Ole Thorben Buschhüter

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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Hamann, ich kann verstehen, dass Ihnen der Bericht überhaupt nicht gefällt, weil er ein sehr schlechtes Licht auf die Regierungspolitik dieses Senats wirft. Am liebsten hätten Sie, dass es überhaupt keinen solchen Bericht gäbe. Das haben Sie letztendlich auch zugegeben, indem Sie sagen, dass Sie eine Fortsetzung des Untersuchungsausschusses nicht wollten. Das kann es aber mit uns nicht geben.
Herr Hamann, Ihr Beitrag eben war genauso unsachlich und obstruktiv wie die ganze Arbeit der CDU im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss all die Monate. Nie während der Zeit des Untersuchungsausschusses ist von der CDU – von dem geschätzten Kollegen Lafrenz einmal abgesehen – ein wirklich ernsthaftes Aufklärungsinteresse zu spüren gewesen.
Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss war alles andere als überflüssig, er hat wichtige Erkenntnisse zutage gebracht. An dieser Stelle möchte ich mich für die Arbeit des Arbeitsstabs bedanken und für seine Unterstützung.
Im vorliegenden Sachstandsbericht werden akribisch die Faktoren genannt, die zur eklatanten Kostensteigerung von 77 Millionen auf derzeit 351,3 Millionen Euro geführt haben, und ein Ende der Fahnenstange ist bislang noch nicht abzusehen. Dennoch bleibt der Bericht unvollständig, denn zu einer Zeugenvernehmung des ehemaligen Ersten Bürgermeisters von Beust,
der ehemaligen Kultursenatorin von Welck, der Architekten und auch der Leute von HOCHTIEF ist es nicht gekommen. Das wäre sicherlich äußerst interessant, auch für die CDU.
Die Arbeit des PUA hat aber eines ganz besonders deutlich gemacht, dass nämlich mit der verfrühten Ausschreibung und der voreiligen Auftragsvergabe von Anfang an kein guter Segen auf dem Projekt lag. Die Generalplaner haben im Sommer 2006 darauf hingewiesen, dass der Zeitpunkt der geplanten Vergabe viel zu früh war. Sie haben gewarnt, dass eine so frühe Ausschreibung zu großen Kostensteigerungen führen könne, weil etliches nicht hinreichend geplant und damit nicht absehbar für die Kosten wäre. Doch die Warnung wurde in den Wind geschlagen. Obwohl die Planung noch unvollständig und ungenau war, wurde ausgeschrieben. Offen bleibt, welche Rolle der damalige Erste Bürgermeister und die damalige Kul
tursenatorin gespielt haben, ob die Entscheidung, zu früh auszuschreiben und zu vergeben, nicht auch politisch motiviert war und vom Senat so vorgegeben wurde. Letztendlich wiegt der Vorwurf jedoch in beiden Fällen schwer, egal, ob die vorschnelle Ausschreibung vom Senat gewollt war oder ob man die ReGe einfach hat machen lassen – es zeugt in jedem Fall von einem leichtfertigen und unverantwortlichen Umgang mit dem Projekt Elbphilharmonie.
Hier eröffnet sich für die mögliche Fortsetzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses noch ein weites Betätigungsfeld.
Ich bleibe beim Vergabeverfahren. Es ist schon ein starkes Stück, dass der Senat verschwiegen hat, warum der zweite Bieter im Vergabeverfahren, die STRABAG, letztendlich kein verbindliches Angebot abgegeben hat. Wie der PUA herausgearbeitet hat, war die STRABAG nämlich der Meinung, dass anhand der Ausschreibungsunterlagen und der unvollständigen Planung keine seriöse Kostenkalkulation durchführbar gewesen sei, und forderte sogar einen Risikoaufschlag von 100 Millionen Euro. Es ist traurig, dass die STRABAG am Ende recht behalten sollte und es ist unverantwortlich, wie der Senat mit den Warnungen der STRABAG umging; auch sie wurden in den Wind geschlagen. Es hätten schon längst alle Alarmglocken läuten müssen.
Aber es kommt noch schlimmer. Damit die Vergaberüge, die die STRABAG erhoben hatte und die im Eilverfahren sogar erfolgreich war und zu einem einstweiligen Vergabeverbot führte, wieder aus der Welt geschaffen werden konnte, griff der Senat zu ganz besonderen Methoden. Er versprach der STRABAG quasi ein Schweigegeld, die STRABAG sollte die Klappe halten. Für die Rücknahme ihrer Vergaberüge wurden der STRABAG vom Senat vertraglich Bauleistungen für Projektentwicklung auf städtischen Grundstücken in Aussicht gestellt, alternativ 3 Millionen Euro plus Mehrwertsteuer. Für mich hat das etwas von Bananenrepublik.
Ein weiterer Aspekt ist bislang unbeleuchtet geblieben, nämlich die Frage, ob nicht von HOCHTIEF die Naivität des Senats und seiner Behörden ausgenutzt wurde und bewusst ein niedriges Angebot abgegeben wurde, um später die Gewinne auf dem Wege von Nachforderungen zu erzielen. Das Gebaren von HOCHTIEF erweckt zumindest diesen Eindruck. Für eine Fortsetzung des PUAs gäbe es auch bei diesem Punkt sicherlich einige Gründe.
Ich möchte zum Schluss noch etwas zum Antrag der LINKEN sagen. Die Empfehlung einer Fortsetzung des PUAs in der nächsten Wahlperiode hat im Abschlussbericht und auch in der Beratung im Ausschuss eine Rolle gespielt. Wir haben das abgelehnt, weil wir der Meinung waren, dass das nicht in den Sachstandsbericht gehört. Gleichwohl haben wir nie einen Zweifel daran erkennen lassen, dass auch wir der Meinung sind, dass der Parlamentarische Untersuchungsausschuss weitergeführt werden sollte. Sie redeten eben von Demokratie und wie viel sie Ihnen bedeutet, aber dann wissen Sie auch, dass Demokratie Macht nur auf Zeit verleiht und insofern diese Bürgerschaft keine Beschlüsse für die nächste fassen kann. Sie haben nun einen Antrag vorgelegt, in dem Sie an die zukünftige Bürgerschaft appellieren. Mehr ist es in Wirklichkeit nicht, die Halbwertzeit von zehn Tagen wurde auch schon angesprochen. Wir werden dem heute zustimmen, damit Sie nicht noch weiter durch die Stadt laufen und sagen, wir würden den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss nicht fortsetzen wollen – das Gegenteil ist der Fall. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wie schon einige Vorredner bei anderen Debatten habe ich mich auch gefragt, warum wir ausgerechnet dieses Thema heute debattieren müssen,
nachdem wir vor einem Monat schon genau darüber gesprochen hatten. Es lag zwar der Bericht noch nicht vor, aber die Ergebnisse schon. Ich möchte deshalb auch nur etwas zu dem Zusatzantrag sagen, zu dem Sie im Prinzip überhaupt nichts gesagt haben; vielleicht kommt das noch. Was das andere betrifft, so habe ich zu dem, was ich vor einem Monat gesagt habe, nichts hinzuzufügen.
Ich halte das, was Sie heute als Zusatzantrag vorlegen, für Wahlkampfgetöse.
Das ist wirklich das einzig Neue, was hier heute zu debattieren wäre, und die Idee ist auch nicht neu. Sie tun so, als wäre das etwas ganz Neues. In Wirklichkeit hat die Kollegin Dr. Hochheim schon im August danach gefragt. Sie wird vielleicht gleich noch etwas dazu sagen und uns auch erzählen können, dass der Senat das, was Sie heute fordern, nämlich eine Prüfung der Lockerung des Tausalzverbots, bereits im September in der Senatsantwort angekündigt hat; übrigens damals noch mit der GAL-geführten Stadtentwicklungsbehörde.
Nun kann man natürlich Zweifel haben, ob alles, was diese Behörde ankündigt, auch tatsächlich umgesetzt wird. Solche Zweifel haben wir auch, aber gerade in diesem Punkt sieht es wohl anders aus.
Ihr Antrag zielt aus unserer Sicht in die falsche Richtung. Wenn Sie den Senat auffordern, etwas zu prüfen, was er schon geprüft hat, dann ist das überflüssig. Sie sollten ihn lieber auffordern, das Ergebnis seiner Prüfung vorzulegen.
Ich will Ihnen einmal berichten, was Experten zu dem Thema sagen. Erstens wird seit 2006 in Hamburg ein Monitoring an ausgewählten Straßenbäumen durchgeführt, um zu prüfen, welche Auswirkungen der Salzeinsatz im Winter auf die Bäume hat. Es gibt Vitalitätsuntersuchungen, es werden Blattanalysen gemacht und so weiter. Im Jahr 2011 soll dieses Monitoring abgeschlossen sein.
Erst dann will man mitteilen, ob man das machen kann oder nicht. Es ist nicht so, dass man dem nicht in gewisser Weise aufgeschlossen gegenüber stünde, aber man kann nicht erst sagen, man will ein Monitoring einführen und Daten erheben, ob das mit dem Tausalz geht oder nicht, und dann das Ganze vorzeitig abbrechen und politische Schlüsse daraus ziehen. Sie müssen doch anerkennen, dass gerade in Deutschland und in Hamburg besonders viele tausalzempfindliche Bäume stehen. Da können Sie nicht einfach sagen, das machen wir jetzt. Es gibt zudem noch Studien vom Bundesumweltamt, die besagen, dass der Einsatz von Streusalz gar keine zusätzliche Verkehrssicherheit bedeutet. Aber darum geht es Ihnen doch und das ist an sich auch richtig.
Aber wenn man zu dem Ergebnis kommt, dass Schneeräumen und das Streuen von salzfreien und abstumpfenden Mitteln wie Sand genauso wirksam ist wie Streusalz, dann muss man sich nicht für das Mittel entscheiden, was unsere Straßenbäume so sehr schädigt.
Im Übrigen ist es heute schon so, dass trotz des Verbots von Streusalz oder Tausalz auf Gehwegen gestreut wird und dass dies gar nicht richtig überwacht werden kann. Man muss einfach davon ausgehen, dass es passiert.
Und nach dem heftigen Salzeinsatz im letzten Winter auf den Fahrbahnen, wo es zulässig ist, hat man schon feststellen können, dass die Bäume sehr darunter gelitten haben.
