Christean Wagner

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Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Justizministerium hat zu keinem Zeitpunkt beschlossen, dass deutsche Rechtsgeschichte im Dritten Reich im Rahmen der Fortbildung für Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare nicht mehr unterrichtet bzw. angeboten werden soll. Es gibt keine in der Thematik liegenden Gründe für das Ministerium, diese Fortbildungsveranstaltung nicht mehr stattfinden zu lassen. Ursache für die Nichtdurchführung der Fortbildung war einzig und allein das mangelnde Interesse der Rechtsreferendare an der Teilnahme an diesem Angebot.
Es wird für Angebote,die nicht ausreichend angenommen werden, von den Leitern der Arbeitsgemeinschaften nochmals ausdrücklich geworben. Das ist auch bei dieser Veranstaltung der Fall gewesen. Gleichwohl war das Interesse so gering, dass das Fortbildungsangebot nicht durchgeführt worden konnte.
Ich will ausdrücklich sagen, dass wir auch in Zukunft wieder Anstrengungen unternehmen und für dieses Thema werben werden. Wir werden den Referendarinnen und Referendaren auch in Zukunft solche Weiterbildungsangebote unterbreiten.
Herr Dr. Jürgens, ich kann Ihnen hierauf keine konkrete Antwort geben. Alles, was ich dazu sagen könnte, wäre Spekulation.
Ihre Frage kann für uns aber durchaus Anlass sein, einmal eine Befragung der Referendare durchzuführen, bei der es auch um die Prioritäten hinsichtlich der Weiterbildungsangebote für Referendare geht. Dem können wir gerne nachgehen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Schutz der Opfer von Straftaten ist ein vordringliches Ziel der Hessischen Landesregierung. Insbesondere die Opfer von Straftaten bedürfen der Aufmerksamkeit und des besonderen Schutzes des Rechtsstaates.
Opferschutz muss vor allem auf zwei Ebenen gewährleistet sein. Zum einen gilt es, die Position der Opfer im Strafverfahren selbst zu verbessern, zum anderen ist es ausgesprochen wichtig, die Betreuung von Opfern auch außerhalb des Strafprozesses sicherzustellen.
Mit der Unterstützung der Hessischen Landesregierung konnte am 1. September 2004 das Opferrechtsreformgesetz in Kraft treten. Das Gesetz verbessert deutlich die Rechtsposition des Verletzten durch eine Stärkung der Verfahrensrechte, eine Stärkung der Informationsrechte, eine verbesserte Information des Verletzten über seine Rechte, eine Reduzierung der Belastung des Zeugen, eine verbesserte Schadenswiedergutmachung und eine verstärkte Einbringung der Opferbelange in das Verfahren.
Mindestens genauso wichtig ist die Sicherstellung des Opferschutzes auf der Ebene der Opferberatung und Opferbetreuung außerhalb des Strafprozesses. Das zeigt der deutliche Zuwachs der Nachfrage von Hilfsangeboten der Opfer- und Zeugenhilfestellen in Hessen. Im Jahr 2004 berieten die Opferhilfevereine in 1.802 Fällen insgesamt 2.262 Personen. Pro Fall kam es hierbei zu durchschnittlich 5,7 Beratungskontakten. Im Vergleich zum Jahr 2003 sind die Fallzahlen damit stark angestiegen. Damals waren 1.443 Fälle und 1.904 Personen zu betreuen.
Die Beratung und Betreuung der Opfer und Zeugen sowie Angehörigen und Vertrauenspersonen durch die Beratungsstellen unterstützt die Landesregierung auch im Jahre 2005 mit Zuwendungen von insgesamt 612.000 c.
Im Jahr 1998 wies der Haushaltsplan des Landes Hessen für die Unterstützung der Opferhilfevereine 410.000 c aus.
Erstens. Ihre Ausgangsfeststellung ist sehr zurückhaltend formuliert. Die Hessische Landesregierung war nicht an einer entsprechenden Bundesratsinitiative beteiligt, sondern sie hat sie selbst unternommen und hat auch federführend daran mitgewirkt. Das will ich ausdrücklich sagen.
Zweitens. Allerdings hat der Bundesrat dann heftig kritisiert, dass die viel zu spät von der rot-grünen Bundestagsmehrheit eingeleitete Gesetzesinitiative die Opfer nicht vollständig schützt. Das ist ein 70-prozentiger Opferschutz im Vergleich zu unserem 100-prozentigen Opferschutz.Es lag also daran – das will ich klar und deutlich sagen –, dass erstens die damalige rot-grüne Bundesregierung zu diesem Thema zum Jagen getragen werden musste und zweitens dann verspätet, kurz vor den Bundestagswahlen,mit einem unzulänglichen Gesetzentwurf aufgewartet hat.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Entwicklung des Strafvollzugs in Hessen seit 1999 ist eine Erfolgsgeschichte.
Die Landesregierung unter Ministerpräsident Roland Koch hat Wort gehalten: Der hessische Strafvollzug ist so sicher und so modern wie nie zuvor. Die Fakten belegen dies eindrucksvoll.
Meine Damen und Herren, als Symbol steht hierfür unter anderem die Justizvollzugsanstalt in Hünfeld.Noch in diesem Jahr wird sie in Betrieb genommen. Die Planung, die Verwirklichung und der Betrieb dieser Justizvollzugsanstalt stehen beispielhaft für die Modernität und Sicherheit des hessischen Strafvollzugs.
Bereits bei der Planung dieses Projekts wurde Neuland betreten. Mit der Verpflichtung eines privaten Generalplaners und eines Generalunternehmers sind erhebliche Kosteneinsparungen gelungen. Trotz massiver Preissteigerungen auf den Weltmärkten werden die im Landeshaushaltsplan veranschlagten Haushaltsmittel in Höhe von 71 Millionen c um 5 Millionen c unterschritten.
Und: Zwischen dem Erwerb des Grundstücks und der Inbetriebnahme der Anstalt liegt eine Rekordbauzeit von nur vier Jahren.
Das Konzept der Teilprivatisierung der Anstalt gilt schon heute als Meilenstein in der Geschichte des deutschen Strafvollzugs. Sämtliche Sicherheitsaufgaben und alle hoheitlichen Aufgaben bleiben in staatlicher Hand und werden von Vollzugsbeamten erledigt. Für den übrigen Betrieb der Anstalt ist ein privater Partner gefunden worden, der über langjährige einschlägige Erfahrungen verfügt. Der Staat besinnt sich auf seine Kernaufgaben und schafft Freiräume für Markt und Wettbewerb. Organisation und Führung der Werkstätten und Betriebe,Wartung und Instandhaltung der technischen Anlagen, das Rechnungswesen, das Versorgungswesen, die medizinische Versorgung der Gefangenen und ihre Ausbildung sind Aufgaben, die ein privates Unternehmen effizienter und rechtlich völlig bedenkenfrei erledigen kann.
Andere Bundesländer, z. B. Baden-Württemberg, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, fragen mittlerweile das im Justizministerium gesammelte Know-how ab, um dem hessischen Beispiel zu folgen.
Für die Region Osthessen hat das Projekt positive Folgen. Die Justizvollzugsanstalt Hünfeld ist zum Jobmotor und Großinvestor geworden. Neben den 116 staatlichen Bediensteten finden 95 private Mitarbeiter einen neuen und sicheren Arbeitsplatz. 90 % der Mitarbeiter kommen aus Hünfeld und der angrenzenden Nachbarschaft.
Die regionale Bauwirtschaft hat Aufträge im Gesamtwert von rund 16 Millionen c erhalten. Auch nach der Inbetriebnahme wird ein Großteil der notwendigen Versorgungsleistungen, wie etwa die Gas-, Wasser- und Stromversorgung und die Versorgung mit Lebensmitteln, von Anbietern vor Ort bezogen werden. Allein für die Energie- und Wasserlieferungen bedeutet das ein Auftragsvolumen von rund 500.000 c pro Jahr.
Das Land Hessen und damit der hessische Steuerzahler profitieren ebenso.660.000 c wird Hessen an Kosten jährlich einsparen können.
