Lasse Petersdotter
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Es ist gerade eine spannende Zeit, um einmal darauf zu gucken, welche Konsequenzen vergangener Krisen eigentlich verschleppt und versäumt wurden, und darauf hinzuweisen, welche Aufgaben damals identifiziert und welche Antworten versprochen wurden, die nie gegeben worden sind. In diesem Sinne spricht der Antrag des SSW zur Finanztransaktionssteuer eben genau eine solche Maßnahme sehr gut an.
Auch zwölf Jahre nach der Bankenkrise wäre eine Finanztransaktionssteuer notwendig, richtig und sinnvoll.
Damals war das Ziel - das Ziel bleibt aktuell -, die Finanzmärkte zu stabilisieren und die Finanzindus
trie an den Kosten der Krise zu beteiligen. Zwei Aspekte, die umzusetzen uns bis heute nicht gelungen ist.
Besonders spannend ist, dass wir auf der Stabilisierungsebene durch Regulierung Verbesserungen hinbekommen haben. Wann aber wurde eigentlich irgendwann einmal die Finanzindustrie an den von ihr erzeugten Kosten auf irgendeine Art und Weise beteiligt? Ich erinnere mich da eher an keine Maßnahme.
Man hat stattdessen Gewinne privatisiert und Verluste vergesellschaftet. Wer meiner Rede bis hierhin gefolgt ist, erahnt, dass wir mit der FDP, unserem Koalitionspartner, in dieser Sache nicht unbedingt einer Meinung sind.
Aber es nutzt ja nichts. Das Wesen dieser Koalition ist, gerade dann trotzdem ins Gespräch zu gehen und zu gucken, ob man gemeinsame Lösungen hinbekommt. Genau deswegen finde ich es richtig, im Finanzausschuss darüber zu sprechen. Man stelle sich einmal vor, wir kämen zu einem Kompromiss. Was wäre das für ein Fortschritt in dieser sehr festgefahrenen und langwierigen Debatte!
Der SSW ist an den meisten Stellen in seinem Ursprungsantrag schon ganz richtig. Ich würde ihn gern weiterentwickeln. Mal sehen, wie weit wir kommen.
Wir brauchen eine Finanztransaktionssteuer, um insbesondere dem Hochfrequenzhandel entgegenzuwirken. Der Hochfrequenzhandel hat als einziges Ziel, dem Markt strategisch Geld zu entziehen. Der Hochfrequenzhandel hat durch seine Spekulationen keinerlei relevante Bedeutung für die reale Wirtschaft. Er ist kein konstruktiver Teil unseres Wirtschaftssystems. Er ist ein Teil von Spekulationen, an denen wenige verdienen. Das ist nicht gesellschaftlich, sondern egoistisch ausgerichtet.
Jetzt kann ich die Kritik der FDP schon ein bisschen antizipieren. Sie werden sagen, die Kleinanleger würden zu stark belastet. Da möchte ich einmal sagen, dass die Konzepte der Finanztransaktionssteuer immer vorsehen, dass man etwa 0,1 % an Steuern ansetzen würde. Das wäre bei einem Anlagevermögen von 1.000 € 1 €. In der Realität kommen Kleinanleger seltener vor als in FDP-Reden. Die Kleinanleger würde man gar nicht so sehr belasten.
Das zweite Argument der FDP wird die Gestaltung der privaten Altersvorsorge sein. Auch das ist für mich nicht nachvollziehbar. Ich halte diese Kritik für falsch und holzschnittartig. Das Problem ist allerdings, dass der Vorschlag von Olaf Scholz ebenso falsch und holzschnittartig ist, dass es sogar so weit kommt, dass die Kritik der FDP richtig wird.
Spätestens dann habe ich als linker Finanzpolitiker so meine Probleme.
Spätestens dann wird sozialdemokratische Politik ein bisschen zum Verzweifeln. Tatsächlich werden nur Aktienanlagen versteuert und nicht Derivate und andere spekulative Finanzinstrumente. Man besteuert auch nicht Devisen. Der Devisenmarkt ist viel lukrativer, deutlich bedeutender und größer. Nein, stattdessen konzentriert man sich auf die Aktien.
Ausgenommen bleibt zudem der Aktienhandel an einem Tag. Ich habe gerade eben vom Hochfrequenzhandel gesprochen. Da geht es um Millisekunden, nicht um Tage. Wenn man sagt, Aktienhandel, der an einem Tag stattfindet, ist ausgenommen, ist der Hochfrequenzhandel plötzlich völlig raus. Das, was Olaf Scholz nach Jahren der CDU- und SPD-Verschleppung dieser Thematik vorgelegt hat, ist absolut unzureichend und nicht zielführend.
Deswegen handelt es sich nur um ein Aktiensteuerchen und hat nichts mit einer Finanztransaktionssteuer zu tun. Das ist ja schon so ein Wortgebilde, das dazu dient, Politik nicht nachvollziehbar zu machen. Es ist eine Umsatzsteuer auf Finanzgeschäfte. Wir zahlen auf alles Mögliche Umsatzsteuer. Warum nicht auf Finanzgeschäfte, und zwar auf alle Finanzgeschäfte und nicht nur auf kleine Teile, die dann die Falschen belasten würden?
Gegen eine private Altersvorsorge ist gar nichts zu sagen. Auch meine Generation wird sich Gedanken darüber machen, dass die gesetzliche Rente möglicherweise nicht reichen wird, dass wir Gesetzeslücken vor uns haben werden. Dass wir nebenbei in eine TS anlegen, ist kein Problem. Genau diese Leute wollen wir nicht belasten. Wir wollen den Finanzmarkt dadurch stabilisieren, dass wir auf der
einen Seite Hochfrequenzhandel erschweren und damit dämmen und auf der anderen Seite mehr Gerechtigkeit einzieht. Das erreicht die Steuer von Scholz nicht. Für ein besseres Konzept sind wir immer gesprächsbereit. Ich freue mich auf die Debatte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Insgesamt drei Universitäten, zwei künstlerische Hochschulen und vier Fachhochschulen: Schleswig-Holstein hat eine starke und breit aufgestellte staatliche Hochschullandschaft. Rund 11.000 junge Menschen entscheiden sich jedes Jahr für ein Studium in Schleswig-Holstein. Im Vergleich zu 2005, als es etwa 7.000 Personen waren, ist seit der Einführung der Hochschulpakte ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen. Es gibt also einen deutlichen Anstieg, was die Entscheidung für Schleswig-Holstein angeht. Dies ist ein wichtiger Grundstein für das künftige individuelle Leben. Ich glaube, das ist auch eine sehr gute Nachricht für unsere Hochschullandschaft.
Trotzdem bleibt es richtig, dass wir in SchleswigHolstein keine aggressive Wachstumsstrategie verfolgen. Natürlich ist es schön, wenn immer mehr Menschen hier studieren möchten, aber wir müssen auch ein bisschen auf unsere Kapazitäten und darauf gucken, wo unsere Talente liegen. Das Wichtigste bleibt weiterhin, dass die aktuell rund 60.000 Studierenden in Schleswig-Holstein gut und gerne studieren. Unser Ziel bleibt auch künftig, genug akademisches Fachpersonal und Fachkräfte für Wissenschaft, Gesellschaft und Wirtschaft auszubilden. Dafür bildet der Zukunftsvertrag eine sehr gute Grundlage.