Ich will Ihnen jetzt auch sagen, woher diese Erkenntnisse kommen, Herr Frommann. Sie reden immer so schön dazwischen, aber das habe ich nicht bei irgendeinem Umweltverband abgeschrieben, sondern es stammt – ich muss das jetzt sagen, weil Sie es überhaupt nicht wahrhaben wollen – aus einem Senatsdrucksachenentwurf, wo genau diese Forderung, man möge das überprüfen, schon beantwortet wurde. Das Ergebnis der Behörde liegt vor und Sie sollten lieber das vorlegen, was ich eben vorgelesen habe, und nicht so tun, als gäbe es etwas ganz anderes.
Es passt in das Bild, das Sie in den letzten zwei Wochen abgegeben haben. Ich sagte es eben schon, es ist Wahlkampfgetöse und heiße Luft. Es passt auch genau in das Bild, wenn der Erste Bürgermeister sagt, das war im letzten Winter alles ganz schlimm, weil die Hajduk zu wenig Streusalz eingesetzt hat. Das ist wirklich lächerlich und einfach nur peinlich.
Wir werden es morgen sehen. Es wird angekündigt, dass es morgen zehn Zentimeter Neuschnee geben wird. Dann kann der Rumpfsenat, dann können Sie zeigen, ob Sie es wirklich im Griff haben oder ob sich das Eischaos des letzten Winters wiederholen wird. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Hamburg ist gut aufgestellt, so lautet der Titel der Aktuellen Stunde, aber was wie eine Feststellung klingt, ist nicht mehr als
die Hoffnung, dass sich das Eischaos, mit dem der Senat im letzten Extremwinter wochenlang hilflos zu kämpfen hatte, im nächsten Winter nicht wiederholt.
Wir wollen uns in Erinnerung rufen, wie es vor zehn Monaten in der Hansestadt aussah. Schnee und Eis hatten von der Stadt Besitz ergriffen und viele Gehwege waren nur unter schwierigsten Bedingungen passierbar. Viele ältere Menschen waren wochenlang in ihren Wohnungen quasi gefesselt
und trauten sich nicht mehr auf die Straße. Nebenstraßen waren ebenfalls häufig nicht mehr passierbar, Prellungen und Knochenbrüche waren die Folge. Wochenlang sahen der Senat und seine Behörden zu, stets hoffend, morgen käme die große Schneeschmelze und alles würde besser werden. Aber es wurde nicht besser. Wochenlang dauerte es, bis der Eisgipfel einberufen wurde und die vielen staatlichen Akteure – Sie haben es eben beschrieben – an einen Tisch zu bekommen waren. Dann setzte langsam Besserung ein, aber das Allergröbste war zu dem Zeitpunkt auch schon überstanden. Viel zu spät bekam der damalige Erste Bürgermeister mit, dass in der Stadt der Notstand ausgebrochen war
und versprach am Rande des Presseballs, während sich draußen die Bürger die Knochen brachen, im nächsten Jahr werde alles besser. Am Ende bleibt vor allem eine Erinnerung an den letzten Winter: Der Senat und seine Behörden haben versagt; nicht auszumalen, was passiert, wenn ganz andere Katastrophen über Hamburg hereinbrechen sollten. Sind wir für solche Fälle dann gut aufgestellt?
Die Neukonzeption des Winterdienstes, wie sie vor drei Wochen im Stadtentwicklungsausschuss vorgestellt wurde, ist ein Schritt in die richtige Richtung, keine Frage, aber sie setzt auf Lücke, denn teilweise bleibt es bei Ankündigungen.
Das Gute vorweg: Es ist richtig, die Kompetenz für den Winterdienst bei der Stadtreinigung zu bündeln, denn dort ist tatsächlich eindeutig die Kompetenz. Damit liegt die Behörde aber auch genau auf der Linie des SPD-Antrags, den CDU und GAL im Juni noch rundweg abgelehnt hatten.
Überhaupt wirkt die Neukonzeption des Winterdienstes zu einem großen Teil von dem abgeschrieben, was die SPD-Fraktion schon im April vorgelegt hatte.
Das ist nicht skandalös, sondern dabei können Sie noch lernen. Sie sprachen eben davon, das sei Politik, die nahe am Bürger ist. Wenn Sie häufiger bei uns abschreiben, lernen Sie etwas dabei.
– Dass die CDU das nicht hören will, kann ich verstehen.
Zu den Punkten, die wir schon im April vorgestellt hatten, zählten auch die Reinigung von sehr wichtigen Radwegen, wie jetzt im Konzept enthalten, die Reinigung von bestimmten Verbindungswegen in Grünanlagen, einheitliche Maßstäbe für den Fall, dass einige ihrer Winterdienstpflicht nicht nachkommen, und die bessere Information der Anlieger über ihre Winterdienstpflichten im Rahmen einer Öffentlichkeitskampagne. Aber gerade da wird das Konzept schon wieder zur Farce. Im Ausschuss haben wir gehört, dass die Broschüre – und dieser Info-Flyer ist durchaus lobenswert – nur in einer Auflage von 15 000 Stück gedruckt werden soll, und es ist mir unerklärlich, wie Sie damit alle Anlieger wirklich informieren wollen. Sinnvoll wäre es doch gewesen, jeden Anlieger zum Beispiel mit dem Müllgebührenbescheid zu informieren, damit sich keiner mehr herausreden kann, er wisse nicht Bescheid.
Völlig unverständlich ist uns schließlich, wie es angehen kann, dass die Neukonzeption des Winterdienstes nicht in vollem Umfang bereits zur bevorstehenden Wintersaison umgesetzt werden soll. Die Änderungen der gesetzlichen Grundlagen im Wegegesetz und im Grünanlagengesetz werden bloß angekündigt und sollen erst im nächsten Jahr erfolgen. Hier regiert wieder das Prinzip Hoffnung, dass es hoffentlich nicht so schlimm wird wie im letzten Jahr. Aber was, wenn doch? Am Ende bleibt vor allem eine trübe Aussicht, dass nämlich die Eiszeit, die zurzeit in der Koalition herrscht, von der ganzen Stadt Besitz ergreift
und dass die mit sich selbst beschäftigten Koalitionäre erneut tatenlos die Stadt ihrem Schicksal überlassen. Das ist schlecht für unsere Stadt und so einen Senat können wir nicht gebrauchen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Projekt S4 ist das wichtigste Infrastrukturprojekt für die Metropolregion Hamburg in den nächsten zehn Jahren.
Alle Parteien ziehen hier an einem Strang und es ist deshalb nur konsequent, dass heute ein gemeinsamer Antrag von SPD, CDU und GAL vorliegt. Gestatten Sie mir einen Einschub: Etwas verwunderlich ist es schon, dass die Fraktion DIE LINKE auch hier einmal wieder ausgesperrt wurde. Ich bin zwar kein Freund von ihnen, aber es müsste der Sache wichtiger sein als diese kleinen parteipolitischen Spielchen, die vor allem auf das Konto der CDU gehen.
Worum geht es beim Projekt S4? Es geht um den Bau von separaten S-Bahngleisen, parallel zur vorhandenen Strecke Hamburg – Lübeck, zwei Gleise bis Ahrensburg, ein weiteres Gleis bis Bargteheide und eine Weiterführung mit der Zwei-System-Technik, wie wir sie aus Stade kennen, bis Bad Oldesloe. Das führt zu einem dichten Takt, wir können die S-Bahn im 10-Minuten-Takt zumindest bis Ahrensburg fahren lassen und bis direkt in die Hamburger Innenstadt. Wir werden mehr Haltestellen bekommen und das Ganze wird zu deutlich mehr Fahrgästen führen, die künftig mit der Bahn fahren. Die S4 wird ein Erfolgsprojekt werden, da bin ich mir ganz sicher,
ein Erfolgsprojekt, wie es die S-Bahn nach Harburg und Stade darstellt, genauso wie es die Strecke der S1 zum Flughafen geworden ist.
Warum ist die S4 so wichtig? Es geht zum einen um die Nahverkehrangebote. Derzeit fahren auf der Strecke Hamburg – Lübeck Richtung Ahrensburg die Züge nur alle 30 Minuten. Wenn im Hauptverkehr morgens und abends zusätzliche Züge eingesetzt werden, dann nicht etwa so, dass sich ein 15-Minuten-Takt ergibt, das wäre noch interessant, sondern die Züge fahren im Abstand von 6 und 24 Minuten, weil es anders nicht zu schaffen ist, die Züge auf der sehr überlasteten Strecke fahren zu lassen. So ist es auch kein Wunder, dass die deutlichen Fahrgastanstiege, die der HVV jedes Jahr verkündet, nicht auf der Linie R10 erzielt werden, jedenfalls nicht auf der Regionalbahnlinie, die die Hamburger Haltestellen bedient.
Ein weiterer Punkt, Herr Hesse hatte es schon erwähnt, ist der Engpass Hauptbahnhof. Es gibt viele Züge, die zum Hauptbahnhof durchfahren sollten, das ist aber bislang nicht möglich. Ich denke da
beispielsweise an die Marschbahn, die Züge von Westerland, oder auch an den einen oder anderen Metronomzug, der schon in Harburg enden muss, weil die Kapazität des Hauptbahnhofs schon heute erschöpft ist. Das ließe sich mit der S4 ändern, weil rund 100 Nahverkehrszüge, die bislang den Fernbahnteil des Hauptbahnhofs nutzen, dann auf die S-Bahnstrecke, die noch deutliche Kapazitäten hat, verlagert würden.
Außerdem ist es auch eine Frage des Güterverkehrs. Auch hier ist die Streckenauslastung nahezu erschöpft und kann nicht mehr viele zusätzliche Güterzüge aufnehmen, allenfalls noch in der Nacht. Auch hier würden durch den Bau zusätzlicher S-Bahngleise neue Kapazitäten geschaffen für den Güterverkehr. Man denke da nur an die feste Fehmarnbelt-Querung, die dazu führen wird, dass erhebliche Güterzugmengen, die bislang über Elmshorn und Pinneberg Richtung Hamburg fahren, dann künftig über die Strecke Hamburg – Lübeck fahren.