Gleichzeitig wird die Resozialisierung durch ein erhebliches Mehrangebot von Gefangenenarbeitsplätzen deutlich verbessert.Ingesamt werden 370 Arbeitsplätze für die Gefangenen zur Verfügung stehen. Mit den 500 zusätzlichen Haftplätzen, die die JVA Hünfeld bietet, setzt die Landesregierung ihre erfolgreichen Bemühungen zum Abbau der Überbelegung in den hessischen Haftanstalten fort.
Die rot-grüne Vergangenheit überfüllter Haftanstalten ist jetzt erfolgreich bewältigt.
Ein weiterer substanzieller Punkt unserer Justizvollzugspolitik ist die Sicherheit im Strafvollzug. Auch diese hat sich seit 1999 erheblich verbessert.
Wir haben die rot-grüne Serie von Katastrophen im Strafvollzug beendet.
Lachen Sie nicht. Sie können nur aus Unwissenheit lachen. – Seit 1999 gab es keine Gefangenenmeuterei mehr wie am 24. Juli 1994 in Kassel. Seit 1999 gab es keine Geiselnahme mit Tötung mehr, wie es 1976 und 1991 in der JVA Schwalmstadt geschehen ist. Seit Antritt der Regierung Koch hat auch kein Hafturlauber, der noch eine Reststrafe von vier Jahren abzusitzen hatte, mit einer
Splitterhandgranate bewaffnet eine Bank überfallen, wie im Juli 1997 geschehen.
Im April 1998 beging ein Freigänger, der zuvor wegen insgesamt 100 Straftaten verurteilt worden war, drei Raubüberfälle und eine Vergewaltigung. Nach 1999 hat sich so etwas nicht wiederholt. Das wollen wir hier klar und deutlich sagen.
Im Juli 1998 – noch unter Rot-Grün – überfielen zwei Inhaftierte eine Bank. Zusammen hatten sie bereits mehr als 40 Jahre hinter Gittern verbracht. Gleichwohl war ihnen Hafturlaub zur Ordnung ihrer finanziellen Verhältnisse gewährt worden. Nach 1999 hätten sie diese Gelegenheit nicht mehr erhalten.
Ich will einen weiteren Punkt ansprechen. Es ist unstreitig, dass die Überbelegung der Justizvollzugsanstalten die Sicherheitslage ebenso wie die Resozialisierungsbemühungen beeinträchtigt. Der Abbau der Überbelegung muss daher Ziel jeder verantwortungsvollen Strafvollzugspolitik sein. Die Landesregierung ist diesem Anspruch durch jahrelange kontinuierliche Arbeit gerecht geworden.Am Ende der rot-grünen Ära im Jahre 1998 betrug die Überbelegungsquote in hessischen Gefängnissen 22 %. Am 1. Juni 2005 betrug sie 5,2 %. Auch das ist ein Ausweis unserer ständigen Anstrengungen und Bemühungen.
Seit Mai 1999 wurden 647 neue Haftplätze geschaffen, und die Arbeit in diesem Bereich wird fortgesetzt. Wie deutlich die Verbesserung der Sicherheitslage im hessischen Strafvollzug seit 1999 tatsächlich ist, belegen folgende Zahlen. Unter Rot-Grün kam es im Zeitraum von 1991 bis 1998 zu durchschnittlich 54 Entweichungen pro Jahr. Im Jahr 2004 hingegen hatten wir nicht einen einzigen Ausbruch aus dem geschlossenen Vollzug und lediglich eine Entweichung aus dem offenen Vollzug. Ähnlich günstig sieht es bis jetzt für das Jahr 2005 aus. Es gab lediglich einen Vorfall, bei dem zwei Untersuchungsgefangene entkommen sind.
Ein sehr ähnliches Bild ergibt sich bei einem Blick auf die Zahl der Missbräuche von Vollzugslockerungen. Während im Jahre 1998 im geschlossenen Männervollzug 168 Missbrauchsfälle zu beklagen waren, gab es im Jahre 2004 im geschlossenen Männervollzug lediglich acht Fälle. Zwischen diesen Zahlen – ich wiederhole sie: 168 zu 8 – liegen Welten. Wir haben die Missbrauchsquote um über 90 % gesenkt. Dies bedeutet ein riesiges Mehr an Sicherheit auch für die Bevölkerung in unserem Lande.
Auch innerhalb der Haftanstalten hat sich die Sicherheitslage erkennbar verbessert. Gab es unter Rot-Grün 350 Fälle, in denen ein Gefangener der Begehung einer Straftat in einer Haftanstalt verdächtigt wurde, belief sich diese Zahl im Jahr 2004 auf lediglich 240 Fälle. Es ist gelungen, die Zahl der Straftaten in den Anstalten gegenüber 1998 um 30 % zu senken.Auch das ist ein Faktum und ein deutliches Ergebnis unserer ständigen Anstrengungen
und Bemühungen um mehr Sicherheit in den Vollzugsanstalten.
Meine Damen und Herren, für das Sicherheitsempfinden der Bürger ist die Entwicklung der Zahl der Straftaten der Gefangenen außerhalb der Haftanstalten von größter Bedeutung.Auch hier sprechen die Fakten für unsere Politik. Seit der erstmaligen statistischen Erfassung im Jahr 1993 hat es noch nie so wenige Verdachtsfälle von Straftaten – begangen durch Gefangene außerhalb der Anstalten – gegeben.Im Jahr 1998 war ein Spitzenwert von 210 Fällen zu verzeichnen. Wir haben heute 90 % weniger Straftaten außerhalb der Anstalten, die von rechtskräftig verurteilten Straftätern begangen werden, die eigentlich einsitzen müssten, als damals.
Dieses hohe Niveau der Sicherheit in hessischen Justizvollzugsanstalten zu erhalten und zu steigern verlangt ständige Aufmerksamkeit und konsequentes Handeln. Der hessische Justizvollzug erfüllt diese Aufgaben vorbildlich. Eine bedarfsgerechte Personalausstattung und umfangreiche Sicherungsmaßnahmen sind die entscheidenden Erfolgsfaktoren. Die Landesregierung hat den Justizvollzug personell immer besser ausgestattet. Zu keiner Zeit hat es in Hessen so viel Personal in den Justizvollzugsanstalten gegeben wie heute. Während im Jahr 1998 im allgemeinen Vollzugsdienst 1.970 Stellen zur Verfügung standen, sind es nunmehr 2.057. Durch die Verlängerung der Wochenarbeitszeit besitzt der hessische Justizvollzug gegenüber 2003 eine um 150 Stellen verbesserte Personalausstattung.
Ein weiterer Punkt, den ich zum Thema Sicherheit vortragen will:Von 1991 bis 1998, also zu Zeiten von Rot-Grün, kam es insgesamt nur zu fünf Durchsuchungsaktionen in hessischen Haftanstalten. Von 1999 bis 2005 hingegen wurden in den Justizvollzugsanstalten 30 groß angelegte Durchsuchungsaktionen durchgeführt, um gefährliche und unerlaubte Gegenstände sicherzustellen und aus dem Verkehr zu ziehen.
Wir haben die Intensität der Durchsuchungen also um das Sechsfache erhöht. Bei der Drogenbekämpfung haben engmaschige Urinkontrollen deutliche Erfolge gezeitigt. All das gab es unter Rot-Grün nicht.
Der Drogenkonsum in hessischen Gefängnissen konnte stark zurückgedrängt werden. Seit einigen Jahren ist ein kontinuierlicher Rückgang sowohl der Zahl der Drogenfunde als auch der Zahl der mit positivem Kontrollergebnis aufgefallenen Gefangenen festzustellen. Rot-Grün ließ es auch zu – das ist teilweise schon vergessen worden –, dass ein Bandenchef seine kriminelle Organisation per Festnetztelefon aus dem Gefängnis heraus dirigierte. Wir haben die Möglichkeit, unkontrolliert aus den Haftanstalten nach draußen zu telefonieren, flächendeckend abgeschafft.
Der Strafvollzug ist eine wichtige Säule des Rechtsstaats. Für das Rechtsgefühl der Bürger und auch für die innere Sicherheit in unserem Lande ist die konsequente Vollziehung einer Strafe nach begangener Tat von großer Bedeutung. Die Strafe hat den Zweck, Unrecht zu sühnen,
von dem Begehen von Straftaten abzuhalten und die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schützen.
