Jens Kerstan

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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Anderthalb Wochen vor der Bürgerschaftswahl ist der Wahlkampf bei der entscheidenden Frage angekommen. Die entscheidende Frage ist nicht, wer Bürgermeister dieser Stadt wird – das scheint längst entschieden –, sondern ob die Hamburgerinnen und Hamburger eine absolute Mehrheit für Olaf Scholz und eine Alleinregierung der SPD wollen, die von Woche zu Woche konservativer wird.
Herr Scholz redet viel vom Hafen und von kostenloser Bildung; ganz der klassische Sozialdemokrat alter Schule. Das ist auch in Ordnung, aber haben Sie Herrn Scholz in seinen Reden jemals etwas sagen hören über Konzepte, Visionen und Ideen
für den Klimaschutz in dieser Stadt, zur Zukunft der Wissenschaft?
Oder haben Sie jemals gehört, wie er die Engpässe in der Verkehrspolitik lösen möchte?
Ich habe nichts davon in seinen Reden gehört. Das ist zu wenig und darum fehlen im Angebot der SPD entscheidende Punkte.
Man könnte das der üblichen Gleichgültigkeit der SPD gegenüber Bereichen wie Umweltschutz, Bildung, Wissenschaft oder Kultur zuschreiben, aber leider ist es viel schlimmer. Die SPD gefährdet mit ihren Konzepten, insbesondere ihren Finanzierungskonzepten, wichtige Zukunftsbereiche in dieser Stadt. Ich will Ihnen ein paar Beispiele dazu nennen.
Energetisches Bauen ist gut für den Klimaschutz, bringt Arbeitsplätze im Handwerk und schützt die Mieter vor steigenden Warmmieten. Für Herrn Scholz ist es zu teuer, er gibt das Motto aus: Das brauchen wir nicht.
Der Ausbau der Ganztagsschulen in Hamburg ist ein umfassendes Programm. Das wird mit dem Finanzkonzept von Herrn Tschentscher und der SPD nicht gehen, denn da werden die Ausgaben auf 1 Prozent begrenzt. Es ist unklar, ob es mit dieser Begrenzung überhaupt möglich sein wird, mehr Lehrerinnen und Lehrer einzustellen, wie wir im Schulfrieden versprochen haben, um die Klassengrößen abzusenken.
Die gerade gegründete Wissenschaftsstiftung, die dafür sorgen soll, dass die über Jahrzehnte vernachlässigten Hochschulen dieser Stadt endlich wieder einmal in der Spitzenliga mitspielen können, sind nach Meinung der SPD völlig überflüssig. Sie wollen das ersatzlos streichen.
Liebe Kollegen von der SPD! Sich auf die Tradition zu besinnen, ist schön und gut. Aber Zukunftsbereiche dieser Stadt kaputtzusparen, ist kein Ausdruck von Vernunft, Verlässlichkeit und Verantwortung, sondern wäre verheerend für Hamburg.
Auch in einem weiteren Bereich, der Verkehrspolitik, hat die SPD die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Wir haben einen öffentlichen Nahverkehr mit wachsenden Fahrgastzahlen – und das ist gut –, der mittlerweile aus allen Nähten platzt. Wir Grüne sind überzeugt, dass wir vor diesem Hintergrund den öffentlichen Nahverkehr ausbauen und auch weiter über eine Stadtbahn reden müssen. Die SPD war jahrelang dafür. Dann kam Olaf Scholz und mit ihm die Kehrtwende: Die Umfragen sähen nicht gut aus, die Stadtbahn sei zu teuer und wir bräuchten sie nicht. Ich würde den Kollegen der SPD empfehlen, einmal einen Blick in das Zukunftskonzept der Handelskammer, "Hamburg 2030", zu werfen. Auf Seite 93 findet sich passend zum Ziel, den öffentlichen Personennahverkehr auszubauen, die Maßnahme "Stadtbahnnetz realisieren", gefordert von der Handelskammer Hamburg unter ihrem damaligen Präses Frank Horch,
dem Schattenwirtschaftssenator der SPD.
Sehr geehrter Herr Horch: Recht haben Sie.
Andererseits sind Sie aber auch bekannt dafür, dass Sie die Schrottreaktoren in Krümmel und Brunsbüttel länger laufen lassen wollen und gegen die Einführung der Vermögensteuer und die Erhöhung des Spitzensteuersatzes sind. Das war der SPD anscheinend völlig egal, als sie Sie nominiert hat; schon merkwürdig. Wir Grüne sehen das an
ders. Aber, Herr Horch, wenn Sie sagen, Hamburg braucht die Stadtbahn, dann haben Sie uns Grüne auf Ihrer Seite, notfalls auch gegen die SPD.
Es ist gut, dass das neue Wahlrecht die Möglichkeit bietet, nicht nur Kandidaten zu wählen, sondern auch Parteien. Man kann seine Stimmen aufteilen und damit Koalitionen wählen. Wer in Hamburg aber rot-grüne Politik will, die auch wirklich rot-grün ist, der muss grün wählen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Bürgermeister, an Ihrer Rede ist sehr deutlich geworden, warum nach dem Wechsel im Bürgermeisteramt die Koalition nicht mehr gut funktioniert hat, denn bei der CDU weiß die rechte Hand nicht, was die linke macht, und kümmert sich auch nicht darum.
Ihr Partei- und Fraktionsvorsitzender hat eine sehr parteipolitische, zugespitzte und polemische Rede gehalten und Sie sind gekommen und haben gesagt, jetzt lassen Sie uns einmal über die Zukunft dieser Stadt reden und Parteipolitik soll keine Rolle spielen. Leider war es die Erfahrung in den drei Monaten, in denen wir versucht haben, gemeinsam mit Ihnen zu regieren, dass Sie sich mit Ihrem Kurs gegen Ihren Parteivorsitzenden wenig durchsetzen konnten und wir deshalb diese Stadt schlecht regiert haben. Darum war es richtig, diese Koalition zu beenden. Wir haben heute noch einmal bewiesen, warum das sein musste.
Wenn Sie danach fragen, wofür die Grünen stehen, dann stehen wir im Wesentlichen für das, wofür wir unter Schwarz-Grün gekämpft haben und was wir auch umgesetzt haben. Im Gegensatz zu Ihnen haben wir nicht im Wochentakt all das, was wir vorher gemeinsam gemacht haben, im Nachhinein zum Irrtum erklärt. Es geht um wichtige Punkte in dieser Stadt – ich will sie nur noch einmal kurz erwähnen –, auch wenn die meisten Redner in dieser Debatte die Chance nicht genutzt haben, programmatisch zu sagen, was wichtig für diese Stadt ist. Für uns Grüne ist es wichtig, dass neben den traditionellen Stärken Hamburgs, nämlich dem Hafen – der Hafen soll wachsen, es ist gut, wenn er wächst,
aber das reicht für eine Metropole wie Hamburg nicht – und dem Handel, auch noch weitere Bereiche gefördert werden. Darum streiten wir weiterhin dafür – wir hoffen, in einer anderen Konstellation –, dass Hamburg weitere Stärken gewinnt in den Bereichen Zukunftstechnologien, energetisches Bauen, Klimaschutz und Bereich Wissenschaft. Die traditionelle Missachtung der Wissenschaft ist einer der größten Standortnachteile Hamburgs im
Wettbewerb nicht nur innerhalb Deutschlands, sondern auch Europas.
Wir brauchen eine Politik, die allen Bürgerinnen und Bürgern und auch den Kindern die Chancen eröffnet, die sie verdienen, nämlich eine gute Schulpolitik.
In all diesen Punkten haben wir bis vor wenigen Monaten gemeinsam gestritten. Sie haben die meisten Projekte wie die Stadtbahn, energetisches Sanieren und die Politik, Gewerbeflächen verstärkt zum Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen, um jetzt endlich die benötigten Wohnungen zu bauen, im Nachhinein für falsch erklärt, Herr Ahlhaus.
Wir werben dafür, diese Politik fortzusetzen, insbesondere auch in den Bereichen, wo es, wie wir festgestellt haben, mit der SPD nicht einfacher werden wird. Wenn man sich das Streichkonzert von Herrn Tschentscher und sein Gegenfinanzierungskonzept ansieht, dann erkennt man, dass die SPD einen Bereich überhaupt nicht mehr für wichtig hält. Das Streichen der Leitstelle Integration und die ersatzlose Streichung der Arbeitsstelle Vielfalt, wo es um Gleichberechtigung der Frauen und die Integration von Migranten in unserer Stadt geht, zeigen, dass nicht nur die CDU in diesem Punkt populistisch geworden ist, sondern auch die SPD. Auch daran wird deutlich, dass diese Stadt Grüne braucht, die in diesem Bereich weiter vorangehen.
In einer Situation, in der die SPD versucht, die CDU rechts zu überholen, muss im Bereich der Innenpolitik auch darauf hingewiesen werden, dass nicht nur eine scharfe Innen- und Justizpolitik die Sicherheit in dieser Stadt verbessert, sondern dass auch Bürgerrechte, Datenschutz,
Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an den wichtigen Entscheidungen in dieser Stadt wichtig sind. Das ist ein Thema, das in diesem Wahlkampf nur verkürzt auf der rechten Seite stattfindet, auch vonseiten der SPD. Auch das ist ein wichtiger Punkt, den die Grünen in die Debatte einbringen. Eine liberale Großstadt wie Hamburg braucht auch eine liberale Bürgerrechtspolitik. Leider hat auch das in der heutigen Debatte überhaupt keine Rolle gespielt.
Wir brauchen uns nicht vorwerfen zu lassen, kein Programm zu haben. Es geht darum, für dieses Programm eine Mehrheit zu finden. Wir hätten es gerne mit Ihnen weitergemacht, Sie haben selber bewiesen, warum das nicht geht. Und in dieser Auseinandersetzung geht es darum, die SPD bei
diesen Bereichen nicht allein in der Regierung zu lassen, sondern auch noch die Grünen dabeizuhaben, die über wichtige Zukunftsbereiche in dieser Stadt nicht nur ihre schützende Hand halten, sondern sie weiter ausbauen und stärken. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wilhelmsburg als größte Flussinsel Deutschlands ist zum einen von drei Verkehrsachsen durchzogen, die eine geschlossene Entwicklung dieses Stadtteils verhindern, und hat zum anderen eine Bahntrasse ohne Lärmschutz, weshalb die Anwohner schon heute im Ist-Zustand erheblich unter dem entstehenden Lärm leiden müssen. Darum wird seit vielen Jahren darüber diskutiert, ob es nicht möglich ist, diese beiden nachteiligen Effekte für den Stadtteil und insbesondere für die Menschen in diesem Stadtteil dadurch zu lösen, dass man aus den drei Verkehrsachsen durch den Stadtteil zwei macht und das dadurch erreicht, indem man die Wilhelmsburger Reichsstraße an die Trasse verlegt, die bisher überhaupt keinen Lärmschutz hat, um dann eine Situation zu erzeugen, dass sich einerseits in der Mitte dieses Stadtteils Entwicklungsmöglichkeiten auftun, nicht nur für einen Park der igs, sondern auch für mehr Wohnungsbau und mehr sozialen Wohnungsbau,
die auch dazu führen, dass die Menschen aus diesem Stadtteil nicht mehr wegziehen, sondern dass dort ein Zuzug stattfindet und durchaus auch eine Aufwertung. Es gibt viele Stadtteile in dieser Stadt, die zu viel Aufwertung haben und wo es Widerstand dagegen gibt. Es gibt aber auch Stadtteile, die eine gewisse Aufwertung durchaus gebrauchen können, und dazu gehört Wilhelmsburg nach Auffassung der meisten.
Zum anderen würde dieser Effekt dazu führen, dass die jetzigen lärmgeplagten Anwohner an der Bahntrasse trotz einer zusätzlichen Bundesstraße weniger von Lärm betroffen wären als heute. Insofern ist das ein gutes Konzept. Es ist ein Konzept, das aus den Reihen der Bevölkerung an die Politik herangetragen wurde, und das nicht nur im Jahr 2000, Herr Frommann. Zur Bürgerschaftswahl 2004 gab es einen Wahlprüfstein der Zukunftskonferenz Wilhelmsburg, die an alle Parteien, die sich zur Wahl gestellt haben, nur kurz und schlicht die einfache Frage gestellt hat, ob sie die Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße unterstützen.