Über den Zukunftsvertrag werden bundesweit rund 2 Milliarden € jährlich verteilt. Für Schleswig-Holstein bedeutet das eine Summe von 77 Millionen bis 85 Millionen € im Jahr. Das bedeutet für den Bund jährlich 47 Millionen € für Schleswig-Hol
stein, und das Land beteiligt sich mit 38 Millionen € - jeder einzelne Euro davon ist sehr gut investiert.
Dazu kommt, dass wir die Hochschulen-LandBund-Beziehungen finanziell auf ein neues Finanzierungssystem einstellen, das strategisch ist, das aber auch nachvollziehbarer wird und in den Hochschulen akzeptiert ist. Dass das gelingt, ist nicht einfach. An dieser Stelle möchte ich denjenigen nennen, dem wir das meiner Auffassung nach zu verdanken haben: Der Zukunftsvertrag trägt eine eindeutige Handschrift, auch beim innovativen Ansatz der Finanzierung, und das ist die Handschrift von Oliver Grundei, dem ich für die Arbeit, die er geleistet hat, ausdrücklich danken möchte.
Herr Kollege Dunckel hat es angesprochen, in diesem Zusammenhang werden wir weiter über die Protokollnotiz der Hochschule Flensburg sprechen müssen. Die Hochschule Flensburg hat ein finanzielles Problem, dem wir uns widmen müssen. Das ist unsere Verantwortung. Dieses Problem hat viele Ursachen, aber ebenso viele Lösungen wird es geben können. Insofern begrüße ich es sehr, wenn wir uns im kommenden Jahr und in den darauffolgenden Jahren zusammensetzen werden. Dass die Hochschule Flensburg in ihrer Existenz und Fähigkeit gesichert bleiben muss, steht für niemanden hier infrage.
Der große Vorteil des Zukunftsvertrags ist, dass die Mittel langfristig angelegt und gesichert sind. Das macht den Unterschied zu den Hochschulpakten davor aus. Durch die Entfristung bestehen Planbarkeit und Zuverlässigkeit für die Hochschulen. Nur so entsteht ein Rahmen, der Innovation möglich macht und Freiraum zur Qualitätsentwicklung schafft, für die Entfaltung in einer gewissen Ruhe, um weiter voranzukommen. Das alles gilt nicht nur für die Hochschulen im Gesamten, sondern auch für die Dozierenden im Speziellen.
Deswegen ist es gut, dass wir die Ziele, wie die Hochschulen aufgestellt sein sollen, und die Entfristungsquote im parlamentarischen Raum deutlich ambitionierter gestaltet haben. Mit einer Entfristungsquote von 40 % senden wir eine klare Ansage an die Beschäftigten in den Hochschulen. Darüber freue ich mich sehr; damit stärken wir den Hochschulstandort. Das ist auch zehn Jahre nach Beschluss des Templiner Manifests der Gewerkschaft
für Erziehung und Wissenschaft ein wichtiges Zeichen in die richtige Richtung.
Wir stärken die Hochschulen auch mit der Auflage, dass jede Hochschule bis 2024 ein Diversity-Audit durchgeführt haben oder eine Diversity-Strategie erstellt haben muss. Die meisten Hochschulen haben das bereits getan und sind auf einem guten Weg, andere werden nachziehen. Wenn wir ehrlich sind: Eine Hochschule, die international ernst genommen werden möchte, muss so etwas vorweisen können; das gehört 2020 einfach zum guten Ton.
Der Zukunftsvertrag ist in der Lage, die dynamisch wachsende und gut aufgestellte Hochschullandschaft in Schleswig-Holstein abzusichern. Gut aufgestellt ist sie tatsächlich, auch wenn noch viel Potenzial besteht.
Gestatten Sie mir zum Schluss noch ein paar grundsätzliche Worte, die ich in der jetzigen Situation und in der allgemeinen Debatte, die wir auch heute zu mehreren Tagesordnungspunkten geführt haben, für wichtig und bedeutend halte: Wissenschaft ist wichtig. Gute Wissenschaft ist nicht elitär oder exklusiv. Sie ist egalitär und inklusiv. Sie schafft Chancen und Verständnis. Wir müssen uns als Gesellschaft wieder mehr zur Wissenschaft bekennen, und wir dürfen die Deutungshoheit nicht jenen überlassen, die ihre Ablehnung von Wissenschaft als bodenständig oder subversiv verklären.
In diesem Sinne danke ich all den Menschen, die gestern und heute, zurzeit von zu Hause, sonst in den Bibliotheken, Laboren, Werkstätten und Hörsälen tätig sind. - Vielen Dank für das, was Sie leisten!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich fand die Analysen, die hier vorn stattgefunden haben, sehr spannend und will fast keiner davon widersprechen. Es ist tatsächlich ein wahnsinnig teurer Kredit, wenn man das berücksichtigt, was Kollege Kilian angesprochen hat. Unsere Aufgabe ist es aber nicht, das Recht zu interpretieren und auszulegen, sondern es anzupassen, das heißt zu verändern, wenn es unzureichend ist.
Die Analyse ist ja richtig; aber wir müssen danach zu anderen Schlüssen kommen, weil Probleme tatsächlich bestehen.
Ich kann nachvollziehen, dass man zu der Abwägung kommt, dass es kein besonders guter Kredit ist, den man da eingeht. Für viele Menschen in der konkreten Situation ist das aber nicht die Abwägung. Sie stehen nicht vor der Frage: Ist das der bessere Kredit, oder gehe ich zur Bank? - Letzteres ist schwierig, wenn ich keinen Job habe oder nur wenig Kurzarbeitergeld bekomme. Die Frage, vor der diese Menschen stehen, ist: Wie wohne ich in den nächsten drei bis vier Monaten? - Das ist ein großes Problem für viele Menschen.
Dann finde ich, dass sich jemand, der behauptet, das sei kein echtes Problem, auf sehr dünnem Eis bewegt.
Wir haben hier ein Problem!
Wenn wir uns angucken, wie viel die Menschen für ihre Miete schon vor der Coronakrise ausgeben mussten, das heißt, wie viel Prozent vom monatlichen Einkommen das ausmachte - 40 %, 50 %, teilweise weit mehr -, und wenn wir dann die Gegenrechnung aufmachen, was an Kurzarbeitergeld gezahlt wird, dann können wir uns durchaus erschließen, dass das nicht hinhaut.
Natürlich wird die Miete trotzdem gezahlt, und natürlich wird der Strom trotzdem gezahlt. Das bedeutet aber nicht, dass die soziale Härte nicht bestünde. Klar ist, dass die Priorität gerade jetzt natürlich genau dort liegt: Als Allererstes bezahle ich die Miete. Als Zweites bezahle ich den Strom. Erst dahinter kommt alles andere. - Genau diese Abstriche sollten die Menschen in dieser Zeit nicht machen müssen.
Wenn wir immer wieder sagen, dass wir, weil wir alle in dieser Situation sind, auch alle zusammenstehen müssen, dann muss uns bewusst sein, dass wir zwar alle im selben Sturm sind, aber längst nicht im selben Boot. Genau diese unterschiedlichen Härtesituationen muss die Politik abwägen. Die Analysen müssen die richtigen sein, und die Folgerung muss lauten, dass wir den Menschen in diesen Härten helfen.