Der Strafvollzug hat aber auch das zentrale Ziel – das will ich an dieser Stelle ausdrücklich betonen –, den Täter in ein Leben ohne Straftaten zurückzuführen, ihn also zu resozialisieren. Ich betone: Hierbei lässt sich die Landesregierung von niemandem übertreffen.
Heute findet mehr Resozialisierung als zu rot-grünen Zeiten statt. Die Fakten sprechen auch hier eine klare Sprache.
Sowohl für jugendliche und heranwachsende als auch für erwachsene Straftäter sind einheitliche Strafvollzugskonzepte erarbeitet worden.Erstmals wird eine systematische Rückfalluntersuchung durchgeführt, die uns Aufschluss über die Effizienz der Resozialisierungsmaßnahmen geben wird.
In einer zentralen Einweisungsabteilung werden die Resozialisierungspotenziale der Gefangenen frühzeitig festgestellt. Ich werde Ihnen jetzt weitere konkrete Beispiele aus dem gegenwärtigen Alltag des hessischen Strafvollzugs vortragen.
Die Ausbildungs- und Qualifizierungsangebote sind erheblich erweitert worden. Computerlehrgänge, Gabelstaplerfahrerkurse, kaufmännische Grundlehrgänge,Ausbildungen zum Drucker, zum Bäcker, zum Schlosser, zum Tischler, zum Industriemechaniker und in anderen handwerklichen Berufen werden ebenso angeboten wie schulische Bildungsmaßnahmen zum Erwerb der Abschlusszeugnisse für Haupt- und Realschule. 600.000 c wurden eingeplant, um den Rückzug der Bundesagentur für Arbeit aus der Förderung von Ausbildungsmaßnahmen aufzufangen.
Die Landesregierung ist überzeugt: Arbeit ist die beste Form der Resozialisierung in unseren Strafanstalten. Die Bemühungen, möglichst alle Gefangenen, die die körperlichen und geistigen Voraussetzungen haben, in Arbeit zu bringen, haben wir daher besonders verstärkt.
Eine zentrale Leitstelle für das Arbeitswesen wird aufgebaut, um verstärkt Arbeitsaufträge zu akquirieren und die Beschäftigungsquote,also den Anteil der Gefangenen,die im Justizvollzug einer geregelten Arbeit nachgehen, weiter zu erhöhen.
Im Rahmen der Einzelfallhilfe arbeiten die internen Fachdienste der Anstalten eng mit den Behörden und Stellen der Entlassenenfürsorge zusammen, um die Entlassung des Gefangenen in eine straffreie Zukunft zu ermöglichen. Die verschiedenen Stellen der Bewährungshilfe, der Führungsaufsicht, der Arbeitsagenturen, der Sozialversicherungsträger, der Sozialhilfe und die Verbände der freien Wohlfahrtspflege leisten dem zur Entlassung anstehenden Gefangenen hierbei jede erdenkliche Hilfe.
Auch Drogenbekämpfungsprogramme sind eingerichtet worden und arbeiten erfolgreich. Insgesamt haben wir heute im Vergleich zu 1998 nicht weniger, sondern deutlich mehr Bemühungen um Resozialisierung zu verzeichnen.
All diese lediglich kursorisch vorgetragenen Fakten sprechen für sich. Der hessische Justizvollzug ist so sicher und modern wie noch nie.
Die Oppositionsfraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kennen diese Tatsachen und flüchten sich in ihrer Hilflosigkeit in Skandalisierungen einzelner Vorkommnisse.
Wäre das nur schlechter politischer Stil, könnte man darüber zur Tagesordnung übergehen. In der Öffentlichkeit wird aber gezielt mit Unwahrheiten operiert, die den hessischen Justizvollzug und damit die hervorragende Arbeit aller Bediensteten ohne jede sachliche Rechtfertigung in Misskredit bringen.
Als verantwortlicher Ressortchef lasse ich das nicht zu.Es ist meine Pflicht, mich dort schützend vor die Mitarbeiter des Justizvollzugs zu stellen, wo sie ungerechtfertigt angegriffen werden. Das Agieren der beiden genannten Oppositionsfraktionen funktioniert regelmäßig nach demselben Schema: Über einzelne Vorkommnisse im Justizvollzug werden, noch bevor der Sachverhalt überhaupt ermittelt wurde, in Presseerklärungen wilde, teils abstruse Spekulationen und Behauptungen aufgestellt.
Es geht der Opposition nicht um die Sachaufklärung. Das Ziel ist die fette Schlagzeile, nicht die Ermittlung der Wahrheit. Das muss ich Ihnen endlich einmal ins Stammbuch schreiben.
Dieses Vorgehen lässt sich anhand von Einzelfällen dokumentieren. Ich werde es also nicht bei einem allgemeinen Vorwurf an die Adresse der Opposition belassen, sondern ich werde es anhand von einzelnen Sachverhalten vortragen.
Ich spreche zunächst von dem Selbstmord eines U-HaftGefangenen in der JVA Frankfurt am Main I. Der Sachverhalt: Am 10.09.2005 beging der Untersuchungsgefangene B. in der JVA Höchst Selbstmord. Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Herr Walter, gab nach Berichten der „Frankfurter Rundschau“ und der „Bild“-Zeitung vom 17.09.2005 in einer Pressekonferenz am 16.09.2005 folgende Bewertungen ab – ich zitiere –:
Das war ein angekündigter Suizid. Wagners härtester Strafvollzug beinhaltet wohl auch, Selbstmordgefährdeten den Übergang in den Tod zu erleichtern.
Schon aus dem Zeitpunkt dieser Äußerung des Abg.Walter wird deutlich, dass es ihm nicht um Aufklärung ging, sondern um unverantwortliche Stimmungsmache.
Er hielt es nicht für erforderlich, die Klärung der aufgeworfenen Fragen in der Sondersitzung des Unterausschusses Justizvollzug am 20.09.2005 abzuwarten. Sein Vorurteil stand bereits fest.
Lassen Sie mich etwas zu den Tatsachen sagen.
Zur Wahrheit: Der Untersuchungsgefangene war nach Feststellung der verantwortlichen Ärzte nicht akut selbstmordgefährdet. Keiner der Fachleute, weder der Anstaltspsychologe noch der Anstaltsseelsorger, die seit dem 25. August 2005 mit dem Gefangenen nahezu täglich ausführliche Gespräche führten, sahen zu irgendeinem Zeitpunkt eine akute Selbstmordgefahr. Nur der Abg. Wagner,
selbsternannter Sachverständiger in Sachen Selbstmordprophylaxe, wusste es – ex post – natürlich besser. Tatsächlich hat auch die zuständige Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main kein Fehlverhalten von Justizvollzugsbediensteten feststellen können, das ursächlich für den Tod des Untersuchungsgefangenen gewesen wäre.
Danach bleibt festzuhalten: Der Fraktionsvorsitzende der SPD im Hessischen Landtag hat den tragischen Selbstmord eines Untersuchungsgefangenen für eine Schlagzeile missbraucht sowie den hessischen Justizvollzug und die engagierte Arbeit der Justizvollzugsbediensteten in Misskredit gebracht.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Das Verhalten der GRÜNEN in diesem Fall war nicht wesentlich qualifizierter. In seiner Pressemitteilung vom 16. September 2005 verstieg sich der rechtspolitische Sprecher der Fraktion der GRÜNEN, Herr Dr. Jürgens, zu der Behauptung, es gebe eine bedrückende Rekordzahl von Selbsttötungen, Todesfällen und Gewalthandlungen im hessischen Justizvollzug.
Diese Behauptungen sind nachweislich falsch. Die Zahl der Suizide in hessischen Justizvollzugsanstalten bewegt sich in einem statistisch in keiner Weise auffälligen Rahmen. Bislang gab es im Jahr 2005 sechs Suizide in hessischen Haftanstalten. Seit 1987 sind im langjährigen Schnitt jedes Jahr neun Selbsttötungen zu verzeichnen gewesen.
