Walter Zuckerer
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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Ahrons, Sie haben eigentlich aus einem Gesetz zitiert. Die Grundlage eines öffentlichen Unternehmens ist ein staatliches Interesse oder/und die Tatsache, daß eine Aufgabe nicht anders, besser und wirtschaftlicher erfüllt werden kann. Das ist die Grundlage, und sie ist gesetzlich festgelegt.
Wenn Sie hier behaupten, daß gegen diese Grundsätze verstoßen wird, behaupten Sie, daß der Senat gegen die Landeshaushaltsordnung verstößt, dann müssen Sie es belegen, Frau Ahrons.
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Wir können uns darüber streiten, was ein öffentliches Interesse ist. Darüber bin ich gerne bereit, mit Herrn Dr. Freytag zu streiten. Also, wo liegt der Unterschied? Sie wollen die HHLA verkaufen, und wir sagen, daß wir sie als Instrument der Hafenpolitik weiter benötigen. Darüber kann man streiten, Herr Dr. Freytag, man kann uns aber nicht vorwerfen, daß wir ein öffentliches Interesse sehen, und bisher haben Sie nichts belegt. Sie haben eine Polemik gefahren, daß der Hamburger Hafen nicht zugeschüttet wird, wenn die HHLA nicht mehr da ist. Sie haben keinen Beweis geführt, daß dieses Unternehmen nicht strategisch für Hamburger Hafenpolitik eingesetzt werden kann.
Ach, Sie wollen sie nur noch teilweise verkaufen?
Ich differenziere sehr wohl.
Wir kommen zu Ihrem nächsten Beispiel, zum Flughafen. Wir haben nur noch einen Teil des Flughafens. Ist Ihnen nicht die Diskussion in der ganzen Republik über die Verteilung von Flughäfen bekannt? Ist Ihnen das strategische Interesse, daß wir einen Flughafen halten müssen und nicht von Frankfurt abhängig sein dürfen, nicht gegenwärtig? Ist es also falsch, wenn wir einen Flughafen unterhalten, oder ist es richtig?
Ich will mit Ihnen die Instrumente diskutieren, die wir haben. Sind öffentliche Unternehmen Instrumente der Politik, oder sind sie es nicht mehr. Ich werfe Ihnen vor, daß Sie 10 Milliarden DM öffentliche Unternehmen veräußern wollen, ohne zu sagen, welches Unternehmen in Zukunft noch Daseinsvorsorge betreiben soll.
Welches öffentliche Unternehmen ist aus Ihrer Sicht noch für die Daseinsvorsorge dieser Stadt notwendig? Sagen Sie das doch. Die Wohnungsunternehmen mindestens, zum Teil aber auch nicht; der Flughafen nicht, die HHLA nicht und die Landesbank nicht. Insofern frage ich Sie, was übrigbleibt.
Nun komme ich zum zweiten Teil. Es gibt in der Tat 400 Unternehmen. Das Problem, daß die CDU vielleicht die Übersicht verliert, bedeutet aber nicht, daß sie außer Kontrolle sind. Das darf man vielleicht auch einmal sagen.
Es ist keine Frage der Größe, sondern ob sie ihre Aufgaben erfüllen. Diese Antwort bleiben Sie schuldig. Insofern wende ich mich an Herrn Waldhelm, der sagt, es solle entflochten werden. Entflechtung bedeutet Verkauf. Ich habe bisher noch von keinem Unternehmensführer der Welt gehört, daß Verkauf mehr Kontrolle bringt. Ich dachte immer, das bringt weniger Kontrolle. Damit Sie besser kontrollieren können, wollen Sie also etwas kleiner machen, nach dem Motto: Minimal-Art ist das, was die CDU beherrscht; das ist okay.
Ich werfe Ihnen nicht vor, daß Sie 10 Milliarden DM über den Verkauf öffentlicher Unternehmen realisieren wollen. Ich werfe Ihnen aber vor, daß Sie dabei die strategischen Interessen der Stadt nicht mehr definieren.
Ich behaupte hier, daß es nicht darum ging, den öffentlichen Sektor zu verkleinern. Es ging darum, 10 Milliarden DM zusammenzuscharren, um Ihre Politik zu finanzieren, und das ist sehr einfach. Das Problem ist aber, daß es nicht billiger ist, als zu verkaufen und zu sagen, daß das CDU-Wahlprogramm dann finanzierbar sei. Deshalb sage ich Ihnen: Das ist billige Politik, teuer finanziert. Sie werden es erleben.
Meine Damen und Herren! Herr von Beust, ich habe gewisse Schwierigkeiten mit dieser Debatte.
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Nicht aus dem Grunde, den Sie vielleicht vermuten. Ich denke, daß die politische Auseinandersetzung um Frau Roth in den letzten vierzehn Tagen eskaliert ist,
ist nichts Besonderes. Wenn sich die Auseinandersetzung im Wahlkampf verschärft und der Ton härter wird, dann halte ich auch das nicht für ein Problem. Mein Problem ist, daß ich allmählich die Auffassung habe, daß die Auseinandersetzung schmutziger wird und weniger der Wahrheitsaufklärung dient.
Ich habe alles gelesen, Herr von Beust, was Sie auf der CDU-Pressekonferenz anläßlich der Einbringung und öffentlichen Begründung dieses Rücktrittantrags geschrieben, weitergegeben und gesagt haben; mir wurde auch darüber berichtet. Es war jedoch von einem großen Teil Ihrer jetzigen Aussage keine Rede. Sie haben vier Punkte genannt.
Erstens: Krisenmanagement. Sie haben selbst gesagt, daß bei jedem schwierigen Problem in dieser Stadt aus Ihrer Sicht das Krisenmanagement von Frau Roth katastrophal war. Sie müssen sich die Frage gefallen lassen, warum Sie eigentlich nicht ihren Rücktritt bei jedem dieser Fälle gefordert haben.
Sie können ruhig schreien. Ich bin heute ziemlich heiser. Aber das führt vielleicht dazu, daß wir uns ein wenig zuhören.
Wir haben hier Debatten über die Amtsführung von Frau Roth geführt und über Probleme, die sie bewältigt oder die sie aus Ihrer Sicht nicht bewältigt hat, über politische Initiativen, die sie gestartet hat und die aus Ihrer Sicht falsch waren oder die möglicherweise nicht zum Erfolg kamen.