Wir sind jetzt in der Situation, dass wir dort sehr weit sind. Die einzige Chance, die es jemals zur Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße gegeben hat, war, dass der Bund – es handelt sich um eine Bundesstraße – bereit ist, Geld dafür auszugeben. Nur mit Hamburger Mitteln würde man diese Maßnahme nicht durchführen können. Diese Situation liegt jetzt vor. Es könnte ein sehr umfangreicher Lärmschutz für die Bevölkerung realisiert werden und das Projekt ist nicht um 10 oder noch mehr Millionen teurer geworden, sondern der Bund war nach harten Verhandlungen der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt bereit, den Lärmschutz für die dort lebenden Menschen zu verstärken. Das ist exakt das, was wir Grünen, die nicht unbedingt Befürworter von Straßenbauprojekten an allen Ecken sind, auch für notwendig halten. Wenn man Straßen saniert, verlegt oder baut, dann muss für einen guten Lärmschutz für die betroffene Bevölkerung gesorgt sein und das ist durch dieses Projekt jetzt gewährleistet.
Der dritte Punkt ist eine gewisse zeitliche Frist. Die internationale Gartenschau wird im Jahr 2013 starten und Teil des Konzepts der igs wird es sein, dass die Wilhelmsburger Reichsstraße verlegt wird. Diese drei Effekte führen dazu, dass wir, nachdem die Planungen abgeschlossen sind, nun an dem Punkt sind, ein Planfeststellungsverfahren einleiten zu können. Und es ist auch notwendig und sinnvoll, jetzt voranzugehen, denn wenn diese einmalige Chance jetzt nicht ergriffen wird, ist völlig unklar, ob die Millionen vom Bund, die gegenwärtig für diesen Lärmschutz bereitgestellt werden, der aus unserer Sicht unabdingbar ist und ohne den die Verlagerung der Wilhelmsburger Reichsstraße nicht geht, in einem halben Jahr noch zur Verfügung stehen, wenn sich ein neuer Senat gebildet
hat, der sich dann vielleicht entscheidet, das Verfahren weiterzuführen. Diese Töpfe sind klein und es gibt dort häufig deutlich mehr Wünsche aus den Bundesländern, diese Mittel in ihrem Bundesland einzusetzen. Wenn wir jetzt nicht das Signal nach Berlin an den Bund geben, dass Hamburg dieses Projekt durchführen wird, dann werden, bevor der nächste Senat sich eine Meinung bilden kann, diese Mittel aller Voraussicht nach in andere Bundesländer geflossen sein, und diese einmalige Chance für Hamburg, für Wilhelmsburg und die Menschen in Wilhelmsburg wäre vertan. Auch das Konzept der internationalen Gartenschau – man muss davon nicht unbedingt ein Freund sein – hätte einen schweren Schlag erlitten. Deshalb ist es sinnvoll und richtig, dieses Projekt heute auf den Weg zu bringen.
Herr Hakverdi, damit werden keine Fakten geschaffen, die nicht mehr verändert werden können. Es wird ein Planfeststellungsverfahren geben und jeder neue Senat, der unter Umständen zu einer anderen Bewertung kommt oder diese Planung verändern will, kann dieses Verfahren jederzeit sofort stoppen, neu bewerten und dann auch verändern. Insofern geht es darum, jetzt diese Chance für den Stadtteil zu nutzen, und in der Tat ist es so, wie Herr Frommann gesagt hat. Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens kann man über verschiedene Details reden und in aller Regel werden dabei auch in den Erörterungen mit der Bevölkerung die Planungen weiterentwickelt. Auch wir haben den Eindruck, dass man in Bezug auf die Ausfahrt Rotenhäuser Straße durchaus noch einige Gedanken verschwenden kann und unter Umständen das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Insofern geht es heute nicht darum, einen Plan kurz vor der Wahl durchzuziehen,
sondern eine Chance für Wilhelmsburg zu nutzen. Das ist richtig und darum sollten wir das heute auch gemeinsam beschließen.
Ich bedauere es zutiefst, wenn es denn so kommen sollte, wie Herr Hakverdi angedeutet hat, dass kein einheitliches Signal der Hamburgischen Bürgerschaft vor der Wahl an den Bund hinausgeht, nämlich dass auch neue Mehrheiten zu diesem Projekt stehen werden. Ich finde es nicht verantwortungsbewusst, was hier passiert.
Sie hätten sich dort einen Ruck geben sollen, denn Sie haben heute erklärt, dass Sie an der Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße festhalten wollen. Dann müssen Sie aber auch die Verantwortung dafür übernehmen, die Bedingungen, die dafür notwendig sind, für Hamburg und Wilhelmsburg zu sichern. Sie vergeben eine große Chance
und ich hoffe, dass Sie damit dieses Projekt nicht gefährden.
Das wäre nämlich immer noch denkbar, denn dass diese Mittel kommen, kann der Bund jederzeit revidieren. Ein einheitliches Signal aus Hamburg, gemeinsam von allen Fraktionen oder zumindest von SPD, CDU und den Grünen, wäre sinnvoll gewesen. Ich bedaure, dass Sie sich dazu nicht haben durchringen können, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD.
Uns ist natürlich bewusst, dass es vor Ort viele Sorgen gibt, die sich aber nicht nur auf die Wilhelmsburger Reichsstraße beziehen, sondern auch auf die Trassenführung der Hafenquerspange. Ob sich der größere Teil der Sorgen durchaus auf die Hafenquerspange bezieht und ein Teil dieser Sorgen deshalb auch auf die Verlagerung der Wilhelmsburger Reichsstraße übertragen wurde – zu Recht oder zu Unrecht –, darüber lässt sich streiten. Aber wir haben jetzt einen Zeitablauf in diesem Verfahren, in dem beide Projekte entzerrt unter Umständen realisiert werden. Die Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße könnte jetzt sehr schnell geschehen und ob die Hafenquerspange jemals kommt, weiß heutzutage kein Mensch. Beim Widerstand gegen die Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße immer mit der Hafenquerspange in der addierten Wirkung zu argumentieren, ist daher zum heutigen Zeitpunkt nicht die richtige Betrachtungsweise und verschenkt große Chancen für die Menschen in Wilhelmsburg, die im Moment gesundheitsgefährdendem Lärm ausgesetzt sind. Darum würde ich mir wünschen, dass wir in einem weiteren Beteiligungsprozess auch über die einzelnen Dinge reden. Wir Grünen sind dazu durchaus bereit.
Über die Trassenführung der Hafenquerspange müsste man auch noch reden, denn wir halten die jetzt gefundene Trasse nicht für optimal. Wir Grünen haben uns da nicht gegen die Lobby der Hafenwirtschaft durchsetzen können, die von drei südlichen Trassen die nördliche ausgeschlossen hat. Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen und wenn es um ein Verkehrskonzept für Wilhelmsburg geht, dann braucht man in der Tat ein solches Konzept, wobei man allerdings die Frage der verkehrlichen Notwendigkeit einer Hafenquerspange durchaus noch einmal ergebnisoffen diskutieren kann. Aber das sind Gedanken für die Zukunft, die nicht zwingend mit der Wilhelmsburger Reichsstraße zusammenhängen.
Ich kann aber auch verstehen, dass es jetzt Unmut im Stadtteil gibt, denn unsere Senatorin hatte versprochen, dass ein Verkehrskonzept vorgelegt wird und auch die Lärmaktionspläne ausgelegt werden, die sehr deutlich belegen, dass durch diese Maß
nahme für Wilhelmsburg sehr viel Gutes getan werden kann und viele Bedenken nicht zutreffen. Seit wir nicht mehr am Senat beteiligt sind, haben wir auch keinen Einfluss mehr darauf, ob diese Pläne vorliegen. Wir wissen, dass sie fertig sind. Es gibt ein Verkehrskonzept, das an dem Tag, als Frau Senatorin Hajduk entlassen wurde, in der letzten Stufe der Abstimmung war, und ich weiß, dass dieses Konzept jetzt eigentlich auch fertig ist. An den CDU-Senat gewandt verstehe ich nicht, warum dieses Verkehrskonzept nicht im Haushaltsausschuss vorgelegt worden ist. Man hätte dann darüber reden können und viele Sorgen hätten sich vielleicht schon aufgelöst, wenngleich ich das nicht genau weiß, weil ich es in der Tat – ich bin nur Parlamentarier – selbst noch nicht gesehen habe.
Es wird zum Start des Planfeststellungsverfahrens vorgelegt werden. Ich sehe gerade Signale der CDU-Fraktion, aber ich hoffe, dass es dann vorgelegt wird, denn aus unserer Sicht muss man das im Kontext gemeinsam beraten. Wenn Frau Senatorin Gundelach nicht erst vorgestern über die Lärmschutzpläne vor Ort geredet hätte, sondern schon frühzeitig, nämlich in dem Moment, als diese Drucksache das Parlament erreicht hat, dann hätte es eine ganze Menge unnötigen Unmut und Befürchtungen nicht gegeben.
Das hat nichts damit zu tun, dass die Grünen die Regierung verlassen haben, sondern es gibt fertige Pläne und aus mir nicht erfindlichen Gründen legt ein amtierender CDU-Senat sie zu der Beratung einer Drucksache nicht vor. Ich halte das nicht für klug, weil wir weiterhin gemeinsam mit Ihnen zu diesem Projekt stehen. Darum werden wir heute auch mit der CDU noch die gemeinsame Entscheidung treffen, diesen Plan für Wilhelmsburg zu realisieren, aber man hätte viel Ärger und Unmut durch ein klügeres Vorgehen vermeiden können.
Insofern hoffe ich, dass wir in den nächsten Monaten beim Planfeststellungsverfahren und bei den weiteren Debatten und Diskussionen im Stadtteil ein besseres Ergebnis in einem Beteiligungsprozess erzielen können, aber ich möchte auch darauf hinweisen, dass es, wenn Gespräche scheitern, nicht immer nur an einer Seite liegt. Gespräche von einem Moratorium abhängig zu machen und dann nicht weiter reden zu wollen, wenn das Moratorium kommt, ist auch eine Strategie, die zum Scheitern eines Gesprächsprozesses beitragen kann. Ich hoffe, dass wir alle gemeinsam nicht weitere Fehler machen. Ich will gar nicht sagen, dass aufseiten der Behörde alles richtig gemacht wurde, aber dieses Projekt ist zu wichtig für die Menschen in Wilhelmsburg und die Entwicklung dieses benachteiligten Stadtteils, wo eine große Resignation
herrscht, dass in den letzten Jahrzehnten dort nichts passiert ist. Es wäre schade, wenn wir diese große Chance für Wilhelmsburg verpassen würden. Lassen Sie uns in Zukunft gemeinsam versuchen, diese Chance zu ergreifen und Gutes für Wilhelmsburg zu tun. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich verspreche, dass ich bei den nächsten Debatten nicht mehr ans Mikrofon kommen werde, aber es ging nun einmal bei allen Debatten um Haushalts- und Wirtschaftsthemen.
Nein, das gilt für diese Legislaturperiode, lieber Herr Goldberg.
Bei diesem Thema hat die Politik letztendlich wirklich funktioniert. Auch wenn man im Wahlkampf an den Ständen häufig erlebt, wie misstrauisch die Menschen gegenüber der Politik sind, haben wir in einer schwierigen Situation einem großen und wichtigen Arbeitgeber in Hamburg einstimmig den Standort erhalten und viele Familien davor bewahrt, in die Arbeitslosigkeit zu stürzen. Das Scheitern oder die Übernahme von Hapag-Lloyd hätte unter Umständen einen Dominoeffekt im Hafen auslösen können, da auch andere Firmen davon betroffen gewesen wären.
Die größte Weltwirtschafts- und Finanzkrise war kein kleiner Brocken, den wir damals stemmen mussten. Auch wenn diese Krise jetzt zumindest vorübergehend abgeflaut ist – wir alle hoffen, dass sie nicht in der Stärke wiederkommt, wie wir sie erlebt haben –, muss man doch eines sagen: Diese Rettungsaktion für Hapag-Lloyd hat nicht nur funktioniert, sondern war letztendlich ein Notkonzept und wenn in den nächsten Monaten alles weiterhin so gut läuft, können wir uns darüber Gedanken machen, wie die Stadt diese Beteiligung wieder abstößt. Dass die Stadt dauerhaft Anteile an HapagLloyd besitzt, halte ich nicht für sinnvoll.