Ich will das ausdrücklich sagen: Jeder dieser Fälle ist höchst bedauerlich und bedarf einer gründlichen, vor allem aber sachlichen Aufarbeitung, um für die Zukunft vorbeugen zu können. Trotz aller Kontrollen und Vorsichtsmaßnahmen werden sich aber auch in Zukunft
Selbstmorde in Gefängnissen nicht völlig vermeiden lassen. Das ist die Erfahrung, die wir seit Jahrzehnten in sämtlichen Gefängnissen in Deutschland gemacht haben.
Der Antrag der Fraktion der GRÜNEN vom 4. Oktober 2005 setzt die Serie unsachlicher und nachweislich falscher Behauptungen fort. Die GRÜNEN behaupten, der Justizminister habe gegen das im Grundgesetz verankerte Verbot der Übertragung hoheitlicher Befugnisse auf Personen, die nicht in einem Beamtenverhältnis stehen, verstoßen. Werkmeistern einer privaten Firma dürfe das „Absonden“ der Gefangenen – also das Überprüfen der Gefangenen mit einer Sonde – beim Verlassen der Ausbildungsbetriebe nicht übertragen werden.
Tatsache ist: In Rechtsprechung und Literatur besteht seit Jahren Einigkeit, dass das Absuchen Gefangener nach Metallgegenständen keine Durchsuchungsmaßnahme darstellt.
Das werde ich Ihnen gleich sagen, Herr Dr. Jürgens. Seien Sie ruhig; Sie werden zusätzlich Anlass haben, sich mit einigen Fakten aus der Vergangenheit auseinander zu setzen.
Das Absuchen von Gefangenen ist nach der Ansicht, die ich eben vorgetragen habe, nicht den beamteten Bediensteten vorbehalten, sondern darf auch von privaten Mitarbeitern der Ausbildungsbetriebe in den Justizvollzugsanstalten durchgeführt werden.
Herr Dr. Jürgens, jetzt kommt es: Die vor 1998 verantwortlichen Rechtspolitiker von Rot-Grün kannten das, was ich eben hier vorgetragen habe, noch; denn das, was ich gesagt habe, ist eine in Hessen seit 20 Jahren geübte Praxis, die auch von Herrn von Plottnitz und von Frau Hohmann-Dennhardt nicht beanstandet wurde.
Um jedoch jeglichem Zweifel zu begegnen, habe ich die von meinen Vorgängern Hohmann-Dennhardt und von Plottnitz gebilligte Praxis jetzt beendet.
Meine Damen und Herren, wie wenig man die Einlassungen des rechtspolitischen Sprechers der GRÜNEN, Dr. Jürgens, ernst nehmen muss, dokumentiert eindrücklich seine parlamentarische Anfrage zum angeblichen – jetzt hören Sie bitte genau zu – „Baumfrevel in der Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt“. In dieser Anfrage behauptet Dr. Jürgens,
dass Bäume in der dortigen Justizvollzugsanstalt gefällt und hierdurch Vogelnester vernichtet worden seien.
Wahr ist, dass Bäume im Interesse der Sicherheit der Anstalt beschnitten worden sind,um den freien Blick von der Überwachungskabine auf den Hof während des Freigangs zu sichern.
Meine Damen und Herren, der letzte Satz der Presseerklärung von Dr. Jürgens lautet wie folgt:
Rotschwanz und Grünling sollen zu den Opfern des möglichen Baumfrevels gehören.
Meine Damen und Herren, ich dachte zunächst, das sei eine Faschingsanfrage von Herrn Dr. Jürgens gewesen.
Nein, ich möchte das jetzt zu Ende vortragen.
Ich kann aber die grüne Seele von Dr. Jürgens beruhigen: Die angeblich gefällten Bäume stehen noch.
Deswegen werden auch Grünlinge und Rotschwanz – und ich möchte auch sagen, wir dürfen die Schwarzamsel nicht vergessen – dort weiterhin Unterkunft finden.
Meine Damen und Herren, jetzt wollen wir uns aber wieder ganz ernst mit der Sache auseinander setzen und diese eigentümliche Presseerklärung von Dr. Jürgens beiseite legen. Der Fall zeigt einen klaren Unterschied zwischen uns und den GRÜNEN in der Vollzugspolitik: Während bei den GRÜNEN die Sorge um Rotschwanz und Grünling im Mittelpunkt stehen, hat bei uns die Sicherheit der Anstalt und die Sicherheit der Bevölkerung oberste Priorität. Das wird auch weiterhin so bleiben.
Meine Damen und Herren, um die Verhältnisse im Justizvollzug mit dem richtigen Maßstab zu messen, muss man sich stets eines vergegenwärtigen:Nur ein geringer Bruchteil aller Straftäter gelangt in den Vollzug.Tatsächlich sind es lediglich 5 % der rechtskräftig Verurteilten, die ihre Strafe in einer JVA verbüßen müssen. Bei dieser schwierigen Klientel können besondere Vorkommnisse auch bei einer noch so guten Politik und Arbeit im Vollzug nie zu 100 % verhindert werden.
Meine Damen und Herren, die Hessische Landesregierung hat aber die Voraussetzungen dafür geschaffen, besondere Vorkommnisse, soweit es eben möglich ist, zurückzudrängen. Ohne die Mitarbeiter des hessischen Justizvollzugs, die in allen Bereichen ausgezeichnete Arbeit leisten und Maßstäbe für modernen Justizvollzug gesetzt haben, wären diese Erfolge nicht zu erzielen gewesen. Ihnen gelten auch hier in aller Öffentlichkeit mein besonderer Dank, mein Respekt und meine Anerkennung.
Ich darf mit der Hoffnung schließen, dass auch die Oppositionsfraktionen von SPD und GRÜNEN zu einer konstruktiven Justizpolitik zurückfinden. Damit wäre allen gedient, denen der hessische Justizvollzug ein Anliegen ist.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich deshalb zusammenfassen: Sechseinhalb Jahre Justizvollzug in der Verantwortung dieser Landesregierung sind eine Erfolgsgeschichte. Dies gilt für die Sicherheit ebenso wie für die Resozialisierung.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bis jetzt hatten wir eine temperamentvolle politische Debatte. Bei dem, was ich Ihnen jetzt vortrage und damit vorlege, handelt es sich um einen parlamentarischen Routinevorgang.
Die Regierung Koch hat in der letzten Wahlperiode beschlossen, dass in Gesetzentwürfen der Landesregierung und in Rechtsverordnungen grundsätzlich eine Befristung auf fünf Jahre vorzusehen sei. Mit der Befristung soll eine effektive Kontrolle der Wirksamkeit gewährleistet werden.
Darüber hinaus hat das Kabinett am 14. Mai 2002 entschieden, dass alle befristeten Gesetze und Rechtsverordnungen von den Ressorts vor Ablauf ihrer Geltungsdauer evaluiert werden. Der Arbeitsgruppe „Verwaltungsvereinfachung“, die bei der Staatskanzlei angesiedelt ist, wurde der Auftrag erteilt, bei der Evaluation der befristeten Rechtsvorschriften eine begleitende Kontrolle der Vorschriften durchzuführen. Das Hessische Ministerium der Justiz wurde mit der Federführung für die Sammelgesetzentwürfe zur Verlängerung der Geltungsdauer der Rechtsvorschriften betraut.
Meine Damen und Herren, ich lege Ihnen heute den Entwurf des Gesetzes zur Verlängerung befristeter Rechtsvorschriften und zur Änderung des Gesetzes über Volksabstimmung vor. Bei diesem Sammelgesetzentwurf geht es um zwölf Gesetze, die bis zum 31. Dezember 2005 befristet sind und deren Gültigkeit verlängert werden soll.
Der Entwurf sieht vor, dass das Gesetz über Volksabstimmung, bei dem auch inhaltliche Änderungen vorgesehen sind, und das Gesetz über Volksbegehren und Volksentscheid jeweils um sechs Jahre verlängert werden sollen. Damit soll erreicht werden, dass sämtliche hessischen Wahlgesetze zu demselben Zeitpunkt, nämlich zum 31. Dezember 2011, zur Verlängerung anstehen.
Die Gültigkeit des Hessischen Altenpflegegesetzes soll auf den 31. Dezember 2007 befristet werden, weil zum 1. Januar 2008 eine neue gesetzliche Regelung erfolgen wird. Dann soll ein hessisches Ausführungsgesetz zum Bundesaltenpflegegesetz in Kraft treten.