Diese Auseinandersetzung ist völlig legitim und kann auch hart sein. Im Augenblick – deswegen sprach ich von Eskalation – bewegen wir uns jedoch nicht in einer Debatte über die Politik von Frau Roth, sondern auf der Ebene der Person von Frau Roth. Hat sie die Wahrheit gesagt oder nicht? Das ist doch das einzige, was heute eine Rolle spielt.
Wir wollen doch einmal darauf eingehen, was Sie heute dazu gesagt haben.
In der Bürgerschaft hat es eine Darstellung sämtlicher Ereignisse gegeben, die im Zusammenhang mit dem Verein vorgefallen sind. Es hat eine Darstellung darüber gegeben, wann die Behörde zum ersten Mal erfuhr, daß sich dieser Verein an politischen Demonstrationen beteiligt hat.
Das ist hier vorgetragen worden.
Ich frage Sie: Ist daran aus Ihrer Sicht irgend etwas falsch? Können Sie belegen, daß dies zu einem anderen Zeitpunkt war? Welchen Vorwurf erheben Sie in diesem Zusammenhang?
Es wurde hier vorgetragen, daß es eine Untersuchung gab, die durch die Behörde eingeleitet und gemeinsam mit dem
Arbeitsamt durchgeführt wurde. Diese Untersuchung hatte die Vorwürfe zum Ergebnis, warum das Arbeitsamt und die Behörde ihr Geld zurückforderten.
Ich frage Sie: Ist daran etwas auszusetzen? Oder kritisieren Sie diesen Vorgang? Können Sie belegen, daß das falsch ist?
Ich füge hinzu: Sie können gern jeden Sozialdemokraten heranziehen, den es in dieser Stadt gibt und der irgend etwas tut, wenn Sie feststellen wollen, daß die SPD ein Problem hat. Aber die SPD übernimmt keine Kollektivhaftung für jeden Sozialdemokraten, übrigens auch nicht für jeden Vereinsvorstand, und auch nicht für den DGB. Sie sollten das einfach einmal zur Kenntnis nehmen, daß es so ist.
Hier ist die Frage zu stellen, welchen Vorwurf Sie erheben. Hat Frau Senatorin Roth oder die SPD politische Demonstrationen gedeckt? Ich sage völlig offen: Ich kenne in meiner Fraktion niemanden, der dafür ist, daß man mit öffentlichen Mitteln Demonstrationen fördert.
Das kann ich völlig freizügig sagen.
Sie haben doch behauptet, Frau Senatorin Roth habe das geduldet. Wie belegen Sie diese Duldung, wenn es eine Untersuchung gab?
Frau Blumenthal, ich vertusche hier gar nichts.
Der wesentliche Vorwurf lautete, es sei politisch für die SPD und sogar im Auftrag der SPD demonstriert worden. Das ist schlichter Unsinn.
Nehmen Sie einfach einmal zur Kenntnis, daß nicht jede Demonstration – auch gegen die damalige Regierung –, die ein Verein in dieser Stadt veranstaltet hat, von der SPD in Gang gesetzt wurde.
Eine Demonstration gegen Kohl ist eine Demonstration gegen Kohl. Sind alle Menschen, die gegen die CDU demonstrieren, automatisch auf der Seite der Sozialdemokraten oder müssen sie Sozialdemokraten sein? Das ist doch Unsinn!
Nun kommen wir zum aktuellen Krisenmanagement. Was ist geschehen? Ich habe Ihnen zugehört und alles gelesen, was darüber geschrieben wurde. Es gab aus der Öffentlichkeit einen Hinweis – übrigens lange nach dem abgeschlossenen Verfahren –, daß es dort einen Brötchenservice gegeben habe. Daraufhin hat die Behörde reagiert. Sie behaupten, daß es schon bei der Anhörung im Arbeitsamt einen Hinweis gegeben habe.
Offensichtlich sind weder das Arbeitsamt noch die Prüfer der Behörde diesem nachgegangen. Steckt etwa das Arbeitsamt mit der Senatorin irgendwie unter einer Decke,
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oder welche Verschwörungstheorie haben Sie? Muß eine Senatorin in dieser Stadt investigative Fähigkeiten und hellsichtige Ahnungen haben, um zu wissen,
wo überall in einem Verein irgend etwas passiert? Ich begreife nicht, welchen Vorwurf Sie erheben.
Ich habe wie alle vernommen, daß ab einem gewissen Zeitpunkt – als es Hinweise gab, daß zuwendungsrechtswidrig in diesem Verein gewisse Serviceleistungen erbracht wurden – eingeschritten wurde. Das ist doch das, was Sie immer gefordert haben.
Insofern verstehe ich Ihren Vorwurf nicht.
Ich komme zum zweiten Teil. Ich erinnere, daß es eine Forderung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses war, daß, sowie es Hinweise und eine Verdichtung auf zuwendungswidriges Verhalten geben würde, als eine der ersten Maßnahmen die Sperrung der Zuwendung angedroht werden soll beziehungsweise diese durchzuführen sei.
Das ist doch jetzt in diesem Fall auch geschehen. Welchen Vorwurf erheben Sie zum aktuellen Krisenmanagement? Herr Hackbusch wirft vor, daß es viel zu hart gewesen sei.
Ja, und Sie applaudierten dabei, als er dieses sagte.
Was sollte denn gemacht werden? Soll angedroht werden, daß Zuwendungen oder daß Aufforderungen, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen, zurückgenommen werden? Und soll für den Fall, daß dies nicht geschieht, entsprechend gehandelt oder, wenn der Verein andere Angebote macht, entsprechend reagiert werden?
Frau Blumenthal, Sie rufen mir immer zu: 98, 98! Aber Ihr Antrag auf einen Rücktritt ist mit dem aktuellen Krisenmanagement begründet und nicht mit dem von 1998. Das muß ich Ihnen einmal sagen.
Insofern begreife ich nicht, wenn Sie immer, Herr von Beust, mit der Moral argumentieren. Wann war eine der handelnden Personen gegenüber den Mitarbeitern dieses Vereins zynisch und überheblich? Krisenmanagement ist zweifellos ein Prozeß. Diese Mitarbeiter befanden sich in einer Hängepartie.
Wann hätte man, außer daß versucht wird, daß jeder der dort Beschäftigten auch wieder eine andere Stelle bekommt, diese Hängepartie ablösen sollen? Das ist – unabhängig davon, daß es eine berechtigte Forderung ist, diesen Verein weiter fortzuführen, wenn er gute Arbeit leistet und eine gute Geschäftsführung hat – gemacht worden. Insofern weiß ich nicht, was zynisch ist.
