge, und zum anderen der Möglichkeit der digitalen Unterstützung von Bürgeranträgen. Zum Dritten hat der Ausschuss darüber beraten, warum und wie ein Volksentscheid einzuführen wäre, wenn öffentliche Gesellschaften zu veräußern sind oder dies beabsichtigt wird.
Zum ersten Punkt, der Absenkung der verfassungsrechtlichen Quoren, war die Beratung sehr einfach. Das Parlament hat einstimmig den Antrag in erster Lesung beschlossen und in den Ausschuss überwiesen. Der Ausschuss hat Stellungnahmen eingeholt, es gab keine harten verfassungsrechtlichen Einwände gegen die vorgesehenen Veränderungen, deshalb ist der Ausschuss in seinen Empfehlungen auch zu dem Ergebnis gekommen, einige rechtsförmliche Veränderungen vorzunehmen, aber im Übrigen dieses Gesetz vollumfänglich der Bürgerschaft zur Beschlussfassung vorzulegen und Ihnen zu empfehlen, diesen Antrag anzunehmen.
Beim zweiten Punkt, der Erleichterung des Bürgerantrags, wird von bisher zwei Prozent der Einwohner Bremens über 16 Jahren, so ist das Quorum bisher definiert, auf eine feste Zahl von 5 000 Unterschriften im Land und 4 000 Unterschriften in der Stadt heruntergegangen. Auch dies haben wir in der ersten Lesung einstimmig beschlossen, und so soll es auch bleiben. Einige rechtsförmliche Verbesserungen hat dieses Gesetz im Ausschuss erfahren.
Der zweite Punkt bei den Bürgeranträgen war die Möglichkeit, sich diesem Bürgerantrag nicht nur durch
Unterschrift zu verpflichten, sondern ihn auch digital zu unterstützen. Darüber hat es eine etwas längere Diskussion im Ausschuss gegeben, wie eine solche digitale Unterstützung im aktuellen Medienzeitalter eigentlich aussehen könnte. Der Ausschuss ist einstimmig der Meinung gewesen, dass eine Form der digitalen Unterstützung auch erkennen lassen muss, wer denn unterstützt, es muss eine Authentizität geben. Wir haben lange darüber gesprochen, welches Verfahren denn geeignet wäre, um einen solchen Bürgerantrag zu unterstützen.
Die Lösung des Ausschusses ist zu sagen, ja, es ist möglich, digital zu unterstützen, wenn dieselben Voraussetzungen erfüllt werden wie bei einer analogen Unterschrift. In welchem jeweils gültigen Verfahren technischer Art dies stattfinden soll, wollen wir durch eine Rechtsverordnung der Senatorin für Finanzen regeln; in einer Rechtsverordnung deshalb, weil Rechtsverordnungen schneller den aktuellen technischen Anforderungen entsprechen können. Das heißt, nach der Verfassungsänderung, nach der Gesetzesänderung durch uns, bedarf es noch des Erlasses einer Rechtsverordnung durch die Senatorin für Finanzen, die dann die unterschiedlichen Möglichkeiten der authentizitären Unterstützung eines Bürgerantrags näher definiert.
Im dritten Punkt, und das war nicht mehr so einvernehmlich, aber das war auch schon nach der ersten Lesung der Verfassungsänderung klar, ging es um die sogenannte Privatisierungsbremse, die Verpflichtung, bei beabsichtigten Veräußerungen öffentlicher Unternehmen einen Volkentscheid durchzuführen. Darüber haben wir in diesem Ausschuss am längsten diskutiert. In der ersten Lesung hat dieser Antrag auch nur die Unterstützung von Rot-Grün gehabt. Es hat sich etwas verändert, auch in der jeweiligen Formulierung. Es ist nicht mehr die Ursprungsformulierung, sondern das Gesetz ist völlig neu gestaltet worden. Im Wesentlichen hat sich das durch den Beratungsgang des Ausschusses ergeben, der verschiedene externe Sachverständige angehört und verschiedene Stellungnahmen unterschiedlicher senatorischer Dienststellen eingeholt hat. Es sind uns Gutachten, die wir nicht angefordert haben, aber die trotzdem sehr erhellend waren, übersandt worden, und aus dieser gesamten Melange hat der Ausschuss beschlossen, den vorgelegten Gesetzentwurf in der Ihnen vorliegenden Form zu ändern. Die neue Fassung stellt nach unserer Meinung sicher, dass nur die ihrer Größe und Bedeutung nach wichtigen Landesbeteiligungen oder kommunalen Beteiligungen der Stadtgemeinde Bremen unter diese Privatisierungsbremse fallen.
Der Begriff der Veräußerung war auch noch ein diskursiv behandelter, was ist eigentlich eine Veräußerung. Wir haben uns als Ausschuss dazu entschlossen, uns auf die europäische Transparenzrichtlinie zu besinnen, die die Veräußerung als Verlust der Herrschaftsmacht über ein solches Unternehmen definiert,
und wir schlagen Ihnen auch vor, genau diesen Bezug auf die Transparenzrichtlinie des Europäischen Parlaments in die Verfassung zu übernehmen. Im Ergebnis ist es so, dass wir uns von der vorgesehenen rechtlich obligatorischen Regelung verabschiedet haben, dass jede dieser Veräußerungen vorzulegen ist. Wir haben eine Regelung gewählt, die in unterschiedlichen Abstufungen einen Volksentscheid nötig macht. Nach Einschätzung des gesamten Ausschusses ist es aber so, dass es auch bei de jure unterschiedlichen Voraussetzungen zur Festsetzung oder zur Durchführung eines Volkentscheides de facto bei allen in Bremen umstrittenen Privatisierungen zu einem Volksentscheid kommen wird. Ich überlasse es den Fraktionsvorsitzenden oder den Obleuten der anderen Fraktionen darzustellen und zu begründen, welche unterschiedlichen Positionen es im Grundsatz oder zu einzelnen Regelungen der Privatisierungsbremse gibt. Der Ausschuss, und das ist das Ergebnis, empfiehlt mit den Stimmen von SPD, den Grünen und der LINKEN, die neu gefassten Änderungen anzunehmen, die CDU empfiehlt, diese Änderung abzulehnen. Der Dank des Ausschusses gebührt wie üblich allen, die sich als Sachverständige, Gutachter oder auch nur als Ratgeber in diese Diskussion eingebracht haben, insbesondere gilt der Dank den Mitarbeitern der Bürgerschaftskanzlei, die in der üblichen effizienten Weise den Gang der Beratungen unterstützt haben. – Ich danke Ihnen für Ihre Geduld und beende hiermit meinen Beitrag als Ausschussvorsitzender!