Die Geltungsdauer des Hessischen Naturschutzgesetzes soll in Abstimmung mit der Arbeitsgruppe „Verwaltungsvereinfachung“ nur bis zum 31.Dezember 2006 verlängert werden, da eine Novellierung dieses Gesetzes vorgesehen ist.
Bei sämtlichen anderen im Sammelgesetzentwurf enthaltenen Gesetzen soll die Geltungsdauer bis zum 31. Dezember 2010 verlängert werden.
Alle in diesen Gesetzentwurf aufgenommenen Vorschriften wurden zuvor von den Ressorts evaluiert. Es wurde geprüft,ob sie noch erforderlich sind,und festgestellt,dass dies der Fall ist.
Das war meine kurze Einführung in diesen Gesetzentwurf.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Hessische Gesetz zur Ausführung des § 15a des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung, wie es wörtlich heißt, wird mit Ablauf dieses Jahres außer Kraft treten. Das Gesetz regelt im Kern die Voraussetzungen für die so genannte obligatorische außergerichtliche Streitschlichtung. Nach einer gründlichen und sehr umfassenden Evaluierung des Gesetzes steht fest, dass es sich im Grundsatz bewährt hat. Die beteiligten Institutionen und Verbände betonen die positiven Wirkungen des Gesetzes. Nicht nur für die Anwaltschaft, sondern auch für die ehrenamtlich tätigen Schiedsleute, deren Engagement besondere Unterstützung und Anerkennung verdient, hat sich ein neues Betätigungsfeld eröffnet. Die Anwaltschaft und die Schiedsleute befürworten ausdrücklich dieses dem Zivilprozess vorgeschaltete Verfahren.
Die obligatorische außergerichtliche Streitschlichtung trägt darüber hinaus zu einer modernen Streitkultur bei; das will ich wenigstens am Rande erwähnt haben. Der vermittelnde und nicht selten vernünftigere Ausgleich der Interessen tritt bei diesem Verfahren in den Vordergrund. Das Übel der Rechthaberei im sozialen Nahbereich wird gleichzeitig zurückgedrängt.
Die Evaluierung des Gesetzes hat allerdings – das will ich auch sagen – Änderungsbedarf in Einzelfragen ergeben. So ist festzustellen,dass das Schlichtungsverfahren bei der Durchsetzung streitiger Geldforderungen von bis zu 750 c in der Vergangenheit umgangen worden ist. Die Gläubiger betreiben in diesen Fällen erkennbar häufiger als vor Erlass des Gesetzes das Mahnverfahren. Sie umgehen so die außergerichtliche Streitschlichtung. Das führt im Ergebnis zu einer Verlängerung und Verteuerung der Rechtsstreitigkeiten. Denn das Mahnverfahren bleibt in diesen Fällen regelmäßig ergebnislos. Ihm folgt der streitige Zivilprozess, den die Parteien von vornherein anstrebten,aber wegen des obligatorischen Schlichtungsverfahrens nur über den Umweg des Mahnverfahrens erreichen konnten.
Der Ihnen, meine Damen und Herren, jetzt vorgelegte Gesetzentwurf bringt die notwendige Neuregelung. Vermögensrechtliche Streitsachen werden danach künftig aus dem obligatorischen Schlichtungsverfahren herausgenommen. Dadurch entfällt der Anreiz, das Mahnverfahren nur aus strategischen Gründen zur Umgehung des Schlichtungsverfahrens zu betreiben. Der Kläger kann den Rechtsstreit so ohne Zeitverzug zur Klärung vor Ge
richt bringen. Es hat – das will ich klar und deutlich sagen – keinen Sinn, weiterhin eine gesetzliche Vorschrift vorzuhalten, von der wir von vornherein wissen, dass sie massenhaft umgangen wird. Dann können wir sie auch gleich streichen.
Nicht bewährt hat sich die Begrenzung der außergerichtlichen Streitschlichtung auf die Fälle, in denen die Parteien im selben Landgerichtsbezirk wohnen oder dort ihren Sitz haben. Nach dieser Regelung scheitert die außergerichtliche Streitschlichtung zu häufig an einer „gerichtlichen Kleinstaaterei“ – so will ich einmal sagen –, die in Zeiten moderner Fortbewegungsmittel nicht mehr zu rechtfertigen ist.
Diesem Missstand hilft der vorliegende Gesetzentwurf ab. Nach den neuen Regelungen genügt es, dass die Parteien des Rechtsstreits ihren Sitz in demselben Oberlandesgerichtsbezirk haben, das heißt für Hessen, innerhalb Hessens wohnen.Haben beide Parteien,wie schon gesagt, ihren Wohnsitz in Hessen, wird das Schlichtungsverfahren in Zukunft landesweit eröffnet.
Meine Damen und Herren, die Begleitgesetze, also das Gesetz zur Errichtung und Anerkennung von Gütestellen durch die Landesjustizverwaltung und das Hessische Schiedsamtgesetz, sollen ohne tief greifende Veränderungen beibehalten werden. Schließlich wird das Gesetz über die Errichtung und Anerkennung von Gütestellen aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit in das Gesetz zur Regelung der außergerichtlichen Streitschlichtung aufgenommen.
Meine Damen und Herren, so weit ganz kurz und ganz trocken die Begründung für die Einbringung dieses Gesetzes mit einigen Änderungen. Das war sozusagen das Votum, das Gesetz auch für die nächsten fünf Jahre in Hessen in Kraft zu belassen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Den Zwischenrufen des Fraktionsvorsitzenden der GRÜNEN entnehme ich, dass er an der Rechtspolitik des Landes Hessen und Deutschlands überhaupt kein Interesse hat.
Das wundert mich nicht. Dass dies so ist, haben wir auch in der Vergangenheit schon häufiger feststellen können.
Meine Damen und Herren, ich werde Ihnen gleichwohl ohne jede Irritation die Regierungserklärung zu dem Thema „Justiz für den Bürger – Mut zu Reformen!“ vortragen.
Herr Al-Wazir, Sie können das jetzt nur noch dadurch ertragen,dass Sie das Zuhören einfach einstellen.Das ist natürlich auch eine Möglichkeit. Ich will dazu aber ganz freimütig sagen: Es ist nach den parlamentarischen Bräuchen wenig höflich,
dass Sie sich bereits zu Beginn einer Regierungserklärung auf diese Art und Weise kommentierend bemerkbar machen.
Verehrter Herr Fraktionsgeschäftsführer Kaufmann, ich finde, dass Sie hier, bevor ich überhaupt ein Wort zur Sache gesagt habe, es für richtig gehalten haben – –
Ich habe doch noch gar nichts Inhaltliches gesagt, nachdem ich zum Rednerpult gegangen war.
Meine Damen und Herren, ich komme jetzt zur Regierungserklärung.
Deutschland wird seine alte Leistungsstärke nur wiedererlangen können, wenn wir es reformieren und modernisieren. An die Stelle von Resignation und Immobilität müssen Zuversicht, Mut und Ehrgeiz treten.
Deutschland braucht ein schlüssiges Gesamtkonzept der Reformen. Dabei stehen die Wirtschaft, das Steuerrecht, die Sozialversicherungssysteme und der Arbeitsmarkt zweifellos im Mittelpunkt.
Die Reformüberlegungen dürfen sich hierauf aber nicht beschränken. Die Justiz als tragende Säule des Staates muss Teil der umfassenden Überlegungen hinsichtlich der Reformen in unserem Land sein.
Lassen Sie mich vorab ausdrücklich bemerken: Die Forderung nach einer Reform der Justiz ist keine Kritik an der Einsatzbereitschaft der Mitarbeiter in der Justiz. Das
will ich hier ausdrücklich sagen, damit ich nicht missverstanden werde. Das Gegenteil ist sogar der Fall: Die hessische und auch die deutsche Justiz leisten gute Arbeit. Sie arbeiten zumeist zügig und mit hoher Qualität. Die dort arbeiten, sind kompetent und motiviert. Sie verdienen Anerkennung und Dank.
Gleichwohl dürfen wir nicht mit uns selbst zufrieden sein. Unser gemeinsames Ziel muss es sein, dass der Bürger möglichst schnell und unkompliziert zu seinem Recht kommt.
