Philipp-Sebastian Kühn
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Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich möchte die Gelegenheit nutzen, noch einmal aus Sicht der SPD-Fraktion einiges zu dem Gesetzentwurf zu sagen und vor allem zu erklären – Herr Dr. Langhein, das scheint durchaus notwendig zu sein –,
worin bei allen positiven Aspekten, die dieses Gesetz ohne Frage hat, unsere Kritikpunkte bestehen und warum wir uns letzten Endes entschieden haben, diesem Gesetz nicht zuzustimmen, wofür es gute Gründe gibt.
Richtig ist, dass der Gesetzentwurf, gerade was die Zugangsregelungen angeht, durchaus vorbildlich ist, auch im Vergleich zu dem, was andere Bundesländer in der Bundesrepublik Deutschland regeln. Ich will dort – es ist eben auch schon angesprochen worden – die Regelung für Meisterinnen und Meister beispielhaft herausgreifen, die nach dem neuen Hamburger Gesetz, wenn es denn in Kraft tritt, den Abiturienten gleichgestellt werden. Das ist ein wichtiger und guter Punkt und vor allem verbinde ich ganz persönlich damit auch die Hoffnung, wir haben darüber auch in der Ausschusssitzung gesprochen, dass ein Großteil der Meisterinnen und Meister dann eben Studiengänge gerade im technischen Bereich aufnimmt. Es ist uns allen klar, dass bereits in den kommenden Jahren, eigentlich jetzt schon beginnend, hier ein deutlicher Fachkräftemangel eintreten wird, und das kann durchaus ein Weg sein, da etwas Sinnvolles entgegenzusetzen.
Aber – und damit komme ich zu dem Punkt, warum wir uns entschieden haben, gegen dieses Gesetz zu sein – eine Ihrer simplen Logiken wird auch bei diesem Gesetz nicht aufgehen. Sie glauben nämlich, Sie haben ein Problem, schreiben ein Gesetz, beschließen es und damit ist das Problem gelöst. Gerade dieser Gesetzentwurf ist ein schönes Beispiel dafür, dass etwas, was gut gemeint ist, sich am Ende nicht in der Wirkung entfalten kann, wie man es sich eigentlich wünscht. Wenn ich den Anteil derjenigen, die ohne den klassischen Hochschulzugang ein Studium aufnehmen, signifikant erhöhen möchte, dann muss ich das auch transportieren, dann muss ich mir Kommunikationsstrategien überlegen. Auf die Frage, die ich im Ausschuss an die Senatorin gestellt habe, kam die Antwort, sie hätte Gespräche mit den Kammervorsitzenden geführt und hätte in irgendeiner Kammerzeitschrift ein Interview gegeben. Das ist nicht der Weg, wie wir in der Zielgruppe entscheidend
dazu beitragen werden, dass mehr Meisterinnen und Meister beispielsweise ein Studium aufnehmen werden. Wir reden über 1 Prozent, Sie wollen es auf 2 Prozent erhöhen, das sind alles noch Zielwerte, die viel zu gering sind in Anbetracht der demografischen Entwicklung und des sich jetzt schon abzeichnenden Fachkräftemangels in weiten Bereichen. Wenn Sie sich schon ein solches Projekt vornehmen und den Anteil der nicht über den klassischen Hochschulzugang Berechtigten signifikant erhöhen wollen, Frau Senatorin oder die Koalitionsfraktionen, dann sorgen Sie auch bitte dafür, dass ein solches Gesetz auch auf dem kommunikativen Weg so begleitet wird, dass es nicht nur schön klingt, sondern am Ende ein sinnvolles Ergebnis leistet.
Damit kommen wir zu einem entscheidenden Punkt, nämlich zur Frage der Finanzen, denn eines darf am Ende nicht passieren, dass diejenigen, die jetzt ohne den klassischen Hochschulzugang zusätzlich an die Universitäten gehen, eigentlich denjenigen, die den klassischen Zugang haben, die Plätze wegnehmen. Wir brauchen also mehr Plätze.
Mehr, mehr, mehr, genau. Wir brauchen mehr Studenten, Herr Beuß, das haben Sie immer noch nicht begriffen.
Was nutzt uns ein solches Gesetz, das schließlich nur dazu führt, dass wir am Ende nicht mehr Studenten haben, sondern in den Studierendengruppen eine zusätzliche Konkurrenz schaffen? Das ist nicht der Weg der Zukunft, sondern wenn wir mehr Studierende wollen, wenn wir einen höheren Anteil an gut ausgebildeten Menschen in dieser Stadt wollen, dann müssen wir in diesem Bereich auch mehr Geld investieren. Dazu fehlt bei diesem Gesetz jeder Ansatz.
Ich hoffe, Herr Langhein, mit diesem Argument ist es mir geglückt, Ihrem sehr simplen Versuch eine Abfuhr zu erteilen – Sie haben es in der Ausschusssitzung schon versucht –, gerade uns Sozialdemokraten zu unterstellen, wir würden den Bologna-Prozess nicht wollen, was absoluter Unsinn ist. Jeder, der sich die Regierungsgeschichte von Rot-Grün seit 1998 anschaut, weiß, dass gerade auch Edelgard Bulmahn als Wissenschaftsministerin ganz entscheidend für diesen Prozess eingetreten ist. Jetzt in der Hamburger Bürgerschaft den billigen Versuch zu unternehmen, jede Kritik an Ihren Gesetzen mit einem Ablassen vom BolognaProzess zu verbinden, ist wirklich eine billige und eigentlich sogar eine peinliche Argumentationskette, wenn ich mir das einmal erlauben darf.
Ich will mich in Anbetracht dessen, dass die Zeit schon sehr weit fortgeschritten ist, kurz dem zweiten Teil widmen, nämlich dem Bachelor- und Masterstudium. Hierzu haben Sie eben sogar das Grundgesetz zitiert, um irgendwie zu erklären, warum man über die Zehn-Semester-Regelung für Bachelor und Master nicht hinauskommt. Das ist doch abstrus, Herr Langhein. Und es ist auch abstrus, den Universitäten zu sagen, sie könnten längere Studiengänge anbieten, aber sie würden nicht bezahlt werden. Das ist schon etwas hanebüchen.
Wir haben doch das Beispiel konkret diskutiert. Natürlich ist es nach dem gesetzlichen Rahmen möglich, in einzelnen Studiengängen beispielsweise ein achtsemestriges Bachelorstudium anzubieten. Aber hierzu haben die Vertreter der Universitäten ganz klar gesagt, dass dies keinen Sinn mache, denn was solle man mit einem zweisemestrigen Masterstudium anfangen? Allein das Schreiben der Arbeit benötigt ein halbes Jahr, das heißt, man hätte nur ein halbes Jahr, um jemandem eine Masterqualifikation beizubringen. Das ist doch jedem hier klar, selbst denjenigen, die sich nicht intensiv mit Wissenschaftspolitik auseinandersetzen, dass dies kein gangbarer Weg ist für die Hochschulen.
Das hat Professor Fischer sehr deutlich gesagt, ich weiß nicht, ob Sie in derselben Sitzung waren wie ich, Herr Beuß. Aber dann müssen Sie besser zuhören.
Eine ganz zentrale Forderung vieler Studierender, die Sie überhaupt nicht aufgegriffen haben, lautet: Es gibt Studiengänge, bei denen wir ernsthaft darüber nachdenken müssen, ob wir mehr Zeit brauchen als insgesamt zehn Semester für Bachelor und Master. Ich nenne Ihnen ein konkretes Beispiel, das wir schon angesprochen hatten, nämlich die Erziehungswissenschaften, die nach wie vor ein großes Problem haben, in zehn Semestern Lehrer so auszubilden, dass das Studium zumindest der bisherigen Qualität entspricht. Ich habe selbst mit dem Dekan der Erziehungswissenschaften über dieses Thema gesprochen.
Es wären dort große Erwartungen gewesen, was eine Verlängerung des Studiums angeht, aber diese Chance haben Sie verpasst.
Sie rühmen sich jetzt, Sie seien der Zeit weit voraus und hätten all das aufgegriffen,
was die Studierenden bei ihren Protesten gesagt hätten. Das Gegenteil ist der Fall, Sie sind weit davon entfernt. Sie scheinen vieles von dem, was es an Kritik gab, nicht verstanden zu haben. Insofern
hat dieses Gesetz Teile, die ich mutig und gut finde. Es muss in einer Demokratie möglich sein, dass auch die Opposition Teile eines Gesetzes, die sie gut findet, lobt. Aber Kritik, Herr Langhein, kann nicht bedeuten, dass Sie einfach so billig sagen, die Roten oder die Dunkelroten wollten plötzlich den Bologna-Prozess nicht mehr, denn davon sind wir weit entfernt. Wir wollen diesen Prozess, aber wir wollen ihn sinnvoll entwickeln und nicht stumpf und steif an alten Überzeugungen festhalten, die sich in den vergangenen Jahren als falsch erwiesen haben.
