Sabine Bächle-Scholz
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Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Auch wir haben vor Ort Gespräche geführt, aber anscheinend waren wir auf unterschiedlichen Anhörungen.
Bevor ich aber zu meinen Ausführungen komme, möchte ich kurz auf die Vorgeschichte Ihres Antrags eingehen. Denn die heute zur Abstimmung stehende Vorlage ist fast wortgleich mit der Version vom Oktober 2012. Im Rahmen dieses Gesetzentwurfs sollten nämlich ursprünglich die Träger des Rettungsdienstes verpflichtet werden, eine Gefährdungsanalyse und Schulungen zur Abwehr von Angriffen auf Rettungsdienstmitarbeiter durchzuführen. Zu diesem Gesetzentwurf wurde von dem Ausschuss im April eine umfassende, sowohl schriftliche als auch mündliche Anhörung durchgeführt. Anscheinend haben Sie anderes herausgehört als wir und die anderen Parteien in diesem Hause.
Aber ein Lob möchte ich Ihnen noch immer aussprechen, denn nach meiner Auffassung hat sich die SPD-Fraktion nach dieser Anhörung auf dem richtigen Wege befunden. Sie hat nämlich ihren Gesetzentwurf wie auch einen Änderungsantrag zurückgezogen. Aber leider haben Sie nun den vor uns liegenden Gesetzentwurf als modifizierte Version dieses Gesetzentwurfs wieder eingebracht, auch wenn man erst einmal klären musste, was Sie eigentlich wollen, denn das Druckblatt war identisch. Aber auch neue Worte einzusetzen, will gelernt sein.
Durch diese Modifikation ist Ihr Gesetzentwurf aber nicht besser geworden. Sie haben aber immerhin erkannt, nachdem alle Angehörten Sie darauf hingewiesen haben, dass die Träger des Rettungsdienstes als Verpflichtete Ihres Regelungsvorschlags ungeeignet sind. So haben Sie jetzt die Leistungserbringer eingesetzt. Sie haben sich aber leider von den Sachverständigengruppen nicht dahin gehend beraten lassen, dass es einer gesetzlichen Regelung zur Frage der Gefährdung von Rettungsdienstmitarbeitern durch Dritte über die bestehenden gesetzlichen Vorlagen hinaus nicht bedarf. Was ich nicht hören will, höre ich einfach nicht.
Klar ist: Eine Gefährdung des Rettungsdienstpersonals gibt es. Dies geht von Beleidigungen bis hin zu körperlichen Übergriffen. Die Polizeistatistik weist für 2011 23 Tatverdächtige aus. Auch die Leistungserbringer haben über die einzelnen Vorkommnisse berichtet. Dies wird von mir in keiner Art und Weise bestritten. Auch wenn es kein Massenphänomen ist, müssen wir hinsehen. Wir müssen uns für einen Schutz der Rettungsdienstmitarbeiter – hier sind wir uns einig – und anderen Helfern, soweit dies notwendig ist, einsetzen. Die Frage ist nur: Ist unsere gesetzgeberische Tätigkeit notwendig,
und gegebenenfalls welche? – Das müssen wir prüfen und beantworten. Die Antwort, die Sie in Ihrem Gesetzentwurf vorlegen, ist leider in beiden Hinsichten falsch.
Hören Sie zu, dann werden Sie es erfahren.
Sie schlagen vor, die Leistungserbringer zu verpflichten, eine Gefährdungsanalyse zu erstellen und die Mitarbeiter in Selbstverteidigungstechniken und Deeskalation fortzubilden. Ihre Forderung, dies im Rahmen eines Rettungsdienstgesetzes zu tun, ist absolut unnötig. Eine entsprechende Verpflichtung besteht nämlich schon jetzt nach dem Arbeitsschutzgesetz. Lesen Sie sich bitte einmal § 5 Arbeitsschutzgesetz durch.
Diese Regelung dort ist viel weiter und umfassender. Welchen Sinn hat es also, wenn eine Regelung schon besteht, dasselbe noch in einem weiteren Gesetz zu regeln? – Nach meiner Meinung keinen.
Dann fordern Sie eine Fortbildung in Selbstverteidigung und Deeskalation. Dies soll in acht Stunden erfolgen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es möglich ist, einen Rettungsdienstmitarbeiter in acht Stunden über Selbstverteidigungstechniken so zu informieren, dass er diese auch zur Anwendung bringen kann. Dies hat übrigens auch die Polizei in der Anhörung bestätigt. Insbesondere trifft dies dann zu, wenn noch die Inhalte der Deeskalation hinzukommen sollen. Die Rettungsdienstträger waren sich in der Anhörung einig, dass es keinen Sinn hat, Mitarbeiter in aktiver Selbstverteidigung auszubilden. Ich zitiere hierzu nur beispielhaft die Aussage des DRK:
Es ist eine Fehleinschätzung, wenn in der Begründung des Gesetzentwurfes die Vermittlung von „Techniken zur Selbstverteidigung“ als das Mittel der Wahl angesehen wird. Dies darf nicht die Zielsetzung sein.