Ich weiß auch nicht, welche Vorstellung Sie haben, wie das anders gemacht werden soll. Insofern ist mir unklar, was
Sie eigentlich vorwerfen. Was werfen Sie denn wirklich vor?
Und wer sagt jetzt die Wahrheit? Da sind wir bei einem interessanten Fall.
Sie haben die Darstellung der Senatorin und der Behörde gehört, wann, wo, was und wie geprüft wurde und was aus Sicht der Behörde bekannt war. Sie kennen einen Brief des Vereinsvorsitzenden Pumm, in dem er die Behörde darauf hinweist, daß aus seiner Sicht zumindest einige Dinge hätten bekannt sein müssen.
Folgende Fragen werden aus der Sicht meiner Fraktion so schnell wie möglich zu klären sein:
Hören Sie bitte einmal zu.
Wann ist welchem Prüfer bekannt geworden, was er prüfen mußte? Mußte er Spenden prüfen, oder fielen sie in den Verein oder in die Projektfinanzierung? Wer hat da wo was gewußt? Das muß aufgeklärt werden, das ist vollkommen klar. Wir haben hier nichts anderes gesagt.
Wir haben nicht so oder so gesagt, sondern wir haben gesagt, daß wir Ihren Antrag zurückweisen, weil Sie Ihre Vorwürfe nicht belegen können. Sie bezichtigten uns der Lüge.
Ich komme zu Ihnen, Herr von Beust. Es mag ja für die Fraktion der CDU und vielleicht auch für die Regierungskoalition nicht einfach sein festzustellen, daß es noch etwas aufzuklären gibt und daß dies durch die Staatsanwaltschaft und durch weitere Prüfungen dieser Behörde geschehen muß. Das mag nicht einfach sein. Sie begründen die Rücktrittsforderung auf der Vermutung, die Senatorin habe gelogen. Diese Vermutung ist stärker, als daß woanders etwas falsch dargestellt wurde. Das ist bei Ihnen das Problem. Eine hamburgische Opposition forderte den Rücktritt einer Senatorin aufgrund einer Vermutung! Sie müssen beweisen können, daß sie politische Fehler gemacht oder in einer wichtigen politischen Frage gelogen hat, aber nicht vermuten.
Die Eskalation dieser Debatte entsteht dadurch, daß wir uns nicht mehr mit einer Sachfrage auseinandersetzen, sondern daß wir über Vermutungen, Unterstellungen und darüber reden, was gewesen sein könnte. Ist vielleicht hier oder dort die Wahrheit gesagt worden?
Wenn wir es alle wirklich nicht wissen, dann fordern Sie den Rücktritt.
Das, Herr von Beust, ist kein Umgang mit der Politik, sondern das geschieht nach dem Motto: Alles ist möglich, und alles ist denkbar, und nichts könnte nicht sein. Und da es so ist, kann ich in einer gewissen Beliebigkeit, ohne den Beweis vorzulegen – Sie haben keinen Beweis vorgelegt –, den Rücktritt einer Senatorin fordern. Bei aller Kritik, die es geben mag, und bei allen Differenzen, die wir haben: Auf der Ebene von Vermutungen und Unterstellungen und
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ohne Beweise einen Rücktritt zu fordern, ist eine Zerstörung der politischen Kultur.
Dafür tragen Sie mit die Verantwortung.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung haben Wissenschaftler der Universität Würzburg auf der Basis einer ökonometrischen Analyse ein Standort-Ranking erstellt. Das Ergebnis dieser Analyse ist eine große und unerwartete Überraschung. Im Ländervergleich ist Hamburg in der Zeit nach der deutschen Vereinigung das erfolgreichste Bundesland. Das war so nicht zu erwarten.
Hamburg hält die Top-Positionen, was die Erwerbstätigenund Arbeitslosenquote, das Wirtschaftswachstum und auch das Einkommen betrifft.
Die SPD-Fraktion war immer davon überzeugt, daß Hamburg den Strukturwandel mit einer innovativen und mo
dernen Wirtschaftspolitik bewältigt hat. Wir waren auch davon überzeugt, daß wir im Bereich der Stadtstaaten der bestgeführte Stadtstaat sind, auch wenn wir das mit hanseatischem Understatement nur zurückhaltend kommentiert haben.
Wir haben immer die Überzeugung gehegt, daß wir eine moderne und innovative Arbeitsmarktpolitik betreiben. Schließlich geben wir dafür im Vergleich mit anderen Bundesländern das meiste Geld aus.
Wir waren davon überzeugt, daß wir gut waren. Aber nun bestätigt ein Institut, das jenseits jeglichen sozialdemokratischen und grünen Einflusses ist, mit einer ökonometrischen Analyse, daß wir nicht nur in der ChampionsLeague spielen, sondern daß wir seit Jahren unangefochten die Besten sind.
Man hätte es sich so leicht nicht träumen lassen, und man hätte es auch gar nicht gewagt, es selbst zu sagen. Trotzdem liegen wir mit Abstand vor Bayern und vor BadenWürttemberg, und wir haben diesen Abstand in den letzten Jahren ausgebaut.
Gleichwohl, meine Damen und Herren, die Top-Position im Standort-Ranking ist das eine.
Aber es gibt natürlich auch Schwächen und Probleme, auf die die Studie hinweist, und diese liegen zweifellos im Bereich der Inneren Sicherheit. Hier nehmen wir im StandortRanking einen unteren Rang ein.
Bemerkenswerterweise dramatisieren die Wissenschaftler dies weniger, als man es vermuten könnte oder erwarten würde. Sie weisen eher darauf hin, daß Vergleiche mit Flächenländern im Bereich der Inneren Sicherheit problematisch sind, daß sie hinken. Ich zitiere:
„Die Städte leiden unter der Tatsache, daß sich auf ihrem Territorium nicht nur Wirtschaftskraft, kulturelle Einrichtungen und Infrastruktur, sondern eben auch soziale Spannungen und Kriminalität konzentrieren.“
Wir haben also einen gewissen wissenschaftlichen Hinweis darauf, daß die großen Metropolen in der Bundesrepublik im Bereich der Inneren Sicherheit ein Strukturproblem haben.
Nun werden wir heute noch eine Debatte zur Inneren Sicherheit führen; deswegen möchte ich darauf nicht weiter eingehen. Der Beitrag, den ich leisten wollte, sollte auf die notwendige Versachlichung hinweisen, daß wir bei Debatten über die Innere Sicherheit zwischen den Strukturproblemen der Städte und der Innenpolitik deutlich unterscheiden müssen.