Denn nur so kann es uns gelingen, Akzeptanz tatsächlich auch langfristig zu erreichen. Das gelingt nicht, wenn innerhalb von wenigen Stunden - richtigerweise! - über Wirtschaftshilfen entschieden, aber monatelang über soziale Hilfen diskutiert wird. Genau dann geht die Akzeptanz verloren. Deswegen war es ein Problem, dass dieses Thema so diskussionslos und leise dahingedriftet ist und das Mietenmoratorium ab Juli 2020 einfach weg war, und zwar ersatzlos. Das Problem blieb bestehen; aber die Lösungen sind wir weiterhin schuldig geblieben. Wir sollten uns mit Expertinnen und Experten zusammensetzen und die Probleme des Alltags erörtern aus der Perspektive der Vermieterseite, aber gefälligst auch aus der Perspektive der Mieterseite. Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Terrorismus hat immer das Ziel, eine Gesellschaft durch Angst und Schrecken zu destabilisieren. Dabei geht es nicht nur um ein diffuses kollektives Empfinden und eine politische Polarisation in einer Gesellschaft; es geht auch explizit um das Schüren ganz persönlicher Ängste und von Ressentiments, um das Säen von Argwohn und um das Zurückziehen auf sich selbst, auf diejenigen, die einem ähnlich erscheinen beziehungsweise die man für ähnlich hält. Das gehört zu den zentralen Zielen der Taten von Nizza, Paris, Dresden, Wien und an vielen anderen Orten weltweit, an denen islamistischer Terror mordet und tyrannisiert.
Unsere Aufgabe muss es sein, diesem Plan - und es ist ein expliziter Plan, eine eindeutige Strategie nicht auf den Leim zu gehen. Deswegen spreche ich auch im Namen meiner Fraktion den Opfern und den Hinterbliebenen mein tiefes Beileid aus.
Ich spreche auch den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, die in den sehr unübersichtlichen Terrorlagen tätig werden müssen, meinen Dank aus.
Diese Terrorlagen gehen immer mit einer hohen Gefahr für das eigene Wohlergehen und die eigene Gesundheit einher, und in den ersten Minuten herrscht viel Durcheinander. Meist ist zunächst von mehreren Täterinnen oder Tätern die Rede.
Die furchtbaren Anschläge der letzten Wochen müssen einmal mehr Anlass sein, unsere Strategien
gegen den Islamismus auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen und sie gegebenenfalls zu verbessern. Es geht darum, sie auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen, nicht auf ihre Stammtischfähigkeit.
An dieser Stelle will ich aus dem AfD-Antrag nur einen Punkt herausziehen, den Begriff „politischer Islam“. Das ist ein Kampfbegriff, der verwendet wird, um zivilgesellschaftliches Engagement von Musliminnen und Muslimen zu erschweren und im Zweifelsfall zu kriminalisieren. Das, was die AfD durch die Verwendung dieses Begriffs am Ende des Tages wünscht, ist, dass Musliminnen und Muslime nicht aktiv werden, dass sie nicht das machen, was Kollege von der Heide hier angesprochen hat, zum Beispiel gemeinsam mit jüdischen und christlichen Gemeinden für die Verankerung berechtigter religiöser Interessen in der Landesverfassung einzutreten. Genau das ist es, was Sie stört. Sie wollen Musliminnen und Muslime in der Gesellschaft unsichtbar machen und so zivilgesellschaftliches Engagement verhindern, zumindest erschweren.
Das ist genau nicht der Weg, den wir gehen möchten. Wir stehen an der Seite muslimischer Gemeinden in Schleswig-Holstein, sowohl im Kampf gegen Islamismus als auch im Kampf gegen Sie, Herren von der AfD.
An dieser Stelle sei mir das Eingehen auf eine Frage gestattet, weil die Debatte in den letzten Wochen einen bestimmten Drive bekommen hat: Sind politisch linke Kräfte in Deutschland eigentlich konsequent genug in der Ablehnung islamistischer Umtriebe, und grenzt man sich ausreichend von diesen ab?
Um diese Auffassung zu haben, muss man schon sehr ignorant sein, was politisch linke Kräfte, gerade solche aus der kurdischen Community, und was queere Muslime in Deutschland angeht. Migrantische linke Kräfte weisen seit Jahren darauf hin, was für islamistische Umtriebe es auch in Deutschland gibt. Sie weisen darauf hin, dass das ein Problem, eine Gefahr ist.
Die meisten Opfer von islamistischen Übergriffen und Morden sind übrigens immer noch Muslime. Deshalb müssen wir genauer hinschauen. Dort sitzt Expertise, die leider viel zu oft übersehen wird.
Islamismus ist dezentral organisiert; das macht es so wahnsinnig schwierig. In der Forschung spricht man auch von „Franchise-Terrorismus“. Jeder kann sich - wie bei McDonalds - die Idee auf die Fahne schreiben und gilt dann als Teil des Gesamtkonzerns. Das macht auch die Beobachtung schwer. Das bedeutet für uns, dass wir noch viel mehr hinschauen müssen. Deutlich wird auch: Islamismus hat keine Nationalität.
Wir müssen zusehen, dass wir die Szene weiterhin im Fokus der Beobachtung behalten. Wir dürfen aber auch bei der Beobachtung von Einzelpersonen nicht nachlassen. Wir lassen die Angst, den Schrecken und die gesellschaftliche Stabilisierung durch islamistische Kräfte in dieser Gesellschaft nicht zu. Wir reagieren mit Mut, Aufklärung und sicherheitspolitischer Entschlossenheit. - Vielen Dank.
Herzlichen Dank, Herr Minister Buchholz. - Sie haben gerade davon gesprochen, dass viele Unternehmen, die jetzt in der Krise sind, Mindestlohn zahlen und dass eine besondere Belastung entstünde, wenn man einen höheren Lohn verlangen würde. Besteht die Belastung aber nicht auch bei denen, die einen geringeren Lohn erhalten?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Man stelle sich einmal vor: Man hat Geld, aber niemand weiß etwas davon. Das ist individuell zwar nachvollziehbar und eigentlich auch gar kein Problem, es wird aber dann zur Schwierigkeit, wenn man nicht mehr auffindbar oder nachdem man verstorben ist. Es ist durchaus ein relativ häufiger Fall, dass Menschen kürzer oder länger vor ihrem Versterben umziehen und ihre neue Meldeadresse bei ihrer Bank nicht angeben. Dadurch existieren dort Konten - gar nicht mit großen Summen -, die nicht mehr zuordenbar sind. Dann geht die Bank oder der Finanzdienstleister so vor, dass man erst einmal beim Einwohnermeldeamt nachfragt: Was ist denn mit der Person, habt ihr dazu ir
gendwelche Informationen? Außerdem sucht man in der Umzugsdatenbank der Deutschen Post.
Oft gibt es aber auch dann keine näheren Informationen, wie man die Person, der das Geld gehört, irgendwie erreichen kann oder etwaige Erbinnen oder Erben erreichen könnte. Das Ganze versucht man dann über 30 Jahre - jedoch nicht im Wochentakt. Nach 30 Jahren kommt in der Regel die letzte Abfrage. Wenn es dann immer noch niemanden gibt, dem man das Geld zuordnen könnte, dann wird das Ganze einfach als Gewinn der Bank verbucht.
Ich glaube, wir sind uns darin einig, dass das Geld sinnvoller ausgegeben werden kann. Anstatt das Geld im Rauschen der Banken untergehen zu lassen, wollen wir es gern sozial-ökologischer Innovation zuführen. Ich glaube, das wäre etwas, was sowohl Start-ups als auch anderen gemeinnützigen Organisationen durchaus helfen könnte und unsere Gesellschaft im Gesamten voranbringen würde. Da es sich um eine Summe von bis zu 9 Milliarden € handelt, lohnt es sich durchaus, über dieses Thema intensiv zu sprechen.