Aber ich erinnere mich noch an einen Termin vor der Konzernzentrale, als die haushaltspolitischen Sprecher dort gemeinsam mit den Beschäftigten standen und die Beschäftigten sich bei uns bedankt haben. Das ist eine Erfahrung in der Politik, an die ich gerne zurückdenke. Ich wünsche mir, dass wir in Zukunft bei ähnlich wichtigen Entscheidungen – hoffentlich keinen so dramatischen wie bei der HSH – wieder eine solche Einigkeit an den Tag legen und unabhängig von ideologischen Differenzen oder Parteiinteressen eine gute Entscheidung für den Standort und insbesondere für die beteiligten Familien treffen werden. Ich glaube, das ist ein gutes Schlusswort. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Frau Artus, von dem, was Sie eben gesagt haben, war so gut wie überhaupt nichts richtig und sachlich war es schlicht und einfach falsch.
Im Rahmen der Konsolidierungsberatungen im Senat wurde ins Auge gefasst, das Weihnachtsgeld bei den Beamten zu streichen. Die Drucksache, die das umsetzen sollte, ist im Senat nicht beschlossen worden. Die Schul- und die Justizbehörde unter grüner Leitung sahen hier noch Diskussionsbedarf, weil Hamburg, das war bei der Beschlussfassung im Haushaltsberatungskonzept damals nicht berücksichtigt worden, als Arbeitgeber in Deutschland praktisch nicht mehr wettbewerbsfähig geblieben wäre. Deshalb hat diese Drucksache den Senat nicht erreicht. Der Senat hat sie nicht beschlossen und folglich gilt die Besoldungsordnung unverändert fort mit einem ungeschmälerten Weihnachtsgeld. Deshalb sind diese schönen Wahlkampfreden, die Sie hier gehalten haben, einfach unsinnig, denn was nicht beschlossen wurde, kann man nicht zurücknehmen.
Wir werden Ihren Antrag ablehnen, weil er einfach Unsinn ist. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss HSH Nordbank wird seinen Untersuchungsauftrag nicht in vollem Umfang abschließen können, nicht, weil er dazu nicht in der Lage oder nicht willens war, sondern durch die Verkürzung der Legislaturperiode ist es aus zeitlichen Gründen nicht mehr möglich, umfassend, lückenlos und abschließend diese skandalösen Vorgänge bei der HSH Nordbank aufzuklären.
Das ist bedauerlich genug, aber in dieser Legislaturperiode ist noch eine Aufgabe zu Ende zu bringen, wenn die Politik nicht gänzlich ihre Glaubwürdigkeit gegenüber der Bevölkerung verlieren will. Der skandalumwitterte Vorstandsvorsitzende der HSH Nordbank, Herr Professor Dr. Nonnenmacher, muss endlich entlassen werden, fristlos und ohne einen Cent Abfindung.
Es darf einfach nicht sein, dass der Chef einer Bank in öffentlichem Besitz Hunderte Millionen Euro verspekuliert und ohne Konsequen
zen weiter im Amt ist. Es darf einfach nicht sein, dass seine Bank anschließend die notwendige Aufklärungsarbeit eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses massiv behindert und versucht, Aufklärung zu verhindern. Es darf einfach nicht sein, dass ein Chef einer Bank in öffentlichem Besitz für Millionen Euro eine dubiose Sicherheitsfirma anheuert, die in der Folgezeit an Vorgängen beteiligt ist, bei denen Mitarbeitern zu Unrecht gekündigt wird, wo vermeintliche Beweise untergeschoben oder sogar gefälscht werden. Es darf einfach nicht sein, dass der Vorstandsvorsitzende einer solchen Bank, der als Vorstandsvorsitzender die Verantwortung trägt, dann auch noch mit einer Millionen-Abfindung, mit einem goldenen Handschlag, verabschiedet wird.
Deshalb muss es bei Herrn Nonnenmacher eine fristlose Kündigung geben und keine Abfindung, und zwar jetzt und nicht erst im April oder am St. Nimmerleinstag. Eigentlich hätte dieser Fall schon längst erledigt sein müssen.
Im Oktober letzten Jahres hat die GAL nach einer schweren Koalitionskrise und einem Koalitionsausschuss politisch durchgesetzt, dass Herr Nonnenmacher entlassen werden sollte. Aber sobald die GAL aus der Regierungsverantwortung entlassen war
oder auch herausgegangen ist, sobald sie nicht mehr im Senat vertreten war, hat der Druck auf diese Bank schlagartig nachgelassen, nicht nur bei diesem Restsenat, sondern auch in Schleswig-Holstein. Das Märchen, das damals kursierte, der Fraktionsvorsitzende der Grünen hätte einen schon bereits im Fall befindlichen Vorstandsvorsitzenden nur öffentlichkeitswirksam noch einmal nachgeholfen, ist als das entlarvt worden, was es war, nämlich ein Märchen.
Herr Nonnenmacher ist immer noch im Amt und dieser Senat will ihm eine Millionen-Abfindung geben im April und das ist ein Skandal.
Aber gut war, dass die GAL, bevor die Regierungskoalition geplatzt war, noch eines durchgesetzt hatte, nämlich ein Gutachten, das alle Untersuchungen des Aufsichtsrats der Bank noch einmal überprüfen sollte. Dieses Gutachten wurde vor einem Jahr in Auftrag gegeben und es war der Quell
eines Streits zwischen mir und Senator Frigge a.D., warum dieses Gutachten so lange brauchte und warum es immer noch nicht vorlag. Und heute, wo das Gutachten anscheinend zumindest dem Senat vorliegt, weiß man, warum es so lange gedauert hat, denn dieses Gutachten kommt zu einem anderen Schluss als alle anderen Gutachten. Dieses Gutachten befindet Herrn Nonnenmacher einer groben Pflichtverletzung schuldig, die zu einem Abschreibungsbedarf von 400 Millionen Euro in der Bank geführt hat und damit zulasten der Steuerzahler, meine Damen und Herren. Jeder, der die vorherigen Untersuchungen gelesen hat, konnte davon nicht überrascht sein. Es war zu keiner Zeit plausibel, dass alle möglichen Vorstände der Bank für diesen Verlust verantwortlich sein sollten, nur nicht der Finanzvorstand, der für die Bilanz und damit für Bilanzkosmetik zuständig gewesen ist.
Der Senat muss endlich handeln. Es reicht nicht aus, den Aufsichtsratsvorsitzenden über das Gutachten in Kenntnis zu setzen. Herr Kopper hat jede Frist und jede Gelegenheit, die es zuhauf gab, verstreichen lassen, Herrn Nonnemacher ohne Abfindung zu kündigen. Meine Damen und Herren im Senat, jetzt müssen Sie handeln. Sie müssen Druck aufbauen und dafür sorgen, dass Herr Nonnenmacher ohne Abfindung entlassen wird. Wenn Sie das wollen, können sie es auch, und wenn Sie es nicht wollen, dann müssen Sie dem Steuerzahler erklären, warum Sie Herrn Nonnenmacher ohne Not eine Millionenabfindung zahlen wollen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Schade, dass SPD und LINKE die Gelegenheit nicht nutzen, gemeinsam den Druck auf den Senat zu erhöhen,
damit Herr Nonnenmacher jetzt auch wirklich ohne Abfindung geht, und stattdessen nur darüber reden, wer was wann und wie hätte machen müssen. Der entscheidende Punkt ist doch, ob Herr Nonnenmacher 2 bis 4 Millionen Euro hinterher geworfen bekommt oder nicht. Das liegt in der Hand dieses Senats
und da müssen wir gemeinsam Druck machen. Diese Gelegenheit haben Sie für Ihre Wahlkampfmanöver verschenkt – schade.
Wenn der Aufsichtsrat beschlossen hat, Herrn Nonnenmacher im April zu entlassen, dann doch nur aus einem einzigen Grund: weil die GAL im Oktober letzten Jahres bis an den Rand eines Koalitionsbruchs gegangen ist, um das durchsetzen zu können. Das können Sie nicht wegreden, meine Damen und Herren.
Der entscheidende Punkt ist doch – Herr Goldberg hat das sehr deutlich gemacht –: Die Anteilseigner haben ein Gutachten in Auftrag gegeben, um eine umstrittene Untersuchung des Aufsichtsrats überprüfen zu lassen. In der Tat ist in der Senatsvorbesprechung am 23. November über dieses Gutachten berichtet worden, Herr Goldberg, aber wir als Auftraggeber haben es nie in die Hand bekommen, ich habe nie auch nur eine einzige Seite des Gutachtens in der Hand gehalten. Der Ablauf dieser Sitzung ist interessant. Wir als Auftraggeber haben dieses Gutachten nicht bekommen, aber derjenige,
der untersucht wurde, nämlich der Aufsichtsrat, schon. Daraufhin hat er dieses Gutachten seinerseits überprüfen lassen und mitgeteilt, da sei nichts dran. Es ist bezeichnend, dass die CDU sich damit zufrieden gegeben und gesagt hat, das sei dann wohl so. Wir hatten deshalb einen entschiedenen Konflikt mit Herrn Frigge und Sie wissen selber, Herr Goldberg, dass es in diesen Sitzungen alles andere als friedlich zugegangen ist. Auch das gehört zur Wahrheit dazu.
Ich kenne dieses Gutachten bis heute nicht und kann mich, wie alle anderen auch, nur auf die Presseberichterstattung beziehen. Das ist ein Teil des Problems. Selbst der Parlamentarische Untersuchungsausschuss hat sich vorrangig mit Unterlagen beschäftigt, deren Herausgabe die Bank verweigert hat, und musste sich auf Unterlagen beziehen, die Journalisten unter der Hand zugespielt wurden. Das, meine lieben Freundinnen und Freunde von der CDU, kann sich ein Parlament nicht bieten lassen. Es ist traurig, dass Sie die Autorität des Parlamentes derart untergraben lassen.
Und wenn in diesem Gutachten etwas anderes steht als wir es behaupten, dann legen Sie es doch dem Parlament vor. Sie können es morgen dem Haushaltsausschuss oder dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, den Fraktionsvorsitzenden oder den haushaltspolitischen Sprechern geben. Das tun Sie aber nicht und ich vermute, Sie haben einen guten Grund dafür.
Wenn das nicht so ist, dann legen Sie es morgen auf den Tisch und dann bewerten wir es.
Dass Herr Nonnenmacher eine Abfindung bekommen soll, ist ein Skandal; verstecken Sie sich da nicht hinter dem Aktiengesetz. Wenn das so kommen sollte, dann würde das die Glaubwürdigkeit der Politik untergraben und das Vertrauen der Menschen in dieser Stadt in die Demokratie und den Rechtsstaat. Es ist unsere und auch Ihre Aufgabe, das zu verhindern. Lassen Sie uns das endlich tun. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Während in Hamburg Handel und Schifffahrt weltweit immer vorne mitgespielt haben, war die Wirtschaftspolitik der Hansestadt Hamburg über Jahrhunderte sehr konservativ und häufig durch einen Mangel an Weitsicht ausgezeichnet,
wenn man es freundlich ausdrücken will. Mit anderen Worten, die Zeichen der Zeit wurden häufig nicht erkannt. Unter anderem galt jahrhundertelang ein festes Dogma in dieser Stadt, dass Hamburg keine Universität brauche, das bräuchten Kaufleute nicht. Einer der größten Standortnachteile, unter denen Hamburg heute noch leidet, ist, dass diese Universität erst im 20. Jahrhundert gegründet wurde.
Ebenso hieß es, man bräuchte keine Industrie in dieser Stadt. Hamburg ist erst 1937 zur größten Industriestadt Deutschlands geworden durch das Groß-Hamburg-Gesetz, durch die Eingemeindung der preußischen Industriestädte Harburg, Ottensen, Altona und Wandsbek. Wenn man auch jetzt immer nach dem Prinzip "Stärken stärken" verfährt, wird Hamburg Zukunftstrends verschlafen. Und wenn man Herrn Egloff von der SPD zugehört hat, fragt man sich, wer denn die größere strukturkonservative Partei in Hamburg ist.