Für Politiker ist der interessanteste Teil dieser Studie der Versuch, politische Aktivität und ökonomischen und politischen Erfolg miteinander zu verbinden, also im Rahmen einer sogenannten Regressionsanalyse mit Dutzenden von Parametern ein Ursache-Wirkungs-Verhältnis herzustellen.
Bemerkenswerterweise liegen wir zwar im Standort-Ranking auf Platz eins, aber im sogenannten Aktivitäts-Ranking liegen wir eher im Mittelfeld. Das ist natürlich nicht ganz so schön, dann müßte man hier auch nicht argumentieren. Wir hätten sicherlich gerne – ich würde sogar sagen alle – einen Platz weiter vorne.
Das wirft allerdings Fragen auf, die nicht uninteressant sind. Warum ist das eigentlich so? Eine große Hamburger
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Tageszeitung hat das ziemlich platt kommentiert nach dem Motto „Hamburg ist Spitze, aber die Politiker können nichts dafür“. Das wird durch die Studie nicht belegt.
Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Rheinland-Pfalz liegt seit Jahren im Aktivitäts-Ranking auf Platz drei, ist aber im Standort-Ranking während der gesamten Zeit um drei Plätze abgestiegen. Es stellt sich die interessante Frage, ob die Anstrengungen mit dem Abstieg zusammenhingen oder ob der Index manches gar nicht richtig abbildet.
Mein letzter Satz: Die Studie kommentiert das folgendermaßen:
„Traten in unserem Ranking Schwächen in der Hansestadt zutage, so waren diese eher stadtstaatenspezifischer Natur.“
Meine Damen und Herren! Hamburg ist Spitze.
Meine Damen und Herren! Wir würden Ihnen sofort recht geben, daß Eigenlob sinkt, aber wir können uns leider nicht der Tatsache erwehren, daß der „Focus“ ein positives Ranking über Hamburg abgegeben hatte, ebenfalls der ADAC, von dem wir es niemals erwartet hätten.
Daß jetzt sogar völlig unverdächtige konservative Ökonomen – bei einigen würde ich sogar zugeben, daß ich deren Wirtschaftstheorie nicht unbedingt anhänge –
Hamburg an die Spitze hieven, ist vielleicht nicht das Problem. Es ist auch nicht das Problem, Herr Dr. Salchow, ob wir über Trivialität reden. Wir können das auf einen relativ
schlichten Punkt bringen: Die Freie und Hansestadt steht im ökonomischen Erfolg sehr, sehr weit vorne, und an ihm haben viele Bürger dieser Stadt sowie die Wirtschaft Anteil.
Vielleicht können Sie die zentrale Frage beantworten, welchen Anteil die Politik hat. Zu sagen, alles, was in der Stadt gut ist – der ökonomische Erfolg, die Arbeitslosenquote, das Einkommen der Menschen, der Strukturwandel, der Aufbruch in die New Economy –, ist nicht das Verdienst der Politik, weil es Top ist. Politik ist nur, was schlecht ist, und das kann nicht stimmen. Es würde mich wundern, warum Sie im Wahlkampf so sehr um Ihre eigene Mehrheit kämpfen wollen, wenn Politik mit dem Erfolg dieser Stadt eigentlich nichts zu tun hat. Das ist nicht erklärbar.
Wenn der gesamte Erfolg dieser Stadt politikfern ist, dann vermisse ich bei Ihnen die Frage, was wir falsch machen. Ich würde jederzeit eine Debatte mit Ihnen darüber führen, was an unserer Wirtschaftspolitik falsch war, aber Sie kritisieren gar nicht, was daran falsch ist. Das müssen Sie sich sagen lassen, weil Sie in diesem Hause und in dieser Stadt seit vier Jahren jede wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Kompetenz abgegeben haben und gar nicht versuchen, sie zurückzubekommen.
Wir können gern darüber diskutieren, was eine ökonometrische Analyse wert ist, die zwei Dutzend verschiedene Parameter in einem Aktivitätskegel zusammenfaßt. Bayern hat den höchsten Aktivitätskegel, aber ist nicht Spitze. Da muß irgend etwas nicht stimmen. Wir haben einen mittleren bis schlechten, sind aber Spitze. Dann stimmt vielleicht der Parameter bei den Aktivitätspegeln nicht. Darüber könnte man reden. Aber dann, Herr Dr. Salchow, kann man nicht sagen, der Erfolg ist trivial, aber Bayern ist Spitze.
Wenn Sie die Studie kritisieren, können Sie nicht sagen, sie ist vor allem in bezug auf Hamburg methodisch problematisch, aber Bayern und Baden-Württemberg sind Spitze.
Ich bin für eine versachlichende Auseinandersetzung. Alle Rankings haben ihre Probleme. Es geht um Politik, also müssen wir versuchen, den Standort unserer Politik zu lokalisieren. Darüber können wir uns gerne mit Ihnen auseinandersetzen. Aber Sie können nicht sagen, der Erfolg dieser Stadt habe nichts mit Politik zu tun. Das ist Unsinn. Er hat nichts mit der Opposition zu tun. Das ist richtig.
Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin! Ich weiß nicht mehr, wann ich zum ersten Mal eine Debatte über leistungsbezogene Bezahlung im öffentlichen Dienst mitgemacht habe.
Das war vor meiner Zeit im öffentlichen Dienst. Demnach muß es fast 20 Jahre zurückliegen.
Von daher zeigt allein die Dauer der öffentlichen Debatte, daß wir uns auf einem bemerkenswerten, vielleicht komplexen Terrain bewegen.
Um Ihnen die Komplexität dieses Terrains deutlich zu machen, erlauben Sie mir einige historische Reminiszenzen. Sie reichen mehrere hundert Jahre zurück.
Wie wir alle wissen, wird gemeinhin in jeder Großorganisation und auch in jedem Unternehmen nach Funktionen bezahlt, die als Leitungsverantwortung und Aufgabenbeschreibung verstanden werden. Im öffentlichen Dienst wird aber eigenartigerweise nach Funktion und Dienstalter be
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zahlt. Woher kommt diese bemerkenswerte Bezahlung nach dem Dienstalter?
Meine Damen und Herren! Sie können raten. Sie reicht zurück bis in die Zeiten des Absolutismus. Es ist – wenn wir nur Deutschland betrachten – ein Vermächtnis des deutschen Adels im preußischen Heer.