Das Thema ist nicht ganz neu, und es ist auch nicht das erste Mal, dass man die Idee aufbringt. Andere Länder haben es deutlich sinnvoller gelöst, und zwar die meisten anderen Länder. Deswegen braucht es auch in Deutschland eine solche Regelung.
Deutschland ist das einzige G-7-Land, das keine klare Rechtslage zur Verwendung solcher Mittel hat. Allein schon deswegen braucht es eine Rechtssicherheit - sowohl für die Finanzdienstleister als auch für die Menschen, die Anrecht auf dieses Geld haben. Dieses Anrecht sollen sie bitte sehr nicht verlieren. Wer ein berechtigter Erbe ist, soll dieses Geld auch weiterhin erben können.
Wir wollen also die unsichere Rechtslage ändern und das Geld einer sinnvollen Verwendung zuführen. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass man nach zehn bis 15 Jahren diese Mittel als nachrichtenlos deklariert. Nachrichtenlos nach zehn bis 15 Jahren mag ein bisschen schnell klingen, aber wir müssen auch berücksichtigen, dass das Geld zum Beispiel in den USA bereits nach einem Jahr als nachrichtenlos gelten kann und in Australien nach drei Jahren. Bei dieser Frist von zehn bis 15 Jahren habe ich mich im Wesentlichen an der Schweiz, Japan und Korea orientiert, die die Regelung so getroffen haben.
Es sollte vielleicht auch nicht nur um Bankkonten gehen. Wir können auch darüber sprechen, wie es mit anderen Vermögen wie zum Beispiel Wertpapieren aussieht, und ob die dort auch eine Berücksichtigung finden können, denn viel Vermögen ist selbstverständlich dort angelegt, spätestens seitdem es keine Zinsen mehr gibt.
Das Ganze kann sinnvoll registriert werden. Ich finde den Vorschlag aus der SPD sehr gut.
Dann wird man natürlich darüber sprechen, wenn es dort eine Summe X gibt, wie sie verwendet wird. Da gibt es unterschiedliche Vorschläge. Wir haben die Vorschläge der SPD gehört, wir haben unsere Vorschläge,7 orientiert an der Gemeinnützigkeit, aber auch an Start-ups. Auch hier geht es in jedem Fall in etwas Sinnvolles. Aber es gibt auch eine sehr prominente Forderung nach einem Social-ImpactFonds, die, so glaube ich, es wert ist, im Ausschuss diskutiert zu werden und über die wir uns weiter unterhalten können. Dieser wird von der KfW verwaltet, wir haben hier also eine ganz gute Institution, die ihren Blick darauf hat, wie die Mittel verwendet werden.
Ich freue mich also auf die Debatte im Ausschuss, wo wir mit Sicherheit in der Anhörung oder in anderen Verfahren noch einige sinnvolle Informationen zu dem Vorschlag finden und dann gut gerüstet damit in den Bundesrat gehen können; denn wie es jetzt ist, ist es nicht sinnvoll geregelt, auch wenn es irgendwie Wege gibt. Wir können auch hier durch kleine Veränderungen durchaus Großes erreichen und so die Gesellschaft voranbringen. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich bin davon überzeugt, dass kaum ein anderer Bereich der Bildung im 21. Jahrhundert so sehr an Bedeutung gewinnen wird wie der Weiterbildungsbereich. Weiterbildung ist ein Ansatz - das ist nicht neu, wird aber immer relevanter -, der zeigt, dass man nach Schule, Ausbildung und Studium einfach nicht ausgelernt hat.
In einer Gesellschaft, in einer Welt, die sich immer schneller dreht, in der es immer mehr Herausforderungen gibt, gibt es immer mehr Situationen der individuellen Überforderung - sei es Digitalisierung, sei es ein gesellschaftlicher, ein kultureller Wandel. All das fordert uns heraus. Damit diese Herausforderungen und die teilweisen Überforderungen nicht zu Frustration, zum Zurückziehen und zum SichAbgrenzen von den Entwicklungen führt, müssen wir ernsthaft über eine neue Weiterbildungskultur in Betrieben und Gesellschaft sprechen.
Das muss im Interesse der Arbeitgeber sein.
Es liegt auch in der Verantwortung von Arbeitgebern, ihre Beschäftigten in die Lage zu versetzen, die Herausforderungen, die der Job so bringt, bewältigen zu können. Das ist mit einer Ausbildung nach dem 18., 19., 20. Lebensjahr nicht durch. Selbst nach dem Studium ist das lange noch nicht
durch. Man wird immer wieder nachbessern müssen.
Es gibt - gerade im technischen Bereich - Erkenntnisse darüber, dass Leute für den individuellen Bereich weiter- und fortgebildet werden. Wenn ein Betrieb eine neue Maschine anschafft, gibt es natürlich eine Fort- und Weiterbildung - die allerdings oft von der Versicherung gefordert wird. Da gibt es andere Anreize.
Auch darüber hinaus wird es in der Zukunft nicht möglich sein, dass nur die nachfolgenden Generationen zum Beispiel in der Digitalisierung die Herausforderungen übernehmen. Man muss dem bestehenden Personal immer wieder die Befähigung vermitteln, sodass es von seinen alltäglichen Aufgaben nicht überfordert wird.
Ein ganz wichtiger Bereich der Fort- und Weiterbildung ist: Weiterbildung bedeutet Bildungsgerechtigkeit im Alltag. Das ist ein Aspekt, bei dem es immer wieder schwierig ist, sein eigenes Leben herumzureißen. Wenn man drei-, vier-, fünfmal im Leben die falsche Abzweigung gegangen ist, muss das okay sein. Wir müssen es Menschen zugestehen, nicht immer ideal zu entscheiden und in ihrem Bildungsweg nicht immer so wahnsinnig rational gewesen zu sein. Es kann nur gut und richtig sein, wenn man sich auch im höheren Alter noch weiterund fortbilden kann, um vielleicht mit den Schwierigkeiten, mit denen man auf die Welt gekommen ist, fertig zu werden, oder die Schwierigkeiten, in die man hineingeboren wurde, zu überwinden, das Ruder herumzureißen und die Welt für sich selbst und die eigene Familie zu verändern. Insofern kann der Gedanke der Bildungsgerechtigkeit im Alter der Weiterbildung eine ganz neue Bedeutung geben und unsere Gesellschaft bedeutend gerechter machen.
Darüber hinaus macht Weiterbildung Spaß. Die Idee eines rein interessengeleiteten und neugierorientierten Bildungsbegriffs ist uns leider in vielen anderen Bildungseinrichtungen nicht den ganzen Tag über geläufig. Es gab auch bei mir in der Schule Bereiche, die mich nicht immer interessiert haben. Sie waren alle wichtig, aber das, was ich dort gelernt habe, war nicht immer von reiner Neugier geleitet. Das ist okay. Es gibt Dinge, die man gelernt haben sollte, die zum Grundrüstzeug gehören. In der Weiterbildung aber kann ich es mir selber aussuchen. In der Weiter- und Fortbildung kann ich sagen: Ich möchte jetzt Italienisch, Dänisch oder was auch immer lernen. - Ich kann sagen: Ich
möchte gerne kochen lernen, ich möchte gerne Yoga lernen. - All das gehört zum Menschen dazu und kann eine wahnsinnig zufriedenstellende und Spaß bringende Erfahrung sein.