Ich will auch das noch klarstellend sagen, damit es auch hier zu keinem Missverständnis kommt: Die Reform der Justiz in der Form, in der ich Ihnen das jetzt vorstellen will, beschränkt sich nicht allein auf Hessen. Wir müssen die Justiz überall in Deutschland schlanker und leistungsfähiger machen. Dies setzt voraus, dass wir bei den Gerichtsverfahren alte Zöpfe abschneiden und Ballast abwerfen. Wir müssen deshalb unser Rechtssystem insgesamt vorurteilsfrei auf den Prüfstand stellen.
In Deutschland hat sich in den letzten Jahren allerdings die falsche Vorstellung breit gemacht, effektiver Rechtsschutz bedeute,dass der Bürger in einer Rechtsfrage möglichst viele Instanzen bemühen kann. Die opulente Ausgestaltung der Instanzenzüge,die es in unserem Land gibt, macht ihm das auch leicht. In vielen Fällen kann man mit ein und derselben Sache drei Instanzen beschäftigen.
Die daraus resultierende Einstellung vieler Bürger hat der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts Zeidler zu Recht als deutsche Instanzenseligkeit beschrieben.
Der Bürger hat an den Rechtsstaat und die Justiz vor allem vier Erwartungen:
Erstens.Die Justiz soll so schnell wie möglich arbeiten.Sie soll dabei aber auch sorgfältig arbeiten.
Zweitens. Der Bürger möchte gerechte und verlässliche Entscheidungen.
Drittens. Die Verfahrensabläufe und die Entscheidungen müssen transparent und auch für den Nichtjuristen verständlich sein. Das muss eine ständige Übung für die Juristen sowohl innerhalb als auch außerhalb der Justiz sein.
Viertens. Speziell bei der Strafverfolgung verlangt der Bürger ein frühzeitiges und konsequentes Handeln des Staates, damit der Rechtsfrieden wieder hergestellt und die Sicherheit gewährleistet wird.
Die Rechtsschutzgarantie in Art. 19 Grundgesetz bedeutet nicht, dass die Verfahren durch möglichst viele Instanzen getriebenen werden sollen. Ich habe das bereits gesagt. Im Gegenteil, das Bundesverfassungsgericht hat immer wieder hervorgehoben, dass es keinen verfassungsrechtlichen Anspruch auf mehr als eine gerichtliche Entscheidung in einer Sache gibt. Wörtlich hat das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung zum Asylverfahrensgesetz im Jahr 1992 ausgeführt:
Es ist Sache des Gesetzgebers, zu entscheiden, ob Rechtsmittel gegen Gerichtsentscheidungen statthaft sein sollen; das Grundgesetz trifft dazu keine Bestimmung...Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet keinen Instanzenzug.
Meine Damen und Herren, die Verfassung verlangt also nicht, dass der Kleinkriminelle nach seiner Verurteilung
beim Amtsgericht zwei weitere Instanzen bemühen kann. Das geltende Recht sieht es aber so vor: Der Ladendieb kann gegen die Entscheidung des Amtsgerichts zunächst Berufung zum Landgericht und gegen die Entscheidung des Landgerichts dann noch einmal Revision zum Oberlandesgericht einlegen.Dieses System ist kompliziert – ich finde es zu kompliziert – und langwierig. Es ist auch unlogisch. Denn dem Mörder, der zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, steht nur ein Rechtsmittel, das der Revision beim Bundesgerichtshof, zu.
Es ist ein zentrales Anliegen der Justizreform, das gegenwärtig ausgeuferte Rechtsmittelrecht durch ein klares System der funktionellen Zweigliedrigkeit zu ersetzen. Dies bedeutet konkret, dass nach einer gerichtlichen Entscheidung nur noch eine Instanz für Fehlerfeststellung zuständig sein soll. Im Interesse der Beschleunigung soll es in der Regel keine Möglichkeit mehr geben, Entscheidungen mehrfach überprüfen zu lassen.
Meine Damen und Herren, wir stehen vor großen Herausforderungen. Die Erwartungen und das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz sind hoch. Das Funktionieren der Rechtspflege ist für unser Gemeinwesen von elementarer Bedeutung. Die Akzeptanz des Rechtsstaates hängt von seiner Tüchtigkeit ab. Dabei wird die Justiz heute durch erhebliche gesellschaftliche und wirtschaftliche Probleme zusätzlich auf die Probe gestellt.
Die anhaltend schlechte wirtschaftliche Lage unseres Landes, die zu einer Arbeitslosigkeit von 5 Millionen Menschen geführt hat, wirkt sich unmittelbar auf die Belastung der Justiz aus. Die Arbeits- und die Sozialgerichte spüren dies tagtäglich. Aber auch die anderen Gerichtsbarkeiten sind betroffen. So ist z. B. die Zahl der Zwangsversteigerungsverfahren wegen der Zahlungsunfähigkeit vieler Schuldner in die Höhe geschnellt.
Es ist nicht zu erwarten,dass die Aufgaben für die Justiz in den nächsten Jahren abnehmen werden.Im Gegenteil,wir müssen damit rechnen, dass die Lebenssachverhalte und das materielle Recht noch komplizierter werden.Als Beispiele möchte ich die Weiterentwicklung der Technik, die Internationalisierung des Rechtsverkehrs und die verstärkte Abwicklung von Geschäften über das Internet nennen. Darüber hinaus führt auch der sich abzeichnende demographische Wandel zu einem erheblichen Aufgabenzuwachs für die Justiz.So müssen wir beispielsweise damit rechnen, dass die Zahl der Betreuungsverfahren in den nächsten Jahrzehnten weiter erheblich steigen wird.
Meine Damen und Herren, hinzu kommt die Regelungswut des Gesetzgebers, die zu einem erheblichen Aufgabenzuwachs für die Justiz geführt hat. Die mehr als sechseinhalb Jahre, die Rot-Grün im Bund regiert hat, sind der negative Höhepunkt einer Überforderung des Rechts.
Anstatt Bürokratie abzubauen und Verfahren zu vereinfachen, ist die rot-grüne Bundesregierung den genau entgegengesetzten Weg gegangen. Die Bilanz ist verheerend. Trotz eines so genannten Masterplans Bürokratieabbau kamen in den letzten zwei Jahren – nicht sechs, sondern zwei Jahren – 280 Gesetze und 903 Rechtsverordnungen hinzu. Es sind demgegenüber nur wenige gestrichen worden.
Besonders unverständlich ist die Absicht von Rot-Grün, die bestehende Regelungsdichte – ich nehme ein be
sonders aktuelles Beispiel – durch ein Antidiskriminierungsgesetz auszuweiten, das weit über die Richtlinien der Europäischen Union hinausgeht.
Dass das die Vertreter von Rot-Grün nicht erfreut, kann ich mir gut vorstellen. Aber es muss immer wieder gesagt werden, damit auch die in den letzten Zügen liegende rotgrüne Bundesregierung endlich von diesem Vorhaben ablässt.
Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf ist ein Negativbeispiel für den Versuch, alle Lebensbereiche zu verrechtlichen. Rot-Grün möchte die Gesellschaft durch das Recht nach den eigenen ideologischen Vorstellungen verändern. Das kann nicht richtig sein.
Meine Damen und Herren, der Gesetzgeber muss sich in Zukunft wieder auf die zentrale Funktion des Rechts in einem freiheitlichen Rechts- und Wirtschaftssystem besinnen. Kernaufgabe des Rechts ist es, Frieden zu schaffen und die Autonomie der Person zu schützen.Wer die Freiheit der Menschen beschränkt,hemmt nicht nur ihre Leistungsfähigkeit und die Leistungskraft der Wirtschaft, sondern er belastet auch die Justiz mit überflüssigen Streitigkeiten.
„Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, ist es notwendig,kein Gesetz zu machen.“ Dieses Wort aus dem Munde von Montesquieu müssen wir wieder zum Maßstab des politischen Handelns machen.