Bekanntermaßen wurde das preußische Heer von seinem Adel geführt. Offiziere waren Adlige, und der Adel war nach seiner eigenen Betrachtung die Elite des Volkes. In sich war er aber bemerkenswerterweise egalitär, nämlich gleich.
Der deutsche Adel hatte die Fiktion, daß nicht kognitive Fähigkeiten, sondern lediglich das Alter die Menschen unterscheidet. Und da das Alter Erfahrung bedeutete, war der jeweilige Kommandeur älter als seine Untergebenen. Es verwundert eigentlich nicht, daß das Anciennitätsprinzip des preußischen Adels aus der preußischen Armee auf das preußische Beamtentum übertragen wurde. Es ist verwunderlich, daß wir dies auch noch nach Hunderten von Jahren haben.
Insofern kam die alte Bundesregierung, als sie beschloß, leistungsbezogene Anreize im öffentlichen Dienst einzuführen, in die Nähe von Revolutionärem. Da dies bei der alten Bundesregierung aber nicht zu vermuten ist, kam sie zumindest in einem ersten Schritt zu einem Systemwechsel. Lassen Sie mich das einfach so sagen.
Es ist relativ verständlich, daß jeder Systemwechsel – wie in diesem Bereich mit jahrhundertelanger Tradition – gewisse Widerstände und Schwierigkeiten aufwirft. Ich komme zunächst zu den Schwierigkeiten.
Der öffentliche Dienst ist heute kein einheitliches Gebilde mehr, sondern eine ziemlich komplexe Organisation. Er erfüllt einerseits hoheitliche Aufgaben bis hin zu beratenden und fürsorgerischen Tätigkeiten einer modernen Sozialstaatsverwaltung. Insofern stellen sich die Fragen, was eigentlich eine bewertbare Leistung ist – das ist sehr unterschiedlich – und ob wir nicht ein sehr differenziertes System brauchen.
Wie schwierig das ist, können wir bereits in der Praxis studieren. Es gibt nämlich ein Land, Herr Vahldieck, das Sie vergessen haben, nämlich Berlin. Ich erlaube mir, Ihnen über das System in Berlin aus einer hervorragenden Veröffentlichung – der „Informationen für Beamtinnen und Beamte“ – zu zitieren, die völlig unverdächtig ist. Die Überschrift lautete:
„Demotivation
Mit Ablehnung haben ÖTV, GEW und GdP auf den Beschluß des Berliner Senats reagiert, Leistungsstufen bei der Besoldung einzuführen. Die GdP befürchtet Demotivation und schlechteres Arbeitsklima. Die Polizei müsse intim arbeiten. Es sei unmöglich, einzelne für besondere Leistungen herauszupicken.“
Soweit die GdP. Diese kurze Illustration zeigt vielleicht, daß es schwierig ist, denn das, was die GdP sagt, hat einen harten Kern. Es wäre zweifellos schwierig, einzelne Beamte aus einer Hundertschaft auszuwählen und ihnen eine einmalige Leistungsprämie zu geben. Aber es spricht ausgesprochen nichts gegen eine leistungsbezogene Bezahlung. Es zeigt allerdings, daß wir ein sehr differenziertes
System benötigen, das auf die verschiedenen Bereiche des öffentlichen Dienstes zugeschnitten ist. Nun vielleicht ein Beispiel des Widerstandes.
Wir kommen zur GEW. Die GEW macht folgende Rechnung auf: Wenn man pro Leistungsbeurteilung nur fünf Stunden ansetze, seien in Berlin 400 Arbeitskräfte nötig, um alle Beamtinnen und Beamte zu beurteilen. Diese Argumentation hat zweifellos einen harten Kern. Wenn man nämlich leistungsgerechte Bezahlung einführen will, braucht man ein gutes Beurteilungssystem, jedoch kein Arbeitsbeschaffungsprogramm. Insofern würde ich dieses Zitat aus dem Bereich der GEW unter Widerstand und Verhinderung einordnen.
Schwierigkeiten sind nicht dazu da, um sie weiter auszubauen, sondern um gelöst zu werden.
Es ist zweifellos schwierig, ein solches System nach Hunderten von Jahren einzuführen, aber es gibt einfache Überlegungen, gegen die nichts spricht.
Wenn jemand im öffentlichen Dienst zweimal weit überdurchschnittlich beurteilt wurde, was spricht dagegen, diesen Menschen eine Dienstaltersstufe überspringen zu lassen? – Gar nichts. Es wäre auch kein revolutionärer Vorschlag. Es wäre nur anders, als es bisher war. Jene egalitäre Fiktion, daß das Alter und die Erfahrung Kompetenz erzeugt, würde damit etwas außer Kraft gesetzt. Von daher sind wir in der Pflicht, leistungsgerechte Bezahlung im öffentlichen Dienst durchzusetzen.
Der Senat hat das für das Jahr 2000 angekündigt; die SPD-Fraktion – das sage ich in Richtung des Senats – kann sich die Verzögerung eigentlich nur dadurch erklären, daß der rotgrüne Senat in seinem bekannten Perfektionismus immer noch an einem relativ ausgefeilten System arbeitet,
das vermutlich ein Gesamtkunstwerk werden soll.
Ich füge hinzu, daß ein Gesamtkunstwerk in diesem Bereich eher Schwierigkeiten aufwirft. Unsere Fraktion – und ich vermute, auch andere Teile des Hauses – wäre damit zufrieden, wenn es einzelne pragmatische Schritte geben würde, die die Anforderungen von Effizienz, Transparenz und wirklicher Leistungsbeurteilung erfüllten.
Ich gebe der Erwartung meiner Fraktion Ausdruck, daß dies auch bald geschieht, und ich bin mir damit wahrscheinlich mit dem ganzen Hause einig.
Der zweite Antrag der CDU beschäftigt sich mit Mobilität. Aber nicht mit der Mobilität, die normalerweise Herr Reinert vertritt, sondern mit der des öffentlichen Dienstes.
Es ist richtig – darauf gibt es viele Hinweise –, daß die Mobilität im öffentlichen Dienst abgenommen hat. Die Frage ist: Hat dies strukturelle Gründe im System? Das ist wahrscheinlich, denn wir alle wissen, daß die betriebene Haushaltskonsolidierung unter anderem die Dezentralisierung der Personalverantwortung und die Personalbudgetierung beinhaltete.