Die freiwillige Idee von Weiterbildung haben wir in der Coronazeit durchaus erlebt. Viele von uns haben sich doch Gedanken gemacht: Okay, ich habe ein paar mehr Freiräume. Was mache ich mit den Freiräumen?
Ich will nicht dafür werben, dass jeder die Freiräume, die er in seiner Coronazeit freiwillig oder nicht freiwillig erlebt hat, möglichst effizient genutzt und Mandarin gelernt haben muss. Keine Frage. Aber es gab den einen oder anderen Menschen, der sich einmal ein YouTube-Video angeschaut hat, wie man häkelt oder was auch immer macht, was man vielleicht vorher nicht gemacht hat. Es ist großartig, das von Zuhause, vom Mittagstisch oder von der Couch aus, machen zu können.
Bildung ist etwas Tolles. Bildung für alle ist die beste Form von Bildung. Genau das ist es, was sich die Volkshochschulen seit über hundert Jahren auf die Fahnen geschrieben haben.
Die Volkshochschulen sind eine der wenigen Bereiche, die wirklich das erreichen, was wir hier immer wieder sagen. Sie sind in der Fläche vertreten. Ich sehe auf ebenbürtiger Ebene eigentlich fast nur noch die Feuerwehren und die Sportvereine, die es schaffen, so in der Fläche und im ländlichen Raum vertreten zu sein, wie es die Volkshochschulen mit insgesamt 145 Volkshochschulen in Schleswig-Holstein an 232 Standorten sind. Das muss man erst einmal schaffen.
Da geht es natürlich von A bis Z, von Gesundheitsbildung über Grundbildung, die wir in der Koalition gestärkt haben, bis hin zu Meditationskursen, all das, was den Menschen ausmacht und ihn interessieren könnte, es gibt ein wahnsinnig breites Angebot und auch ein unglaublich gut digitalisiertes Angebot. Die VHS-Cloud ist wirklich gut gemacht. Dafür kann man einmal werben. Wir als Koalition haben die Volkshochschulen darin sehr bestärkt mit unseren zusätzlichen Mitteln für Digitalisierung.
Ich finde den Vorschlag des SSW gut und freue mich darauf, im Ausschuss näher darüber zu diskutieren. Ich möchte den Begriff aber weiter fassen, ich möchte, dass wir auch über andere Initiativen sprechen, wie zum Beispiel opencampus, die seit 2014 hochprofessionell in Kiel und darüber hinaus
im Zusammenhang mit den Hochschulen, aber nicht nur an den Hochschulen, Weiterbildungsangebote schaffen, für die man sowohl Leistungspunkte bekommen als auch sich einfach so interessieren kann.
Ich habe in einem Kurs, den ich dort zum Thema Social-Media-Arbeit in der Politik gegeben habe, meinen ehemaligen Informatiklehrer getroffen. Er saß dort im Publikum und hat gesagt: „Ich wollte einmal gucken, was ihr da alles so treibt.“ Das ist doch eine herausragende Zusammenkunft, die dort ermöglicht wird.
Das Weiterbildungsgesetz schafft gute Grundlagen, über die wir im Ausschuss weiter diskutieren werden. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Das Haushaltsjahr 2020 hat gezeigt, dass Haushaltspolitik oft dynamischer als ihr Ruf ist und dass es unsere Aufgabe ist, verantwortungsbewusst wirksame Hilfen zu ermöglichen und darüber hin
aus den finanziellen Rahmen für geeignete gesundheitspolitische Maßnahmen und deren Umsetzung zu schaffen. Das haben wir in den letzten Monaten gemacht, und es hat uns geprägt. Es hat aber auch gezeigt, dass Haushaltspolitik in der aktuellen Lage wenig planbar und immer herausfordernd ist. Sie muss in einer Geschwindigkeit im Vollzug stattfinden, die wir so in der Vergangenheit nicht erlebt haben.
Deshalb gilt mein besonderer Dank - das möchte ich an den Anfang stellen - an erster Stelle dem Finanzministerium, allen vorweg der Finanzministerin Monika Heinold, aber eben auch dem gesamten Haus, stellvertretend Frau Reese-Cloosters. Vielen Dank für die herausragende Arbeit, die dort geleistet wird!
Ich danke aber auch meinen Kolleginnen und Kollegen Ole Plambeck und Annabell Krämer und insbesondere Beate Raudies und Lars Harms. Wie wir im Finanzausschuss zusammen diskutieren und um bessere Möglichkeiten ringen, ist, glaube ich, in der aktuellen Situation herausragend. Die parlamentarische Kontrolle ist anders als in vielen anderen Bundesländern durch die Tatsache gewährleistet, dass jede Veränderung des hier beschlossenen Haushaltes und jede weitere Verausgabung von Mitteln in Schleswig-Holstein durch den Finanzausschuss bestätigt werden muss. Der Nachtragshaushalt und die beschlossenen Ausgaben werden dadurch vom Parlament noch einmal ganz anders kontrolliert und legitimiert.
Die Zusammenarbeit mit der Opposition ist eine der wichtigsten Säulen der letzten Monate. Das geschieht in der Kontroverse, aber auch im konstruktiven Miteinander. Wenn es darauf ankommt, finden wir eine Lösung. Der jüngste Höhepunkt dieser Kultur war das gemeinsame Nothilfepaket.
150 Millionen € für Testkapazitäten, Infektionsprävention und die Aufstockung des Härtefallfonds, 425 Millionen € für den Stabilitätspakt mit den Kommunen, 2,5 Milliarden € für Infrastrukturinvestitionen und vieles mehr: Schulbau, Digitalisierung und Kultur, Bildung, UKSH, sozialer Wohnungsbau. Viele Schwerpunkte wurden gesetzt.
Mir sei die persönliche Anmerkung gestattet: Ich finde, das Gesamtprogramm ist durch die Beteiligung der SPD nicht schlechter geworden. Es freut mich sehr, dass SPD und SSW ihre Perspektiven eingebracht haben.
Dieses Paket steht für Zusammenhalt und Solidarität. Zu den von mir genannten Maßnahmen kommen noch rund 1,3 Milliarden € Steuerkompensation und 1,4 Milliarden € Kompensation der strukturellen Defizite der kommenden Jahre. Wir bewegen hier Summen, die sonst in ganzen Haushalten einen großen Anteil ausgemacht hätten.
Um einmal auf die Tilgung zu gucken, möchte ich einmal ein kleines Beispiel bringen. Ich bin nicht ein großer Fan davon, zu versuchen, es alles plastischer zu machen. Wir müssen einmal gucken: 50 Millionen € jährliche Tilgung ab 2024. Es wird dann aufsteigend mehr, das ist in einem wachsenden Haushalt auch sehr sinnvoll. Ein kleines Beispiel hierzu: Mesut Özil wurde 2013 von Real Madrid zum FC Arsenal für 50 Millionen € vergeben. Das ist etwa die Größe, mit der wir hier arbeiten. Daraus lässt sich entweder schließen, dass es sehr gut machbar ist oder dass Fußballspieler viel zu teuer gehandelt werden. Das können wir ein andermal diskutieren.