Im Bundesverkehrswegeplan von 2003 ist der weitere Ausbau der Strecke im vordringlichen Bedarf enthalten. Dort steht als Maßnahme der Bau eines dritten Gleises zwischen Wandsbek und Ahrensburg. Das hat erst einmal mit dem Nahverkehr nichts zu tun, dafür ist der Bund nicht zuständig. Es kommt allein aus der Überlegung heraus, dass für den Güter- und Fernverkehr mehr Kapazität erforderlich ist. Vielleicht könnte auch auf drei Gleisen mehr Nahverkehr gefahren werden, nur ist da wiederum der Hauptbahnhof der Engpass; es können dort gar nicht alle Züge abgefertigt werden.
Nun kommt das Gutachten zum Eisenbahnknoten Hamburg zu dem Ergebnis, dass ein drittes Gleis angeblich nicht erforderlich sein solle, weil die zusätzlichen Güterzüge infolge der festen Fehmarnbelt-Querung angeblich auch auf den vorhandenen Schienen gefahren werden könnten. An dieser Feststellung bestehen jedoch erhebliche Zweifel und vor allem liegt dieser Feststellung die Annahme zugrunde, dass der Nahverkehr so bleiben kann, wie er ist. Aber wir wissen ganz genau, dass der 30-Minuten-Takt völlig unzureichend ist und das Fahrgastpotenzial, das grundsätzlich da ist, gar nicht ausgeschöpft ist.
Der Bund stützt sich auf dieses Gutachten und nimmt es nun zum Anlass zu sagen, dass man dieses Vorhaben des Baus eines dritten Gleises aus dem Bundesverkehrswegeplan streichen könne. Dieser Forderung müssen wir uns ganz entschieden entgegenstellen. Zwar wollen wir gar nicht das dritte Gleis an sich, sondern wir wollen das Projekt S-Bahn. Dies ist schon ein qualitativer Unterschied, weil das Projekt S-Bahn eben auch die Verlagerung der Züge auf die S-Bahnstrecke beinhaltet, das Projekt drittes Gleis jedoch nicht. Aber wenn wir über das dritte Gleis reden, dann geht es darum, deutlich zu machen, dass der Bund auch
bei diesem Nahverkehrsprojekt S4 eine erhebliche Verantwortung für die Finanzierung hat. Interessanterweise ist es genau dieses Gutachten, auf das sich der Bund stützt, wenn es darum geht zu sagen, das dritte Gleis werde nicht gebraucht. Eben dieses Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass beim Bau der S4 60 Prozent des verkehrlichen Nutzens gar nicht auf den Nahverkehr entfielen, obwohl es vordergründig ein Nahverkehrsprojekt sei, sondern 60 Prozent des Nutzens entfalle auf den Fernverkehr und den Güterverkehr. Bei diesem Punkt ist der Bund unmittelbar in der Pflicht zu handeln und auch etwas zur Finanzierung beizutragen. Hier schaue ich besonders die Kollegen von der CDU an, denn der Bundesverkehrsminister ist nun einmal von der Union
und wir erhoffen uns von daher von Ihnen sehr viel mehr Einsatz gegenüber Ihren Parteifreunden im Bund, damit hier mehr Bewegung hineinkommt. Es ist doch kein Zufall, dass seit der Regierungszeit des CSU-Verkehrsministers mit einem Mal das S4-Projekt und der Bau des dritten Gleises infrage gestellt werden. Das müssen Sie uns erklären.
Es gibt noch einen weiteren Punkt zu diesem Eisenbahnknoten-Gutachten, das uns in den letzten Tagen so sehr beschäftigte. Man könnte meinen, es ist hochaktuell – was den Inhalt angeht, ist es das auch –, aber tatsächlich stammt es schon vom Mai 2009. Erst jetzt wurde es öffentlich, und zwar, weil der Bund es allen Fraktionen hat zukommen lassen. Ich finde es allerdings beschämend, dass die BSU, der das Gutachten auch schon seit Mai 2009 vorliegt, bis heute daran arbeitet, um es auszuwerten – so lautet jedenfalls die offizielle Begründung – und bislang nicht dazu Stellung genommen hat beziehungsweise vielleicht auch nicht konnte. Wie kann so etwas so lange dauern? Es ist doch gerade Ihre Aufgabe, das Gutachten zu nutzen und sich daraus ergebende Forderungen für Hamburg aufzustellen. Nichts dergleichen, Sie überlassen dem Bund die Deutungshoheit – wir sehen doch, wohin das führt –, obwohl der Bund ganz andere Interessen hat. Frau Senatorin, Sie sprechen vielleicht heute noch zu dem Thema. Ich finde jedenfalls, dass Ihre Behörde wirklich schlecht aufgestellt ist; das müssen Sie ändern.
Aufgeschreckt durch die Berichterstattung im August, als die Pläne des Bundes, sich vom dritten Gleis verabschieden zu wollen, publik wurden, gab es in den letzten Tagen und Wochen verschiedene Initiativen. Herr Hesse hat schon die gemeinsame Sitzung mit der Fraktion in Kiel angesprochen. Die
SPD hat den S4-Gipfel vor einigen Tagen ausgerichtet
und im Ergebnis haben wir nun den Antrag hier vorliegen. Der ist nun wirklich einmalig, nicht so sehr, weil er interfraktionell gestellt wurde, das kommt gelegentlich einmal vor, sondern vor allem, weil die konkrete Aussicht besteht, dass auch der Landtag in Kiel einen nahezu wortgleichen Beschluss fassen wird. Das ist gelebte norddeutsche Zusammenarbeit, das ist gut und bringt das Projekt S4 tatsächlich voran.
Warum ist der Antrag so wichtig? Zum einen ist er wichtig, um dem Bund klarzumachen, dass dieses Projekt wirklich gewollt ist. Es gibt kaum ein Infrastrukturprojekt, das so unstrittig ist, das wird mit dem Antrag dokumentiert. Zum anderen, auch das ist eine Besonderheit, kann sich der Bund darauf verlassen, dass dieses Projekt auch einen Regierungswechsel übersteht und nicht etwa wieder alle vier Jahre infrage gestellt wird, wie das bei anderen Projekten der Fall ist.
Mit der Idee sollten Sie sich aber anfreunden.
Auch ist unser heutiger Beschluss der Startschuss für die Vorentwurfsplanung und der ist wichtig, um konkrete Kostenkalkulationen zu haben, mit denen man dann auch an den Bund herantreten kann. Dies macht es dem Bund nicht so leicht, sich einfach von der Idee verabschieden zu wollen. Hamburg hatte zwar immer diese Idee, aber nie etwas Konkretes in der Hand, um mit Zahlen und Fakten aufwarten zu können.
Gestatten Sie mir zum Schluss noch einen Wunsch. So sehr hier im Hause Einigkeit und Euphorie über das Projekt S4 herrscht, so hat man doch den Eindruck, dass dieser Funke auf die Behörde noch nicht so ganz übergesprungen ist, Frau Senatorin. Von Ihnen war bislang zum Thema S4 nicht viel zu hören. Frau Senatorin, entwickeln Sie mehr Leidenschaft für das Projekt S4, bekennen Sie sich zu dem Projekt und sorgen Sie dafür, dass die nächsten Schritte auf dem Weg zur S4 schnellstmöglich getan werden. – Vielen Dank.
Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Frau Gregersen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn die CDU hier schon eine zweite Runde eröffnet, dann muss ich dazu doch noch etwas sagen, denn wenn Herr Lafrenz sich hier hinstellt und sagt, es würde im Prinzip schon fast fertige Pläne aus den Achtzigerjahren geben – das erzählt er gelegentlich –, dann ist das so nicht richtig.
Es gab in den Achtzigerjahren die Untersuchung zu den Bahnübergängen. In dem Zusammenhang hat man auch überlegt, wie man die Brücken und Tunnel anstelle der Bahnübergänge so baut, dass sie einem späteren S-Bahn-Ausbau nicht im Weg stehen. Das hat man damals gemacht, aber dieser Punkt wird heute ein Stück weit infrage gestellt. Wenn wir uns zum Beispiel die neueste Brückenbaumaßnahme ansehen, dann sagt die Behörde offiziell, dass sie einen dreigleisigen Ausbau bei der Brückenplanung berücksichtigt habe, obwohl jetzt schon bekannt ist, dass an der Stelle vier Gleise gebaut werden sollen. Das ist zumindest die offizielle Aussage der Behörde dazu. Dass es faktisch möglicherweise doch passen wird, vier Gleise darunter zu legen, ist eine andere Sache, aber man hat schon den Eindruck, dass man auch für die Frage der Bahnübergänge jetzt endlich diese Vorentwurfsplanung braucht, um darauf auch Rücksicht zu nehmen.
Frau Senatorin, Sie haben vorhin auf die Betriebssimulation Bezug genommen und so getan, als wäre die noch nicht fertig. Tatsache ist doch, dass sie schon seit mehreren Monaten fertig ist und insofern dem nichts mehr im Weg steht, diese Vorentwurfsplanung endlich in Auftrag zu geben.
Ein letztes Wort zu dem Kollegen Klimke aus dem Bundestag,
weil er eben so sehr gelobt wurde; wir konnten es gar nicht glauben. Sie sollten Herrn Klimke einmal im Wahlkreis hören, wenn er konfrontiert wird mit den Aussagen zum Bundesverkehrswegeplan und welche Diskussion es zu dem Projekt, das dritte
Gleis herauszustreichen, gibt. Da redet er ganz anders als hier, Herr Hesse. Sie haben deutlich unsere Position geteilt, dass das gefährdet ist und im Bund auf der Kippe steht. Herr Klimke stellt sich hin, beschwichtigt und sagt, das sei alles falsch, was da berichtet wird, und wir sollten uns keine Sorgen machen, das ginge alles so durch. Aber genau das sollten wir nicht machen. Man darf sich nicht zurücklehnen – das hat eine Zeitung kürzlich auch sehr nett geschrieben – und sagen, die Argumente seien so gut, das Ganze käme von alleine, sondern man muss wirklich dafür kämpfen. Ich bin froh, dass wir das jetzt gemeinsam tun. – Danke schön.
Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.
Wer möchte dem gemeinsamen Antrag der Fraktionen der CDU, SPD und GAL aus der Drucksache 19/7366 seine Zustimmung geben? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist somit einstimmig angenommen.