Die hohen Herausforderungen, vor denen die Justiz steht, werfen die Kernfrage auf: Wie wollen wir den zu erwartenden Anforderungen auch in der Zukunft mit Erfolg gerecht werden? Ich befürchte, dass sich die Fraktionen von SPD und GRÜNEN in diesem Haus für die vordergründig einfachste Antwort entscheiden: die Forderung nach einer Aufstockung des Personals.
Sie können dem nachher widersprechen oder das richtig stellen. Ich freue mich darauf.
Dann sind wir in diesem Punkte auch hoffentlich einer Meinung.
Abgesehen davon,dass diese Vorstellung Ausdruck reiner Staatsgläubigkeit wäre, halte ich einen solchen Weg schlicht für lebensfremd. Die verfehlte Wirtschafts- und Steuerpolitik der Bundesregierung hat zu massiven Einnahmeausfällen in den Ländern geführt.Wer in dieser Situation nach zusätzlichem Personal ruft, ignoriert bewusst die katastrophale Lage, in der wir uns befinden und in der sich insbesondere die öffentlichen Finanzen befinden.
Meine Damen und Herren, eine weitere mögliche Antwort auf die Herausforderungen der Zukunft ist die Steigerung der Effizienz justiziellen Handelns. Durch eine konsequente Modernisierung nutzen wir jetzt schon alle Möglichkeiten. Also auch hier versuchen wir, einen Bei
trag dazu zu leisten, dass Justiz effizienter wird und auf diese Art und Weise schneller und wirkungsvoller ihren Auftrag erfüllen kann.
Wir haben schon in erheblichem Umfang Rationalisierungseffekte erzielen können. Bis Ende 2004 konnten mehr als 7.500 Arbeitsplätze in der hessischen Justiz EDV-technisch voll ausgestattet werden. Ende 2006 werden wir sämtliche 120 Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justizvollzugsanstalten modernisiert haben. Das betrifft dann über 12.000 Arbeitsplätze in der hessischen Justiz.
Die Modernisierung trägt schon heute Früchte. Für den Bürger konnten Wege verkürzt und Abläufe vereinfacht werden. Das elektronische Grundbuch und das elektronische Handelsregister zeigen dies nur beispielhaft. Wir brauchen allerdings – das möchte ich hier vortragen – weiter gehende Antworten auf die gestellte Zukunftsfrage. Eine bürgerfreundliche, selbstbewusste und leistungsfähige Justiz kann mittelfristig nur gesichert werden, wenn wir die rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen reformieren.
Dies hat die Konferenz der Landesjustizminister im Herbst 2004 veranlasst, parteiübergreifend eine Justizreform zu vereinbaren. Vier Schwerpunkte haben wir – ich wiederhole: auch A- und B-Länder übergreifend – verabredet, die diese Reform haben soll:
Erstens Deregulierung. Das heißt vor allem, übersichtliche und verständliche Verfahrensordnungen zu schaffen.
Zweitens Aufgabenübertragung. Das bedeutet, dass sich die Justiz auf ihr Kerngeschäft konzentriert und andere Aufgaben auf Dritte überträgt.
Drittens Konzentration von Aufgaben, insbesondere durch eine effektivere Gestaltung von Strafverfahren sowie
viertens Qualitätssicherung, z. B. durch eine Ausweitung der Fortbildung und Stärkung der Führungsverantwortung von Richtern und Staatsanwälten.
Meine Damen und Herren, auch das will ich ganz freimütig sagen: Das Ziel einer grundlegenden Justizreform ist keine neue Erfindung der Justizministerkonferenz. Ich zitiere aus einer Stellungnahme des Richterbundes in Nordrhein-Westfalen aus dem Jahr 2003. Dort heißt es wortwörtlich:
Auch die Justiz muss wirtschaftliche Umstände berücksichtigen. Sie muss Verfahren optimieren und eine Aufgabenkritik vornehmen... Es muss klar gesagt werden, dass auch die Justiz unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen nicht alles leisten kann, was wünschenswert ist.
Der Richterbund fährt fort:
Um die Funktionsfähigkeit der Justiz für die vom Grundgesetz gestellten Aufgaben sicherzustellen, müssen aber auch der Zugang zu den Gerichten und die Organisation der Verfahren auf das Notwendige beschränkt und Missbrauch ausgeschlossen werden.
So weit der Richterbund. Diese Ausführungen decken sich voll und ganz mit den Zielvorgaben der Justizminister.
Aus den zahlreichen Vorschlägen für die Justizreform möchte ich einige Punkte hervorheben, die mir persönlich besonders wichtig sind:
Zur Deregulierung gehört die Vereinheitlichung von Verfahrensordnungen. Gegenwärtig haben wir für jedes Rechtsgebiet ein eigenes Prozessgesetz. Schon eine erste Durchsicht dieser Gesetze zeigt, dass sie eine Vielzahl gleich lautender Bestimmungen enthalten. Es macht daher Sinn, zumindest die Verfahrensgesetze von verwandten Rechtsgebieten zusammenzufassen. So können Gesetze abgebaut und Abläufe für den Bürger verständlicher und transparenter gestaltet werden.
Konkret stelle ich mir vor, dass wir die Verwaltungsgerichtsordnung und das Sozialgerichtsgesetz auf der einen Seite und die Zivilprozessordnung und das Arbeitsgerichtsgesetz auf der anderen Seite zusammenführen.
Ein weiterer ganz wesentlicher Punkt der Deregulierung ist die dringend notwendige Reform der Rechtsmittel, die ich schon pauschal am Anfang angesprochen hatte. Das zentrale Ziel der funktionellen Zweigliedrigkeit habe ich in diesem Zusammenhang auch dargestellt.
Für den Zivilprozess kann die funktionelle Zweigliedrigkeit konkret so umgesetzt werden, dass gegen ein erstinstanzliches Urteil allein die Möglichkeit einer so genannten Zulassungsberufung besteht. Dies bedeutet, dass eine Berufung nur durchgeführt werden kann, wenn entweder das erstinstanzliche Gericht oder das Berufungsgericht das Rechtsmittel zulässt. Anderenfalls endet der Prozess in jedem Fall mit der erstinstanzlichen Entscheidung.
Meine Damen und Herren, das ist auch nichts Revolutionäres. Es wird in dem Zusammenhang häufig vorgetragen und behauptet, das sei eine Reduzierung von Rechtsstaat. Schon nach dem geltenden Recht werden seit Jahrzehnten weit über 80 % der erstinstanzlichen Urteile der Amtsgerichte sowohl in Strafverfahren als auch in Zivilverfahren rechtskräftig. Mit der Einführung einer Zulassungsberufung könnten die positiven Erfahrungen aus der Verwaltungsgerichtsbarkeit auf den Zivilprozess übertragen werden.Dort wird das schon seit vielen Jahren so praktiziert, nämlich seit dem Jahre 1996.
Die Zulassung des Rechtsmittels erfolgt bei Zweifeln an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils sowie bei einer besonderen Schwierigkeit oder grundsätzlichen Bedeutung des Verfahrens. Meine Damen und Herren, ich verspreche mir von der Einführung einer Zulassungsberufung im Interesse des Bürgers schnellere Verfahrensabschlüsse.
Bei strafrechtlichen Verurteilungen durch das Amtsgericht kann die funktionelle Zweigliedrigkeit am besten durch ein so genanntes Wahlrechtsmittel erreicht werden. Dieses im Jugendstrafrecht seit langem bewährte Prinzip stellt den Betroffenen vor die Wahl, entweder Berufung oder Revision einzulegen, je nachdem ob sein Angriff eher auf eine rechtliche oder eine tatsächliche Überprüfung des erstinstanzlichen Urteils zielt.
Einen weiteren Entlastungseffekt der Strafjustiz verspricht die Erweiterung der Annahmeberufung. Ähnlich wie bei der Zulassungsberufung kommt es auch bei der Annahmeberufung nur dann zu einer erneuten Verhandlung, wenn das Berufungsgericht das Rechtsmittelverfahren annimmt bzw. zulässt. Bislang begrenzt das Gesetz die Annahmeberufung im Strafrecht auf Fälle, in denen das Gericht den Täter zu einer Gesamtstrafe von maximal 15 Tagessätzen Geldstrafe verurteilt. Ein derartig geringes
Strafmaß kommt in der Praxis aber sehr selten vor. Die Annahmeberufung konnte daher bislang kaum praktische Bedeutung entfalten. Ich halte es deshalb für richtig, die Annahmeberufung durch eine Anhebung der maximalen Strafe auf 60 Tagessätze maßvoll auszuweiten.