Es kann dann zwischen dem Personalkreislauf und der Mobilität in einer Einzelbehörde einen Zielkonflikt geben. Wenn dieser Zielkonflikt sich ausweitet, dann sollten wir auch über mobilitätsfördernde Maßnahmen nachdenken.
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Da mag vielleicht eine Mobilitätsbörse sinnvoll sein, die es meines Wissens schon gibt. Es gibt auch mobilitätsfördernde Maßnahmen, aber sie setzen in der Regel die Eigeninitiative des einzelnen voraus. Wir müssen im Ausschuß darüber diskutieren, ob wir mehr als bisher institutionelle Strukturförderung zur Mobilitätsförderung im öffentlichen Dienst brauchen und uns nicht nur auf die Freiwilligkeit beschränken sollten. Freiwilligkeit im öffentlichen Dienst ist schön, aber wir wissen alle, daß man sich freiwillig eigentlich nur für besonders interessante Aufgaben bewirbt. Insofern ist – wenn ich das so sagen darf – die Wahrscheinlichkeit gering, daß die Freiwilligen in der Ausländerbehörde oder in gewissen Bereichen der Bezirksämter Schlange stehen. Trotzdem müssen wir hier etwas tun.
Lassen Sie mich aber in Ihre Richtung sagen, daß ich Ihren Mobilitätsbegriff als konservativ ansehe.
Es geht nicht nur darum, Mobilität auf dieser Ebene zu fördern. Stellen wir uns doch einmal einige andere Fragen. Ist es zwangsläufig, in einem modernen öffentlichen Dienst, der in diesem Jahrtausend effizient und zukunftsfähig sein soll, daß die überwiegende Mehrzahl der Lehrer zeit ihres Lebens Lehrer sind? Was spricht eigentlich dagegen, daß sie in andere Bereiche der Verwaltung wechseln?
Sind eigentlich geschlossene Personalkörper das, was wir für zukunftsfähig im öffentlichen Dienst halten? Das gilt übrigens auch für Polizeibeamte; sie können genausogut auch in anderen Verwaltungsbereichen arbeiten.
Von daher sollten wir das gemeinsam etwas grundsätzlicher und radikaler diskutieren; das lohnt sich.
Ein abschließendes Wort. Die CDU hat zwei Anträge gestellt, den einen zu leistungsbezogenen Anreizen, den anderen zu Mobilität; beide Anträge sind zweifellos wichtig. Wir stehen aber, was den öffentlichen Dienst betrifft, nach meiner festen Überzeugung vor einer ganz anderen Herausforderung.
Der öffentliche Dienst wird im Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiter in den nächsten Jahren mit vielen anderen Bereichen konkurrieren müssen. Das bedeutet, daß wir ihn im positiven Sinne wettbewerbsfähig machen müssen.
Zur Kompensation und Ergänzung der Rationalisierung und Personaleinsparung des öffentlichen Dienstes haben wir aufgrund unserer knappen Kassen in den letzten acht Jahren zunächst die Modernisierung im Bereich der Prozeßsteuerung und der technischen Ausrüstung vorgenommenen. Ich nenne das einmal die ökonomische Phase der Modernisierung des öffentlichen Dienstes.
In den nächsten Jahren brauchen wir als zweite Phase eine strukturelle Modernisierung. Dazu gehören für mich die Verbesserung der Personalplanung, die Qualitätssicherung und vor allen Dingen die Verbesserung der Ausbildung und auch mehr Frauen in Führungspositionen. Zu einer weltoffenen Metropole gehören im Hinblick auf eine Europäisierung und Internationalisierung unserer Apparate auch mehr Migrantinnen und Migranten.
Wenn wir das gemeinsam angehen, haben wir viel zu streiten und zu diskutieren. Das lohnt sich, so daß wir dann keine Beamtenpolitik mehr zu machen brauchen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe mich zum Schluß noch einmal gemeldet, weil einiges, was Sie eben gesagt haben, Herr Salchow, doch ausgesprochen zum Widerspruch reizt.
Wenn wir so sachlich diskutieren wollen, wie Herr Kruse es versucht hat, dann kommen wir doch noch einmal auf den sachlichen Kern. Der sachliche Kern gestiegener Mineralöl-, Benzin- und sonstiger Preise in diesem Bereich ist erstens die Preispolitik der OPEC und zweitens das EURODollar-Verhältnis.
Dabei ist die interessante Frage, wie ein Staat mit seiner Steuerpolitik auf die auf dem Weltmarkt gestiegenen Preise reagieren soll. Jetzt muß ich Sie mit einem leisen Hauch von Polemik fragen, Herr Kruse und auch die CDU: Ist die Antwort des Staates auf die Globalisierung im 21. Jahrhundert, daß er seine Steuerpolitik jeweils von der Preispolitik der internationalen Rohstoffkartelle und den Zuständen auf den Devisenmärkten abhängig macht,
oder muß es den Versuch geben, seine eigene Politik durchsetzen zu wollen?
Nein, wir haben nur noch wenige Minuten, aber wir können das gern hinterher privat diskutieren, Herr Kruse.
Das ist die eigentliche Frage, die wir zu beantworten haben.
Damals, bei der ersten Ölkrise, wurde Helmut Schmidt angetragen, daß er die Steuern senkt. Er hat es nicht getan. Es ist eine Einladung an die Kartelle, Herr Salchow, die Steuern zu senken, wenn dort die Preise heraufgesetzt werden. Ich kann Ihnen auch schöne Zitate aus dem OPEC-Bereich nennen. Da heißt es: „Jeder Preis, der die Menschen veranlaßt, verstärkt nach alternativen Energiequellen zu suchen, ist aus unserer Sicht zu hoch.“ Der Generalsekretär der OPEC sagte: „Wir haben den Preis über Steuern mit administriert.“ Dabei waren alle Parteien in der Bundesrepublik bis vor wenigen Jahren immer der Meinung, daß der Preis für Öl eigentlich zu gering ist, um vernünftige Energiepolitik zu machen.
Damit komme ich zu meiner zweiten Frage.
Sie haben – ganz sachlich gesehen, Herr Salchow – kritisch angemerkt, daß die Ökosteuer, wie die rotgrüne Re
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gierung sie gemacht hat, aus Ihrer Sicht keine richtige Ökosteuer ist.
Die interessante Frage dabei ist, welche ökologische Besteuerung die CDU eigentlich vorschlägt. Sie rennen jetzt Sturm gegen eine Ökosteuer, das können Sie tun, das ist Ihr gutes Recht.