Tagesordnungspunkte 45 und 40, Drucksachen 19/7287 und 19/7282, Antrag der SPD-Fraktion: Beteiligung des Bundesrates bei Entscheidung über Laufzeitverlängerungen von Atomkraftwerken mit Antrag der Fraktion DIE LINKE: Verfassungsklage gegen Missachtung des Bundesrates bei der AKW-Laufzeitverlängerung.
[Antrag der Fraktion der SPD: Beteiligung des Bundesrates bei Entscheidung über Laufzeitverlängerungen von Atomkraftwerken – Drs 19/7287 –]
[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Verfassungsklage gegen Missachtung des Bundesrates bei der AKW-Laufzeitverlängerung – Drs 19/7282 –]
Beide Drucksachen möchte die GAL-Fraktion an den Umweltausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Frau Schaal, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Dass wir heute, ziemlich genau drei Jahre nach der letzten Novelle, ein neues Hamburgisches Naturschutzgesetz beraten, ist, wie wir bereits gehört haben, das Ergebnis der Föderalismusreform. Mit ihr erhielt der Bund erstmals die Kompetenz, nicht mehr nur rahmenrechtlich tätig zu werden, sondern im Naturschutzrecht auch erstmals Vollregelungen zu erlassen. Als Landesgesetzgeber können wir, wie die Senatorin eben dargestellt hat, nur noch dort tätig werden, wo der Bund überhaupt keine Regelungen getroffen hat, wo er die Länder ausdrücklich auffordert, Regelungen zu treffen, oder wo wir als Landesgesetzgeber von der Abweichungsgesetzgebung Gebrauch machen wollen.
Hintergrund für die Aufnahme des Naturschutzrechts in den Katalog der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes war der seit vielen Jahren verfolgte Wunsch – von dem ich heute noch gar nichts gehört habe –, das in viele Bundes- und Landesgesetze zersplitterte Umweltrecht in einem einheitlichen Umweltgesetzbuch zusammenzufassen. Bis zur Föderalismusreform sind entsprechende Anläufe an der unzureichenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes gescheitert. Nach der Föderalismusreform, in die diesbezüglich große Hoffnungen gesetzt wurden, wurde ein erneuter Anlauf unternommen, der jedoch im Januar 2009 an Bayern und der Union und ihrer mangelnden Kompromissbereitschaft scheiterte. Somit gibt es in Deutschland weiterhin kein einfaches, transparentes und unbürokratisches Umweltrecht aus einem Guss.
Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP ist von einem Umweltgesetzbuch überhaupt keine Rede mehr. Für die SPD kann ich sagen, dass wir dieses Ziel nicht aufgegeben haben.
Statt eines Umweltgesetzbuches verabschiedete der Bundestag im letzten Sommer mehrere Einzelgesetze, darunter auch das neue Bundesnaturschutzgesetz, das am 1. März in Kraft getreten ist. Und obwohl ein halbes Jahr dafür zur Verfügung stand, war der Senat nicht in der Lage, so rechtzeitig einen Gesetzesentwurf vorzulegen, dass auch das Hamburger Ausführungsgesetz zum 1. März fristgerecht hätte in Kraft treten können. Erst nachdem die SPD-Fraktion ihren Antrag vorgelegt hatte
in dem es nicht nur um das Hafenprivileg, sondern in erster Linie auch darum geht, dass der Senat überhaupt einmal tätig wird und ein Ausführungsgesetz vorlegt –, wurde auch der Senat aktiv und brachte dann über die Koalition einen Gesetzesentwurf ein.
Es stimmt auch nicht, Frau Senatorin, was Sie eben sagten, dass Hamburg ganz vorn dabei sei. Andere Länder wie Schleswig-Holstein zum Beispiel haben schon im Januar ihren Gesetzesentwurf vorgelegt.
Auch wenn wir heute dem Gesetzesentwurf der Koalition zustimmen werden, so gilt doch: Nichts ist so gut, dass man es nicht noch ein wenig besser machen könnte.
Mit unserem Zusatzantrag wollen wir erreichen, dass der Entwurf der Koalition in vier wesentlichen Punkten nachgebessert wird.
Zum einen ist es der Bereich der Gewässerrandstreifen, das wurde eben schon gründlich erörtert. Aus unserer Sicht ist es wirklich eine Posse ersten Ranges, wenn man sich die verschiedenen Entwürfe ansieht.
Im ersten Koalitionsentwurf wird der Gewässerrandstreifen definiert mit 10 Metern Abstand von der Uferlinie. Es sollte dort nicht mehr gebaut werden und keine Dünge- und Pflanzenschutzmittel mehr ausgebracht werden dürfen. Bei den Gartenund Landwirtschaftsbetrieben stieß das auf großes Unverständnis und Widerstand. Im Ausschuss letzte Woche feierte die Kollegin Weggen dann ihr großzügiges Entgegenkommen den Bauern gegenüber. Man wolle die Bedenken der Landwirtschaft durchaus ernst nehmen und den Uferschutzstreifen auf 7,50 Meter begrenzen. Allerdings, statt nur Dünge- und Pflanzenschutzmittel nicht mehr auszubringen, sollte dort mit einem Mal überhaupt keine Landwirtschaft mehr möglich sein. Das sollte dann das Entgegenkommen sein, das ist merkwürdig. Dann kam heraus – das hat die Kollegin Rugbarth gut herausgearbeitet –, dass die GAL und offenbar die Behörde, die behauptet hatte, das sei ihr Entwurf, einen kleinen Trick eingebaut hatten, indem nicht mehr die Uferlinie entscheidend sein sollte, sondern mit einem Mal die Böschungskante, und zwar oben. Unter dem Strich war von 7,50 Metern nichts mehr geblieben, sondern es waren wieder die 10 Meter wie vorher, wenn nicht sogar noch mehr. Das war wirklich trickreich von der GAL und der BSU. Was die CDU betrifft, Herr Capeletti, haben Sie sich über den Tisch ziehen lassen. Dieser Versuch ist letztlich gescheitert dank der investigativen Arbeit von Frau Rugbarth.
Im neuen Entwurf ist plötzlich wieder nur von der Uferlinie die Rede. Wir meinen jedoch, dass dieser Punkt offensichtlich mit der heißen Nadel gestrickt und alles andere als ausgereift ist.
Offensichtlich ist das Ganze das Ergebnis eines längeren Koalitionsgeschachers. Im Ausschuss konnte der Senat nicht sagen, wie viele Betriebe von diesem Verbot überhaupt betroffen wären. Die Senatorin behauptet, die Behörde wisse es, aber gesagt haben Sie es nicht und Sie sagen auch nicht, welche Konsequenzen dies für die einzelnen Betriebe hat.
Wir fordern deshalb – damit stellen wir uns nicht grundsätzlich gegen eine solche Regelung –, dass Paragraf 9 aus dem jetzigen Gesetzesentwurf erst einmal herausgenommen wird. Bevor die Bürgerschaft eine solche Regelung beschließt, muss der Senat darlegen können, welche Flächen und wie viele Betriebe im Einzelnen und in welchem Ausmaß von dem Verbot betroffen wären. Dazu war er bislang nicht in der Lage, obwohl schon im Koalitionsvertrag von dieser Regelung die Rede ist. Es wären sogar eineinhalb Jahre Zeit gewesen zu ermitteln, wie viele Betriebe betroffen sind und wie weit eine solche Regelung überhaupt greift. Wir haben gehört, dass ein solches Verbot durchaus die Existenz der Betriebe gefährden kann und zu Entschädigungen führen wird. Auch hierfür wäre es wichtig gewesen, welche finanziellen Auswirkungen das für den Hamburger Hauhalt hätte; auch dazu konnten Sie nichts sagen.
Überhaupt nicht nachvollziehbar ist für uns in diesem Punkt – erst recht nicht nach den Einlassungen von Herrn Capeletti eben –, warum hier nicht das Instrument des Vertragsnaturschutzes gewählt wurde, wenn man immer den kooperativen Ansatz lobt. Jetzt kommen Sie mit der gesetzlichen Keule, mit dem bußgeldbewährten Verbot, reden aber gleichzeitig stets nur vom kooperativen Ansatz. Was wollen Sie denn noch für Gespräche führen, wenn das erst einmal im Gesetz steht?
Schließlich kann das Ziel, einen Biotopverbund im Umfang von 15 Prozent der Landesfläche zu schaffen, auch aus unserer Sicht nur als realistisch angesehen werden, wenn klar ist, in welchem Umfang dieser Verbund jetzt schon gesichert ist und welche Flächen der Senat künftig einbeziehen will. Doch auch dieses konnte der Senat bislang nicht darstellen. Deswegen ist es aus unserer Sicht auch in diesem Punkt zu früh, jetzt schon diese 15 Prozent festzuschreiben. Der Senat muss hier nachbessern, er muss die offenen Fragen beant
worten und dann kann die Bürgerschaft später auch eine entsprechende Regelung beschließen.
Ich komme zum zweiten Punkt, den Naturschutzgebieten. Aus unserer Sicht ist es gerade bei Naturschutzgebieten im Interesse einer qualifizierten Flächenkritik neben der eigentlichen Unterschutzstellung entscheidend, dass auch Pflege- und Entwicklungspläne aufgestellt werden. Die im Koalitionsentwurf enthaltene Kann-Vorschrift reicht aus unserer Sicht zur Sicherstellung einer solchen Flächenkritik nicht aus. Wir wollen, dass nicht nur die Möglichkeit besteht, Pflege- und Entwicklungspläne aufzustellen, sondern wir wollen, dass dies zumindest für die Naturschutzgebiete auch zur Regel wird.