Kein Wort zu Zukunftstechnologien, kein Wort zur Wissensgesellschaft, kein Wort zu Forschung, Entwicklung und Ausbau der Universität. Wer weiß, dass die Weltwirtschaft sich dramatisch ändert und sich zu einer globalisierten Wissensgesellschaft umwandelt, in der Wissen der entscheidende Produktionsfaktor ist, der weiß, dass man sich dem nicht verschließen kann und es nicht reicht, strukturkonservativ zu sein, und der weiß, warum hier in Hamburg starke Grüne in der Bürgerschaft für die Zukunft dieser Stadt notwendig sind.
Eines ist doch ganz deutlich geworden: Der Hamburger Hafen hat in der Krise Marktanteile verloren und ist stärker eingebrochen als die anderen Häfen in der Nordrange und auch jetzt beim Wiederaufholen verliert Hamburg immer noch Marktanteile, weil der Hafen langsamer wächst als die Konkurrenzhäfen. Dennoch steht Hamburg besser da, wie Herr Heintze richtig gesagt hat, als der Rest von Deutschland. Das liegt daran, dass Hamburg nämlich längst viel mehr ist als Handel und Hafen. Hier gibt es andere zukunftsfähige Industriebranchen, die eine zukunftsfähige Wirtschaftspolitik fördern muss. Genau das haben wir Grünen in den letzten Jahren durchgesetzt: ein Cluster erneuerbare Energien in Hamburg mit mehreren internationalen Großfirmen, die hier ihre Europa- und Weltzentralen angesiedelt haben, und eine Stärkung der Medien- und Kreativwirtschaft. Bei der SPD gab es nur Verachtung für eine solche zukunftsgewandte Politik.
Wir haben eine Wissenschaftsstiftung gegründet, die erreichen soll, dass die Hamburger Universität endlich zu den Spitzenuniversitäten in diesem Land aufschließen kann. All das sind Gründe, warum die Grünen hier gebraucht werden und warum auch die Wirtschaft in Hamburg die Grünen für eine zukunftsgerichtete Politik braucht.
Dann benennt die SPD einen Wirtschaftsschattensenator, der dafür kämpfen will, dass die Schrottreaktoren Krümmel und Brunsbüttel, die von einer Panne zur nächsten taumeln, länger laufen. Auch das ist ein Grund mehr, warum man die SPD nicht alleine im Senat dieser Stadt lassen kann, sondern warum man dort die Grünen braucht.
Auch die Wirtschaft braucht das. Welche Branchen haben denn in den letzten Jahren in Hamburg geboomt? Das sind die Umwelttechnologie und die erneuerbaren Energien,
gerade diese Windkraftfirmen wie Siemens und General Electric, die hier ihre Forschungszentren angesiedelt haben. Die Windenergieanlagen bekommen im Moment den Strom nicht mehr ins Netz, weil es durch Atomenergie verstopft wird und die vier großen Konzerne den Netzausbau blockieren. Ein Wirtschaftssenator, der für die Laufzeitverlängerung eintritt, gefährdet den Wirtschaftsstandort Hamburg und eine wichtige Zukunftsbranche in dieser Stadt – ein Grund mehr, die SPD nicht alleine im Senat zu lassen, sondern man braucht dort starke Grüne für eine gute Wirtschaftspolitik. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Hafenpolitik ist ein heiß debattiertes Thema, immer wieder gern, und gegen Ende der Legislaturperiode ist es anscheinend bei jedem Thema der Wunsch der SPD, eine Bilanz der letzten zehn Jahre zu ziehen. Herr Schwinke, was mir dabei aufgefallen ist, finde ich sehr bezeichnend. Sie haben viele Fragen gestellt, aber keine einzige Vorstellung der SPD geäußert, wie es in diesem Bereich anders gemacht werden sollte. Das finde ich sehr erstaunlich für eine Partei, die im Moment sagt, sie könne es besser, und die vor Kraft nicht laufen kann. Keinen einzigen inhaltlichen Projektvorschlag in Bezug auf die Hafenpolitik habe ich eben in Ihrer Rede gehört. Das ist ein bisschen wenig, wenn Sie gleichzeitig so tun, als könnten Sie vor Kraft kaum laufen.
Es reicht nicht, Probleme nur aufzuzeigen und dann zu erzählen, wie die Vorgänger-Senate damit umgegangen sind. Bei der Finanzierung ist sehr deutlich geworden, dass wir etwa 1 Milliarde Euro an Investitionen im Hafen brauchen. Sie haben alle Varianten ausgeschlossen oder als für den Hafen schädlich dargestellt, mit denen man angesichts knapper Finanzmittel und knapper Steuereinnahmen den Hafen finanzieren könnte.
Man kann natürlich darüber streiten, ob das Prinzip "Hafen finanziert Hafen" eventuell zu ehrgeizig war und dass man zu schnell eine vollständige Finanzierung sicherstellen wollte, aber dass die Nutzer im Hafen zumindest die Kosten, die die Herstellung der Flächen bedeuten, selbst finanzieren müssen, selbst wenn die Stadt die Infrastruktur zur Verfügung stellt, ist doch ein sinnvoller Grundsatz, wenn man weiß, dass die Stadt knappe Finanzmittel hat und mit der nächsten Wahl die Bürgerinnen und Bürger per Wahlzettel und einem Stimmkreuz nicht gleich auch noch eine Geldmaschine mit verlosen.
Sie möchten nicht, dass die Hafenwirtschaft über höhere Mieten und Pachten ihren Anteil an der Herrichtung der Flächen finanziert.
Ich will noch einmal den durchschnittlichen Pachterlös im Hafen nennen, es sind 2,84 Euro pro Quadratmeter, und zwar nicht pro Monat, sondern pro Jahr. Und das bei Flächen, die mit Hunderten von Millionen Euro von der Stadt hergerichtet werden.
Eine solche Subventionierung von durchaus profitablen Firmen ist nicht sinnvoll, das ist Verschwendung von Steuermitteln, und insofern ist es nicht
richtig, dass Sie ein solches Prinzip in Bausch und Bogen ablehnen. Das finanziert den Hafen nicht.
Es gibt eine andere Variante, wenn man dies nicht möchte. Man kann auch politisch sagen, man wolle dort subventionieren; das ist legitim. Ich selbst halte das für falsch, aber man kann das immerhin sagen. Dann braucht man nur eine andere Finanzierungsart.
Aber natürlich.
Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Danke.
Sie haben recht, das ist ein Durchschnittswert, aber in der Tat haben wir Riesenflächen im Hafen, auf denen private Firmen ansässig sind und gute Gewinne machen. Es sind Durchschnittswerte, das heißt, es gibt Pachten im Hafen, die unter 2,84 Euro liegen, und hier sind Firmen, die sich damit wirklich eine goldene Nase verdienen. Ich glaube, es ist sinnvoll, dass wir auch in der Krise durchaus dort, wo alte Verträge ausgelaufen sind, diese Pachterträge erhöht haben. Das ist eine Politik, die man fortführen muss, wenn man solide Haushaltspolitik und solide Hafenpolitik machen will. Aber wenn man dies nicht so explizit machen will – und das höre ich bei der SPD manchmal heraus –, dann bleibt eine andere Variante. Neue Investitionen werden von zukünftigen Nutzern komplett finanziert, auch die Infrastruktur. Das wollen Sie auch nicht.
Dann bleibt natürlich noch eine Privatisierung. 51 Prozent an der HHLA hätten den gleichen Steuerungseffekt für die HHLA wie es momentan die 70 Prozent ausmachen. Das lehnen Sie auch ab. Man ist schon erstaunt, denn alle drei Varianten werden von der SPD abgelehnt. Und dass 1 Milliarde Euro aus Steuermitteln in der jetzigen Haushaltslage nicht möglich sind, das muss man eigentlich niemandem sagen. Vielleicht denken Sie das, aber dann müsste man zu den 300 Millionen Euro, die Olaf Scholz schon an ungedeckten Schecks für alle möglichen Gebührensenkungen
und andere Dinge verteilt, noch einmal 1 Milliarde Euro drauflegen. Ansonsten weiß ich nicht, wie diese Rechnung aufgehen kann. Darum, Herr Schwinke, verstehe ich sehr gut, dass Sie nur Fragen gestellt haben, aber keine eigenen Vorstellungen geäußert haben, denn woher die Finanzierung des Hafens aus Haushaltsmitteln oder sonst woher kommen soll, das ist eine offene Frage, die Sie eben in Ihrem Beitrag nicht einmal ansatzweise versucht haben zu beantworten. Darum haben Sie selbst eben widerlegt, dass Sie es besser könnten. Sie versuchen es im Moment noch nicht einmal.
Wir Grünen sind wohl eventuell neben der LINKEN die einzige Fraktion in diesem Haus, die gegenüber der Elbvertiefung negativ eingestellt ist. Wenn Sie jetzt sagen, Sie hätten die Elbvertiefung anders gemacht, dann glaube ich Ihnen das einfach nicht, weil die CDU damals unter Herrn Uldall es genauso gemacht hat wie die SPD: Sie wurde hier immer propagiert mit dem Hinweis, der Hafen sei wichtig, darum brauche man sich um die Umwelt nicht weiter zu kümmern und man werde das schon irgendwie hinbiegen. Genau das war das Problem von Herrn Uldall, als er damals das Planfeststellungsverfahren auf den Weg gebracht hat, so wie in vielen Jahren zuvor. Und jetzt zeigt es sich, dass es im 21. Jahrhundert nicht nur eine unverantwortliche Politik ist, sondern schlicht und einfach mit deutschem und mit EU-Umweltrecht nicht vereinbar ist. Das ist im Moment das Problem der Elbvertiefung.
Wir Grünen sind darüber nicht sonderlich traurig, aber ich muss Ihnen eines sagen: Sie können zwar behaupten, es sei sehr wichtig, dass man mehr mache, aber auf das Problem, wie man die hohen Umweltrisiken bei dieser sehr risikoreichen Maßnahme für die Umwelt aus der Welt schaffen kann, haben Sie auch keine Antwort. Das werden Sie, wenn Sie die politische Verantwortung tragen sollten, nicht einfach nur mit politischen Bekenntnissen hinbekommen. Das ursprüngliche Problem war, dass Herr Uldall glaubte, er könne es genauso machen wie die SPD-Senatoren zuvor, nämlich die ökologischen Risiken einfach zu ignorieren. Aber das lässt sich jetzt ohne Weiteres nicht mehr heilen. Ich denke, das ist auch der Grund, warum die Wirtschaftsdirektion Nord, die Planungsbehörde des Bundes, im Moment so große Angst hat, den nächsten Entwurf vorzulegen.
Sie wissen, Sie haben eigentlich nur noch einen einzigen Wurf, und wenn der nicht gelingt, könnte es wirklich sein, dass die Elbvertiefung scheitert. Wir Grünen haben das immer gesagt. Wir glauben auch, dass der Nutzen die ökologischen Risiken nicht übersteigt. Insofern ist dieses Planfeststellungsverfahren vom Ergebnis her, von der Zeit
schiene und auch von den rechtlichen Risiken und der Umsetzbarkeit her völlig offen. Auch bei diesem Punkt habe ich keinen einzigen konkreten Satz gehört, Herr Schwinke, außer dass Sie sagten, man müsse sich mehr darum kümmern, was anders gemacht werden solle. Es gibt also auch hier wieder kein Konzept.
Wir Grünen haben in den letzten Jahren versucht, in Hamburg eine Hafenpolitik zu machen, die die wirklich schwierigen Fragen aufgreift. Der Hamburger Hafen hat eine Besonderheit, denn er liegt in der Mitte einer sehr wohlhabenden, sehr prosperierenden Großstadt, im Gegensatz zu allen anderen Hafenstädten in der Nordrange.
Die liegen immer am Rande der Stadt auf großen Flächen. Hier in Hamburg haben wir eine Flächenknappheit. Auf bestimmten Flächen des Hamburger Hafens sitzen aufgrund der niedrigen Pachten Betriebe, die keine Produktivität haben. Wenn wir jetzt über zukünftige Flächen reden wie den Kleinen Grasbrook, sehen wir das relativ marktwirtschaftlich. Wenn Hafenfirmen auf diesen Flächen, die die Stadt für viel Geld hergerichtet hat, den größten Ertrag und die größte Wertschöpfung für Hamburg erwirtschaften können, dann sollen die Hafenfirmen das auch gern tun. Wenn es aber andere Bereiche gibt oder andere Wirtschaftszweige, die auf den gleichen Flächen mehr Steuern, mehr Wertschöpfung und mehr Arbeitsplätze generieren können, dann sollte man im Interesse Hamburgs diese Flächen dann genau diesen Branchen geben. Genau darum gab es Überlegungen, dort die Universität mit Forschung und Entwicklung anzusiedeln. Das Projekt ist begraben. Aber dass auf dieser Fläche in der Mitte einer Wirtschaftsmetropole, in der an anderer Stelle enorme Quadratmeterpreise gezahlt werden müssen, ein großer Parkplatz ist – und zwar für´n Appel und´n Ei –, ist keine sinnvolle Wirtschaftspolitik. So sichert man weder den Hafen noch den Wirtschaftsstandort Hamburg.