Ich denke, wir Sozialdemokraten arbeiten sehr fleißig im Wissenschaftsausschuss mit, mit guten Anträgen und guten Ideen. Wenn Sie sagen, wir würden uns verweigern und Ihre Gesetze nicht sinnvoll begleiten, ist das ein starkes Stück. Ich habe jedenfalls versucht, noch einmal sinnvolle Argumente in diese Diskussion einzubringen.
Ich merke an Ihrer Reaktion, Herr Beuß, dass es nicht viel bringt.
Die Erfahrung durfte ich in den letzten zweieinhalb Jahren schon häufiger sammeln. Ich gebe trotzdem nicht auf und hoffe, dass diese Rede zumindest noch einmal ein wenig zur Erhellung bei dieser Thematik beigetragen hat. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich möchte gern die Gelegenheit nutzen, noch einmal auf unsere Große Anfrage einzugehen und einige Anmerkungen dazu machen. Ganz zu Anfang, Herr Langhein, möchte ich auf Ihren Beitrag eingehen, weil er wirklich wieder auf wunderschöne Art und Weise deutlich gemacht hat, dass Sie eigentlich nicht verstanden haben, was das Problem ist.
Sie haben nämlich gesagt, die CDU habe die Zuwendungen für die Universitäten stabil gehalten. Genau das ist das Problem. Mit der Einführung des Bachelor- und Mastersystems war jedem klar, dass diese Reform nur dann erfolgreich sein wird, wenn die Betreuungsquoten kleiner werden, wenn die Seminare kleiner werden und die Studenten intensiver betreut werden. Das geht nur, wenn man mehr Geld in die Hand nimmt, mehr Lehrpersonal einstellt und die Räumlichkeiten verändert. Das hat in den letzten zehn Jahren nicht stattgefunden und deshalb haben wir diese Probleme. Und daher haben Sie wirklich auf beispielhafte Art und Weise klar gemacht, dass Sie den Kern des Problems bis heute nicht begriffen haben.
Da macht es wenig Hoffnung, Frau Senatorin, wenn Sie jetzt sagen, Sie hätten bei Ihrer Klausurtagung immerhin festgehalten, dass am Haushalt der Universität nicht weiter gespart werden soll. Das ändert an der Grundproblematik nichts, denn dafür müssten wir entweder die Studierendenzahlen senken oder uns irgendwelche anderen schlauen Systeme einfallen lassen. Mit der jetzigen finanziellen Ausstattung werden wir dieses System jedenfalls nicht nachhaltig verändern können.
Ich gehöre aber nicht zu den Hochschulpolitikern, die die Einführung des Bachelor und Master grundsätzlich für falsch halten oder sogar so weit gehen, diese Reformen für gescheitert zu erklären, denn es gibt auch in Hamburg durchaus positive Entwicklungen. Ich will die Zahlen – sie sind auch in der Beantwortung der Großen Anfrage deutlich geworden – gerne einmal im Plenum nennen. So hat
sich beispielsweise die Studienerfolgsquote an der Universität Hamburg, wenn auch nur marginal, von 64 Prozent auf 69 Prozent erhöht.
Viel interessanter sind die Angaben zur Länge des Studiums. Die tatsächliche Studiendauer im Altsystem an der Universität Hamburg lag bei 13,5 Semestern, sie hat sich in den vergangenen Jahren auf einen Wert zwischen 11 und 12 Semestern reduziert.
Danke für den Hinweis für das Protokoll.
Eine eklatante Verbesserung hat sich beispielsweise auch in Bezug auf die Regelstudienzeiten eingestellt. So haben es im Altsystem nur drei Studiengänge an der Universität geschafft, 50 Prozent ihrer Studierenden in der damaligen Regelstudienzeit zum Examen zu führen; heute gelingt dies immerhin schon in 16 Studiengängen. Es gibt also durchaus Fortschritte.
Das ändert aber nichts an der schwierigen Situation, vor der die Studierenden stehen.
Die Bedingungen, denen sich die Studierenden ausgesetzt sehen, sind alles andere als einfach. Ich möchte aber auch, Frau Heyenn, und das ist mir durchaus wichtig, an dieser Stelle kurz auf Ihr Beispiel aus den USA eingehen, wo angeblich jetzt irgendein deutscher Diplomstudiengang angeboten wird. Die Vereinigten Staaten werden für das 21. Jahrhundert und für die internationale Wissenschaftslandschaft nicht mehr von so entscheidender Bedeutung sein, wie sie es im vergangenen Jahrhundert waren. Länder wie China und Indien oder auch Staaten wie Katar, die gerade mit gigantischen Summen versuchen, Wissenschaftssysteme in ihren Ländern zu etablieren, werden sich nicht an traditionellen europäischen Bildern orientieren. Ich denke, dass das Bachelor-/Mastersystem das internationale Studiensystem des 21. Jahrhunderts sein wird, und dieser Entwicklung sollten wir uns nicht verschließen.
Ich will nun aber auf die Arbeitsgruppe eingehen, die Sie eingesetzt haben, und auf deren Problemfelder. Als Sie diese Gruppe am 31. Juli 2009 einsetzten, hatten Sie im Wesentlichen die folgenden Schwerpunktthemen herausgearbeitet: die Stofffül
le, die Studierbarkeit, Prüfungen, Schlüsselqualifikationen, Berufsqualifikation und Mobilität. Ich möchte mich nun diesen einzelnen Problemfeldern zuwenden.
Sie haben eben schon davon gesprochen, dass es der Universität Hamburg nicht möglich war, bei der Beantwortung unserer Großen Anfrage für die einzelnen Studiengänge die Semesterwochenstundenzahlen auszuweisen. Sie haben das eben auch kurz dargestellt. Nichtsdestotrotz ist mir Ihre Argumentation unverständlich, weil die Universität natürlich auch für ihre Studienpläne frühzeitig wissen muss, wie hoch die Anzahl der Semesterwochenstunden für die einzelnen Studiengänge ist. Insofern ist Ihr Argument hier nicht sehr durchschlagend.
Ein weiterer Punkt sind die Prüfungen.
Ich bezweifle, dass eine Arbeitsgruppe die Prüfungsbelastung in den einzelnen Fächern analysieren kann. Das muss in den Fachbereichen und Studiengängen selbst erfolgen. Vor allem ist dies noch einmal ein Beweis dafür, dass wir an der Universität Hamburg endlich ein funktionierendes System für Evaluation brauchen, damit die Meinungen, Auffassungen und Probleme der Studierenden sinnvoll erfasst werden und in Reformprozesse mit einfließen können. Dieser Schritt ist längst überfällig.
Ein weiteres Thema ist die Frage der Berufsqualifikation. Auch da will ich mich Ihnen zuwenden, Frau Heyenn, weil Sie vorhin die Rechtswissenschaft angesprochen haben. Ich hatte vor drei Wochen einen Termin beim Dekan der Rechtswissenschaft und wir haben auch über Fragen der Bachelorund Masterstudiengänge gesprochen. Die Rechtswissenschaft gehört sicherlich zu den Studiengängen, die sich bislang am wenigsten mit der breiten Einführung von Bachelor- und Masterabschlüssen auseinandersetzen. Nichtsdestotrotz bietet auch der Fachbereich Rechtswissenschaft an der Universität Hamburg drei Bachelorstudiengänge an und trifft, das war die große Überraschung, auf eine enorme Nachfrage, sodass viele Bewerber nicht berücksichtigt werden konnten. Der Fachbereich macht aus meiner Sicht eines vollkommen richtig, er wartet erst einmal ab, wie eigentlich die Berufsaussichten dieser Bachelorstudenten im rechtswissenschaftlichen Bereich ausse
hen. Aber auch das ist ein Beweis dafür, dass es für Bachelor-Juristen auf dem Arbeitsmarkt durchaus Möglichkeiten geben kann und wird. Letzten Endes ist die Frage der Berufsqualifikation im Augenblick wahrscheinlich am schwersten zu beantworten, weil die Antwort in erheblichem Maß davon abhängt, inwieweit sich die deutsche Wirtschaft, auch die Hamburger Wirtschaft, auf diese neuen Studienabschlüsse einstellt. Darauf kann man nur hoffen. Und man kann Sie nur auffordern, sich in der Zusammenarbeit mit der Handelskammer für mehr Verständnis und für bessere Information der regionalen Wirtschaft einzusetzen.