Deutlicher kann man es wohl nicht ausdrücken.
So bleibt noch Ihr Vorschlag einer Fortbildung im Bereich der Deeskalation. Dies ist sicherlich sinnvoll. Aber ist hierfür eine Änderung des Gesetzes notwendig? – Auch hier sagt das DRK, „dass eine Regelung zu ergänzenden Fortbildungsinhalten auch außerhalb des Regelungsrahmens des Hessischen Rettungsdienstgesetzes möglich ist.“
Eine Handlungsnotwendigkeit besteht nur, wenn die Landesverwaltung bzw. die Leistungserbringer hier ihre Handlungsmöglichkeit nicht sehen und nutzen würden. Dem ist nicht so, und das wissen auch Sie.
Ich kann also nur folgendermaßen schließen: Wir nehmen die Leistungserbringer, die Träger und auch die Rettungsdienstmitarbeiter in ihrer Forderung ernst. Wir müssen nicht etwas auf Landesebene regeln, was schon auf Bundesebene geregelt ist. Eine Gesetzesänderung ist nicht notwendig. Sie muss nicht um ihrer selbst willen erfolgen. Wir lehnen Ihren Gesetzesvorschlag ab. – Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wer schon einmal in einer Notsituation, so wie ich, die Leistungen des Rettungsdienstes in Anspruch nehmen musste und den Sanitätern, Rettungsassistenten und Notärzten sein Leben verdankt, wird die Arbeit dieser Personen zu schätzen wissen. So kann ich, wie Sie sicherlich alle, nur dafür sein, dass diese Menschen optimalen Schutz bei ihrer Arbeit erhalten, gerade weil sie an jeden Ort, an den sie gerufen werden, zu jeder Zeit, ohne zu zögern, fahren müssen. Sie können nicht vorher lang und breit untersuchen und abwägen, welche Risiken für sie bestehen oder welche Eigenschutzmaßnahmen angezeigt sind. Diese Personen, deren Arbeit für uns alle unverzichtbar ist, müssen vor Übergrif
fen geschützt werden, egal von welcher Person oder aus welchem Grund die Gefahr ausgehen mag. Es können Patienten in ihrer besonderen gesundheitlichen Lage sein, das Umfeld, z. B. aus einer besonderen kulturellen Situation heraus, Dritte, die nur auf Randale aus sind, oder alkoholisierte Personen. Sicherlich besteht über die Grenzen aller Fraktionen hinweg Einigkeit, dass Gewalt gegenüber Rettungsdienstpersonal nicht akzeptiert werden kann.
Und doch ist es ein Gebot der Vernunft, dann – und nur dann – gesetzgeberisch tätig zu werden, wenn es wirklich erforderlich ist. Dies in den Blick genommen, ist jedoch festzustellen, dass der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion das Erfordernis eben nicht belegt.
Der Antragsteller stellt in seiner Begründung fest, dass sich die Gefahren in den letzten Jahren erhöht hätten. Dies hört und liest man immer wieder. In der Antwort des Innenministeriums im Einvernehmen mit dem Sozialministerium auf die Kleine Anfrage Drucks. 18/4612 kann man jedoch sehen, dass dieses Phänomen sehr unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Die befragten Rettungsdienstorganisationen konnten jedenfalls keine signifikante Größenordnung feststellen.
Gleichwohl wurde aber auch von einer zunehmenden Verrohung der Patienten und einer gesunkenen Hemmschwelle berichtet. Hierbei wurde auch auf eine subjektiv empfundene Zunahme von Fällen verwiesen. DRK und ASB berichten allerdings übereinstimmend, dass es nicht zu relevanten Verletzungen aufgrund von Übergriffen kam. Die Johanniter-Unfall-Hilfe in Hessen berichtet von fünf Fällen tatsächlicher Angriffe auf Rettungsfachpersonal in fünf Jahren.
Auch haben die Leistungserbringer, wie in der Antwort auf die Kleine Anfrage ausgeführt wird, in der Weise reagiert, dass das DRK in Kooperation mit der Polizei Fortbildungen zum Thema „Umgang mit Gewalt im Einsatz“ und die Johanniter-Unfall-Hilfe Kurse unter der Prämisse „Eigenschutz geht vor Fremdschutz“ anbieten.