In der Summe diskutieren wir hier einen sehr tragfähigen Haushalt, der durch diese Kredite überhaupt erst ermöglicht wurde. Die Landesregierung legt uns heute einen Haushaltsentwurf über 13 Milliarden € vor. Das steht - wie der gesamte Haushalt - für Verlässlichkeit. Der Haushalt ruft nicht die Revolution aus, er ist offensichtlich kein Haushalt für den Wahlkampf, der sagt: Heute passiert das, und übermorgen passiert jenes. Es ist ein Haushalt der Solidität, der das Maß an Verlässlichkeit bieten möchte, das in diesen Tagen überhaupt versprochen werden kann.
Bisherige Schwerpunkte werden fortgesetzt: Digitalisierung, Klimaschutz und Bildung. Es ist sinnvoll, diese Schwerpunkte fortzusetzen, denn hier zu kürzen, zu sparen oder sich zurückzunehmen, wäre für die kommenden Generationen ein großes Problem.
Es macht mich natürlich besonders froh, wie viel Geld durch diesen Haushalt erneut in die Hochschulen dieses Landes fließt, und wie diese Mittel ungeachtet von Corona durch die unterschiedlichen Verträge und Pakte, die geschlossen wurden, aufgestockt wurden. Hier ein großer Dank an unsere Wissenschaftsministerin Karin Prien: Es ist wichtig, dass wir starke Hochschulen im Land haben. Wir
haben in den letzten Monaten gesehen, dass Wissenschaft nicht im Elfenbeinturm passiert, sondern alltäglich unser Leben beeinflusst und besser machen kann.
Die Koalition kommt in ihrem Kurs voran, auch wenn zurzeit keine großen Sprünge möglich sind, aber: Nützt ja nix! Wir sind im Land schon oft in der Situation gewesen, weniger Geld zur Verfügung zu haben, als wir es gerne gehabt hätten. Wir sind die Situation der engen finanziellen Spielräume durchaus gewohnt. Die Finanzministerin hat eben ein bisschen die schwäbische Haushaltsdisziplin angesprochen, von der ich persönlich kein Fan bin.
Ich glaube aber, dass wir mit wenig Geld viel mehr erreichen können, als man uns manchmal zutraut. Dieses Talent können wir in den kommenden Jahren einmal erneut unter Beweis stellen. Genau das werden wir tun: Wir werden den engen Spielraum nutzen. Er wird enger, trotz Kredite und freiwerdender Mittel, die wir durch IMPULS anders verwenden können, trotz der kommenden Handlungsbedarfe, die noch offen und nicht beantwortet sind. Wir werden trotzdem handlungsfähig sein.
Wer kann schon sagen, was überhaupt in den kommenden Jahren passiert? - Allein in den letzten 48 Stunden hat sich wieder alles verworfen. Wir haben vorher so viel geplant und überlegt. Mal sehen, was jetzt in den nächsten 48 Stunden passiert! Allein das neue Bundesprogramm, das ankündigt, 75 % des Umsatzes auszugleichen: Ich hoffe, dass der Bund die 10 Milliarden € noch aufstockt, um diesem Versprechen wirklich Taten folgen lassen zu können. Ich erwarte eine schnelle Reaktion des Bundesfinanzministers und eine schnelle Zusage, dass es gelingt.
Darüber hinaus verändert sich aber auch die Logik der Hilfen. Man möchte jetzt Umsätze ausgleichen und nicht wie bisher Kosten. Peter Altmaier fordert darüber hinaus auch, den Unternehmerlohn auszugleichen. Das bedenkend muss man schon sagen, dass sich auch die Bewertung der Hilfen für Kulturschaffende und Soloselbstständige verändert, die natürlich auch von diesen Mitteln in gleichem Maße profitieren können wie andere Unternehmen.
Ich möchte bei den Unternehmen dringend appellieren, dass diese Kompensation von 75 % nicht nur eine Hilfe für das Unternehmen als Institution und für den Unternehmer als verantwortlicher Person zu
verstehen ist, sondern explizit auch für die Beschäftigten, die in diesen Betrieben arbeiten. Sicherlich ist es nicht so, dass Angestellte mit guten Arbeitsverträgen in Sorge geraten müssen. Aber gerade Angestellte, die zu den geringfügig Beschäftigten gehören und keine Arbeitsverträge mit festen Lohnzusagen haben, die mit ihrem Stundenlohn das erwirtschaften, was sie am Ende des Monats bekommen, müssen von diesen Maßnahmen berücksichtigt werden. Dort sind anständige Unternehmer in der Verantwortung und Politiker in der Pflicht, die Rahmenbedingungen richtig zu setzen.
Haushalte berücksichtigen oft das, was man für das kommende Jahr vermuten und relativ sicher voraussagen kann. Das ist jetzt in dieser Lage, wie beschrieben, sehr schwierig. Wir berücksichtigen beispielsweise im Haushaltsentwurf keine etwaige zweite Welle oder einen Impfstoff. Es wäre unseriös gewesen zu versuchen, das zu antizipieren. Die in den letzten Tagen beschlossenen Einschränkungen werden aber dazu führen, dass sich die Steuereinnahmen an der einen oder anderen Stelle noch weiter verschlechtern können. Auf der anderen Seite sehen wir an den in diesen Minuten von Peter Altmaier veröffentlichten Konjunkturerwartungen für das dritte Quartal, dass einiges vielleicht doch etwas besser läuft, als wir es vermutet haben.
Es ist nicht einfach vorherzusagen, was uns im kommenden Jahr erwartet und wie wir einen soliden, planbaren Haushalt aufstellen können. Wir werden eben aber auch in den kommenden Monaten nicht mehr Gewissheit haben können als in den vergangenen Monaten. Wir haben aber gezeigt, dass wir damit umgehen können.
Es besteht dadurch aber auch viel Raum für Debatten über den besten Weg. Diese Debatten möchte ich sehr gern führen. Beim selbsternannten Bund der Steuerzahler bin ich mir nicht immer sicher, in welchem Interesse der Steuerzahler er spricht, aber das einmal dahingestellt. Ich richte mich daher lieber an den Debattenbeitrag des Landesrechnungshofes, den ich sehr respektiere. Der Landesrechnungshof hat angeregt, wieder einen Personalabbau oder zumindest eine Nichtbesetzung von auslaufenden Stellen in den Blick zu nehmen.
Ich warne vor dieser Logik. Als Reaktion auf die Börsen- und Finanzkrise 2008 und 2009 haben wir diese Debatte sehr intensiv geführt. Was dabei am Ende herauskam, hat sich nicht gelohnt. Es war rückblickend nicht sinnvoll. Ich kann die Entscheidung von damals sehr gut nachvollziehen, aber wir merken gerade jetzt an vielen Stellen, dass Personal, welches man eingespart hat, fehlt.
Bei der Forderung nach Personalabbau wird immer gesagt, hier könne man sparen, aber natürlich nicht in den wirklich wichtigen Bereichen. Ich finde es nicht einfach, im staatlichen Geflecht zwischen wichtigen und unwichtigen Bereichen zu differenzieren. Manchmal weiß man von den unwichtigen Bereichen nicht genug. Zumindest geht es mir oft so.