Zu guter Letzt will ich mich dem Punkt Mobilität zuwenden, weil er aus meiner Sicht die tragischste Komponente bei diesem Reformprozess ist. Eigentlich sollte der Bologna-Prozess dazu führen, dass Europas Studierende flexibler sind, sich häufiger im Ausland aufhalten und dass ein größerer Austausch stattfindet. Aber, das ist die bittere Erkenntnis, er hat nicht einmal dazu geführt, die Mobilität in der Bundesrepublik zu erhöhen. Nun mag das ein Problem des deutschen Föderalismus sein, ich glaube es allerdings nicht. Es zeigt, wie sehr wir alle gefordert sind, gerade auch die Wissenschaftsminister, die Kultusminister der einzelnen Bundesländer, an ihren Hochschulen verstärkt dafür zu werben, dass Abschlüsse, Seminare und Studiengänge an deutschen Hochschulen vergleichbarer werden, dass Möglichkeiten geboten werden, nicht nur beim Übergang von Bachelor- zu Masterstudiengängen die Universität zu wechseln, sondern auch während eines Bachelor-Studiums. Vor allem müssen wir, das ist meine tiefe Überzeugung, viel mehr dafür tun, dass unsere Studierenden auch ins Ausland gehen. Auslandssemester sind aus meiner Sicht eine der wichtigsten Schlüsselqualifikationen, die man sich im Laufe seines Studiums überhaupt erwerben kann. Insofern ist das eine ganz wichtige Aufgabe.
Frau Senatorin, Sie haben gesagt, dass Sie morgen mit den LandesASten die Ergebnisse diskutieren werden. Ich bin sehr gespannt darauf und ich freue mich auf den Diskussionsprozess der kommenden Monate. Ich hoffe, dass wir bei allen unseren Differenzen diese Diskussion dafür nutzen, um neben den noch offenen Fragen der baulichen Entwicklung, die Sie hoffentlich auch einmal zu einem Abschluss bringen, die Hamburger Universität und alle Hamburger Hochschulen und Universitäten zukunftsfähig zu machen.
Genau, Herr Beuß, Sie haben aus meiner Sicht nur etwas zuviel Ruhe.
Wir haben in Hamburg Hochschulen wie die HAW, die schon sehr weit ist. Sie sollten stärker dafür werben, dass die unterschiedlichen Universitätspräsidien sich besser untereinander austauschen, damit die positiven Ergebnisse an einzelnen Hochschulen auch in andere Hochschulen übertragen werden können. Diese Prozesse müssen jetzt beginnen, da stehen Sie in der Verantwortung. Ich hoffe aber, dass wir, auch bei allen Kontroversen, die kommenden Monate dazu nutzen, die Hochschulen zukunftsfähig und zukunftsfit zu machen. Das will ich als Angebot meinerseits und sicherlich auch im Sinne meiner Fraktion hier so äußern. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann es mir wirklich nicht ersparen, mich noch einmal zu
Wort zu melden und noch einige kritische Punkte zu diesem Projekt anzumerken. Ich will mich auch ganz bewusst ganz am Anfang an Ihre Fraktion wenden, meine Damen und Herren von der CDU.
Mir ist selten in einer politischen Debatte so viel blinde Arroganz begegnet wie in dieser.
Denn es gibt sehr wohl sehr berechtigte Kritik und ich will mich zunächst der Gründungsidee dieser Universität zuwenden. Wir hatten in dem Augenblick, als diese Universität gegründet wurde, 1900 Studenten an dieser Hochschule, Sie verringern die Zahl der Studierenden um über 20 Prozent auf 1500. Ihre Idee ist, Sie bauen ein neues Gebäude, schöne Architektur, verringern die Studierendenzahl und generieren damit Exzellenz. Das ist eine Vorstellung von Wissenschaftspolitik, die ist aberwitzig und die ist sicherlich nicht zielführend.
Und deshalb ist die HCU ein perfektes Beispiel für die Fehlgeleitetheit der gegenwärtigen Hamburger Hochschulpolitik. Was fehlt, ist ein Masterplan für die Hamburger Hochschulpolitik,
in dem Sie endlich einmal alle Entwicklungsperspektiven für alle unterschiedlichen Hochschulen vor Augen führen und eine strukturelle Planung machen für den gesamten Wissenschaftsstandort Hamburg. Aber Sie machen Kleinteiligkeit, Sie zerfasern den Wissenschaftsstandort Hamburg und das schadet der ganzen Stadt.
Und ich will noch etwas sagen, weil Sie versuchen, ein vollkommen falsches Bild zu zeichnen: Wir haben uns damals im Wissenschaftsausschuss enthalten. Diese Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen. Ich kann Ihnen auch sagen, warum ich dann dafür plädiert habe, dass wir uns enthalten. Ich habe mich im Vorwege meiner Kleinen Anfragen zu diesem Thema natürlich auch mit vielen Studierenden dieser Universität unterhalten, die gegenwärtig wirklich unter schlimmen Zuständen studieren müssen. Sie müssen Studiengebühren bezahlen und gerade die Gebäude Hebebrandstraße und Averhoffstraße sind in baulich katastrophalem Zustand. Mir tun die Studierenden und die Professoren leid. Deshalb haben wir uns entschieden, uns zu enthalten, aber wir haben grundsätzlich politisch an diesem Projekt sehr wohl immer viel auszusetzen gehabt und das gilt gerade auch für meine Person.
Noch ein Punkt: Was ich ganz bedenklich finde,
ist, dass Sie jetzt – je nachdem, wie Sie rechnen – 60 oder 80 Millionen Euro für 1500 Studierende ausgeben. Wir führen seit fast einem Jahr eine Diskussion über die bauliche Perspektive der Universität, dazu haben Sie bislang nichts wirklich Konkretes geliefert. Diese ganze Diskussion ist ein Fiasko geworden. Es warten 35 000 Studierende
der Hamburger Universität darauf, endlich zu erfahren, was ihre Perspektive ist und was mit dieser Universität wird. Und Sie haben außer Nebelkerzen bislang noch nichts Konkretes zur Finanzierung gesagt. Das finde ich wirklich skandalös, dass Sie jetzt diese Drucksache so durchboxen und für 1500 Studierende so viel Geld ausgeben, während die große Mehrheit der Studierenden in dieser Stadt sich immer noch fragt, wo eigentlich ihre Zukunft liegt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Herr Neumann.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wieder einmal diskutieren wir in der Hamburger Bürgerschaft in der Aktuellen Stunde über das Thema Hochschulpolitik und wieder einmal, wie vor gut einem Jahr, als wir über das Studiengebührengesetz gesprochen haben, reden wir zu diesem Thema vor einem sehr negativen Hintergrund, wie wir Sozialdemokraten finden. Die Entwicklungen in den vergangenen Wochen und Monaten zeigen, dass Sie mit Ihren Wünschen und Vorstellungen, die Sie hatten, als Sie Frau Auweter-Kurtz zur Präsidentin der Universität berufen haben, schweren Schiffbruch erlitten haben.
Diese Präsidentin war nicht imstande, das Erbe anzutreten, das es anzutreten galt. Worüber reden wir?
Ja, auf das Erbe möchte ich gerne eingehen, weil es einer der zentralen Punkte ist, warum Frau Auweter-Kurz meiner Meinung nach gescheitert ist. Ich glaube, man kann schon heute sagen, dass sie mit ihren Bemühungen gescheitert ist, denn die Universität ist ein ganz besonderes Symbol, nämlich das Symbol für den Beginn der Demokratie in Hamburg nach 1918. Dass eine Universitätsgründung vor 1918 in dieser Stadt nicht gewollt war, ist eine Hamburgensie, sozusagen ein Bild, das es wert ist, es sich auch heute immer wieder in Erinnerung zu rufen. Gerade auch die Gründung der Universität im Jahre 1919 steht als Symbol für den demokratischen Aufbruch in Hamburg, sie ist das Symbol der Weimarer Republik und deshalb verdient sie einen wesentlich geschichtsbewussteren Umgang als den, den diese Präsidentin bislang gepflegt hat.
Wir Sozialdemokraten wollen ganz sicher nicht die Rolle rückwärts, auch wir wollen nicht zurück zu der Universität der Achtziger- und Neunzigerjahre und natürlich weiß auch ich als jemand, der an die
ser Universität studiert hat, dass wir einige Präsidenten hatten, die kommunikationsstärker, dafür häufig aber nicht so entscheidungsstark waren.
Wir sind uns, denke ich, alle einig, dass wir da nicht wieder hin wollen, aber aus meiner Sicht ist die Zukunft nicht mit dieser Präsidentin zu bewältigen. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir einen Neuanfang brauchen, damit wir die Universität in all ihren Entscheidungsebenen mitnehmen können.