Also, das Problem besteht, und ab und zu wird auch in den Medien darüber unterrichtet. Weil das so ist, hat die Landesregierung das Thema bereits aufgegriffen und behandelt. In der Landesarbeitsgruppensitzung „Qualitätssicherung im Rettungsdienst“ am 31.08. vergangenen Jahres berieten die Landesregierung und die betroffenen Verbände über diese Problematik. Es ist somit festzustellen, dass eine Auseinandersetzung mit dem Thema schon lange vor Ihrem Gesetzentwurf stattgefunden hat.
Ohnehin sind die Rettungsdienstorganisationen schon mit dem Thema befasst. Auf den Internetseiten rettungsdienstmagazin.de und rettungsdienst.de kann man einem Artikel mit der Überschrift „Gewalt gegen Retter“ entnehmen, dass sich die Leistungserbringer mit dem Thema auseinandersetzen und hierzu Kurse anbieten. Hier lässt sich das zugrunde liegende Konzept erkennen: Deeskalation geht vor Selbstverteidigung. – Dies ist meiner Meinung nach auch weiterzuverfolgender Ansatz.
Nur am Rande sei noch auf die Änderung des Strafrechts hingewiesen. § 113 StGB, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, wurde auf Feuerwehrleute und Mitar
beiter von Rettungsdiensten erweitert. Der neu eingeführte § 305a Strafgesetzbuch stellt Fahrzeuge und Ausrüstung dieser Organisationen unter besonderen Schutz.
Bereits durch diese Änderungen sind zweifelsohne Verbesserungen der Sicherheit herbeigeführt worden. Daher sollte man wenigstens einige Zeit verstreichen lassen, um sicher feststellen zu können, ob nicht dadurch das Problem, soweit es überhaupt existiert, gelöst werden konnte.
Für mich bleibt bei dieser Fragestellung daher offen, ob die richtige Antwort auf die aufgeworfene Frage gleich eine Änderung des Rettungsdienstgesetzes ist oder ob nicht andere Maßnahmen eine sinnvollere Lösung herbeiführen können. Sie wollen die Träger verpflichten, Gefährdungsanalysen durchzuführen und verbindlich alle zwei Jahre Schulungen durchzuführen. Wir sind der Meinung, dass die Dienste am besten selbst wissen, wie sie mit einer zunehmenden Anzahl an Übergriffen umgehen.
Wir können hier nur Unterstützung leisten. Ihre Maßnahmen hingegen belasten die Organisationen nur mit zusätzlichem Zeitaufwand und Kosten.
In Bezug auf die Kosten der geforderten Gesetzesänderung bleiben Sie die Antwort auf die Höhe schuldig – dies mag angehen –, und Sie konnten auch jetzt in Ihren Ausführungen noch keine Kosten benennen. Jedoch frage ich mich: Wer soll diese Kosten tragen? Sie sprechen vom Land. Bislang sind diese bei den Trägern. Frau Schulz-Asche, Sie sagen auch nicht, wer die Kosten übernehmen soll – egal, ob jetzt für Deeskalationskurse oder die Supervision.
Nachdem ich unterstellen darf, dass Ihnen die Beantwortung der Kleinen Anfrage vorlag, als Sie Ihren Gesetzentwurf formulierten, wundert es mich jedoch sehr, dass Sie nicht auf die Feuerwehren und das THW eingegangen sind. Es war nämlich auch zu lesen, dass das Personal des THW bedrängt und die Feuerwehrleute angegriffen, ja sogar mit Silvesterraketen beschossen wurden.
Wenn Sie eine Schutzausbildung für Mitarbeiter des Rettungsdienstes fordern, sollten Sie wenigstens so konsequent sein, die anderen Helfer, denen wir als Gesellschaft ebenso viel verdanken, genauso gut zu behandeln. Hier war die Kleine Anfrage schon einen wesentlichen Schritt weiter. Die CDU-Fraktion stellt sich nicht gegen eine Verbesserung des Schutzes von Rettungskräften.
So hat sie auch nichts gegen eine Anhörung zu diesem Thema. Doch sollte diese Anhörung nicht nur im Sozialausschuss, sondern gemeinsam mit dem Innenausschuss behandelt werden.
Ich bitte Sie, lassen Sie uns die Anhörung gemeinsam mit den Leistungserbringern für eine Lösung abwarten, und dies, ohne zu dramatisieren oder auf der anderen Seite zu bagatellisieren. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, Herr Präsident Kartmann! Bei dem uns vorliegenden Gesetzentwurf handelt es sich nicht um spektakuläre Änderungen bzw. Neuerungen.