Der dritte Punkt ist die Kennzeichnung von Naturschutzgebieten, nationalen Naturmonumenten, Landschaftsschutzgebieten und Naturdenkmälern. Der Koalitionsentwurf strebt hier eine Regelung an, die deutlich hinter dem Bundesnaturschutzgesetz zurückbleibt. Dieses schreibt nämlich vor, dass Schutzgebiete zu kennzeichnen sind. Im vorliegenden Hamburger Gesetzesentwurf – Herr Kerstan fragte eben, wie wir uns den Naturschutz vorstellen – ist stattdessen nur eine Kann-Vorschrift enthalten. Das ist eine typische Abweichung und Verschlechterung. Wir meinen, dass Bürger sofort erkennen müssen, wo ein Schutzgebiet beginnt und wo nicht, gerade mit Blick auf die zahlreichen Gebote und Verbote, die dort gelten. In diesem Zusammenhang erinnere ich an unseren Antrag, der erst in der letzten Sitzung von Ihnen abgelehnt wurde, die Naturschutz- und Landschaftsschutzgebietskarten im Internet zu veröffentlichen. Es war ein regelrechter Offenbarungseid, dass die Behörde im Ausschuss einräumen musste, sie könne selbst nicht genau sagen, wo die einzelnen Landschaftsschutzgebiete beginnen, und es sei ein Riesenaufwand für sie, das herauszufinden. So geht das nicht, es muss klar sein, wo was gilt, gerade mit Blick auf die vielen Gebote und Verbote.
Bei unserem vierten Punkt geht es um den Naturschutzrat. Dies ist eine sehr sinnvolle Einrichtung, über deren Arbeit man aber nur sehr wenig weiß. Es wird darauf verwiesen, dass irgendwelche Berichte herauskämen, aber offiziell werden sie nicht veröffentlicht und – das ist ein sehr entscheidender Unterschied – sie werden nicht veröffentlicht als Drucksache hier im Haus. Es besteht nicht die Möglichkeit, dass sich der Umweltausschuss mit diesen Berichten beschäftigt. Deswegen meinen wir, dass wir es dem Naturschutzrat schuldig sind, uns im Umweltausschuss mit seinen Ergebnissen und Empfehlungen auseinanderzusetzen. In der
Sachverständigenanhörung wurde dieser Punkt von den Naturschutzverbänden sehr begrüßt.
Soviel an dieser Stelle zu unserem Zusatzantrag. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! 78 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher lehnen gentechnisch veränderte Lebensmittel ab. Für gentechnikfreie Lebensmittel gibt es daher einen großen Markt. Die Landwirte in der Region haben kein Interesse daran, dass gentechnisch veränderte Organismen in den Äckern und Feldern der Region ausgebracht werden. Wenn wir die Landwirtschaft in der Region fördern wollen, dann müssen wir dafür sorgen, dass die Region frei bleibt von gentechnisch veränderten Pflanzen und Produkten.
Meine Damen und Herren! Es ist deshalb gut, dass alle Fraktionen in der Bürgerschaft den Senat aufrufen, Konzepte und Initiativen zur Schaffung gentechnikfreier Zonen, zum Beispiel das Konzept der Initiative für eine gentechnikfreie Metropolregion Hamburg, zu unterstützen und außerdem im Rahmen der Kampagne "Aus der Region – Für die Region" die Vermarktung gentechnikfreier regionaler Produkte zu fördern und für die Kennzeichnung "Ohne Gentechnik" zu werben. Die Landwirte und Gärtner in der Metropolregion haben bei uns für diese Initiative geworben, denn selbst die großen Supermarktketten wie Edeka, Rewe oder Metro verlangen von den Erzeugern schriftliche Erklärungen, dass ihre Ware gentechnikfrei ist.
Aber mit solchen Erklärungen ist es nicht getan. Wenn sich herausstellen sollte, dass doch gentechnisch veränderte Ware im Regal liegt, obwohl das ausgeschlossen wurde, drohen den Lieferanten letztlich hohe Schadensersatzforderungen, Ersatzansprüche für Kosten zur Analyse, Rückholung und Entsorgung der Waren, vor allem aber die Auslistung bei den Ketten und das Lieferverbot an den Großhandel. Den Schaden übernimmt keine Versicherung. Gentechnik in der Gemüsekiste ist das Aus für jeden Gemüsebauern oder für jeden anderen Erzeuger, der versprochen hat, gentechnikfreie Ware zu liefern.
Wirklich sicher vor Schadensersatzansprüchen kann ein Landwirt nur dann sein, wenn auch die Nachbarn ihre Felder und Pflanzen von gentechnisch veränderten Organismen frei halten. Die Gefahr einer unkontrollierten Ausbreitung von Samen oder Pollen, wir haben es eben schon gehört, ist groß, das gilt natürlich auch bei gentechnisch veränderten Pflanzen. Versuchen Sie einmal, einer
Biene zu erklären, dass sie nur 300 Meter weit fliegen darf, um keine genveränderten Pollen aufzunehmen.
Das Gleiche gilt für den Wind, der seinen Teil dazu beiträgt. Eine Koexistenz von Grüner Gentechnik auf dem einen Acker und gentechnikfreiem Anbau nebenan funktioniert nicht.
Darum finden wir es bedauerlich, dass CDU und GAL noch nicht bereit waren, wenigstens vom Senat prüfen zu lassen, inwieweit über Klauseln in Pachtverträgen über städtische Flächen sichergestellt werden kann, dass auf den gepachteten Flächen nur gentechnikfrei gearbeitet werden darf. Das hatte die SPD-Fraktion in ihrem Antrag, dem ersten der drei Anträge, vorgeschlagen und das würde für Landwirte, die gentechnikfrei arbeiten wollen, noch größere Sicherheit schaffen. Warum es nicht möglich sein soll, diesen Punkt wenigstens zu prüfen, ist uns unverständlich.
Es scheint mir, dass sich die CDU hier noch ein Schlupfloch offenhalten will. Die Aussagen von Herrn Capeletti hörten sich auch ganz danach an.
Die CDU steht der Gentechnik ohnehin etwas wohlwollender gegenüber. Die Bundesforschungsministerin Annette Schavan befürwortet die Gentechnik und lässt gerade eine Strategie zur Förderung der Gentechnik in Forschung und Anwendung erarbeiten. Das heißt für uns im Klartext, dass die CDU auf Bundesebene aus Steuergeldern das Lobbykonzept für Agrogentechnik bezahlt, die von der Bevölkerung abgelehnt wird. Darum will man sich aus Gründen der Koalitionsräson in Hamburg auch nicht allzu stark gegen die Grüne Gentechnik positionieren.
Aber ich möchte in dem Zusammenhang noch einmal an das erinnern, was wir in der Expertenanhörung gehört haben. In den USA und in Kanada gibt es praktisch keine gentechnisch freien landwirtschaftlichen Produkte mehr, weil sich künstlich verändertes Genmaterial überall ausgebreitet hat. Das gilt für Mais, Raps, Soja, aber auch Baumwolle. Landwirte und Verbraucher haben dort keine Wahl mehr. Das wollen wir hier nicht und auch die Verbraucher und Landwirte wollen das mehrheitlich nicht.
In unserer Region ist die Landwirtschaft eng verbunden mit dem Tourismus. Und auch in diesem Zusammenhang gilt die Bezeichnung "gentechnikfrei" schon als Prädikat; das wollen wir nutzen und nicht zerstören. Insofern finden wir es auch bedauerlich und verwunderlich, dass nur wir als Bürgerschaft alle Wirtschaftsbeteiligten ermutigen, sich freiwillig zu einem Verzicht auf den Einsatz von
gentechnisch veränderten Produkten zu verpflichten. Der Senat wollte sich offenbar nicht auffordern lassen, selbst aktiv für eine entsprechende freiwillige Selbstverpflichtung zu einer gentechnikfreien Metropolregion zu werben. Auch das war eine Forderung im von der SPD-Fraktion zuallererst vorgelegten Antrag.
Meine Damen und Herren! Wir fanden einen Konsens wichtig und deshalb haben wir einige unserer Forderungen nicht aufgegeben, aber zurückgestellt. Sie können aber sicher sein, dass die SPDFraktion darauf achten wird, dass der Senat diesen breiten bürgerschaftlichen Konsens in die Tat umsetzt und nicht etwa heimlich unterläuft. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir setzen im Prinzip die Wohnungsbaudebatte von vorhin fort am besonderen Beispiel der SAGA GWG. Das ist auch richtig so, denn als Vermieterin jeder fünften Mietwohnung in Hamburg könnte die SAGA GWG eine Schlüsselrolle für die Hamburger Stadtentwicklungs- und Wohnungspolitik haben, wenn man sie denn dafür nutzen würde. Wenn wir feststellen, dass in Hamburg seit dem Jahr 2001 viel zu wenige Wohnungen gebaut wurden – und das kam bei allen Rednern immer wieder vor –, dann liegt das auch daran, dass die Stadt mit ihrem Wohnungsbauunternehmen SAGA GWG nicht mit gutem Beispiel vorangeht.
Es ist sogar so schlimm, dass bei SAGA GWG der mickrige Neubau – die Zahlen haben wir gehört, 36 Wohneinheiten im Jahr 2007, 82 im Jahr 2008 und Herr Becker sagte, glaube ich, 17 im letzten Jahr – noch nicht einmal den Abgang an Wohnraum durch Abriss kompensiert, vom Verkauf ganz zu schweigen. Allerdings wäre es falsch, hierfür allein den Vorstand und das Unternehmen selbst verantwortlich zu machen, denn die SAGA GWG ist Instrument der städtischen Wohnungspolitik und
richtet sich letztlich nach den politischen Vorgaben des Senats. Wenn das Unternehmen SAGA GWG nach Haushaltslage geschröpft wird, darf man sich nicht wundern, wenn am Ende das Geld für den Wohnungsbau fehlt.
Durch die Abführung von Mitteln der SAGA GWG an die Stadt wurde die Investitionskraft des Unternehmens geschwächt. Noch bis 2011 muss die SAGA GWG jährlich 100 Millionen Euro zur Finanzierung des Sonderinvestitionsprogramms abführen und wird nun mit weiteren 15 Millionen Euro im Rahmen des Sparprogramms des Senats herangezogen. Wir wollen, dass SAGA GWG als städtisches Wohnungsbauunternehmen seinem Auftrag, preisgünstigen Wohnraum für die Menschen in Hamburg zu schaffen, in den kommenden Jahren endlich wieder nachkommt und sich auch in einem Umfang am Wohnungsbau beteiligt, wie er der Unternehmensgröße angemessen ist; die 1000 Wohnungen hat Herr Grote vorhin schon erwähnt.