Herr Beuß, Sie sprachen davon, dass es einen radikalen Bruch hätte geben müssen mit dem, was diese schlimmen Achtundsechziger alles angerichtet hätten. Der große Soziologe Ralf Dahrendorf, der leider vor kurzem gestorben ist und von dem ich nicht weiß, ob er sich als Achtundsechziger begriffen hätte, hat in dieser Zeit den schönen Satz geprägt, dass Bildung ein Bürgerrecht sei. Bildung allen zugänglich zu machen, darum ging es auch der sozialdemokratischen Koalition bei den Bildungsreformen der Sechziger- und Siebzigerjahre und damit kommen wir zurück zu dieser Präsidentin und dem schönen Begriff Exzellenz, der geradezu Hochkonjunktur hat.
Man kann heute keinen wissenschaftlichen Text mehr lesen, ohne dass an irgendeiner Stelle das Wort Exzellenz vorkommt. Über welche Exzellenz reden wir eigentlich? Diese Präsidentin spricht nur von der Exzellenz der Forschung, wo es doch auch um die Exzellenz der Lehre, der Inhalte geht. Es geht darum, wie eine Universität als Organismus lebt, und nicht nur um eine kleine Fokussierung und Verengung der Diskussion auf einige wenige Forschungsbereiche, sondern es geht um Exzellenz an der gesamten Universität und das hat diese Präsidentin schlichtweg nicht begriffen.
Der Unmut vieler Studierender, Professoren und wissenschaftlicher Mitarbeiter bezieht sich nicht nur auf Stilfragen, über die viel gesprochen worden ist und zu denen sich auch die Präsidentin in den vergangenen Tagen durchaus selbstkritisch geäußert hat. Abgesehen von den Stilfragen geht es auch um die Inhalte und die Art und Weise, wie an der Universität versucht wird, Politik zu machen, quasi durchzuregieren, von oben nach unten Hierarchien zu zementieren und starre Strukturen aufzubauen. Nichts ist lähmender für einen kreativen Ort als ein starres Korsett und deshalb ist diese Sichtweise auf die Hochschule und demzufolge die Planung vollkommen falsch.
Das haben wir zum Beispiel auch bei der Diskussion um die eben angesprochene Uni-Verlagerung erlebt. Es ist doch erstaunlich, dass die Präsidentin, die an diesem Entstehungsprozess nicht ganz unmaßgeblich beteiligt war, bis heute kein einziges Mal im Wissenschaftsausschuss gewesen ist und uns Ausschuss-Mitgliedern einmal erklärt hätte, auf welcher Basis ihre sämtlichen Berechnungen und Ideen zustande kommen. Es ist ein Unding, dass die Universitätspräsidentin es nicht für nötig erachtet, ihre Position den Abgeordneten, die letztendlich die Entscheidungen treffen müssen, deutlich zu machen. Das zeigt, dass wir hier auf einem vollkommen falschen Weg sind. Deshalb …
Das will ich gerne tun.
Ich möchte den Aufruf der Hamburger Universitätsprofessoren gerne aufgreifen und Sie, Frau Senatorin, auffordern: Machen Sie endlich Schluss mit diesem Debakel, zeigen Sie Führungsstärke, auf Ihre nämlich kommt es jetzt an, nicht auf die von Frau Auweter-Kurtz.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir hatten – ich meine im November – eine Debatte, in der Sie sich vor allem, Herr Beuß, darüber beklagt haben, dass vonseiten der Oppositionsfraktionen zu wenig Anträge im Bereich Wissenschaftspolitik kommen würden. Nun haben wir uns natürlich fest vorgenommen, auch ich mir persönlich, diese Kritik ernst zu nehmen.
So haben wir nun zu dieser Sitzung diesen Antrag eingebracht. Es verwundert mich allerdings – aber dazu werde ich gleich im Anschluss noch kommen – die Art und Weise, wie Sie mit diesem Antrag umgehen wollen. Aber wir werden in der jetzt stattfindenden Debatte noch genügend Raum finden, dies zu diskutieren.
Wenn man sich das Thema dieses Antrags anschaut, dann mag man zunächst zu dem Eindruck gelangen, dass es sich dabei um eine Nebendebatte handelt. Denn Hochschulzugang für Berufstätige klingt nicht gerade nach einem Thema, das in seiner Brenzligkeit jedem augenfällig wird. Wenn man sich aber mit diesem Thema genauer beschäftigt, dann ist es ein wunderschönes Beispiel,
das wieder einmal deutlich macht, dass Deutschland in einer entscheidenden Bildungsfrage vor allem auch gegenüber anderen europäischen Partnern weit zurückhängt. Worum geht es im Kern? Es geht darum, größere Offenheit zum Zugang zu Bildung, auch zu Hochschulbildung, zu gewährleisten. Denn größtmögliche Durchlässigkeit ist der beste Garant dafür, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich fortbilden können. Wie wir alle wissen, ist gute Bildung der beste Garant für dauerhafte und krisensichere Beschäftigungsverhältnisse.
Gerade auch in Anbetracht des Themas, das wir gerade diskutiert haben, wird noch einmal auf besondere Art und Weise deutlich, wie wichtig dieser Punkt ist. Wir kennen es schon von vielen anderen internationalen Studien. Auch in diesem Punkt hinkt Deutschland bei internationalen Vergleichsstudien deutlich hinterher. Das ist besonders aufgrund zweier Punkte dramatisch, nämlich zum einen, weil gerade in der Bundesrepublik die Verknüpfung von Qualifikation und Beschäftigungsquote besonders stark ausgeprägt ist und zum anderen unsere Wirtschaft auf eine ganz besondere Art und Weise darauf angewiesen ist, viele hoch und gut ausgebildete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu finden.
Deshalb ist es besonders beängstigend aus meiner Sicht, dass wir in der Bundesrepublik Deutschland gerade einmal 1 Prozent Zugang zu Hochschulen haben von Studierenden, die nicht über die klassische Hochschulreife verfügen. Ich möchte einmal Vergleichszahlen nennen: England kommt auf 15 Prozent, Spanien und die Schweiz auf 9 Prozent, Norwegen schafft 8 Prozent und die Bundesrepublik Deutschland 1 Prozent. Ich hoffe, dass das noch einmal – auch fraktionsübergreifend – deutlich macht, dass es notwendig und wirklich an der Zeit ist, dass wir uns gemeinsam dieses Themas annehmen.
Nun will ich aber als guter Parlamentarier, auch als guter Oppositionsparlamentarier, nicht nur die Notwendigkeit des Problems skizzieren, sondern möchte ohne der parlamentarischen Diskussion vorweg zu greifen mit einigen Lösungsvorschlägen aufwarten. So wäre zum Beispiel aus meiner Sicht durchaus denkbar, Meistern und Inhabern anderer vergleichbarer Fortbildungsabschlüsse einen generellen Zugang zu den Hochschulen zu gewähren vergleichbar zur allgemeinen Hochschulreife. Dies sollte ein Weg sein, zu dem wir uns gemeinsam entschließen.
Man kann aber an dieser Stelle auch die Frage stellen, wie wir mit Leuten umgehen, die nicht den Meister gemacht haben oder zum Meister vergleichbare Abschlüsse haben. Hier könnten wir
zum Beispiel fragen nach den Noten der abgeschlossenen Berufsausbildung. Wir könnten die Frage stellen, inwieweit die Berufspraxis derjenigen mit zum Beispiel einem angestrebten Studium zusammenhängt, und viele andere Anknüpfungspunkte können sich aus meiner Sicht ergeben. Besonders bedenkenswert erscheint uns Sozialdemokraten – das ist auch dem Petitum zu diesem Antrag vorangestellt –, für spezielle Bereiche der Berufserfahrung Credits zu vergeben, die vergleichbar sind zu einzelnen Scheinen, die Studierende ohnehin an den Hochschulen erwerben, also sozusagen den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gewisse Arbeitsleistungen auch auf ein potenzielles Studium anzurechnen. Auch dies wäre ein Punkt, den wir bei dieser Diskussion gemeinsam voranbringen sollten.
Ich kann mich aber nicht verwehren, noch einige kritische Anmerkungen zu dem Verfahren zu machen, zu dem Sie sich entschieden haben. Wenn Sie sich nämlich einmal die Mühe machen, das Petitum meines Antrags sich anzuschauen,
und das Petitum anschauen, dass die Grünen und die CDU vorlegen, dann kommt man sehr schnell zu dem fast augenfälligen Eindruck, dass man aus drei Punkten zwei gemacht hat, ansonsten die Copy-and-paste-Tastenkombination am Computer gedrückt hat und frecherweise, wie ich finde, mein Petitum zu einem eigenen gemacht hat. Das ist wirklich ein schlechter parlamentarischer Stil.