Wenn man es erst meint, Herr Münster, und die Probleme der Zukunft nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern auch lösen will, dann macht man dort eine Hafenkooperation, wie wir es mit dem Hafenkonzept Unterelbe versucht haben. Hafenbetriebe, die sehr flächenextensiv arbeiten und eine geringe Produktivität haben, sind in Häfen wie Cuxhaven, Stade oder Brunsbüttel besser aufgehoben. Hier in Hamburg sollten wir Hafenflächen für die Betriebe und die Branchen im Hafenbereich haben, die eine hohe Produktivität haben. Das ist
eine vernünftige, zielgerichtete Politik, die Probleme zur Kenntnis nimmt und Lösungswege aufzeigt. Das ist eine moderne Hafenpolitik, wie wir Grüne sie hier in Hamburg angestoßen haben. Ich würde mir wünschen, dass man über solche Projekte mit den großen Fraktionen besser reden könnte, um in Zukunft gute und vernünftige Entscheidungen im Interesse des Hafens, aber auch des Wirtschaftsstandorts Hamburg treffen zu können. Da liegt noch viel vor uns an konzeptioneller Arbeit und beim Lösen der konkreten Probleme. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gut zehn Jahre nach den Privatisierungen im Bereich der Energieversorgung ist festzustellen, dass im Gegensatz zu anderen Branchen, in denen eine Privatisierung zu mehr Wettbewerb, niedrigeren Preisen und besseren Dienstund Serviceleistungen geführt hat, in diesem Bereich das genaue Gegenteil eingetreten ist: eine Machtkonzentration auf vier große Konzerne, hohe Preise und eine Ausrichtung der Energieversorgung, die den Bedürfnissen einer modernen Welt nicht mehr entspricht und in wesentlichen Punkten den Interessen der Bürgerinnen und Bürger entgegenläuft. Vor diesem Hintergrund hat auch in diesem Hause die Erkenntnis um sich gegriffen, dass die Privatisierung der Hamburgischen Electricitäts-Werke und von Hein Gas Fehler waren. Diese Erkenntnis hat in diesem Lande um sich gegriffen, sodass sogar im schwarz-gelb regierten BadenWürttemberg die Landesregierung den privatisierten Konzern EnBW mittlerweile zurück in öffentlichen Besitz gekauft hat.
Diese Gelegenheit werden wir in Hamburg nicht bekommen, aber wir haben die Chance, zumindest einen Teil der gemeinsam begangenen Fehler – bis auf die LINKE waren wir alle in der einen
oder anderen Konstellation beteiligt – wieder auszubügeln. 2014 laufen die Konzessionsverträge für die Netze aus. Das ist die große Chance für Hamburg, wieder den notwendigen Einfluss auf die Netze zu bekommen, um ihren klimafreundlichen Umbau vorzunehmen und auch die Produktionskapazitäten entsprechend zu beeinflussen.
Diese Gelegenheit begrüßen die Grünen außerordentlich.
In diese Richtung zielt auch die Volksinitiative "Unser Hamburg – Unser Netz". Wir Grüne begrüßen es, dass dank der Initiative diese Debatte nicht nur im politischen Raum, sondern auch in der Bevölkerung geführt wird.
Meine Damen und Herren! Für die Klimaziele, die wir uns gemeinsam gesetzt haben, ist es notwendig, einen Netzumbau vornehmen zu können, der die Gelegenheit eröffnet, dezentrale erneuerbare Energien stärker einzubauen, also ein modernes, intelligentes Netz zu schaffen. Das werden die großen Strom- und Gaserzeuger nicht in Angriff nehmen, weil es ihre zentralen Kraftwerke gefährdet. Auch deshalb begrüßen wir diese Initiative. Wir haben aber nur noch einen geschäftsführenden Senat und es ist nicht mehr sinnvoll, diesem einen entsprechenden Auftrag zu geben, denn wir können nicht davon ausgehen, dass er bis zum 20. Februar im Sinne der Initiative tätig werden und die Netze wieder rekommunalisieren kann. Insofern sollte es eigentlich relativ einfach für die Fraktionen in diesem Hause sein, eine Entschließung zu fassen und zu sagen, wir begrüßen diese Initiative, teilen die Grundintention und wollen in den nächsten Monaten in dieser Richtung auch tätig werden.
Wie man sieht, scheint es so einfach aber nicht zu sein. Jede Fraktion hat einen eigenen Antrag eingebracht und wenn heute kein politisches Wunder geschieht, wird es, obwohl es den gemeinsamen Willen gibt, die Netze wieder zurück in die öffentliche Hand zu holen, kein einheitliches Votum der Bürgerschaft geben, sondern jeder dieser Anträge wird die Mehrheit verfehlen.
Wir Grüne glauben, dass das eine vertane Chance für die Politik in dieser Stadt wäre. Wir wollen diese Debatte auch nutzen, noch einmal an die anderen Fraktionen zu appellieren, einem gemeinsamen Antrag zuzustimmen, der das politische Signal aussendet, dass die Bürgerschaft die Rekommunalisierung der Netze in Hamburg will. Dafür bietet
sich uns am heutigen Tag eine große Chance. Lassen Sie sie uns gemeinsam ergreifen, meine Damen und Herren.
Man kann es sich nicht so einfach machen wie die LINKEN, die fordern, wir müssten der Initiative einfach beitreten und sie übernehmen.
Das will noch nicht einmal die Volksinitiative, liebe Kollegen von der LINKEN. Was würde denn eine Übernahme der Volksinitiative zum jetzigen Zeitpunkt bedeuten? Eine Übernahme würde bedeuten, dass ein geschäftsführender Senat, der in wenigen Wochen aus dem Amt ist, verpflichtet wird, etwas zu tun, was er in diesem Zeitraum gar nicht tun kann, der nächste Senat aber in keiner Weise verpflichtet wäre, die Forderungen umzusetzen, weil dann eine Diskontinuität eingesetzt hätte. Das ist gut gemeint, aber nicht gut gemacht, liebe Kollegen von der LINKEN. So einfach geht es nicht.
Die Kollegen von der CDU wiederum haben gemerkt, dass die Bürgerinnen und Bürger das gut finden und sagen, man müsse jetzt prüfen, ob man das machen will und wenn ja, wie man das macht, auf jeden Fall brauche man noch Informationen. Ich glaube, wir brauchen vor allem ein bisschen mehr Mut zur Entscheidung.
Damit wären wir bei der SPD. Die sagen, wir wollen das auch
ich komme zum Schluss –, aber wir wollen uns nicht mit dem Stromkonzern anlegen. Das ist so wie ein bisschen schwanger, um die 25 Prozent ja, aber mehrheitlich nicht.
Meine Damen und Herren! Unser Antrag ist ganz einfach. Stimmen Sie ihm zu.
Er begrüßt die Volksinitiative und wünscht den mehrheitlichen Besitz der Netze hier in Hamburg. Das wäre eine gute Lösung für uns alle. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn man die Debatte wirklich seriös führt, und das machen wir in Teilen, dann wird eines ganz deutlich. Es geht nicht darum, nur über die Studiengebühren zu reden. Herr Bischoff hat sehr deutlich gemacht, wie prekär die Lage der Finanzen der öffentlichen Hand ist und dass man, wenn man in einem Bereich Verbesserungen will, in vielen anderen Bereichen Stellschrauben ansetzen muss, um diesen Spielraum zu bekommen. Und weil das so ist – Herr Bischoff, das haben Sie hervorragend ausgeführt –, verstehe ich einfach nicht, wie Sie einem solchen Antrag Ihrer Fraktion zustimmen können, der vorsieht, Gebühren abzuschaffen und über den Rest später zu reden. Sie haben in Ihrem Beitrag diesen Antrag Ihrer Fraktion hervorragend widerlegt. Dem gibt es eigentlich nicht mehr viel hinzuzufügen.
In der Tat ist es doch so, dass die Länderhaushalte nach vielen Jahren, in denen in der öffentlichen Debatte das Credo galt, der Staat müsse Steuern senken – was die Bundesregierungen, egal welcher Couleur, auch immer begeistert gemacht haben und
meistens zulasten der Länderhaushalte –, ein Problem haben. Sie haben einerseits notwendige Ausbaumaßnahmen zurückgestellt und sich andererseits in ihrer Not damit beholfen, bestimmte Gebühren zu erhöhen.
Um jetzt noch einmal zu den Studiengebühren und den Hochschulen zu kommen: Es ist doch ganz deutlich geworden, dass die Hochschulen im Moment Geld aus Studiengebühren bekommen – wir sind uns weitgehend einig, dass es eine solche Belastung eigentlich nicht geben sollte – und dass das Geld gleichzeitig trotzdem nicht reicht, die Hochschulen so auszustatten, dass dort ein gutes Studium stattfinden kann. Deshalb ist es durchaus auch die Aufgabe einer neuen Regierung, zusätzliche Mittel und Mittel für eine Sanierung bereitzustellen und, wenn es politisch gewünscht ist, auch noch Gebühren zu senken und damit den Bedarf noch weiter zu erhöhen. Da es im Wissenschaftsetat einen Spielraum in dieser Höhe nicht gibt, muss man das Geld an anderer Stelle einsparen. Und dann sind wir wieder bei dem Punkt, warum man die Studiengebühren jetzt nicht mal eben so abschaffen kann, selbst wenn man das will, denn man muss in vielen Bereichen Stellschrauben ansetzen.
Zu den Steuerprüfern, von denen Sie immer reden: Wir hatten eine zehnprozentige Erhöhung der Steuerprüferstellen bei der Steuerfahndung in unserem Haushaltsplan vorgesehen, der jetzt nicht mehr zum Tragen kommt. Und diese 10 Millionen Euro sind längst für andere Dinge verplant. Jetzt kann man sagen, die Mittel sind in den Hochschulen besser angelegt, dann müssen Sie aber an anderer Stelle anderen Menschen in dieser Stadt erzählen, dass sie die zehn Millionen Euro, die dafür vorgesehen sind, nicht mehr bekommen.
In einer Zeit, in der es einen geschäftsführenden Senat gibt und keine Regierungsmehrheit, kann man eine solche Debatte nicht führen, ohne leichtfertig mit notwendigen Bedürfnissen umzugehen. Aus solchen Anträgen kann ich einfach nur schließen, dass die LINKE nicht vor hat zu regieren.
Wir Grünen haben vor wenigen Wochen einen Haushaltsplan vorgelegt, der 510 Millionen Euro an Einsparungen vorsah, nicht, weil wir dazu Lust haben und es uns Freude macht, Menschen etwas wegzunehmen oder einen notwendigen Ausbau zu verhindern, sondern weil im Moment das Geld nicht zur Verfügung steht. Wir wollen auch nach der Wahl wieder Verantwortung für diese Stadt und auch für die Wissenschaft übernehmen und darum können wir den Universitäten jetzt nicht einfach 40 Millionen Euro wegnehmen, ohne uns Gedanken darüber zu machen, wo es stattdessen herkommt. Daran mag man in der Opposition gewöhnt sein. Wir, die wir gewohnt sind, für Entscheidungen auch den Kopf hinzuhalten, weil wir dann an anderer Stelle Menschen erklären müssen, dass das, was sie brauchen und haben wollen, nicht finanziert werden kann, können und wollen es uns so einfach nicht machen.