Aber wo ist denn Ihre ökologische Besteuerung? Ich frage Sie das aus einem einfachen Grund. Schäuble hat diese Steuer eigentlich mit gefordert. Angela Merkel hat diese Steuer ins Gespräch gebracht und noch vor zwei Jahren 5 Pfennige pro Jahr für sinnvoll gehalten. Heute sagen Sie, Herr Salchow:Der Zorn des Volkes wird noch über euch zusammenschlagen.
Ja, das ist eine andere Lage, was schert mich mein Geschwätz von gestern. Ökosteuer dann, wenn das Volk sich über den hohen Preis nicht aufregt.
Das ist wirklich blanker Populismus, ein populistisches Argument.
Ich frage mich – offen gestanden –, ob Ihnen Ihre ganze Argumentation eingefallen ist, als Sie bemerkten, daß die Leute anfingen, wütend zu werden.Dann haben Sie schnell vergessen, was Sie früher gesagt haben. Oder hatten Sie die Argumente vorher auch schon? Wo waren denn die Vorschläge der CDU für eine ökologische Besteuerung während der ganzen Debatten? Heute machen Sie nichts anderes, als den erstbesten öffentlich geäußerten Unmut des Volkes zu nehmen und sich an die Spitze der Bewegung zu stellen. Das hat mich angekotzt – ich bitte um Entschuldigung! Ich fand es billig, hier zu sagen: Wenn Minister mit ihren Dienstwagen fahren, sollen sie den Leuten nichts von der Ökosteuer erzählen. Deswegen erzähle ich Ihnen jetzt etwas. Als Angela Merkel mit dem Dienstwagen gefahren ist und ihrerseits über Energiebesteuerung im Ausgleich für Rentenversicherungsbeiträge nachgedacht hat, war sie nicht unglaubwürdig.Aber vielleicht haben Sie ja das ganze Konzept aufgegeben, um die Glaubwürdigkeitslücke zwischen dem Dienstwagen von Angela Merkel und Ihren eigenen Aussagen irgendwie zu schließen.
Herr von Beust, Ihr Redebeitrag reizt in der Tat, darauf zu antworten. Deswegen will ich versuchen, für meine Fraktion darauf einzugehen.
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Sie haben zunächst einmal davon gesprochen, daß die Autorität des Staates bedroht sei oder viele Menschen das als solches empfinden und daß es darum geht, die Autorität des Staates zu stärken. Darin besteht zwischen uns kein Unterschied. Es gibt Null-Toleranz gegen rechtsradikale Gewalt und gegen Ausländerfeindlichkeit. Es ist aber eine andere Frage, ob Demokraten der Meinung sind, daß sie mit den bestehenden Gesetzen ein Problem lösen können, oder ob sie glauben, für Neonazis Gesetze machen zu müssen, die auch alle anderen Bürger treffen.
Ich möchte ausdrücklich sagen, daß ich für meine Fraktion dafür plädiere und, ich denke, auch für viele andere in diesem Hause: Autorität des Staates und Repression gegen Gewalt ja, aber immer auch Liberalität und Toleranz.Das ist schwierig, das räume ich ein, besonders in einer solchen Debatte. Der Mühe einer solchen Debatte sollten sich aber die Parteien hier im Hause auch ernsthaft unterziehen.
Zweitens haben Sie darauf hingewiesen, daß Sie schnelle Reaktionen wollen. Wir alle wollen schnelle Reaktionen. Dieses Parlament hat eine lange Debatte über Jugendkriminalität und über Beschleunigung von Verfahren hinter sich.Wir müssen uns in diesem Fall wiederum einer langen Debatte über angemessene Reaktionen und Rechtsstaatlichkeit sowie über konsequentes Handeln stellen und hinnehmen, daß der Rechtsweg ausgeschöpft wird. Wir müssen versuchen, Liberalität, Toleranz und konsequentes Handeln zu verbinden, auch wenn es manchmal schwerfällt,
auch wenn uns der Preis der Freiheit zuweilen sehr hoch erscheint.
Ich gebe Ihnen recht, daß sich über manches noch diskutieren läßt, was man noch verbessern könnte.Der Ruf nach Gesetzesänderung als Antwort auf Rechtsradikalismus ist zu wenig, das war der wesentliche Punkt, den Sie bisher genannt haben.
Ich komme zu Ihrem dritten Punkt, den ich für viel problematischer halte; dabei unterscheiden wir uns möglicherweise viel weiter, als es offenbar bisher zutage getreten ist.
Seitens der REGENBOGEN-Gruppe wurde hier gesagt – und das weise ich von dieser Stelle zurück –, daß der Faschismus, der Rechtsradikalismus und die Neonazis ihren Ausgang aus der Mitte der Gesellschaft nehmen. Das ist Unsinn. Es gibt in jeder Gesellschaft ein Gewaltpotential, auch in unserer. Es gibt Dumpfheit, Ausländerfeindlichkeit und Rassismus. Es gibt jetzt in dieser Situation eine neue Gewalt, aber sie geht nicht von der Mitte der Gesellschaft aus, sondern sie reicht weit in die Gesellschaft hinein, das mag sein, aber nicht umgekehrt.
Es ist nicht so, daß Politiker – auch wenn ich ihre Äußerungen nicht teile –, ob in Hessen oder Bayern, den Rechtsradikalismus erzeugen, sie bedienen vielleicht Ressentiments, und das ist ein schwerer politischer Fehler, der bekämpft werden muß.
Aber wir müssen uns auch – das sage ich ausdrücklich, denn bis hierher sind wir uns einig – mit Ressentiments auseinandersetzen. Die Aufgabe der Politik ist es, Antworten auf die Probleme zu geben, die die Menschen in ihren Ressentiments sehen.
Es ist eine sehr interessante Frage, ob die richtige Antwort auf Ausländerfeindlichkeit vor Ort, Probleme in der Schule mit Ausländerkindern wegen mangelnder Sprachkenntnisse et cetera lautet: Mehr Deutsch, oder müßte nicht die richtige Antwort lauten:Wir alle in dieser Gesellschaft brauchen eine neue Debatte über die Ausländerintegration, die Zuwanderung und darüber, was wir als Anerkennung von Ausländern wollen. Ist nicht das der Weg der Integration, anstatt einfach zu sagen, zu wenig Deutsch ist eben zu wenig deutsch? Das geht zu leicht, um es mal klar zu sagen, in jene chauvinistische Ecke.