Wenn Sie sich schon selber nicht die Mühe machen, Herr Beuß und Frau Dr. Gümbel, sich mit diesen Themen zu befassen, dann können Sie wenigstens Ihre Mitarbeiter – die werden Sie haben – daran setzen, um eigene Petita zu formulieren. Aber bei mir geistigen Diebstahl zu betreiben, finde ich schon ein starkes Stück.
Das ist auch so nicht parlamentarische Praxis.
Dass allerdings Hochschulpolitik bei den Regierungsfraktionen ohnehin keinen sehr hohen Stellenwert hat, ist auch in den letzten Tagen bei der Berichterstattung deutlich geworden. Sie jedenfalls – zumindest die Fachsprecher bei den beiden Regierungsfraktionen – nehmen ihre Arbeit, was diesen Bereich angeht, nicht sehr ernst.
Nichtsdestotrotz hoffe ich, dass es dieser Bürgerschaft gelingen möge, bei diesem wichtigen Punkt, dann in der späteren Beratung doch noch gemeinsam zu einem vernünftigen Ergebnis zu kommen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Beuß, genau das glauben wir Ihnen eben nicht. Deswegen kann ich es mir auch nicht verkneifen, noch einmal nach vorne zu gehen und für meine Fraktion ein paar Punkte richtigzustellen, vor allem noch einmal auf diese ominöse Sitzung des Wis
senschaftsausschusses zu kommen, auf dessen Protokoll schon verwiesen wurde.
Ich kann mir aber nicht verkneifen, Herr Beuß, am Anfang meiner Rede noch einmal auf einen Punkt zu kommen, den Sie am Anfang Ihrer Rede angesprochen haben, nämlich dass diese Ausschusssitzungen nicht stattfinden würden, weil die Opposition keine Anträge schreibt. Das ist mir komplett neu im Parlamentarismus, zumindest der westlichen Welt, dass die Oppositionsfraktionen dafür verantwortlich sind, den Regierungsfraktionen Anträge zu schreiben, damit Ihre Regierung arbeiten kann.
Was das für eine Phrasendrescherei ist, ist wirklich unglaublich, Herr Beuß. Es ist nicht die Aufgabe der Opposition, für Sie Anträge zu schreiben.
Es ist auch ein merkwürdiger Umstand, dass in dieser Stadt keine Ausschusssitzungen des Wissenschaftsausschusses mehr stattfinden. Das legt doch auch den Schluss nahe, dass es anscheinend niemanden mehr gibt, der in dieser Stadt noch Wissenschafts- oder Forschungspolitik betreibt. Das wäre zumindest mein Rückschluss. Ansonsten gebe es nämlich Punkte, über die wir in dem zuständigen Ausschuss reden könnten.
Natürlich ist es ein elementares Mitwirkungsrecht der Opposition, dass sie bei einer solch entscheidenden und finanziell umfangreichen Frage beteiligt wird und mitdiskutieren kann, zumindest aber überhaupt einmal die Möglichkeit bekommt, ihre Meinung zu sagen. Man muss noch einmal deutlich machen, wie der Verfahrensweg war. Da führt die Senatorin ein Pressegespräch und überrascht die Stadt mit der Ankündigung, ernsthaft zu überlegen, die Universität komplett oder auch teilweise auf den Grasbrook zu verlegen. Es hat nicht ein einziges Mal zu diesem Thema eine Debatte in diesem Hause gegeben, geschweige denn in dem Ausschuss haben Sie uns die Möglichkeit gegeben, überhaupt einmal unsere Meinung dazu zu sagen. Das ist doch ein Unding bei einem solch wichtigen politischen Thema, uns nirgendwo den Raum und die Möglichkeit zu geben, unsere Meinung vorzutragen.
Deshalb ist es auch richtig und wichtig, noch einmal festzustellen, dass die Regierungsfraktionen sehr wohl an diesen Arbeitsgruppen beteiligt sind und wir als Opposition überhaupt nicht die Möglichkeit haben, in irgendeiner Art und Weise Informationen aus den Arbeitsgruppen zu bekommen.
Allerdings ist es sehr merkwürdig, wenn selbst Sie diese Informationen nicht haben. Aber, Herr Beuß, Sie haben auch darauf verwiesen, dass Sie ungern über ungelegte Eier reden und es ablehnen, darüber politisch zu diskutieren. Dann frage ich mich allerdings, wie Ihre Senatorin und die Universitätspräsidentin anscheinend solch ein ungelegtes Ei in die Öffentlichkeit der Stadt platzieren können, wenn die anscheinend selber keine Informationen zu diesem Zeitpunkt haben, denn die Informationen, die Sie angeblich jetzt erst sammeln, können die beiden betroffenen Personen auch nicht gehabt haben. Aber ich frage mich, warum die dann solch eine Diskussion führen? Ach, das wissen Sie auch nicht. Das sollten Sie dann allerdings noch einmal mit Ihrer Senatorin besprechen.
Nun noch einmal zu dieser Ausschusssitzung. Es ist mitnichten so gewesen, wie Sie das hier dargestellt haben, sondern ich war bei der Sitzung dabei und wir haben von Anfang an als Opposition angeregt, dass wir bei dieser Ausschusssitzung auch über dieses Thema reden. Sie haben es vielleicht clever, aber immerhin hinbekommen, bei uns den Eindruck zu erwecken, dass diese Möglichkeit auch bestehen würde. Dann sind wir unter dem Punkt Verschiedenes genau zu diesem Punkt gekommen und dann hieß es plötzlich vonseiten einer Mitarbeiterin der Bürgerschaftskanzlei, dass das zumindest schwierig sei. Daraufhin kam es überhaupt zu dieser heftigen Diskussion, die unter anderem noch dazu führte, dass ein Ausschussmitglied meiner Fraktion sehr deutliche Worte auch in Richtung der Mitarbeiterin der Bürgerschaftskanzlei gefunden hat, Herr Beuß, Sie werden sich noch erinnern können. Dass das hier noch einmal thematisiert und dargestellt wird, ist wohl ein legitimes Recht der Opposition, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Das hat nichts damit zu tun, dass wir die Geschäftsordnung nicht kennen würden, sondern das ist – mit Verlaub – ein ganz eigenwilliger Stil. Das ist Ihr Stil, Sie können gerne so weitermachen. Ich würde mich als Parlamentarier nur freuen, wenn Sie auch mich als Oppositionspolitiker ernst nehmen und mich an diesen Diskussion beteiligen, zumindest mir die Möglichkeit geben, Ihnen meine Meinung zu sagen. Sie müssen sie noch nicht einmal teilen, aber dass Sie wenigstens den Respekt aufbringen, sich meine Meinung anzuhören, das darf ich wohl noch verlangen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Langhein, ich möchte zu Beginn meiner Rede noch einmal auf Sie eingehen, weil ich es schon sehr erstaunlich finde, wie Sie noch einmal versuchen, diesen besonderen Umstand herauszustellen, dass wir heute dieses Gesetz in einer zweiten Lesung diskutieren. Dann muss man doch noch einmal daran erinnern, dass es parlamentarische Praxis ist, dass ein Gesetz zweimal gelesen wird, und zwar auch gesondert gelesen wird. Bei einem Gesetz, das wie dieses im Wahlkampf eine solch entscheidende Rolle gespielt hat – beziehungsweise die Frage Studiengebühren ja oder nein –, allen Ernstes von Koalitionsseite den Versuch zu unternehmen, den Umstand, dass wir zu diesem Gesetz auf eine gesonderte zweite Lesung bestanden haben, ohne dies angemeldet zu haben, in ein fragwürdiges Licht zu rücken, ist schon sehr merkwürdig. Besonders interessant finde ich allerdings den Umstand, dass die zuständige Senatorin es anscheinend nicht für nötig hält, zu dieser Debatte zu erscheinen.
Das zeigt nämlich, wie wichtig Ihnen diese Diskussion ist. Dass Sie dieses Thema heute zur Debatte angemeldet haben – einmal ganz ehrlich gesagt –, hängt doch nur damit zusammen, dass Sie diesen peinlichen Vorstoß von Herrn Hesse, den Flughafen umzubenennen, nicht allen Ernstes diskutieren wollten. Das ist nämlich die eigentliche Peinlichkeit. Deshalb haben Sie dieses Thema doch überhaupt angemeldet.
Ja, ich komme gerne zum Thema, nämlich zur Frage: Studiengebühren ja oder nein? Nachgelagertes System ja oder nein?