Auch wenn wir uns im Ziel einig sind, wird ein neuer Senat ein Gesamtpaket schnüren müssen. Dieses Gesamtpaket können wir jetzt nicht zusammenstellen und deshalb können wir Ihren Antrag nur ablehnen. Ich glaube, diese Debatte zeigt auch, wer bereit ist, Verantwortung in dieser Stadt zu übernehmen und auch Verantwortung für die Studenten. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Tat ist das Handwerk ein wichtiger Wirtschaftszweig in Hamburg mit einer großen Zahl von Beschäftigten und es hat auch eine sehr große Bedeutung für den Ausbildungsbereich. Aber es herrschen dort auch sehr unterschiedliche Bedingungen, sodass es für die Politik nicht immer ganz einfach ist, politisch damit umzugehen, außer ständig zu betonen, wie wichtig das Handwerk eigentlich ist. Es ist auch in der Debatte eben deutlich geworden: Man will das Signal aussenden, dass das Handwerk wichtig ist, und redet lang und breit darüber, dieses Signal auszusenden, aber die konkreten politischen Ansätze sind relativ dünn gesät.
Lassen Sie mich darum noch auf einen Bereich eingehen, den weder Herr Stemmann noch Frau Rugbarth bisher erwähnt haben. Das Handwerk ist ein Bereich, in dem auch neue Technologien und neue Branchen eine wichtige Rolle spielen können, und diesbezüglich sind insbesondere die erneuerbaren Energien und die Gebäudedämmung zu nennen, weil das Handwerk hier von politischen Programmen und Ansätzen sehr stark profitiert. Das ist evident im Bereich energetische Sanierung. Mindestens 63 Prozent der Arbeitskräfte dort sind aufgrund der Hamburger Konjunkturoffensive angestellt worden. Hier ist es der Politik in der Krise gelungen, dem Handwerk nicht nur durch Appelle, sondern auch durch konkrete Maßnahmen zu helfen. Insbesondere ist es aber auch eine Wachstumsbranche und der große Charme im Bereich erneuerbare Energien besteht gerade darin, dass man dort fossile Brennstoffe durch erneuerbare Energien ersetzt, und das hat den großen Vorteil, dass man damit endliche Rohstoffe durch menschliche Arbeitskraft ersetzt, nämlich im Handwerk. In vielen Bereichen tragen politisch angestoßene Initiativen gute Früchte. Da sind das SolarZentrum, das EnergieBauZentrum in Harburg, natürlich die ganzen Projekte im Bereich Klimaschutz und auch eines der ganz alten Programme noch aus rot-grüner Zeit, Arbeit und Klimaschutz, zu nennen. Insofern ist das doch ein ganz fruchtbarer Bereich, in dem das Handwerk schon seit 25 Jahren Bündnispartner dabei ist, bei der Politik einerseits Klimaschutzziele voranzubringen, aber andererseits auch eine wirtschaftliche Tätigkeit anzuregen und hier für Arbeit und für Ausbildungsplätze zu sorgen. Das ist ein wichtiger Punkt und es hat mich gefreut, dass es uns in der Konjunkturoffensive gelungen ist, dort weitere Maßnahmen voranzubringen.
Wenn wir uns alle noch einmal vergegenwärtigen, dass Klimaschutz weiterhin eine große Aufgabe ist und wir bei der CO2-Einsparung eigentlich noch lange nicht da sind, wo wir hinwollen, dann muss man sagen, dass ehrgeizige Klimaschutzziele auch beim Wohnungsbau gut sind für das Hamburger Handwerk. Hier klingt in manchen Redebeiträgen zu anderen Themen an, dass bei klimaschutzpolitisch motivierten energetischen Baumaßnahmen ein Zielkonflikt besteht.
Es ist eindeutig zu laut hier im Raum und ich bitte diejenigen, die ihre Gespräche fortsetzen wollen, entweder die Lautstärke etwas herunterzusetzen oder doch bitte nach draußen zu gehen. Ich bedanke mich herzlich. – Herr Kerstan, fahren Sie bitte fort.
– Vielen Dank.
Diesen Zielkonflikt gibt es sicher auch, nämlich zwischen energetischem Sanieren und Bauen, wobei man ihn nicht dadurch lösen kann, dass man auf das energetische Bauen verzichtet. Das wäre zum einen schlecht für den Klimaschutz und zum anderen, das ist die Lehre aus dem, was ich eben gesagt habe, schlecht für die Wirtschaft. Darum ist es auch gut, dass diese Stadt anders als andere Städte diesen Zielkonflikt dadurch aufzulösen versucht, dass sie für Bauvorhaben sehr stark Förderprogramme aufgelegt hat. Jemand, der Sozialwohnungen bauen will, bekommt Fördermittel, wenn er dabei energetisches Bauen anstrebt, und sogar noch eine Gewinnmarge zusätzlich zu den höheren Kosten, die ihm durch energetisches Sanieren entstanden sind, sodass sich das im Grunde genommen als eine doppelte Rendite auszahlt. Insofern ist es eigentlich kein Zielkonflikt, sondern eine vernünftige Strategie, um eine doppelte Rendite zu erzielen.
Beim Thema Ausbildungsplätze hört man immer wieder – Herr Stemmann hat es erwähnt –, dass dort einerseits betont wird, es gebe mehr Ausbildungsplätze, die man aber nicht besetzen könne, weil die Jugendlichen angeblich nicht ausbildungsfähig seien. Dem kann man eigentlich nur widersprechen. So einfach kann man es sich nicht machen. Angesichts des demografischen Wandels ist es schon jetzt so, dass die Ausweichstrategien des Handwerks, zu sagen, da die potenziellen Hamburger Auszubildenden nicht ausbildungsfähig seien, nehme man die aus dem Umland, gerade am Ende ankommen. Diese Anspruchshaltung des Handwerks, der Staat habe sicherzustellen, dass die Auszubildenden bestimmten, immer weiter steigenden Standards auch genügen, wird mit Sicherheit nicht ausreichen, sondern auch das Handwerk
muss sein Augenmerk stärker darauf richten, gemeinsame Anstrengungen zusammen mit der Stadt zu unternehmen, um Jugendliche dann eben ausbildungsfähig zu machen. Letztendlich wird man nicht mehr auf eine Vielzahl von Bewerbern zurückgreifen können, sondern man muss mit den vorhandenen umgehen. Es werden immer weniger und es ist schlimm genug, dass es dort Probleme gibt, aber das zeigt, dass Schulpolitik auch für das Handwerk ein ganz wichtiges Thema ist. Es hat mich gefreut, dass die Handwerkskammer eine der wenigen Wirtschaftsverbände war, die unsere Schuloffensive und auch die Primarschule unterstützt haben, und das aus wohlverstandenem Eigeninteresse.
Wir haben allerdings erst einzelne Programme, mit denen das Handwerk zusammen mit der Stadt versucht, eine stärkere Ausbildungsfähigkeit herzustellen. Das IQ-Programm ist eine beispielhafte Initiative und in dem Bereich wird man auch noch mehr gemeinsam machen können.
Frau Rugbarth, Sie haben gesagt, den Frauenanteil könne man nicht bestimmen. Ich habe mir hier aufgeschrieben, dass er im Moment 25 Prozent betrage und das Schwierige dabei sei, dass er nicht steigt. Es braucht jetzt Maßnahmen, damit er steigt, aber andererseits ist die Handwerkskammer da relativ innovativ und hat schon Programme aufgelegt. Insofern ist es sicherlich ein Problem, aber vielleicht geht es dort noch weiter.
Von Frau Rugbarth immer.
– Dann danke ich für die Präzision meiner Aussagen.
Im Grunde genommen geht es darum, was die Stadt tun kann, um das zu stärken. Da möchte ich einfach nur auf eines der letzten Projekte hinweisen, die wir noch gemeinsam mit der CDU auf die
Schiene gesetzt haben, das interkulturelle Frauenexistenzgründerzentrum, das im Februar endlich an den Start gehen wird. Das wird nicht alle Probleme lösen, aber es ist wenigstens ein wichtiger Baustein, um in diesem Punkt weiter voranzukommen.
Handwerk ist ein wichtiger und spannender Bereich, der für die Politik nicht so ganz einfach zu handhaben ist. Aber wenn man sich auf wichtige Stränge verständigt, wird man dort vorankommen können, und ich hoffe, dass wir eine erfolgreiche Politik in den nächsten Jahren weiter fortsetzen können. – Vielen Dank.
Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Bevor ich Frau Baum das Wort erteile, bitte ich nochmals um Ruhe. – Frau Baum, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die GAL-Fraktion beantragt heute zusammen mit anderen Fraktionen das vorzeitige Ende der Wahlperiode, um den Weg für vorgezogene Neuwahlen frei zu machen. Hamburg braucht in schwierigen Zeiten einen verlässlich arbeitenden Senat mit einem klaren Kurs, der das Vertrauen der Hamburgerinnen und Hamburger hat, um notwendige Entscheidungen für Hamburgs Zukunft treffen und auch durchsetzen zu können.
Wir Grüne mussten nach drei Monaten feststellen, dass der Neustart der schwarz-grünen Koalition nach dem Rücktritt des Präsidenten des Senats, Ole von Beust, nicht gelungen ist. Die vertrauensvolle und verlässliche Zusammenarbeit, die für ein gutes Regierungshandeln im Sinne der Bürgerinnen und Bürger notwendig ist, war nicht mehr gegeben. Der neue Bürgermeister hat eine personelle Fehlentscheidung nach der anderen getroffen, mit dramatischen Auswirkungen auf die Qualität des Regierungshandelns.
Die neue CDU-Parteiführung und der neue Bürgermeister hatten sich innerlich bereits von wesentlichen Inhalten und Projekten der schwarz-grünen Koalition verabschiedet. Als zwangsläufige Folge aus diesen Veränderungen hat der schwarz-grüne Senat seit dem Sommer Hamburg nicht mehr gut regiert und zunehmend das Vertrauen der Hamburgerinnen und Hamburger verloren. Vor diesem Hintergrund haben wir Grünen uns entschieden, die schwarz-grüne Koalition hier in Hamburg zu
beenden und die Entscheidung über den zukünftigen Kurs Hamburgs zurück an die Hamburgerinnen und Hamburger zu geben. Diese Entscheidung ist uns Grünen nicht leicht gefallen, aber für Hamburg ist es die richtige.
Damit haben wir die erste schwarz-grüne Koalition in Deutschland auf Länderebene beendet und daher gilt es auch, Bilanz zu ziehen. Sie, Herr Bürgermeister, haben im Nachhinein diese Koalition zu einem historischen Irrtum erklärt, weil Sie wesentliche Punkte der Koalitionsvereinbarung als aus CDU-Sicht falsch bezeichnet haben und wir praktisch jeden Tag erkennen müssen, dass das, was wir gemeinsam gestern vereinbart haben, heute für die CDU nicht mehr gelten soll.
Lassen Sie mich aus Sicht der Grünen sagen, dass sich für uns eine Bilanz der schwarz-grünen Koalition in Hamburg anders darstellt, Herr Bürgermeister. Es war ein neues Bündnis, das auch ein Wagnis war, ein Bündnis, das über traditionelle Lager hinaus versucht hat, einen gemeinsamen Kurs zu finden. Das war ein Wagnis und es war nicht klar, ob es gelingen würde. Es gab aber auch viele Wünsche und Erwartungen an eine solche Koalition. Die von manchen befürchteten Gladiatorenkämpfe von zwei Partnern, die nicht zusammenpassen, sind ausgeblieben. Im Gegenteil, der schwarz-grüne Senat hat zwei Jahre lang diese Stadt gut und verlässlich regiert und wir haben damit bewiesen, dass in Deutschland ein schwarzgrünes Bündnis funktionieren kann. Daran haben wir Grünen keine Abstriche zu machen.
Das ist eine Leistung dieser schwarz-grünen Koalition, die bleiben wird, und darauf sind wir Grünen in Hamburg stolz.