Vielmehr werden durch diesen Entwurf einige Präzisierungen und Ergänzungen an dem bisherigen Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst vorgenommen.
Grundsätzlich dient dieses Gesetz der Förderung und dem Schutz der Gesundheit der gesamten Bevölkerung. Somit hat das HGöGD eine Bedeutung im Rahmen der Gefahrenabwehr. Aber auch schon im Vorfeld werden Maßnahmen der Prävention geregelt. Daher ist eine differenzierte Aufgaben- und Verfahrensbeschreibung der einzelnen Bereiche erforderlich.
In diesen Regelungsumfang gehören so unterschiedliche Dinge wie die Schuleingangsuntersuchung, die Berufe im Gesundheitswesen, die hygienische Überwachung von Einrichtungen und die Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten. Gerade in diesem Bereich haben Ereignisse aus den letzten Jahren wie die Gefahr einer Grippepandemie oder das Ausbreiten der Schweinegrippe gezeigt, dass in einigen Punkten Änderungsbedarf besteht.
Wenn ein Gesetz verlängert wird, muss man dies zum Anlass nehmen, an der einen oder anderen Stellschraube zu drehen. Bei dieser Gelegenheit werden die Erfahrungen aus der Praxis aller Beteiligten einbezogen. So hat auch der Ausschuss eine Anhörung durchgeführt. Hierbei ging es vielfach um redaktionelle Klarstellungen oder Anpassungen an geänderte Gesetzeslagen.
Aber es gab auch einige neue Regelungen, die sich aus den Erfahrungen der letzten Jahre ergeben haben. Klarer geregelt in dem vorliegenden Gesetzentwurf und neu aufgenommen wurde das Selbsteintrittsrecht der oberen und obersten Gesundheitsbehörden. Das bedeutet, sollte ein Gesundheitsamt seine Aufgabe nicht rechtzeitig oder pflichtgemäß wahrnehmen, kann die Aufsichtsbehörde einschreiten.
Mit diesem Selbsteintrittsrecht sollen erhebliche gesundheitliche Gefahren abgewandt werden. Auch wenn es bis jetzt noch nicht zu einem ernsthaften oder dauerhaften Konflikt gekommen ist, und dies vermutlich auch nur selten vorkommt, sollten wir nicht erst abwarten, bis ein solches Problem gravierend zum Tragen kommt. Vielmehr ist es wichtig und richtig, jetzt für den Ernstfall eine Regelung zu finden, damit dieses Problem auch in Zukunft nicht entstehen kann.
Besonders begrüßen wir die Möglichkeit, nach § 2 Abs. 3 die Leitung eines Gesundheitsamtes für einen befristeten Zeitraum an einen Arzt ohne Facharztanerkennung zu vergeben. Natürlich muss dies die Ausnahme sein. Durch diese Regelung können aber Zeiträume überbrückt werden, bis eine Facharztqualifikation von einem Bewerber erlangt ist oder man einen geeigneten Facharzt gefunden hat.
Neu aufgenommen wird ebenso die Möglichkeit, bei Großschadensereignissen bei der Gesundheitsbehörde einen Krisendienst anzubinden. Die Organisationseinheit der kommunalen Selbstverwaltung wird hier weiterhin geachtet, indem dies als Kannregelung formuliert ist.
Schließlich findet sich in § 16 noch eine Klarstellung für die Aufsichtsbehörde über die Fachberufe im Gesundheitswesen.
Insgesamt, so kann man feststellen, ist der uns vorliegende Gesetzentwurf dazu geeignet, ein gutes Gesetz noch besser zu machen.
Dem Anrecht der hessischen Bevölkerung auf Schutz vor den gesundheitlichen Gefahren wird entsprochen. Zusammenfassend wird somit dem WHO-Leitsatz aus der Ottawa-Charta Rechnung getragen. Dieser besagt: Gesundheit ist kein abstraktes Gut.
Gesundheit wird von Menschen in ihrer alltäglichen Umwelt geschaffen und gelebt: dort, wo sie spielen, lernen, arbeiten und lieben. Gesundheit entsteht dadurch, dass man sich um sich selbst und für andere sorgt, dass man in die Lage versetzt ist, selber Entscheidungen zu fällen und eine Kontrolle über die eigenen Lebensumstände auszuüben...
Vielen Dank.
Ich frage die Landesregierung:
Wie viele Kinder von Landesbeschäftigten wurden in den Osterferien in der Notfallbetreuung „Fluggi-Land“ betreut?