Wenn man sich Ihre Beiträge, die Sie heute gehalten haben, vor Augen führt, dann gewinnt man den Eindruck, als gäbe es in der Bundesrepublik Deutschland einen generellen Konsens darüber, dass Studiengebühren ein richtiger Weg sind. Dann möchte ich an dieser Stelle darauf verweisen, dass sich gerade einmal fünf der 16 Bundesländer bislang überhaupt für ein Gebührenmodell entschieden haben. Es ist als mitnichten so, dass es in der Bundesrepublik einen generellen politischen Konsens darüber gibt, dass Studiengebühren eine Notwendigkeit sind, um die Hochschullandschaft ausreichend zu finanzieren. Im Gegenteil: Das Bundesland Hessen hat gerade den Beweis erbracht,
dass es sehr wohl eine Alternative gibt. Das ist nicht nur …
Das hat mit Umfallen überhaupt nichts zu tun.
Sondern die Grünen, die SPD und DIE LINKE sind in einen Wahlkampf gezogen und haben gesagt, sie werden die Gebühren abschaffen. Sie haben es getan. Hamburg tut es nicht.
Das ist eine Sache, für die Sie sich rechtfertigen müssen und ich habe durchaus zu dem, was Frau Ypsilanti macht, auch meine Meinung, Herr Beuß. Aber in der Frage der Studiengebühren hat sie nun wirklich Wort gehalten.
Jetzt möchte ich noch zu einem anderen Punkt kommen, den Sie immer wieder in den Raum stellen, nämlich das Privileg – also allein die Formulierung, es gebe ein Privileg – auf eine gute akademische Ausbildung. Dass das mittlerweile in Deutschland wieder ein Privileg geworden ist, ist schon erstaunlich. Ich dachte, dass das in einem Land wie der Bundesrepublik Deutschland, die elementar angewiesen ist auf gute und hochqualifizierte Hochschulausbildung, eigentlich eine Aufgabe ist, die der Staat mit Freude erfüllen und nicht als ein Privileg generieren sollte.
Wenn Sie wirklich die Theorie haben, dass diejenigen, die aufgrund ihrer schulischen Bildung oder ihrer Hochschulbildung später ein höheres Einkommen erzielen – was auch de facto so ist –, dann eröffnet Ihre Argumentation, die Sie auch heute vorgetragen haben, konsequenterweise bald die Diskussion einer Gymnasialgebühr, denn Sie werden in jeder Statistik finden, dass Absolventen des Gymnasiums später auch mehr Geld verdienen.
Sollen also bald die Schülerinnen und Schüler, die das Gymnasium besuchen, auch eine gesonderte Gebühr bezahlen? Diese Frage müssen Sie schon einmal beantworten. Ich finde dieses Argument, dass es eine Frage der sozialen Gerechtigkeit ist, diejenigen, die aufgrund eines Studiums später mehr Geld verdienen, dann an den Kosten des Studiums zu beteiligen, für ziemlich absurd.
Die Bundesrepublik Deutschland als Sozialstaat hat nicht ohne Grund Steuerprogression. Das heißt, dass diejenigen, die viel verdienen, auch viele Steuern zahlen und diejenigen, die wenig verdienen, gar keine oder nur wenige Steuern zahlen. Insofern ist es natürlich so, dass diejenigen, die eine Hochschulausbildung absolvieren, sich später in ihrem Berufsleben überproportional an der Finanzierung unseres Staates beteiligen.
So etwas allen Ernstes in Abrede zu stellen, ist schon ein starkes Stück.
Das ist überhaupt nicht unlogisch.
Aber ich möchte jetzt zu einem weiteren Punkt kommen. Es ging auch um die Frage, wie mit Zahlen argumentiert wird. Dazu will ich Ihnen gerne etwas sagen, gerade auch in Richtung von Frau Dinges-Dierig, die gesagt hat, man solle mit richtigen Zahlen argumentieren. Aus der Drucksache 19/60 ergibt sich interessanterweise, dass in Hamburg seit dem Wintersemester 2006, wenn man sich die Gesamtzahl aller Studierenden in Hamburg anschaut, die Studierendenzahlen zurückgehen. Merkwürdig ist nur, dass in diversen Pressemitteilungen auch der zuständigen Behörde das Bild erweckt wurde, wir hätten in Hamburg mehr Studierende. Das Gegenteil ist der Fall. Sehr wohl lässt sich nachweisen, dass in den Bundesländern, die Gebühren eingeführt haben, die Zahl der Studierenden in absoluten Zahlen sinkt. Das ist auch in Hamburg der Fall und das ist ein Punkt, der an dieser Stelle erwähnt gehört.
Jetzt zur Frage der Nachgelagertheit, auf die Sie immer wieder hinweisen. Das ist quasi Ihr grundlegendes Argument, warum Sie sagen, dass dieser Gesetzentwurf sozial gerecht sei.
Ist dieses Gesetz denn wirklich ein nachgelagertes? Mitnichten ist es das. Es ist ein fauler Kom
promiss, den Sie vorgelegt haben. Sie eiern nämlich in der Frage Studiengebühren ja oder nein genau so herum wie bei Vattenfall, dem Kohlekraftwerk und so wie bei Möbel Höffner in Eimsbüttel.
Überall eiern Sie und finden zu keiner konsequenten logischen und durchdachten Position. Sie können sich doch in der Koalition überhaupt nicht einigen. Genau das finden wir auch in diesem Gesetz. Ich bin der festen Überzeugung, dass ein Großteil der Studierenden – wir reden von einem Prozentsatz von 70 plus x, die stelle ich einmal in den Raum – ganz normal semesterbegleitend wie bisher ihre Gebühren bezahlen wird. Deswegen haben Sie sich dieses Gesetz auch genau so ausgedacht, dass zu jedem Semester immer wieder neu beantragt werden muss, dass diese Stundung eintritt.
Das kann ich Ihnen genau sagen: Weil vor allem die CDU auf Ihr Modell der Nachgelagertheit überhaupt gar keine Lust hatte. Das ist ein fauler Kompromiss, den Sie in den Koalitionsverhandlungen abgerungen haben.
Wir haben doch die Zahlen gehört. Ein Drittel der Studierenden muss ohnehin jetzt zahlen, Herr Kerstan. Die können von der Stundung überhaupt keinen Gebrauch machen. Und ein Großteil der Studierenden wird genauso verfahren, denn wir haben diese Zahlen auch bei der öffentlichen Anhörung ganz klar gehört. Ein Großteil der deutschen Studierenden möchte einfach keine Schulden aufnehmen. Gerade einmal 6 Prozent aller Studierenden, die in Bundesländern studieren, die Gebühren verlangen, haben sich bislang für Kreditmodelle entschieden. Warum das bei Ihrem Modell anders sein soll – diese Frage –, müssen Sie erst einmal beantworten.
Es handelt sich also mitnichten um ein in der Mehrheit nachgelagertes System, sondern es ist ein fauler Kompromiss, den die Grünen in dieses Gesetz geschrieben haben in der Hoffnung, dass sie damit der politischen Auseinandersetzung zumindest ein Stück weit entgehen können. Aber Sie haben einen Wahlkampf gemacht, in dem Sie ganz klar gesagt haben, dass Sie Studiengebühren abschaffen werden. Dieses Versprechen haben Sie nicht gehalten und das wird vor allem, wenn Sie heute dieses Gesetz in der zweiten Lesung so beschließen, auch noch einmal sehr deutlich werden.
Zu guter Letzt möchte ich noch eines feststellen, wie ich es bei meinen zwei bisherigen Reden auch
getan habe: Wir Sozialdemokraten lehnen Studiengebühren ab.
Wir lehnen jede Form von Bildungsgebühren ab und wir werden diese Gebühren, sobald wir es können, wieder abschaffen. Dieses Versprechen gebe ich vor allem in Richtung der Universität. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Herr Kerstan, man muss schon sagen: Als Fraktionsvorsitzender leisten Sie sich wirklich dolle Dinge. Ich glaube, Sie haben bis heute nicht ein einziges Mal in dieses Gesetz geschaut, denn Sie argumentieren mit Zahlen und Werten, die überhaupt nicht stimmen. Deswegen – damit Sie es auch überprüfen können – noch einmal: Aus der Drucksache 19/659 ergibt sich ganz klar, dass genau 11 855 Studierende – 35,1 Prozent – eben von der Stundung nicht Gebrauch machen können. Das sollten Sie als Fraktionsvorsitzender einer der Regierungsfraktionen endlich auch verstehen und verinnerlichen und es nicht immer wieder in Abrede stellen.