Aber auch über diese parteipolitischen Erwägungen hinaus hat die Koalition gute und richtige Entscheidungen für Hamburg getroffen: auch ohne Primarschule das modernste Schulsystem Deutschlands, eine soziale Stadtteilentwicklung, die sich vorrangig darum kümmert, dass Stadtteile nicht länger von der günstigen Entwicklung dieser Stadt abgekoppelt werden, wegweisende Entscheidungen im Klimaschutz und die Entscheidung Hamburgs, sich als Umwelthauptstadt Europas zu bewerben. Diese Koalition hatte allerdings auch die Kraft, Niederlagen zu verkraften und wegzustecken und trotzdem weiterzuarbeiten, was man bei der gerade für uns Grüne schmerzhaften Niederlage hinsichtlich der Genehmigung des Kraftwerks Moorburg gesehen hat und auch beim verlorenen Volksentscheid zur Primarschule. Aber eines ist vielleicht sogar noch wichtiger: Diese schwarzgrüne Koalition hat Hamburg in schwierigen Zeiten gut durch die schwerste Wirtschafts- und Finanz
krise in Jahrzehnten geführt. Es wurden schwierige Entscheidungen gemeinsam getroffen, Konjunkturprogramme gemeinsam beschlossen, um den Absturz der Wirtschaft zu verhindern, Hapag-Lloyd zu retten und ein Rettungskonzept für die HSH Nordbank auf die Beine zu stellen, eine umstrittene Entscheidung, die auch in der Bevölkerung erklärt werden musste, aber die dennoch eine richtige war. All dieses waren gute Entscheidungen, die eines belegt haben: Schwarz-Grün hat diese Stadt in schwierigen Zeiten gut regiert. Auch darauf sind wir Grünen stolz und daran gibt es nichts zu schmälern, Herr Bürgermeister.
Aber dass ein solches schwarz-grünes Bündnis kein Selbstläufer ist und einen hohen persönlichen Einsatz der Führungsspitze erfordert, das hat sich nach dem Wechsel an der Spitze des Senats und auch an der Spitze der CDU-Parteiführung gezeigt. Wir müssen praktisch täglich erleben, dass gemeinsame Entscheidungen, die gestern getroffen wurden, jetzt nicht mehr gelten.
Herr Bürgermeister, Sie haben als Bürgermeister in dieser Stadt eine wichtige Stellung. Sie können jedes Verfahren an sich ziehen, haben Aktenvorlage und Rechte zu jedem einzelnen Punkt. Sie haben eine Richtlinienkompetenz für eigentlich alle Projekte in dieser Stadt. Wie erklären Sie es, Herr Bürgermeister, dass Sie an einem Dienstag im Senat die Entscheidung getroffen haben, die nächsten Millionen für die Planung der Stadtbahn in Hamburg freizugeben und eine Trasse festzulegen, und eine Woche später dann erklärt haben, dass das eine falsche Entscheidung war, die Sie schon immer für falsch gehalten haben und die Sie nur aus Gründen der Koalitionsräson getroffen haben?
Da stellt sich doch wirklich die Frage, welche Auffassung der Pflichterfüllung Sie als Bürgermeister eigentlich haben. Ich fühle mich an eine Aussage des ehemaligen Präsidenten der Bundesrepublik, Richard von Weizsäcker, erinnert, der einmal ausgeführt hat, es erfülle ihn mit großer Besorgnis, dass unser Parteiensystem manchmal einen Typ von Politiker in Verantwortung bringt, der ein Spezialist darin ist, den politischen Gegner zu bekämpfen und alles zu tun, um an die Macht zu kommen, aber wenn er dann die Macht errungen hat, mit dieser Macht nicht viel anzufangen weiß, weil das anscheinend zweitrangig ist.
Wenn ich mir Ihre Handlungsweisen der letzten Wochen ansehe, Herr Bürgermeister, dann haben Sie diese Einschätzung bestätigt. Wie anders kann
man Ihr Handeln denn erklären, als dass es machtversessen und gleichzeitig pflichtvergessen war.
Insofern fühlen wir uns nachträglich darin bestätigt, dass es richtig war, diese Koalition zu beenden und Ihnen mit diesem Amtsverständnis nicht noch einen weiteren Tag länger als nötig die Verantwortung an der Spitze dieser Stadt zu geben. Darum ist es auch richtig, dass jetzt die Entscheidung zurück an die Bürgerinnen und Bürger gegangen ist, die Zukunft Hamburgs auf einen neuen Pfad zu setzen.
Für uns Grüne ist in der Zwischenzeit eines aber immer noch entscheidend. Wir stehen zu den wichtigsten Projekten, die wir gemeinsam vereinbart haben. Wir stehen auch weiterhin dazu, dass diese Stadt in schwierigen Zeiten, nachdem Hamburg Hunderte von Millionen Euro in die Hand genommen hat, um die Wirtschaft dieser Stadt vor dem Absturz und Tausende von Menschen vor der Arbeitslosigkeit zu bewahren, trotz Neuwahlen auf einem finanziellen Konsolidierungskurs bleiben muss. Vor diesem Hintergrund wundert es mich auch, dass ein Bürgermeister der CDU mit einem Finanzsenator, der noch bis vor wenigen Wochen ein strukturelles finanzielles Defizit dieser Stadt, das sich über Jahrzehnte angehäuft hatte, in zwei Jahren aufgelöst hat, nun auf einmal Einsparprojekte in Höhe von 160 Millionen Euro über Nacht einfach so vom Tisch nimmt.
Meine Damen und Herren! Man kann darüber streiten, ob es die richtigen Maßnahmen waren, ob die Kompromisse, die wir dort gefunden hatten, die richtigen waren. Aber so einfach kann man es sich nicht machen. Hamburg wird weiterhin finanzielle Konsolidierung leisten müssen, wir Grünen stehen auch weiterhin dazu und deshalb werden wir bis zum 20. Februar alle Entscheidungen, die wir noch vor dem Bruch der Koalition gemeinsam im Haushaltsausschuss getroffen haben, auch gemeinsam weiterhin vertreten aus Verantwortung für die Zukunft Hamburgs und auch aus Verantwortung für die Handlungsfähigkeit zukünftiger Generationen. Auch das scheint uns jetzt im Nachhinein zu unterscheiden.
Natürlich wird das jetzt ein wichtiger Punkt in der Auseinandersetzung sein, wenn es darum geht, wie der zukünftige Kurs dieser Stadt aussehen soll. Wir Grünen schauen auf zweieinhalb Jahre Regierungszeit zurück, die nicht einfach und ein Wagnis waren, aber in denen diese Stadt mit großem Einsatz gut und richtig regiert wurde. Wir Grünen haben in der Sekunde, als deutlich wurde, dass der
Neustart der Koalition nicht gelungen ist, die Kraft aufgebracht und den Entschluss gefasst, nicht länger an den Sesseln zu kleben, sondern den Bürgerinnen und Bürgern die Entscheidung zurückzugeben, und darum liegen jetzt entscheidungsreiche Wochen vor uns. Wir Grünen können mit ruhigem Gewissen und mit Stolz auf unsere Leistung der letzten zweieinhalb Jahre zurückblicken und gehen beruhigt in die Wahlauseinandersetzungen um die Zukunft dieser Stadt. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Tag, an dem der Senat entgegen eines erfolgreichen Volksentscheids beschlossen hatte, die Krankenhäuser, den LBK, zu verkaufen, war ein Trauerspiel in Hamburg, weil damit zum ersten Mal gegen die direkte Demokratie in dieser Stadt verstoßen wurde. Das war kein guter Anfang für eine Privatisierung des LBK.
Die angeführten wirtschaftlichen Gründe für diese Missachtung des Volkswillens wurden damals durchaus kritisch diskutiert, auch von mir. Es gab nämlich schon damals viele Befürchtungen und Anhaltspunkte dafür, dass dieser Vertrag nicht dem wirtschaftlichen Wohl der Stadt Hamburg dienen würde, sondern viele Risiken beinhaltet und dass am Ende – wie so häufig bei Privatisierungen – ein Vertrag zum Nutzen des privaten Investors und zulasten der öffentlichen Finanzen abgeschlossen werden würde.
Wenn man sich jetzt, mehrere Jahre später, die damalige Debatte in Erinnerung ruft – ich habe mir meine Reden von damals angesehen –, dann muss man eines feststellen: In allen Punkten, die wir damals kritisierten, sind die Risiken für die Stadt real geworden und die Stadt musste zahlen. Auch das ist ein Trauerspiel für Hamburg.
Insofern kann und muss man die zweifelhafte wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit dieses damaligen Verkaufs auch heute wieder kritisieren. Herr Schäfer hat schon mehrere Punkte genannt; lassen Sie mich jetzt nur auf einige eingehen.
Der Kaufpreis auf dem Papier belief sich auf 318 Millionen Euro, unmittelbar gezahlt wurden aber nur 200 Millionen Euro.
Die erste Kaufpreisrate, die damals beglichen wurde, Herr Goldberg, belief sich auf 200 Millionen Euro.
In der Folgezeit sollten unter bestimmten Bedingungen die restlichen 118 Millionen Euro gezahlt werden. Wie uns berichtet wurde, stand aber schon damals fest, dass es dazu nicht kommen würde. Die Gründe hierfür kann ich Ihnen nennen: Die zweite Kaufpreisrate bis zu 75 Millionen Euro war eine bedingte, nämlich abhängig davon, ob beziehungsweise in welcher Höhe in den Jahren 2005 bis 2009 Gewinne erzielt werden. Die neuen Krankenhausbetreiber konnten mit einem garantierten Nettoumlaufvermögen insofern kalkulieren, als die Stadt sich dazu verpflichtete, nötigenfalls Liquiditätshilfen zu leisten. Auch die Einschätzung, das Risiko der Stadt‚ Beschäftigte des LBK zurück in den öffentlichen Dienst nehmen zu müssen – obwohl die Stadt gar keine Krankenhäuser mehr haben würde –, wäre praktisch gleich Null, hat sich als falsch herausgestellt.
1900 Mitarbeiter des LBK wollten zurückkehren; mit knapp 1500 sind bereits Verträge abgeschlossen worden, die die Stadt jährlich 46 Millionen Euro kosten.
Auch zu den Themen Nettoumlaufvermögen, variabler Kaufpreis, atmende Kreditlinien muss man eines feststellen: Da mag Vieles geatmet haben, aber im Ergebnis haben diese atmenden Kreditlinien zu realen Verlusten und Belastungen des öffentlichen Haushalts in Hamburg geführt. Auch das ist ein Trauerspiel für Hamburg.
Insofern kann man sich als Oppositionsabgeordneter nicht unbedingt freuen, sich aber bestätigt fühlen in der damals geäußerten richtigen Kritik, weil es nachweist, dass man selber gut gearbeitet und der Senat Risiken systematisch unterschätzt hat. Ich muss allerdings sagen, dass es mir persönlich noch nie so wenig Spaß gemacht hat, recht gehabt zu haben,
denn heute muss ich als Mitglied einer Regierungsfraktion nicht nur zur Kenntnis nehmen, dass diese Risiken jetzt zur realen Belastung der Stadt geführt haben, die ich immer vermeiden wollte, sondern dass es jetzt, in Zeiten knapper Kassen, auch meine Aufgabe ist, dafür die Deckung im Haushalt herbeizuführen. Auch das ist ein Trauerspiel für diese Stadt. Ich hätte mir gewünscht, es wäre anders gekommen. Zu verantworten haben es nicht wir, sondern der damalige Senat. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dies ist mit Sicherheit eine ungewöhnliche Haushaltsdebatte, die wir heute führen.
Für viele ist die Wendung überraschend, die sie am Ende genommen hat. Auch für mich ist es insofern etwas überraschend, da der Bürgermeister mich kurz vor der Sitzung über diese Entscheidung informiert hat.
Ich kann verstehen, dass in einer solchen Situation die Überraschung und die Emotionen auch überhand nehmen, aber ich denke, man muss hier zwei Sachen voneinander trennen, einmal die persönliche Entscheidung von Herrn Frigge und zum anderen, dass diesem Parlament das, was jetzt eigentlich turnusgemäß ansteht und schon seit drei Monaten überfällig ist, vorliegt, nämlich ein Haushaltsplan für den Doppelhaushalt 2011/2012.
Darum lassen Sie mich vielleicht erst einmal mit der überraschenden Wendung anfangen.
Der Bürgermeister hat gesagt, dass er heute das Rücktrittsangebot von Herrn Frigge angenommen hat. Herr Frigge, für diese persönliche Entscheidung, die Sie heute getroffen haben, möchte ich Ihnen meinen Respekt aussprechen.