Meine Damen und Herren, das Ziel der Verlagerung von Aufgaben auf Dritte folgt aus zwei grundlegenden Erfahrungen: Erstens. Aufgaben, die nicht zum Kerngeschäft des Staates gehören, können durch Dritte in vielen Fällen besser, d. h. effektiver und auch bürgerfreundlicher, erledigt werden.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Zweitens. Die Übertragung von Aufgaben entlastet den Staat, der alle Kräfte auf sein Kerngeschäft konzentrieren kann.
Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund könnte es sich anbieten, die Notare stärker als bisher in die Aufgabenerledigung der Justiz einzubinden. Die Bestellung zum Notar setzt hohe Qualifikationen voraus. Diese lassen es erwarten, dass die Notare Aufgaben im Erbrecht und im Registerrecht genauso wie die Gerichte erledigen können, z. B. Nachlasssachen, Erbscheinerteilungen und dergleichen mehr.
Ein weiterer Bereich der Aufgabenübertragung ist die mögliche Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens. Die zügige Vollstreckung von Urteilen hat für die obsiegende Prozesspartei zentrale Bedeutung. In vielen Fällen hängen Existenzen, z. B. von Handwerksbetrieben, davon ab, dass Außenstände schnell eingetrieben werden können.
Meine Damen und Herren, zu dem Stichwort der Konzentration von Aufgaben gehört vor allem die effektivere Ausgestaltung des Strafverfahrens. Hierfür gibt es eine Reihe von Vorschlägen, aus denen ich zwei besonders wichtige hervorheben möchte. Eine schnelle Durchführung des Strafverfahrens hat mehrere Vorteile – das haben wir hier schon häufig miteinander beredet –: Erstens. Die Wirkung auf den Täter ist in der Regel besonders stark. Zweitens. Das schnelle Vorgehen fördert die Akzeptanz des Rechtsstaates in der Öffentlichkeit. Drittens. Die zügige Verfahrenserledigung ist ökonomisch sinnvoll.
Meine Damen und Herren, ich freue mich sehr darüber, dass Hessen im Bundesvergleich bei der Frage des beschleunigten Verfahrens seit vielen Jahren eine absolute Spitzenstellung einnimmt.
Diese positiven Erfahrungen legen es nahe, den Anwendungsbereich des beschleunigten Verfahrens zu erweitern. Nach meiner Auffassung sollten daher im beschleunigten Verfahren Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren statt bisher von nur einem Jahr verhängt werden können. Schließlich sollten auch die Möglichkeiten des Strafbefehlsverfahrens ausgedehnt werden. Das Gesetz beschränkt den Anwendungsbereich dieses Verfahrens bislang auf das Amtsgericht. Das Strafbefehlsverfahren sollte auf die Land- und Oberlandesgerichte ausgedehnt
werden. Bei gleichzeitiger Anhebung der Grenzen der höchstzulässigen Rechtsfolge auf eine Bewährungsstrafe von bis zu zwei Jahren führt dies zu einer Entlastung insbesondere der Landgerichte.
Meine Damen und Herren,am Rande müsste man hier eigentlich auch erwähnen, dass zur weiteren Effektivierung von Strafverfolgungsmaßnahmen ein besserer Einsatz der DNA-Analyse gehört. Das haben wir hier so häufig miteinander besprochen, dass ich das mit nur einem Satz erwähnt haben will. Aber auch das gehört zu einer konsequenten und effektiven Strafverfolgung.
Meine Damen und Herren, ich setze mich dafür ein, dass wir grundlegende Strukturveränderungen der Justiz auf den Weg bringen. Wir führen daher in Hessen einen intensiven Dialog mit der Praxis. Wir haben unter anderem im Mai zwei erfolgreiche Regionalkonferenzen zur Justizreform in Gießen und in Frankfurt mit den Leitungen der hessischen Justizbehörden, den Vertretern der Mitbestimmungsgremien sowie Repräsentanten der hessischen Rechtsanwälte und Notare durchgeführt.
Lassen Sie mich zum Schluss Folgendes feststellen: Deutschland braucht eine bürgerfreundliche, schlanke und leistungskräftige Justiz. Sie trägt zum Zusammenhalt in unserer Gesellschaft und zur Zukunfts- und Konkurrenzfähigkeit unseres Landes maßgeblich bei.Auch wenn es in der Öffentlichkeit nicht immer ausreichend wahrgenommen wird, ist meine feste Überzeugung, dass die Justiz die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft in unserem Lande stellt.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will gerne auf die beiden Anträge der SPD- und der CDU-Fraktion klarstellend eingehen. Die Idee, elektronische Fußfesseln für Langzeitarbeitslose zu fordern, ist absurd.
Ich freue mich, dass das gesamte Haus einschließlich der Opposition diese klare Einschätzung, die ich bis zum heutigen Tage immer geteilt habe,
auch bestätigt.Vielen Dank dafür. Es geht darum, dass die Fußfessel lediglich für Straftäter eingesetzt wird, und um nichts anderes.
Allerdings will ich hinzufügen, dass die Presseerklärung vom 10. März 2005 unglücklich und missverständlich ist, soweit sie isoliert aus dem Gesamtzusammenhang herausgenommen wird. Ich will klar und deutlich sagen: Der Einsatz der Fußfessel bei Langzeitarbeitslosen wäre aus meiner Sicht auch menschenverachtend.
Eine letzte Bemerkung. Diese Formulierungen im Zusammenhang des Einsatzes der Fußfessel bei Straftätern benutzen wir in unseren Presseerklärungen seit dem Jahre 2001. Die Opposition hat vernünftigerweise hieran niemals Anstoß genommen, weil es wirklich nur um Straftäter und niemand anderen geht.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Modernisierung der hessischen Verwaltung im Allgemeinen und die Modernisierung der Justiz im Be
sonderen sind ein Erfolgsmodell.Das möchte ich hier klar und deutlich feststellen.
Sie sind ein Erfolgsmodell nicht nur für unser Bundesland Hessen, sondern auch im nationalen Vergleich, weil die Justiz in Hessen an der Spitze der Modernisierung in Deutschland marschiert. Das können Sie in vielen Vergleichen feststellen.
Ich verstehe die Opposition, wenn sie beklagt, dass die Regierung für ihre Aktivitäten gelobt wird. Wenn uns aber die Mehrheitsfraktion nicht loben würde, wer würde es in diesem Hause sonst tun?
Ich habe nicht die Hoffnung, dass die Opposition endlich die Realitäten in unserem Lande wahrnimmt und ohne Zweifel sagt: Jawohl, diese Landesregierung befindet sich an der Spitze der Entwicklung.
Vom Kollegen Holler ist bereits zu Recht darauf hingewiesen worden, dass fast 8.000 Arbeitsplätze bei den Gerichten, den Staatsanwaltschaften und in den Justizvollzugsanstalten EDV-technisch voll ausgestattet worden sind. Ich darf Ihnen sagen, dass wir zum Ende des Jahres 2006 sämtliche 12.000 Arbeitsplätze in diesen Bereichen mit modernen Kommunikationstechniken und Softwareprogrammen ausgestattet haben werden.
Meine Damen und Herren, ich verstehe, dass sich die Opposition nicht gerne an die eigene Vergangenheit erinnern lässt.
Natürlich haben Sie nicht völlig Unrecht, wenn Sie sagen, die Vergangenheit liegt immer weiter zurück. Ich hoffe, dass aus Ihrer Sicht die Vergangenheit auch für die nächste Zukunft immer weiter zurückliegen wird – was Ihre eigene Verantwortung angeht.
Aber eines muss ich Ihnen sagen: Als ich im Jahr 1999 meinen Dienst angetreten und die Gerichte und die Staatsanwaltschaften besucht habe, habe ich eine große Anzahl von Staatsanwälten und Richtern angetroffen, die ihre privaten PCs zu ihrem Arbeitsplatz in die Behörde brachten, weil ihnen die rot-grüne Landesregierung solche nicht zur Verfügung gestellt hat.