(Ole von Beust CDU: In Chinatown reden sie auch Englisch! Da müssen wir vorsichtig sein. Konzepte zur Lösung ja, aber keine einfachen Konzepte. Darüber hier zu streiten, lohnt sich. Als letzten Satz möchte ich dazu das Zitat eines bekannten Politikers nennen, dessen Geburtstag heute wäre und der Ihnen nahesteht: „Man sollte nie einfach reden, man sollte immer kompli- ziert denken.“ Das war Franz Josef Strauß. (Beifall bei der SPD und der GAL)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Am Freitag wird im Deutschen Bundesrat über die Steuerreform entschieden werden. Das Ergebnis wird weitreichende Auswirkungen für die Bundesländer und insbesondere auch für Hamburg haben.
Wir diskutieren über die Steuerreform der rotgrünen Koalition im Bund seit circa einem Jahr, aber in Wahrheit diskutieren wir seit zehn Jahren über eine Steuerreform in unserem Land. Eine Steuerreform ist seit langem notwendig für Wachstum und Beschäftigung und für die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft. Der hamburgische Senat wird deshalb der Steuerreform im Bundesrat zustimmen. Er hat dazu die Unterstützung der SPD-Fraktion. Er hat sie deshalb, weil diese Reform für den Aufschwung, für die Arbeitsplätze und für das Wachstum unseres Landes notwendig ist.
Dagegen steht die Front der CDU-regierten Länder. Und man darf die Frage stellen, wofür diese Front steht: für die Unternehmer, die Arbeitnehmer oder wen auch immer. Für die Unternehmer offensichtlich nicht, für die Arbeitnehmer offensichtlich auch nicht, wofür also dann?
Die gegenwärtigen Vorschläge berücksichtigen in vieler Hinsicht die Kritik der Opposition. Es ist vorgehalten worden, der Spitzensteuersatz würde nicht weit genug sinken. Inzwischen sieht der Vorschlag einen Spitzensteuersatz von 43 Prozent vor. Es ist kritisiert worden, die Progression verlaufe zu steil. Inzwischen greift der Spitzensteuersatz bei einem Einkommen von 102 000 DM, und die Entlastungen der Progression betragen insgesamt 12 Milliarden DM. Es ist kritisiert worden, das Entlastungsvolumen sei zu gering. Das Entlastungsvolumen ist um 5 Milliarden DM nachgebessert worden und beträgt bei diesem Steuerentlastungsgesetz 50 Milliarden DM. Zieht man die vorherigen Gesetze hinzu, dann reden wir über die größte Steuerreform der Republik mit über 70 Milliarden DM.
Es ist vorgehalten worden, der Mittelstand würde nicht oder zu wenig entlastet. Der Mittelstand wird um 20 Milliarden DM entlastet. Auch hier ist nachgebessert worden. Es gibt Ansparabschreibung und den sogenannten Mitunternehmererlaß.
Lassen Sie mich also erneut die Frage stellen, worum es eigentlich geht, wenn 95 Prozent aller Artikel einer Steuerreform unstrittig sind. Rechtfertigen die 5 Prozent etwa ein Scheitern in dieser Woche im Bundesrat? Welche Interessen vertritt die Opposition in der Steuerreform?
Meine Damen und Herren von der CDU! Es geht um Opposition, es geht nicht um Blockade. Es geht um Meinungsstreit für die bessere Reform, es geht nicht um Verhinderung. Sie werden sich vorhalten lassen müssen, daß es unter allen Experten unstrittig ist, daß Ihre Steuerreformvorschläge – ich würde lieber sagen, die der CSU – mit einem Spitzensteuersatz von 35 Prozent weder finanzierbar noch machbar sind; das wissen Sie alle.Weder Hessen noch Bayern oder Baden-Württemberg könnten diese Vorschläge finanzieren.
Die jetzt vorliegenden Vorschläge im Vermittlungsverfahren bedeuten für unsere eigene Stadt einen Steuerausfall von 3 Milliarden DM bis zum Jahr 2005. Die Freie und Hansestadt Hamburg trägt das mit bis an die Grenze dessen, was sie überhaupt leisten kann, und – wir können das offen sagen – sie trägt weit mehr mit, als sie ursprünglich mittragen wollte. Berlin, Bremen und das Saarland sind längst über die Grenze des Verantwortbaren hinaus. Sie können selbst diese Reformvorschläge nicht mittragen, geschweige denn die der CDU.
Wir alle wissen, daß es so nicht weitergehen kann. Trotzdem müssen Sie sich hier vorhalten lassen, daß die CDU geschlossen die bayerische Lederhose angezogen hat und, von Stoiber dirigiert, irgendwohin marschiert. Die Frage ist nur: Wohin?
Was soll denn, wenn diese Reform scheitert und es zu einem zweiten Vermittlungsverfahren kommt, aus diesem zweiten Vermittlungsverfahren an Verbesserungen für unsere Stadt herauskommen? Wären Sie eine hanseatische Opposition, müßten Sie uns auffordern, ein zweites Vermittlungsverfahren zu verhindern, weil es diese Stadt in den Ruin treiben würde.
Deshalb fordern wir Sie auf, sich mit konstruktiven Vorschlägen aus Hamburg an dieser Debatte zu beteiligen und aus dem Geleitzug der Verantwortungslosigkeit unter der Führung von Stoiber und Merz sobald wie möglich auszuscheren.
Es ist kein Problem, das der CDU zu übertreffen. Das ist ja unser Problem.
Ich möchte mich über Ihren Horizont und Ihre Perspektive, Herr von Beust, nicht auslassen, aber offensichtlich ist die Opposition nicht daran interessiert, wie sich der Stadtstaat Hamburg im Bundesrat verhält, weil das gleichgültig ist.
Sie wissen genauso gut wie wir, daß die Zukunft dieses Stadtstaats unter anderem von einer Steuerreform abhängt. Sie wissen ebenfalls, daß die unterschiedlichen Modelle, die es geben wird, diese Stadt unterschiedlich mit Steuerausfällen belasten werden. Sie zweifeln an unserer finanzpolitischen Kompetenz?
Wenn ich alle hervorragenden Vorschläge, die ich von Herrn Dr. Freytag und von Ihnen vernommen habe, ernst nehmen sollte, würden sie nicht ausreichen, die Ausfälle, die aufgrund dieser Steuerreform auf uns zukommen werden, zu kompensieren. Die Behauptung, Wachstum und Steuereinnahmen in dieser Stadt würden zunehmen, je