Das heißt aber auch, dass dem Unternehmen genügend Eigenkapital bleiben muss, um diesen Wohnungsbau finanzieren zu können. Insofern muss es von Abführungen in einer Höhe verschont bleiben, die den notwendigen Mitteln für den Neubau von Wohnungen entspricht. Es fehlt aber nicht nur am Geld, auch das haben wir vorhin schon gehört; ich glaube, Herr Hamann hatte es angesprochen, es war schon erstaunlich, dass er das so freimütig sagte. Es fehlt auch an den Grundstücken, an geeigneten Flächen, um überhaupt Neubauvorhaben realisieren zu können. Es ist doch wirklich erstaunlich, dass der Senat auf eine Anfrage der LINKEN einräumt, dass seit 2005 an SAGA GWG kein einziges städtisches Grundstück für den Wohnungsbau verkauft wurde. Da muss man ansetzen, man muss das Unternehmen unterstützen, es in die Lage versetzen, wirklich auch Wohnungsbau betreiben zu können. Wenn die Stadt dem Unternehmen nicht den Rücken stärkt und auch Grundstücke bereitstellt, dann wird daraus nichts.
Es sind letztlich immer wieder die politischen Vorgaben, die die Geschäftspolitik von SAGA GWG bestimmen. Das gilt auch für das Ziel, SAGA GWG zu einem beispielhaften Unternehmen in Sachen energetisch vorbildlichen Wohnungsbaus weiterzuentwickeln. Wenn ab dem 1. Januar 2012 bei der Neubauförderung das Passivhaus als Mindeststandard vorgesehen werden soll, dann gilt das letztendlich auch für die SAGA GWG. Ich weiß nicht, ob dieses Ziel nicht möglicherweise am Bedarf vieler SAGA-GWG-Mieter vorbeigeht. Energetische Anforderungen sind ganz sicher zu unterstützen, aber mit Augenmaß. Ebenso sind Anforderungen an Qualität gutzuheißen, aber solche Anforderungen dürfen nicht dazu führen, dass das quantitative Ziel weiterhin nicht erreicht wird.
SAGA GWG soll breite Schichten der Bevölkerung mit günstigem Wohnraum versorgen, mit preisgünstigen Mieten soll das Unternehmen als Regulativ am Wohnungsmarkt wirken. Diese Rolle droht das Unternehmen zu verlieren, wenn die Unternehmenspolitik nicht endlich neu ausgerichtet wird. Deswegen werden wir dem Antrag der LINKEN zustimmen. Das Unternehmen darf nicht länger der Goldesel des Senats zur Finanzierung von Wahlversprechen sein und hätte es auch nie sein dürfen. – Ich danke Ihnen.
Wenn ich dürfte, könnte ich jetzt durchaus auch sehr lange reden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion begrüßt ausdrücklich die Gründung von HAMBURG ENERGIE als städtisches Unternehmen, daran wollen wir keinen Zweifel aufkommen lassen.
Wir haben in unserem Regierungsprogramm zur letzten Wahl in Hamburg angekündigt, dass wir unter Einbeziehung der Konzessionsverträge für das Hamburger Gas-, Fernwärme- und Stromleitungsnetz die Gründung eines kommunalen Stadtwerkes betreiben werden. Aus unserer Sicht ist die Gründung von HAMBURG ENERGIE ein erster Schritt auf diesem Weg. Bislang ist es aber tatsächlich nicht mehr als ein erster Schritt, denn HAMBURG ENERGIE ist, wie wir heute bereits mehrfach gehört haben, nur ein Stromhändler. Wird das Unternehmen künftig auch zu einem Energieversorger oder sogar zu einem Stadtwerk, wie wir es uns vorstellen?
Die erste These des HAMBURG-ENERGIE-Manifests lautet:
"Hamburg braucht einen Neuanfang bei der Energieversorgung."
Dem stimmen wir vorbehaltlos zu. Frau Weggen hat heute noch einmal wiederholt, dass HAMBURG ENERGIE allen Hamburger Haushalten ei
ne weitere Alternative bietet, klimafreundlichen Strom zu beziehen. Ist es nur das, worum es geht? Brauchen wir wirklich einen weiteren Ökostromanbieter? Hat es da bisher an Wettbewerb gemangelt? Bestimmt nicht. Ziel muss es sein, Energie nicht nur frei von Kohle und Atomstrom zu liefern, sondern ein integriertes Energieversorgungsunternehmen für die Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger zu schaffen; das wäre ein wirklicher Neuanfang.
Ein zentraler Punkt hierfür ist aus unserer Sicht die Übernahme der Strom-, Gas- und Fernwärmenetze zum 1. Januar 2015. Ein erster Schritt zu diesem Ziel wäre die Übernahme der öffentlichen Beleuchtung und ihres eigenen Netzes bereits zum 1. Januar 2013.
Wir wollen kein Zurück zu den HEW. Frau Senatorin, stellen Sie sich vor, Sie müssten heute in dem Aufsichtsrat eines Unternehmens sitzen, das mehrere Atomkraftwerke betreibt; da müssten Sie uns doch direkt dankbar für den HEW-Verkauf sein.
Was uns aber fehlt, Frau Senatorin, ist die Perspektive für das Unternehmen. Wo soll HAMBURG ENERGIE in fünf oder zehn Jahren stehen? Wird HAMBURG ENERGIE Leitungsnetze übernehmen?
Zu dieser Frage haben wir heute Interessantes gehört: Es kann sein, es muss nicht sein, man ist sich offensichtlich nicht einig. Herr Kruse sprach von Stadtwerken 2.0, das hörte sich mehr nach Stadtwerken light an. Zwischen den Koalitionspartnern scheint es keine klare Linie zu geben.
Ja, jetzt problematisieren Sie das so.
Wir haben jedenfalls keine eindeutige Antwort auf unsere Frage bekommen. Mal heißt es, der Senat sei noch in der Prüfungsphase, ein anderes Mal, er habe sich noch gar nicht mit dieser Frage befasst. Für uns gehört eine Rekommunalisierung der Netze zu einem erfolgreichen Stadtwerk zwingend dazu und erst recht, wenn Hamburg seine Energieversorgung selbst bestimmen soll, wie es im Manifest so schön heißt.
Wenn auch die Übernahme erst in einigen Jahren ansteht, dürfen die Entscheidungen darüber nicht auf die lange Bank geschoben werden, sondern müssen bereits jetzt konkret vorbereitet werden.
Es gibt weitere Fragen. Welche Rolle soll HAMBURG ENERGIE beispielsweise bei der Elektromobilität spielen, bei der Landstromversorgung oder der Stromversorgung für die Stadtbahn? Hier tun sich große Chancen auf, um HAMBURG ENERGIE wirklich zu einem Energieversorger für
die ganze Stadt zu machen. Nutzen Sie diese Chance, Frau Senatorin.
Die GAL bezeichnet HAMBURG ENERGIE als einen Meilenstein für die klimafreundliche Energieversorgung Hamburgs und appelliert an die Hamburgerinnen und Hamburger, zu HAMBURG ENERGIE zu wechseln, denn je mehr Verbraucher Kunden bei HAMBURG ENERGIE werden, desto mehr regenerative stadteigene Energieerzeugungsanlagen werden in Hamburg und Umgebung gebaut. Das ist richtig.
Wir unterstützen HAMBURG ENERGIE. Ich habe mich ebenfalls entschlossen, privat und auch mit dem Abgeordnetenbüro zu HAMBURG ENERGIE zu wechseln.
Wir als SPD können nur jedem empfehlen, sich diesem Beispiel anzuschließen. Aber was macht die Stadt? Geht sie mit gutem Beispiel voran? Wir haben von Frau Senatorin Hajduk gehört, dass man einen Wechsel in Erwägung ziehe und wir uns keine Sorgen machen sollten. Aber dank des schwarzen Vorgängersenats mit seinem als ÖkoBürgermeister gepriesenen Mann an der Spitze wurden noch kurz vor der Wahl die Verträge mit Vattenfall verlängert, was einen Wechsel frühestens im Jahr 2011 möglich macht.
Ich komme zum Schluss. Die Gründung von HAMBURG ENERGIE ist richtig, aber darauf darf sich die Stadt jetzt nicht ausruhen. Entwickeln Sie eine Perspektive für ein Stadtwerk, Frau Senatorin, sagen Sie ja zur Übernahme der Leitungsnetze, schließen Sie die ganze Stadt an, damit HAMBURG ENERGIE mehr wird als eine bloße grüne Streicheleinheit für das Ja zu Moorburg. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zum Thema Elektromobilität fiel mir als Erstes das Thema S-Bahn nach Ahrensburg ein, aber dazu wollen Sie heute sicherlich nichts hören.
Worum geht es? 115 Millionen Euro hat die Bundesregierung aus dem Konjunkturprogramm 2 bereitgestellt, um gezielt Mittel zur Erprobung und Marktvorbereitung von Elektrofahrzeugen bis 2011 einzusetzen. Hamburg wurde Anfang letzter Woche als eine von acht Regionen ausgewählt. Sie feiern das als großen Erfolg, es wäre auch peinlich gewesen, wenn Hamburg nicht dabei gewesen wäre, denn wenn man sich ansieht, wer sonst noch dabei ist, große Ballungsräume wie Berlin oder München, dann wäre es ein Armutszeugnis gewesen, wenn Ihre Behörde, Frau Senatorin, diese Bewerbung versemmelt hätte.
Elektromobilität, also elektrisch angetriebene Fahrzeuge anstelle solcher mit Verbrennungsmotoren, bieten zahlreiche Potenziale zur Erreichung der verschiedensten politischen Ziele.
Der Nationale Entwicklungsplan Elektromobilität der Bundesregierung nennt folgende: zum einen den Klimaschutz. Elektromobilität könne einen wesentlichen Beitrag zur Verringerung der CO2-Emissionen im Verkehrssektor leisten; erhebliche Klimavorteile, wir haben es eben schon gehört, werden aber erst dann erreicht, wenn der Strom aus
anderen Quellen als aus fossilen Energieträgern stamme.
Zweitens: Sicherung der Energieversorgung. Fahren mit elektrischem Strom könne unsere Abhängigkeit vom Öl vermindern.