Insofern ist es auch vollkommen legitim, dass meine Fraktion das auch in dieser Deutlichkeit ausspricht, damit Sie nämlich eben nicht mit dem Versuch durchkommen so zu tun, als sei das ein Gesetz, dass sozial vollkommen ausgewogen ist. Die Frechheit ist nämlich eigentlich bei diesem ganzen Gesetz,
dass Sie selbst von denjenigen, die von der Stundung Gebrauch machen und am Ende nach ihrem Studium sogar diese 30 000 Euro verdienen, jeden gleich behandeln, sodass die Mutter mit dem Kind, die Kita-Gebühren bezahlen muss und eine größere Wohnung braucht, genauso gefordert und belastet wird, wie der Single, der alleinstehend ist. Sie sagen, da gebe es überhaupt keine sozialen Differenzen und da müssten wir auch nicht in irgendeiner Form steuern. Dass Sie als Grüne, gerade auch mit Ihrer Geschichte,
sich aus diesem Konsens verabschieden, den es in der Bundesrepublik gegeben hat, nämlich dass man Leute nur so belastet, wie es ihrer realen Lebenssituation entspricht, und das aufkündigen – das tun Sie mit diesem Gesetz nämlich ganz klar und deutlich –, ist ein Punkt, den Sie verantworten müssen. Dafür werden Sie sicherlich noch genügend Gelegenheit bekommen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Debatte um dieses Gesetz verläuft etwas diffus.
Ich möchte mich trotzdem bemühen, durch meinen Beitrag die Dinge verständlich darzustellen und vor allem noch einmal klarzumachen, worum es der Opposition in diesem Hause geht.
Eines will ich gleich am Anfang sagen: Das, was Sie mit Ihren Beiträgen versucht haben – das will ich einmal in Richtung der Koalition sagen –, ist, ein vollkommen diffuses und verwirrendes Bild über dieses Gesetz zu skizzieren. Insofern, glaube ich, ist es sehr notwendig, dazu noch ein paar Anmerkungen zu machen.
Herr Kerstan, ich möchte mich aber zu Beginn an Sie wenden, weil Sie das Problem parlamentarischer Gepflogenheiten angesprochen haben. Nun bin ich ein relativ neuer Abgeordneter. Ich möchte Ihnen aber gerne aus der letzten Sitzung des Wissenschaftsausschusses berichten. Da wollten wir nämlich – das habe ich persönlich beantragt – eine Selbstbefassung zum Thema Universitätsumzug, ein Thema, das Ihre Senatorin angestoßen hat und die Stadt über Wochen beschäftigt, und Sie verweigern diese Selbstbefassung
mit dem Argument, es gebe nichts, worüber man diskutieren könnte. Wenn Sie dem zuständigen Ausschuss in einer solchen Situation verweigern, ein politisches Statement abzugeben, dann sollten Sie sich jetzt, was die Verfahrensfragen dieser heutigen Sitzung angeht, bitte nicht äußern.
Der zweite Punkt ist doch, dass dieses Gesetz natürlich noch rechtzeitig in Kraft treten wird,
weil Sie genau wissen, dass sie in diesem September – nicht in der morgigen Sitzung, sondern in der darauf folgenden Sitzung – sehr wohl noch die Möglichkeit haben werden, mit Ihrer Mehrheit das Gesetz zu beschließen, sodass es auch rechtzeitig in Kraft tritt. Es ist also mitnichten das Ansinnen der sozialdemokratischen Fraktion und der Fraktion der LINKEN, dieses Gesetz insofern zu verhindern, als dass es nicht rechtzeitig in Kraft treten könnte, sondern wir wollen diese Argumente noch einmal vortragen. Wir haben – das mag vielleicht von einer Demokratie zu viel verlangt sein – aber doch die berechtigte Hoffnung, dass einige unserer Argumente vielleicht doch noch einmal Eingang in Ihre Köpfe und Herzen finden.
Aber nun noch einmal zu einzelnen Debatten. Herr Kerstan, Sie haben eben die Frage aufgeworfen, gerade auch in Richtung von Herrn Tschentscher, was mit diesen 14 Millionen Euro zu finanzieren ist. Es ist doch die Frage, wofür oder womit finanziere ich etwas. Nehme ich 21 Millionen Euro in die Hand, um auf der anderen Seite 37 oder 38 Millionen Euro zu erzielen, oder nehme ich gleich eine Summe X in die Hand und gebe es direkt in den Bereich, den ich politisch fördern will. Um diese Frage geht es und da hat Herr Tschentscher als Finanzexperte doch vollkommen richtig argumentiert. Da kann ich nur sagen, dann kennen Sie das heute zu verabschiedende Gesetz schlecht, wenn Sie diesen Umstand nicht begreifen.
Wenn man sich die Debatte und vor allem auch die Positionen anschaut, die die Grünen in anderen Bundesländern und auf Bundesebene einnehmen, dann überrascht es mich, Frau Dr. Gümbel, dass Sie davon sprechen, dass dieses Gesetz der erste spürbare Erfolg dieser Koalition ist.
Das ist schon ein starkes Stück, vor allem, wenn man sich einmal überlegt, was Sie im Wahlkampf völlig zu Recht gesagt haben. Ich war gestern in Berlin auf einer Wissenschaftstagung der SPDSprecher zu diesem Thema.
Ja, es macht durchaus Sinn, einmal durch die Republik zu reisen und sich mit Kollegen auszutauschen.
Das scheint bei Ihnen viel zu kurz zu kommen. Wie Ihre Kollegen in den anderen Bundesländern Ihr
Gesetz beurteilen, das brauche ich Ihnen nicht zu sagen, aber das können Sie sich sicherlich denken.
Aber jetzt noch zu ein paar Punkten, die mir heute in der Debatte aufgefallen sind, die ich sehr bedenklich und vor allem bedenkenswert finde. Zum einen ist es der doch ziemlich billige Versuch, hier Auszubildende und andere Gruppen und Studierende gegeneinander auszuspielen. Das geht so ein bisschen nach der Nummer – Herr Beuß, Sie haben es einmal im Wahlkampf gesagt –, es kann doch nicht sein, dass die Krankenschwester das Studium des Arztsohnes
na ja, so in dem Sinne – finanzieren. Oder auch, wie Sie es hier indirekt versuchen, dass die Studierenden mit Abitur und Studium natürlich wesentlich mehr Geld kosten als andere Bevölkerungsgruppen.
Ja, die zahlen aber auch mehr Steuern. Ein Grundprinzip des Sozialstaates ist die Steuerprogression, die Sie hier infrage stellen. Worum geht es im Kern bei dieser Debatte? Im Kern geht es darum, dass, wenn man sich einmal die globalen Vorbilder – auch das soll man ja mal tun – Ihres Gesetzentwurfes vornimmt, nämlich Neuseeland und Australien, dann stellt man fest, dass dort mittlerweile die unterschiedlichen Studiengänge unterschiedlich viel Gebühren kosten.
Jurastudenten und BWLer müssen richtig tief in die Tasche greifen und Exoten wie ich, die Geisteswissenschaften studiert haben,
bekommen ihr Studium zu einem relativ günstigen Tarif. Darum scheint es Ihnen wahrscheinlich im Kern zu gehen, denn jetzt möchte ich mich meinem Hauptkritikpunk zuwenden
ja, hören Sie mal gut zu –, nämlich der Frage Nachgelagertheit. Ist dies wirklich ein Gesetz, bei dem es Ihnen wirklich darum ging, soziale Härten herauszunehmen und eine echte Nachgelagertheit durchzuführen? Da möchte ich nur an die öffentliche Anhörung des Wissenschaftsausschusses erinnern, wo alle Fachleute, die in irgendeiner Form aus dem studentischen, hochschulpolitischen oder studentenwerkspolitischen Rahmen kamen, gegen dieses Gesetz gesprochen haben. Es hat zum Beispiel kein Vertreter des Studentenwerkes dieses Gesetz gelobt.
Im Gegenteil. Der Vertreter des Studentenwerkes hat gesagt, dass es dem Anspruch der Sozialverträglichkeit nicht entspricht. Wie kommt der nun zu dieser Einschätzung?
Ich glaube, dass es Ihnen im Kern überhaupt nicht – nun hören Sie doch bitte einmal zu –
um Nachgelagertheit geht. Warum? Zum einen muss der Student oder die Studentin zu jedem Semester die Stundung der Gebühren neu beantragen. Warum muss das so sein? Da hat die Senatorin gesagt, wie stellen Sie sich das denn vor? Dann schreibt die Universität irgendwann einen Brief und teilt den Studenten mit, Sie haben leider diverse Kosten erzeugt und jetzt seien Sie doch bitte so gut und zahlen Sie sie zurück. Das ist doch Unsinn, Frau Senatorin.
Natürlich können Sie bei einem nachgelagerten Gesetz jedem Studenten zu Beginn seines Studiums sagen, ein Bachelorstudiengang kostet nach soundsovielen Semestern soviel, ein Masterstudiengang soviel und dieses Geld wird mit Abschluss eines Studiums fällig. Das könnten Sie auch bei einem echten nachgelagerten System machen; darum geht es Ihnen aber gar nicht.