Aber zu der persönlichen Entscheidung gehört natürlich auch Ihr Agieren im Amt. Sie haben in den letzten sechs Monaten als Finanzsenator Ihre Aufgabe so wahrgenommen, wie es die klassische Aufgabe eines Finanzsenators ist. Er ist nämlich derjenige, der eine Hand auf den Ausgaben hält, der auf einen strikten Konsolidierungskurs in schwierigen Zeiten gesetzt hat und der in vielen Punkten auch Zumutungen nicht verordnet, sondern vorgeschlagen hat, um die Finanzen dieser Stadt gesunden zu lassen. Das ist etwas, womit sich ein Finanzsenator keine Freunde macht, wenn er seinen Job richtig macht. Wir beide waren nicht immer in allen Punkten einer Meinung, bei der einen oder anderen Frage sind wir auch mehr oder weniger hart aneinandergeraten, aber die Aufgabe, so wie Sie sie verstanden haben, die wichtige Aufgabe eines Finanzsenators, der versucht, das Geld der Steuerzahler beisammen zu halten, das haben Sie mit Engagement und auch mit Hartnäckigkeit verfolgt. Auch dafür möchte ich Ihnen meinen Respekt aussprechen.
Wir sind jetzt beim eigentlichen Punkt der Tagesordnung, nämlich dem Haushalt dieser Stadt, wo die Leitlinien der nächsten zwei Jahre niedergelegt werden. So sehr ich auch die Überraschung und die Unsicherheit verstehe, die aus einer solchen Entscheidung erwachsen, so haben wir doch im Sommer den Wechsel eines Bürgermeisters gehabt, bei der diese Koalition sich entschieden hat, weiterzumachen. Die Entscheidung eines Finanzsenators, eine persönliche Entscheidung, muss daran nicht zwangsläufig etwas ändern. Insofern gebietet es auch der Respekt und das Selbstverständnis eines Parlaments, angesichts einer solchen überraschenden Entscheidung jetzt nicht übereilte Entschlüsse zu treffen, sondern sich damit zu beschäftigen, was die Aufgabe heute ist, nämlich über die Finanzen dieser Stadt zu reden. Dafür würde ich plädieren und halte auch das Angebot an die Oppositionsfraktionen aufrecht, das heute auch zu tun, denn das ist jetzt notwendig.
Natürlich kann man niemanden zwingen, über den Haushalt zu reden, wenn er es nicht möchte, und insofern liegt dann der Ball bei Ihnen. Ich glaube, es wäre sinnvoll,
in der jetzigen Situation mit der Tagesordnung fortzufahren und über den Haushalt zu beraten. Wenn wir so fortfahren, werden wir eine Situation haben, bei der der Haushalt drei Monate nach Jahresbeginn erst verabschiedet wird. Das heißt, es wird eine vorläufige Haushaltsführung erst in drei Monaten geben. Man sollte dieses nicht unnötig, auf jeden Fall nicht ohne gründliche Überlegung und Be
ratung, so einfach heute entscheiden, wie Sie es jetzt vorschlagen.
Es gibt vielleicht noch etwas unter uns zu beraten, aber wir sollten in Ruhe unsere parlamentarischen Pflichten noch einmal überdenken und gemeinsam eine Entscheidung treffen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Tschentscher, Sie haben Ihre Rede begonnen, indem Sie den Finanzsenator gelobt haben. Sie haben ihn dafür gelobt, dass er ein wahres Bild der Situation gezeichnet habe, weil man ein wahres Bild brauche, um die richtigen Maßnahmen zu ergreifen. Da würde ich Ihrer Analyse zustimmen und ich denke, dass der Finanzsenator das auch getan hat. Erstaunlicherweise haben Sie aber danach ein Bild der Haushaltslage und vor allem der Ursachen der Situation, in der wir jetzt sind, gezeichnet, das mit der Wirklichkeit überhaupt nichts zu tun hat.
Sie haben ein Bild gezeichnet, in dem die Rede war von einem wild gewordenen schwarz-grünen Senat im Ausgabenrausch, der eine finanziell gesunde Stadt an die Wand gefahren habe. Das war mehr oder weniger die Quintessenz Ihrer Ausführungen. Sie haben über Projekte geredet, die finanziell außer Kontrolle geraten sind – ich will gar nicht bestreiten, dass es solche Projekte gegeben hat –, aber zum Kern des Problems sind Sie leider nicht vorgedrungen. Ihnen ging es nicht darum, die finanzielle Lage dieser Stadt zu analysieren und daraus Schlüsse zu ziehen, was zu tun ist, um einen nachhaltig und strukturell ausgeglichenen Haushalt vorlegen zu können, sondern es ging Ihnen darum, die Stammtische zu bedienen. Schade, Sie hatten Ihre Rede gut angefangen, aber den guten Ansatz haben Sie leider nicht durchhalten können. Das ist bedauerlich, damit haben Sie eine Chance verpasst.
Sie betonen gern, dass dieser Senat unglaublich viele unnötige Ausgaben tätigen würde, und landen dann immer ganz schnell bei Investitionsprojekten. Schauen wir uns doch einfach einmal den Investitionshaushalt dieser Stadt an, wie er in der Vergangenheit war und wie er auch in der mittelfristigen Finanzplanung aussehen wird. Wir hatten immer etwa 1 Milliarde Euro an Investitionen. In diesem Haushaltsplan liegen wir knapp darunter und in den nächsten Jahren wird dieser Investitionshaushalt, um die Schuldenbremse einhalten zu können, um ungefähr 20 Prozent gekürzt. Jeder, der in dieser Stadt unterwegs ist, weiß eines mit Sicherheit, dass die Stadt, egal unter welcher Regierung, in den letzten Jahren eines nicht getan hat, nämlich zu viel investiert hat. Das Gegenteil ist richtig, Herr Tschentscher. In den letzten Jahren waren die notwendigen Investitionen in die Infrastruktur, sowohl der dinglichen als auch der sozialen, zu gering für die Aufgaben, die die Politik eigentlich erfüllen müsste.
Darum hören Sie doch endlich mit diesem Märchen auf, dass dieser Senat in dem Bereich zu viel des Guten getan hat. Das ist nicht richtig, Herr Tschentscher.
Eines ist allerdings richtig und diesbezüglich habe ich eigentlich bisher immer den Eindruck gehabt, dass die SPD-Fraktion da auf unserer Seite stand, denn den meisten Beschlüssen haben Sie zugestimmt. Es ist richtig, dass wir in diesem schwarz-grünen Senat bei vielen Defiziten in den letzten Jahren versucht haben gegenzusteuern. Wir wollten nicht mehr länger hinnehmen, dass an unseren Schulen der Putz von der Decke fällt. Darum haben wir dort eine gute Milliarde in die Hand
genommen und uns in den nächsten Jahren verpflichtet, bis zu 3 Milliarden Euro zu investieren, damit unsere Schulen endlich in einem Zustand sind, dass unsere Kinder dort auch gut aufgehoben sind. Was die Vorgängersenate in den letzten Jahrzehnten nicht geleistet haben, verursacht Kosten, aber Investitionen in die Bildung unserer Kinder sind notwendige und mit Sicherheit richtige Investitionen. Ich möchte Sie nicht falsch verstehen, aber Ihre Rede kann man wirklich nur so verstehen, dass Sie auch solche Ausgaben für falsch halten, weil Sie hier immer nur von Ausgabenkürzungen reden, und das wollen wir nicht tun. In den wichtigen Bereichen dieser Stadt – Bildung, Wissenschaft, Verkehr, Infrastruktur – muss eine zukunftsfähige und verantwortungsvolle Politik investieren. Das tun wir auch und durch Ihre Parolen lassen wir uns davon nicht abhalten, Herr Tschentscher.
Sie waren wohl bei den Entscheidungen hier im Parlament immer nicht im Raum, denn Ihre Fraktion hat bei all diesen Entscheidungen mitgestimmt, ob es um eine Aufstockung des Allgemeinen Sozialen Dienstes, um mehr Lehrerinnen und Lehrer, die Investitionen in Schulbau oder auch um Mehrinvestitionen in die Wissenschaft ging. Der Tenor der SPD-Fraktion war aber bei jeder dieser Entscheidungen, dass es zwar ein Schritt in die richtige Richtung sei, aber insgesamt zu wenig und man hätte eigentlich viel mehr machen müssen. Und jetzt kommen Sie hier als das haushaltspolitische Gewissen Ihrer Fraktion und sagen, wenn dieser Senat eines falsch gemacht hat, dann das, dass er zu viel ausgegeben hat. Herr Tschentscher, damit mögen Sie die Lufthoheit über den Stammtischen gewinnen, weil Sie damit Vorbehalte gegenüber der Politik bedienen, aber der Wahrheit und Klarheit, wie am Anfang Ihrer Rede, haben Sie hiermit wirklich keinen Gefallen getan.
Wenn Sie sich diesen Doppelhaushalt ansehen, dann werden Sie feststellen, dass es bestimmte Bereiche gibt, die trotz eines Konsolidierungsprogramms immer noch besser dastehen als vorher. Das ist eindeutig der Bereich Bildung und das ist auch, trotz einer Kita-Gebührenerhöhung, der Bereich Kita. Wir geben dort auch im nächsten Doppelhaushalt deutlich mehr aus als noch vor zwei Jahren.
Das ist der Bereich Wissenschaft, wo unter anderem eine Wissenschaftsstiftung ihren Betrieb aufgenommen hat, die pro Jahr 15 Millionen Euro zusätzlich für die Wissenschaft, gute Forschung und Lehre ausgibt. Und natürlich investieren wir im Bereich der Infrastruktur und das sind auch richtige und gute Entscheidungen, Herr Tschentscher.
Was wir aber daneben geleistet haben – und das ist wirklich die große Herausforderung und auch die große Leistung gewesen, die dieser Senat mit seinem Haushaltsplan-Entwurf erbracht hat –, war, gleichzeitig ein Programm vorzulegen, in dem bis zum Jahr 2014 510 Millionen Euro strukturell, das heißt dauerhaft, also nicht bei Investitionen, sondern im Betriebshaushalt, eingespart werden. Bei einem gleichzeitigen Anstieg von Aufgaben in wichtigen Projekten, die die Zukunftsfähigkeit dieser Stadt voranbringen, ist das ein wichtiger Schritt. Das bezeichnen manche als Quadratur des Kreises, aber wir haben diese wichtige Aufgabe mit diesem Doppelhaushalt gelöst. Das ist nicht unverantwortlich, Herr Tschentscher, sondern gute Zukunftsvorsorge für diese Stadt.
Lassen Sie uns zum eigentlichen Problem kommen, warum der Haushalt nicht in dem Zustand ist, wie wir ihn gern hätten. Da haben Sie Andeutungen gemacht, die gar nicht so falsch waren. Seit vielen Jahren haben wir ein Problem, und zwar kein Ausgabenproblem aufseiten des Staates, sondern ein Einnahmeproblem.
Das hat sich doch bei dieser Weltwirtschaftskonjunkturkrise auch gezeigt. Die Maßnahmen, die die Bundesregierung ergriffen hat, um dem entgegenzuwirken, haben kurzfristig die Konjunktur belebt – das kann ich nur begrüßen –, aber sie wurden mit dauerhaften Einnahmeverlusten der öffentlichen Hand finanziert, indem nämlich Steuern, Gebühren und andere Dinge gesenkt wurden, die jetzt, wo die Wirtschaft wieder anspringt, nicht wiederkommen, denn wenn man einmal Steuern senkt und die Wirtschaft läuft, dann nimmt man weniger Steuern ein, obwohl die Wirtschaft boomt. Das ist eines der großen Probleme, meine Damen und Herren. In den letzten drei Jahren hat die Bundesregierung in vielen Punkten dauerhaft die Steuern gesenkt und das hat zu einer Situation geführt – auch wenn von sprudelnden Steuermehreinnahmen die Rede ist, aber das sind gar keine Mehreinnahmen –, dass die öffentlichen Haushalte von einer boomenden Wirtschaft nicht mehr profitieren, und damit fehlen Investitionsmöglichkeiten der öffentlichen Hand. Das ist das eigentliche Problem, Herr Tschentscher, und nicht die angebliche Ausgabenwut dieses schwarz-grünen Senats. Dass Sie jedoch immer noch dieses Märchen hier verbreiten, lässt nichts Gutes erahnen, wie Sie die Haushalte dieser Stadt gestalten würden, sollten Sie irgendwann einmal die Gelegenheit dazu bekommen, denn nur auf der Ausgabenseite, Herr Tschentscher, werden Sie die öffentlichen Haushalte nicht gesunden können. Darum ist es nicht nur notwendig, sondern auch richtig, dass dieser Senat im Rahmen eines Konsolidierungsprogramms auch für Einnahmeverbesserungen gesorgt hat, die aber leider auf Landesebene sehr