Nehmen wir einmal das Argument, das auch Herr Alois Altmann in der Anhörung, die wir im Ausschuss dazu gemacht haben, angesprochen hat, man solle nicht Personalabbau in den wichtigen Bereichen wie Gesundheit, Sicherheit, Steuerverwaltung, Bildung, Wissenschaft und so weiter vollziehen. Was bleibt denn dann noch? - Wenn wir UKSH, die Polizei, die Schulen, die Hochschulen, die Krankenhäuser, die Feuerwehr und die Steuerverwaltung vor die Klammer ziehen, dann bleibt nicht mehr viel. Dann sind vielleicht einzelne Bereiche übrig, von denen wir nicht immer alle gleichzeitig betroffen sind, zum Beispiel Forstwirtschaft oder schießmichtot.
Ich warne sehr davor anzunehmen, dass die Personalabbaudebatten hier irgendeine Lösung mit sich bringen würden. Wir werden anders mit diesem Problem umgehen müssen.
Ja, die Tilgung wird in den kommenden Jahren hart sein. Das ist aber vornehmlich eine Vorgabe der Schuldenbremse, zu der ich gleich gern noch kommen möchte.
Sparen statt Kreditaufnahme in einer Niedrigzinsphase während einer ökonomischen Krise - das wäre mehrfach absurd, und wir wären schlecht beraten, wenn wir das täten. Ein kleines Beispiel - das ist nur ein Modellbeispiel, weil reale Beispiele zurzeit kaum funktionieren, man hat es bei dem MesutÖzil-Beispiel gerade gemerkt -: Wenn wir die Verschuldung zurzeit ins Verhältnis zu unseren Einnahmen setzen, dann sind wir etwa doppelt so stark verschuldet wie wir Geld einnehmen, teilweise sogar noch ein bisschen mehr, und es wird auch noch mehr. Aber nehmen wir das Doppelte. Bei einem normalen wirtschaftlichen Verlauf entspräche das 2075 nur noch 50 % im Verhältnis zu unseren Einnahmen und 2100 nur noch 25 % im Verhältnis zu unseren Einnahmen. Dabei ist kein Euro getilgt.
Das hat damit zu tun, dass am Ende die Wirtschaftskraft und damit auch die Staatseinnahmen für dieses Land gewachsen sind. Das haben wir in der Vergangenheit gesehen, und das werden wir auch in der Zukunft sehen. So zuversichtlich bin ich auf jeden Fall. Ein Staat kommt nicht wirklich durch Tilgung aus seinen Schulden heraus, sondern wächst aus seinen Schulden heraus. Auch dieser Realität müssen wir uns stellen.
Damit das allerdings gelingt, brauchen wir eine funktionierende Wirtschaft, und dabei möchte ich sehr klar sagen: Es gibt in der Coronapandemie keinen Widerspruch zwischen Gesundheit und Wirtschaft. Das beste Konjunkturpaket ist eine Bewältigung der Pandemie.
Trotzdem gibt es natürlich Härten und auch Konflikte im Alltag. Es wird in der jetzigen Situation viele Anpassungen geben müssen, aber es wird auch viele strukturelle Anpassungen geben müssen. Das gilt meiner Auffassung nach eben auch für die Schuldenbremse. Warum sollte diese Regelung aus dieser Krise unverändert herauskommen, wenn sich doch so viel verändern wird? Sie darf bei der Erholung nach der Pandemie nicht im Weg stehen. Genau diese Sorge habe ich, wenn wir uns die Regeln der Tilgung ansehen, die wir - womöglich nach den ersten Jahren wieder positiver Haushaltsergebnisse - zu erwarten haben, wenn wir uns ansehen, dass Mittel der konjunkturellen Tilgung sofort wegfallen, wenn dann die ersten Mittel auch wieder direkt in die Tilgung gehen müssen.
Ich habe Sorge vor einem Stillstand nach der Pandemie. Das wird uns wirtschaftlich auf jeden Fall nicht voranbringen. Das gilt auch für den Bund. Er hat einen der niedrigsten Schuldenquoten aller industrieller Länder. In einer Zeit gleichzeitig negativer Zinsen für Bundesanleihen ist doch sehr absurd, sich gerade nur zu große Sorgen um Schuldenberge zu machen; denn wir haben auch noch andere Herausforderungen, vor denen wir stehen.
Es wird Sie nicht wundern, welche ich anspreche: Wir können auf die Klimakrise nicht erst dann mit Krediten reagieren, wenn das Wasser in unseren Städten und Dörfern steht. Das ist zu spät. Das ist eine Schwäche der Schuldenbremse. Wir werden so nicht vor die Krise kommen und werden auch so die Krise nicht bewältigen können. Wir werden allerdings alle aus den unterschiedlichen Krisen, die wir so im Laufe unseres Lebens - die Coronakrise
gilt als eine der großen politischen und Staatskrisen - so erleben werden, lernen müssen.
Denn eines ist klar trotz aller Ungewissheit, die wir dieser Tage erleben: Wir sind krisenfest, handlungsfähig und entschlossen, und wir werden ermöglichen, was es braucht, um gut durch diese Zeit zu kommen. Das gilt finanzpolitisch, gesundheitspolitisch, wirtschaftspolitisch. Unsere Aufgabe als Haushälter ist, den Rahmen dafür zu schaffen und zu ermöglichen, was es braucht. Wir sind handlungsfähig und krisenfest. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Die Reform des kommunalen Finanzausgleichs gehört mit Sicherheit zu den komplizierteren Herausforderungen jeder Legislatur. Das war auch jetzt der Fall. Es war mit Sicherheit 2014 auch der Fall. Zu den Abläufen werden wir bestimmt noch ausführliche Debatten führen.
Der kommunale Finanzausgleich macht den zweitgrößten Titel des Landeshaushalts nach den Personalausgaben aus. Das zeigt, um wie viel es geht. Mit knapp 2 Milliarden € haben wir hier einen großen Posten zu verteilen, der auch gerecht verteilt werden muss. Da gibt es natürlich diverse Interessen, die auch hin und wieder einander gegenüberstehen.
Das Ganze hat im letzten Jahr, in den letzten Monaten viel Arbeit und auch viel Streit bedeutet. Umso froher bin ich, dass es uns gelungen ist, zu einem Ergebnis zu kommen, hinter dem nicht nur die drei
Koalitionspartner guten Gewissens stehen, sondern eben auch die kommunalen Landesverbände stehen können. Das ist ein wichtiger und sehr großer Erfolg.
Es zeigt auch die Stärke einer Jamaika-Koalition. Ich bin mit Sicherheit nicht der größte Fan dieser Koalition in diesem Haus. Aber hier sehen wir, dass diese Koalition in der Lage ist, Kompromisse zu finden, die größere und breitere gesellschaftliche Mehrheiten hinter sich finden können, gerade weil wir viele Interessen und Perspektiven bereits auf den vorherigen Ebenen vertreten konnten. Da ist es überhaupt nicht verwunderlich, Herr Kollege Dolgner, wenn Sie jetzt sagen: Der Soziallastenfaktor ist noch drin. Ja, wir sind auch Teil der Koalition, und uns war das ein ganz besonderes wichtiges Anliegen.
Ja.
- Ich berichte nicht aus internen Sitzungen, aber man weiß ja, wer geklagt hat. Diese Gruppen waren in den Diskussionen nicht die allergrößten Fans davon.
Wer hätte es gedacht, dass man zu so einem Ergebnis kommt? - Es ist ein gutes Ergebnis für die Kommunen. Der Stabilitätspakt nennt diverse Maßnahmen, die die Kommunen nachhaltig stärken werden. Wir haben den Vorwegabzug für die Aufnahme und Integration von Geflüchteten, insgesamt 11 Millionen € und somit noch mehr, als die Kommunen ursprünglich gefordert hatten. Wir haben die Mittel für Infrastruktur und Straßenbau noch einmal um 9 Millionen € auf 68 Millionen € erhöht.