Und warum haben Sie sich dieses Konstrukt einfallen lassen, weil es nämlich sehr beeindruckende Zahlen gibt. Das wissen Sie auch, Herr Beuß, weil es bei der öffentlichen Anhörung auch gesagt wurde. Es ist nämlich der Umstand, dass die deutschen Studierenden ein hohes Hemmnis haben, was Kredite und Zinsfinanzierung ihres Studiums anbelangt. Bis zum heutigen Tag haben gerade einmal 6 Prozent aller Studierenden in Deutschland überhaupt von Stundungs- oder Kreditmodellen Gebrauch gemacht. Und warum wollen Sie, dass jeder Student das in jedem Semester neu beantragen muss, weil Sie nämlich darauf spekulieren, dass der Großteil der Studierenden Angst vor zusätzlichen Kosten nach dem Studium hat und seine Gebühren semesterbegleitend bezahlen wird. Genau darum geht es Ihnen mit dem Gesetz. Deshalb haben Sie sich auch dagegen entschieden, eine generelle Stundung zu etablieren. Ansonsten macht dieses System nämlich keinen Sinn, es sei denn, folgende zwei Punkte werden irgendwann in näherer Zukunft in Kraft treten: Zum einen, dass zukünftig die unterschiedlichen Abschlüsse unterschiedlich teuer bezahlt werden müssen und zum anderen, dass Sie die Gebühren kräftig erhöhen. Ansonsten macht das Missverhältnis aus 37 Millionen Euro Einnahmen und 21 Millionen Euro, die ich investieren muss, um diese Einnahmen zu erzielen, überhaupt keinen Sinn
und führen das Gesetz ad absurdum. Ich hoffe, ich konnte noch einmal darstellen, dass es sich bei diesem Gesetz um kein echtes nachgelagertes Studiengebührengesetz handelt, sondern Sie in Wahrheit alles beim Alten belassen wollen.
Was die Reduzierung angeht, Herr Kerstan, so lassen Sie sich diese nun wirklich sehr deutlich von den chronisch Kranken, von den Studierenden mit Kindern bezahlen, die ohnehin nach ihrem Studium mit höheren finanziellen Belastungen leben müssen, schon während ihres Studiums, aber auch danach. Auch dort geht es Ihnen überhaupt nicht darum, soziale Härten abzufedern, sondern Sie behandeln diese Leute genauso wie den alleinstehenden Studenten oder Arbeitnehmer, der 30 000 oder 35 000 Euro bezahlt. Das zeigt eben auch, dass es Ihnen um Sozialverträglichkeit bei diesem Gesetz nicht ging.
Ihr Versprechen und Ihre Ankündigung, ein Gesetz vorzulegen, das sozialverträgliche Studiengebühren verspricht, haben Sie nicht eingehalten. Das überrascht auch nicht, weil es für mich als Sozialdemokraten keine Form sozialverträglicher Bildungsgebühren geben kann.
Vor diesem Hintergrund haben sich die SPD und der Parteivorstand am 1. September entschieden, auch zukünftig für ein gebührenfreies Erststudium zu stehen.
Deshalb will ich vor allem in Richtung der studentischen Öffentlichkeit eines ganz klar an diesem Pult sagen. Sobald in dieser Stadt Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wieder an einer Regierung beteiligt sind oder den Senat mit Mehrheit stellen, spätestens dann – das wird allerspätestens in vier Jahren sein – werden in dieser Stadt die Studiengebühren abgeschafft, weil sie unsozial sind, weil sie soziale Härten bedeuten und weil sie für uns Sozialdemokraten kein gangbarer Weg sind. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kleibauer, ich möchte mich schon einmal an Sie wenden. Sie wissen vielleicht, dass dies hier heute meine erste Rede ist, die ich vor diesem hohen Hause halte. Mich dann gleich in der Aktuellen Stunde mit einer so falschen Feststellung zu konfrontieren, finde ich schon ziemlich unverschämt.
Aber nichts desto trotz möchte ich mich gerne dem widmen, worüber wir eigentlich heute reden wollten, nämlich dem gestern im Wissenschaftsausschuss beschlossenen Gesetzentwurf, den Sie in die Bürgerschaft einbringen wollen. Sie haben sich eben bei der Debatte auch noch einmal auf einen Punkt gestürzt, nämlich auf die sogenannte Nachgelagertheit der Gebühren. Da ist schon die Frage erlaubt: Geht es Ihnen denn bei diesem Gesetzentwurf wirklich um eine breit gefächerte Einführung nachgelagerter Studiengebühren? Genau das glaube ich nämlich nicht und ich möchte dies auch gerne begründen.
Denn in der öffentlichen Anhörung ist von Seiten des Deutschen Studentenwerks ganz klar auf einen Punkt verwiesen worden, nämlich dass die Verschuldungsbereitschaft der Studierenden in Deutschland äußerst gering ist. Sie liegt gerade einmal bei 5,7 Prozent. 5,7 Prozent aller Studierenden in diesem Land, die in Bundesländern leben, die Studiengebühren erheben, haben sich bislang für ein Darlehens- oder Kreditmodell entschieden. Genau darauf spekulieren Sie auch. Denn nicht umsonst müssen die Studierenden mit jedem Semester die Stundung neu beantragen. Sie spekulieren nämlich auf den Umstand, dass die große Mehrzahl der Studierenden die Gebühren wie bisher semesterbegleitend entrichten wird. Deshalb haben Sie auch genau dieses bürokratische Monstrum geschaffen, das in Wahrheit jeden, der die Stundung in Anspruch nehmen möchte, abschrecken soll. Genau darauf spekulieren Sie mit dem Gesetzentwurf.
Im Übrigen, Herr Kleibauer, habe ich mich immer gegen Studiengebühren ausgesprochen und werde das auch in Zukunft so tun. Ich habe Ihnen mit
nichten gestern in der Ausschusssitzung in irgendeiner Art und Weise ein Modell unterbreitet, das dieser Aussage widerspricht.
Ich möchte mich aber noch einmal einem Punkt zuwenden, der mir gerade bei den Beratungen im Wissenschaftsausschuss sehr deutlich geworden ist, nämlich der sogenannten Kappungsgrenze, von der auch schon die Rede war und die in Wahrheit nichts anderes als eine Verschuldungshöchstgrenze ist. Es ist schon darauf verwiesen worden, dass alle Bundesländer, die Studiengebühren eingeführt haben, eine solche Verschuldungshöchstgrenze mit der Einführung der Studiengebühren eingeführt haben. Nordrhein-Westfalen hat 10 000 Euro festgeschrieben. Das entspricht in etwa dem BAföG-Höchstsatz. Man sagt also in Nordrhein-Westfalen, dass Studierende, die, weil sie sozial sehr benachteiligt sind, BAföG in vollem Umfang in Anspruch nehmen und somit diese 10 000 Euro erhalten, mit keinen weiteren Gebühren belastet werden. Hessen, das richtigerweise vor Kurzem die Studiengebühren abgeschafft hat,
hatte 15 000 Euro im Gesetz stehen, sprich die BAföG-Höchstgrenze plus 5 000 Euro Studiengebühren. Wie ist es nun in Hamburg? In Hamburg haben wir mit 17 000 Euro den höchsten Satz. Sie sind also der Meinung, dass den Studierenden in Hamburg zuzumuten ist, sich am meisten im Vergleich zu allen Studierenden im Bundesgebiet zu verschulden. Wie kommen Sie auf diese 17 000 Euro? Selbst wenn man die 10 000 Euro BAföG-Höchstgrenze nimmt und dazu die Gesamtsumme der Studiengebühren von 3 750 Euro addiert, klafft immer noch eine Lücke von weit über 3 000 Euro. Man müsste also, um von Ihrem generösen Akt der Verschuldungshöchstgrenze überhaupt profitieren zu können, 19 Semester lang studieren und BAföG-Höchstbezieher sein.
Das zeigt doch sehr deutlich, dass es Ihnen bei diesem Gesetz überhaupt nicht um soziale Verträglichkeit ging.
Wie in Hessen gab es am 24. Februar in dieser Stadt keine Mehrheit mehr für Studiengebühren. Und es ist Ihre Schuld, meine Damen und Herren von den Grünen, dass wir ein solches Gesetz vorgelegt bekommen.
Glauben Sie mir eines: Wir Sozialdemokraten werden schon dafür sorgen, dass Hamburg dieses nicht vergessen wird. Der Campus jedenfalls wird es nicht vergessen.
Ich bin sehr gespannt auf die Argumentation einer ehemaligen AStA-Vorsitzenden von den Grünen, wie sie dieses Gesetz legitimiert. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.