Drittens: Ausbau des Technologie- und Industriestandortes. Deutschland könne zum Leitmarkt für Elektromobilität werden und der deutschen Wirtschaft einen neuen Innovationsschub bringen. Die Automobilindustrie sei eine der wichtigsten Exportbranchen der deutschen Wirtschaft und die Elektromobilität solle einen Beitrag dazu leisten, dass es dabei bleibe.
Viertens: Verringerung lokaler Emissionen. Elektrofahrzeuge könnten die Städte von Schadstoffen, Feinstaub und Lärm befreien und so die Lebensqualität erhöhen.
Fünftens: ein Thema, das vielleicht etwas komplizierter ist, die Integration der Fahrzeuge in das Stromnetz. Batteriefahrzeuge würden zur Verbesserung der Effizienz der Netze beitragen und förderten den Ausbau der erneuerbaren Energien.
Sechstens: Stichwort neue Mobilität. Elektrofahrzeuge könnten ein Baustein für intelligente Mobilitätskonzepte der Zukunft sein. Man hörte es eben bei Frau Gregersen, sie bieten die Chance, dass die Grünen sich eines Tages mit dem Autoverkehr versöhnen.
Das umweltpolitische Potenzial der Elektromobilität hängt entscheidend von der Form der Stromerzeugung ab sowie der Marktdurchdringung dieser Fahrzeuge im Personenverkehr. Feldversuche unter Alltagsbedingungen, so wie sie jetzt stattfinden sollen, liefern wichtige Erkenntnisse bezüglich der Technologiereife des Antriebs, des Energiebedarfs der Fahrzeuge und auch der Akzeptanz bei den Nutzern.
Es lohnt sich, gemeinsam dafür zu arbeiten, dass Deutschland zum Marktführer für moderne Antriebstechnologien wird, wir sind dabei.
Noch in diesem Jahr, so steht es in der Pressemitteilung des Senats vom 2. Juni 2009, werde die Stadt in den Bereichen Bus, PKW, Lieferfahrzeuge und Schiene die notwendige Infrastruktur aufbauen. In einer ersten Ausbaustufe wolle man im öffentlichen Raum bis zu 100 Ladesäulen, also Stromtankstellen, errichten. Ich halte das für ein ehrgeiziges Ziel, denn wenn man bedenkt, dass Hamburg es bis heute nicht geschafft hat, die elektronisch etwas aufgemotzten Fahrradbügel in der Stadt aufzustellen für das öffentliche Fahrradleihsystem, das immer wieder verschoben wurde, dann könnten sich ähnliche Probleme auch bei den Stromtankstellen abzeichnen. Wir erwarten,
dass der Aufbau des Ladesäulennetzes nicht zu einem ebensolchen Fiasko wird wie die Einführung des Projekts Stadtrad. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es sind ein paar Dinge gefallen, die so hier nicht stehen bleiben können. Wenn Sie sagen, die SPD würde das schlechtreden, was wir vorhaben
das ist so ähnlich aber von Frau Gregersen gesagt worden –, dann ist das absolut falsch.
Die SPD-Fraktion steht voll und ganz hinter dem Projekt S 4, aber wir haben erhebliche Zweifel an Ihrer Ernsthaftigkeit.
Wenn Sie sagen, Sie wollen für Rahlstedt Verbesserungen schaffen und das Projekt S 4 vorantreiben, es dauere zwar ein bisschen, aber es müsse unbedingt alles besser werden, dann frage ich Sie, warum Sie im November, als wir den Antrag zum Regionalexpresshalt in Rahlstedt zur Abstimmung gestellt haben, dagegen gestimmt und sich ausdrücklich gegen Verbesserungen auf der Linie R 10 für die Rahlstedter ausgesprochen haben. Es wäre eine kurzfristig zu realisierende Maßnahme gewesen und man hätte einen Zug pro Stunde zusätzlich – das sind immerhin 50 Prozent – an Verbindungen in die Hamburger Innenstadt gehabt.
Ich bin ganz Ohr.
Ich glaube schon, ziemlich genau Bescheid zu wissen über das Thema S 4 und was in den letzten 20, 30 Jahren da passiert ist.
Es hat bislang kein einziges Planfeststellungsverfahren für eine S-Bahn gegeben, da irren Sie sich. Es gab eine Untersuchung über die Machbarkeit einer S-Bahn, die im Zusammenhang mit der Aufhebung der schienengleichen Bahnübergänge in Auftrag gegeben wurde und die schon Ende der Achtzigerjahre zum Ergebnis kam, dass eine S-Bahn machbar und sinnvoll sei. Seitdem wird bei der Aufhebung aller Bahnübergänge in Wandsbek der spätere Ausbau zu einer S-Bahnstrecke bereits planerisch berücksichtigt. Der Rechnungshof hat übrigens kritisiert, dass da schon Mehrausgaben anfallen.
Ich war bei der Ernsthaftigkeit Ihres Antrags. Wir hatten den Regionalexpresshalt vorgeschlagen, da haben Sie nein gesagt. Sie werfen in Ihrem Antrag die Frage auf, wie und ob nach Oldesloe die Strecke verlängert werden könnte. Das zeugt ebenfalls von großer Unwissenheit, weil genau das Gegenstand der Machbarkeitsstudie der S-Bahn Hamburg GmbH war. Sie tun so, als wäre dieses Ergebnis nicht mehr gültig und als müsste man ganz von vorne anfangen. Das ist das Problem bei dem Thema. Alle paar Jahre fängt man wieder von vorne an und genau das tun Sie.
Frau Gregersen, wenn Sie in der Zeitung zitiert werden, in drei bis vier Jahren könne der erste Spatenstich sein – Sie haben nicht widersprochen –, dann ist Ihr heutiger Antrag wirklich überflüssig.
Damit komme ich zum Schluss. Das, was die "Ahrensburger Zeitung" in einem Kommentar zum Schluss schrieb, trifft genau den Punkt. Sie schrieb nämlich:
"Allein der Antrag, man möge mal wieder Gespräche führen, darf nicht als politischer Erfolg verkauft werden."
Genau das tun Sie jetzt und das kritisieren wir; wir kritisieren nicht das Projekt. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Ziel ist klar. Die Fraktionen sind sich darüber einig, dass bei der endgültigen Herstellung und dem Ausbau von Straßen die Anliegerinnen und Anlieger mehr als bisher beteiligt werden sollen. Ihnen soll die Planung vorgestellt werden, sie sollen die Möglichkeit zur Stellungnahme bekommen, sie sollen auch über die voraussichtlichen Kosten und Beiträge, die sie zu bezahlen haben, frühzeitig informiert werden. Kurz: Es geht um einen besseren Informationsfluss und es geht darum, auf diese Weise bei den Anliegerinnen und Anliegern mit den Straßenbaumaßnahmen auf mehr Akzeptanz zu stoßen.
Derzeit wird es in den Bezirken sehr unterschiedlich gehandhabt und häufig nicht zufriedenstellend; das haben wir eben schon gehört. Hier soll es zukünftig ein praktikables Verfahren geben, das für die gesamte Stadt gilt. Für uns ist aber auch wichtig – wir haben es im Stadtentwicklungsausschuss schon gesagt –, wir wollen nicht, dass die neue Form der Anliegerbeteiligung hinter dem zurückbleibt, was einige Bezirke bereits für sich als sinnvoll erkannt haben und auch bereits praktizieren.
Dass wir heute überhaupt über eine derart weitreichende Anliegerbeteiligung reden, haben Sie, liebe CDU und GAL, uns zu verdanken, wenn man das einmal so sagen darf.
Das können wir gerne ganz breit auswälzen, Herr Hesse.
Der mickrige Antrag, den Sie im Sommer vorgelegt haben, der Grundlage für die folgende Ausschussberatung war, war wirklich nicht das Papier wert, auf dem er steht. Wir haben mit unserem im September vorgelegten geänderten Petitum im Ausschuss die Diskussion über eine bessere Anliegerbeteiligung eröffnet und damit unseren Teil dazu beigetragen, dass wir heute so weit sind wie wir sind.
Erste Vizepräsidentin Barbara Duden (unterbre- chend): Herr Buschhüter, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Hesse?
Ich bin ganz Ohr, was da kommt.
Nein.
Was für eine wunderbare Frage, ich kann ausdrücklich nein sagen. Schauen Sie doch einmal ins Protokoll. Im Ausschuss haben Sie selbst das Petitum Ihres Antrags damit gerechtfertigt und uns zur Zustimmung bewogen, da sich die beiden Petiten ja kaum unterscheiden würden. Wie können Sie denn jetzt sagen, dass das, was wir damals aufgeschrieben haben, mit dem, was wir heute haben, überhaupt nichts zu tun habe. Sie widersprechen sich selbst.
Ihr damaliger Antrag, mit dem Sie versucht haben, eine Beruhigungspille in die Stadt zu geben, war nichts. Was soll das denn heißen, gemeinsam mit den Bezirken darzustellen, welche Straßen mit welchen Maßnahmen hergestellt werden müssen? Das ist doch lächerlich. Wir sind uns einig, dass das, was jetzt als Petitum dazukommt, sehr viel konkreter ist und uns weiterbringt.
Der Straßenbau soll ökologischer, kosten- und flächensparend werden. Doch es geht auch darum, wie die endgültige Herstellung der noch ausstehenden 1300 Straßen schneller bewerkstelligt werden kann. Sie meinen, dass man das mit Anreizsystemen hinbekomme und mit der verstärkten Vergabe an externe Ingenieurbüros – so weit, so gut. Sie sagen nichts dazu, dass auch solche Straßenbaumaßnahmen erst einmal vorfinanziert werden müssen. Auch externe Ingenieurbüros können das, was sonst die Bezirksämter machen, nicht vollständig ersetzen, ganz abgesehen davon, dass die Bezirksämter in den meisten Fällen auch jetzt schon den Landesbetrieb oder externe Büros beauftragen. Sie tun so, als mangele es ausschließlich an der Motivation der Bezirksämter und der Mitarbeiter, schneller zu arbeiten und als müssten die nur einen Zahn zulegen. Ich halte das für Unfug. Die Bezirke haben schon jetzt ein Interesse daran, Straßen endgültig herzustellen, denn neue Straßen verursachen nur einen Bruchteil der Unterhaltungskosten von alten Straßen und auch bei diesen Mitteln werden sie bekanntlich an der kurzen Leine gehalten. Wenn es schneller gehen soll, dann kommt man um mehr Personal nicht herum, dann müssen mehr Mittel zur Vorfinanzierung bereitgestellt werden. Um diese Fragen drücken Sie sich aber.
Ich muss an dieser Stelle auch einmal an das erinnern – Sie sagten eben, wie lange Sie schon dabei seien, dann müssten Sie das noch in guter Erinnerung haben –, was die Bürgerschaft vor ziemlich genau vier Jahren einstimmig beschlossen hat und auch damals auf Initiative der SPD-Fraktion. Da wurde der Senat ersucht, für Anliegerinnen und Anlieger eine Anlaufstelle einzurichten, die Fragen zum Verfahren, zu den Baumaßnahmen und zu den Erschließungs- und Ausbaubeträgen beantworten sollte. Es sollte sichergestellt werden, dass die Anlieger in jedem Einzelfall im Vorwege über die geplanten Maßnahmen informiert und entsprechend zur jeweiligen Informationsveranstaltung eingeladen werden. Mir kommt das alles sehr bekannt vor.
Dass wir heute erneut über dieses Thema sprechen, gar eine gesetzliche Regelung für die Information und Beteiligung der Anlieger fordern, hat viel damit zu tun, dass der Senat und die Behörde die damaligen Forderungen der Bürgerschaft nicht umgesetzt haben.
Nun wird der Senat erneut ersucht, aktiv zu werden. Eine Frist wird ihm dafür nicht gegeben. Ihre heutige Euphorie – wenn Herr Becker gleich redet, wie angekündigt, dann kann ich mir vorstellen, dass noch mehr Euphorie kommt als bei Herrn Hesse eben – kann sich allenfalls darauf beziehen, dass wir heute alle einer Meinung sind.
Offenbar.
Was macht Sie aber so sicher, dass der Senat diesmal die Forderung der Bürgerschaft umsetzen wird, etwa der Umstand, dass die Behördenleitung nicht mehr von der CDU gestellt wird?
Wir werden der Ausschussempfehlung zustimmen, doch ob mit der Anliegerbeteiligung wirklich ein großer Schritt nach vorne gemacht wird, so wie Sie es hier verkünden, werden wir erst wissen, wenn der Senat seinen Gesetzesentwurf vorlegt. Mit dem Thema sind wir noch lange nicht durch. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ende Mai – wir haben es schon gehört – hat der Deutsche Bundestag mit den Stimmen der Großen Koalition der Teilprivatisierung der Bahn zugestimmt. Wir Sozialdemokraten haben lange um den richtigen Weg gerungen und viele haben uns nicht zugetraut, in dieser schwierigen Frage zu einer Lösung zu kommen. Wir haben es doch geschafft und ein echtes Zukunftskonzept für die Bahn auf den Tisch gelegt. Dabei haben wir uns immer von folgenden Zielen leiten lassen. Erstens: Wir wollen mehr Verkehr auf die Schiene bringen. Zweitens: Wir wollen ein in Europa auch zukünftig wettbewerbsfähiges Unternehmen Deutsche Bahn AG. Und drittens: Wir wollen, dass die 230 000 Beschäftigten – über die wurde heute nämlich noch gar nicht gesprochen – der Deutschen Bahn AG einen sicheren Arbeitsplatz bei anständiger Bezahlung haben.
Wie soll die Bahnprivatisierung nun erfolgen? Die meisten Details sind bekannt. Ich glaube ein Punkt ist angesichts der vielen Modelle, die im Vorfeld diskutiert wurden, gar nicht häufig genug zu betonen: Das Wichtigste ist: Der Bereich der Infrastruktur, das heißt die Schienen, die Bahnhöfe und die Energieversorgung, bleibt in der Hand des Bundes, und zwar zu 100 Prozent. Private bleiben außen vor. Sie werden nur an der Verkehrs- und Logistiksparte beteiligt und auch dort nur zu maximal 24,9 Prozent. Diese Grenze ist für uns Sozialdemokraten nicht verhandelbar. Auf diese Weise stellen wir sicher, dass der Einfluss auf die Unternehmenspolitik der Bahn AG auf jeden Fall allein beim Bund bleibt. Wir sind überzeugt davon, dass die Bahn, die in den letzten 15 Jahren auf eine Erfolgsgeschichte zurückblicken kann, für private Investoren deshalb nicht weniger interessant ist. Die Deutsche Bahn AG ist eines der größten, wichtigsten und bedeutendsten Eisenbahnlogistikunternehmen europaweit, wenn nicht sogar weltweit.
Entscheidend ist für uns aber auch: Mit diesem Teilprivatisierungsmodell wird der integrierte Kon
zern erhalten und damit auch der konzerninterne Arbeitsmarkt.
Ein Beschäftigungssicherungsvertrag schließt betriebsbedingte Kündigungen für 15 Jahre, das heißt bis 2023 aus. Für die Sozialdemokraten ist dies ein entscheidender Aspekt.
DIE LINKE wirft nun die Frage auf, welche Auswirkungen die Teilprivatisierung der Bahn auf Hamburg hat. Da wird zuerst das aus meiner Sicht scheinbare Problem angesprochen, dass Hamburg 1996 Zuschüsse zur Anschaffung der neuen SBahnzüge geleistet hat. Diese gehören der S-Bahn GmbH und die ist Teil der Teilprivatisierung. Ich frage mich aber, wo das Problem ist. Sie haben selbst angesprochen, dass die Fahrzeuge wegen der technischen Eigenart des Systems nirgendwo anders eingesetzt werden können als in Hamburg. Insofern ist es gar nicht denkbar, dass die Bahn auf die Idee kommt, die Fahrzeuge abzuziehen und woanders einzusetzen. Die Hamburger kommen also auch weiterhin voll und ganz in den Genuss der Züge, die Hamburg mit Steuergeldern mitfinanziert hat.
Sie haben in Ihrer Rede den Verkehrsvertrag sehr kritisiert. Trotzdem müssen wir festhalten, dass der nun einmal geschlossen ist, und zwar bis 2017. Erst dann oder – den Einschub müssen Sie mir erlauben – wenn zwischenzeitlich möglicherweise neue Strecken eröffnet werden sollten– vielleicht die S-Bahn nach Ahrensburg – und die Anschaffung zusätzlicher Fahrzeuge nötig würde, wird sich die Frage stellen, ob Hamburg vielleicht besser beraten ist – auch angesichts der Weigerungshaltung der S-Bahn, Fahrzeuge im Falle des Verlusts der Vergabe Wettbewerbern zur Verfügung zu stellen –, selbst die Fahrzeuge zu kaufen und dem jeweiligen Eisenbahnverkehrsunternehmen zur Verfügung zu stellen, so wie auch Niedersachsen das macht. Da wird man dann beizeiten gucken müssen, wie das sinnvoll zu machen ist.
Dann sprechen Sie die befürchtete Vernachlässigung der regionalen Netze an. Auch da frage ich mich ein wenig, was das unmittelbar mit der Teilprivatisierung der Bahn zu tun hat, denn das Netz wird ja nicht privatisiert. Wenn sich herausstellt, dass die bis zu 2,5 Milliarden Euro Investitionsmittel, die der Bund neben den Eigenmitteln der DB Netz AG jedes Jahr für die Erhaltung des Bestandsnetzes bereitstellen will, nicht ausreichen, dann muss politisch entschieden werden, ob weiteres Geld zur Verfügung gestellt wird oder nicht. Auf jeden Fall hat das mit der Teilprivatisierung unmittelbar nichts zu tun.
Über die vorgesehene Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung, in der die Verwendung der 2,5 Milliarden Euro geregelt werden soll, ist, soweit ich weiß, noch nicht das letzte Wort gesprochen
worden. Die Länder werden mittlerweile, nachdem der Bund zunächst etwas zögerte, an den Verhandlungen beteiligt. Das ist gut. Der Bund wäre sicherlich gut beraten, die Forderungen der Länder, denen konkrete, aber nicht immer positive Erfahrungen in der Vergangenheit zugrunde liegen, ernst zu nehmen. Der Bundestag wird auch noch über den Gesetzentwurf des Bundesrates, der einstimmig beschlossen wurde, zu beraten haben.
Was Ihnen, liebe Kollegen der LINKEN, nur schwer über die Lippen kommt, ist, dass Hamburg von der Teilprivatisierung der Bahn auch profitieren wird. Der Bund wird mindestens ein Drittel des Verkaufserlöses für ein Innovations- und Investitionsprogramm für den Schienenverkehr ausgeben. Mit dem Programm werden insbesondere lärmmindernde, energieeffizienzsteigernde und netzverbessernde Maßnahmen sowie Investitionen in Bahnhöfe finanziert. Nicht zuletzt wird Hamburg davon profitieren.
Zwei Beispiele: Mehr Verkehr, längere Züge, schnellere Züge verursachen mehr Lärm. Die Anwohner, beispielsweise an der Güterumgehungsbahn oder auch an der Strecke Hamburg-Lübeck wissen das nur zu genau. Die Lärmsanierung wird mit den Erlösen aus der Teilprivatisierung weiterentwickelt und die Umsetzung von aktivem und passivem Lärmschutz forciert. Davon wird Hamburg profitieren.
Doch der Bau von Lärmschutzwänden ist nur eine Sache. In Zukunft wird es auch darum gehen, den Lärm bereits an der Quelle zu bekämpfen, etwa durch leisere Bremsen, leisere Loks, leisere Wagengestelle, aber auch durch die Entdröhnung von Brücken und lärmminderndem Oberbau. Auch hierfür soll Geld bereitgestellt werden. Da ist noch sehr viel Forschungsarbeit zu leisten und vom Ergebnis wird Hamburg am Ende ebenfalls profitieren.
Das Wichtigste ist aber, dass gerade Hamburg mit seinem Hafen auf leistungsfähige Hinterlandanbindung angewiesen ist. Doch das Schienennetz stößt erkennbar an Kapazitätsgrenzen. Der Teilprivatisierungserlös soll deshalb nicht zuletzt in die Beseitigung von Engpässen und langsamen Fahrstrecken im Netz investiert werden. Hiervon wird der Hamburger Hafen und damit die gesamte Stadt unmittelbar profitieren. – Ich danke Ihnen.