- Sie merken es am Applaus, Herr Dolgner. Aus dem Nähkästchen: Der FDP war das ganz besonders wichtig, und das ist auch okay.
Wir werden die Entlastung beim Abrechnungsbetrag für das FAG 2020 berücksichtigen, ebenso wie die Kompensation für die Lohn- und Einkommensteuer. Hier handelt es sich um Verfahren, die die Kommunen ganz konkret stärken und entlasten werden.
Darüber hinaus kommt die Schulgesetzänderung. Durch die Einführung eines Kinderbonus ist es nur logisch, dass man das Schulgesetz in § 111 anpasst, um die konkrete Abrechnung von den Schulinvestitionskosten einzuführen. Herr Kollege Dolgner, das war übrigens etwas, das uns Grünen ganz besonders wichtig war.
Bei den Schwimmstätten standen wir wieder einmal zusammen. Wir alle haben in unserem Wahlprogramm - ich habe vorhin geguckt: sogar die SPD festgehalten, dass das Lernen des Schwimmens in einem Land zwischen den Meeren ganz besonders wichtig ist. Da waren wir alle beieinander.
Wir haben den Flächenfaktor drin. Das Gerichtsurteil hatte zwar festgehalten, dass wir keinen Flächenfaktor drin haben müssen, wir aber sehr gut begründen müssten, wenn wir keinen drin haben. Das Gutachten hat uns darauf hingewiesen. Aus dem Nähkästchen: Das war der CDU ganz besonders wichtig.
Sehr gerne.
- Wir haben im Zusammenhang des Stabilitätspakts entschieden, dass wir die Mittel für die Schwimm
stätten nicht aus der Gesamtverbundmasse nehmen, sondern dass sie on top obendrauf kommen - wenn das Ihre Frage war.
Dass die Küstenkoalition sich sehr für den Sport eingesetzt hat, ist mir sehr bewusst, und ich befürworte es auch im Nachhinein.
Ja.
- Okay. Das war keine Frage.
Dann haben wir noch die differenzierte Kreisumlage, die jetzt auf den letzten Metern hineinkam. Es ist ein wichtiges Ergebnis aus der Anhörung hier im Haus und ein großer Erfolg natürlich für all die, die das gerne wollten. Man muss es sagen: Das war insbesondere Nordfriesland, wo es von besonderem Interesse ist. Dort gibt es einfach Gemeinden, die unfassbar viel Geld haben. Der Kreis kann davon profitieren. Mich freut das sehr. Einen großen Dank an die Abgeordneten Lars Harms und Andreas Tietze und andere, die sich vor Ort sehr stark eingesetzt haben.
Einen Punkt, den wir in diesem Gesetz nicht ausreichend berücksichtigt haben, ist die Reduzierung des Flächenverbrauchs. Einige fragen sich: Was ist denn da los? - Das hatten wir uns vorgenommen, sind aber zu der Entscheidung gekommen, dass das kommunale Finanzausgleichsgesetz nicht der ideale Ort ist, um es zu regeln. Wir wollen es über die Landesplanung und über den Landesentwicklungsplan regeln. Das hat auch so seine Logik.
Da mir meine Zeit wegläuft - wenn Herr Dr. Dolgner keine Fragen stellt: Wir haben sehr viel mehr Geld für die Frauenhäuser ausgegeben. Das war uns
essenziell wichtig. Das ist ein Projekt dieser Koalition.
Wir haben die Frauenhäuser bereits investiv gestärkt, nun stärken wir sie strukturell. Das sind zwei gute Säulen, auf denen die Frauenhäuser ihre wichtige Arbeit leisten können.
Zur parlamentarischen Beteiligung, Herr Dolgner: Sie haben sich da sehr echauffiert. Ich möchte daran erinnern, dass es 2014, als der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen einging - damals 17 Seiten, es waren viele redaktionelle Änderungen, aber ein bisschen auch inhaltliche Änderungen -, acht Tage bis zur zweiten Lesung waren.
Jetzt sind es zehn Tage. Ich weiß, das ist alles sehr schnell und kurzfristig. Ich glaube aber, dass es zumutbar ist. Die Umsetzung jetzt entspricht im Wesentlichen dem, was der Stabilitätspakt gefordert hat. Ich freue mich, dass wir endlich in dieser sehr komplexen Frage zu einem Ergebnis gekommen sind.
Ja.
Ist das Mikro jetzt an?
- Ich höre Sie.
- Das ist gut. - Ich wollte Sie an der Stelle nur korrigieren, weil Sie offensichtlich nicht richtig in die Protokolle geguckt haben. Der Sachverhalt war wie folgt: Am 29. Oktober 2014, zwei Wochen vorher, haben wir alle Änderungen vorgelegt. Wir haben uns die übrigens nicht per Kabinettsbeschluss absegnen lassen. Dann haben wir von uns aus gleich
gesagt: einen ganzen Nachmittag extra Sitzung eine Woche später, um der Opposition Gelegenheit zu geben, im Detail zu diskutieren.
Die einzige Änderung, die wir innerhalb der Woche gemacht haben, war die Anpassung der Quoten als Folge unserer Änderungsvorschläge. Daraufhin hat sich Herr Koch empört - das kann man alles in den Protokollen nachlesen -, dass wir die Regierung wegen der Berechnung der Quoten einspannen würden.
Was haben Sie gemacht? - Sie haben die Regierung die Verhandlungen führen lassen. Sie wussten es seit dem 9. Oktober 2020. Da haben Sie ja schon herumgeschickt, was die Regierung ändern lassen will. Sie wussten, dass es am 20. Oktober 2020 eine Kabinettsbefassung geben würde. Dann haben Sie uns am 21. Oktober 2020 morgens 27 Seiten inklusive inhaltlicher Änderungen und Zahlungsstromänderungen - die Streichung des § 15 - kurzfristig serviert.
Sie meinen, dieses Verhalten können Sie wirklich mit dem Verfahren 2014 vergleichen? Jetzt gab es eine Tischvorlage eine Woche davor und eine ganze Stunde, um sich damit zu beschäftigen.
- Mit Blick auf die Protokolle stelle ich fest, dass wir 2014 am 17. September die mündliche Anhörung durchgeführt haben. Dann gab es Änderungen auf Grundlage der mündlichen Stellungnahmen, wie wir das auch in dieser Legislatur erlebt haben. Das waren die 17 Seiten. Am 7. November gab es dann die Beschlussfassung im Ausschuss, und am 13. November fand die zweite Lesung im Plenum statt.
Im Oktober des Jahres 2020 haben wir die mündliche Anhörung am 30. September durchgeführt, am 20. Oktober gab es die 27-seitige Änderung, die viel mehr ist, weil wir eine Einigung mit den kommunalen Landesverbänden erzielt haben, die damals nicht gelungen ist. Das ist natürlich ein himmelweiter Unterschied, der sich auch in den Änderungsanträgen niederschlagen wird.
Die Beschlussfassung im Ausschuss erfolgte dann am 29. Oktober, das ist richtig. Die zweite Lesung war dann am 30. Oktober 2020. Damit haben wir
die kalenderpolitische Debatte gelöst. Ja, ich habe auch in den Protokollen gelesen, dass die CDU damals eine Vertagung gefordert hat. Das ist etwas, was Sie gern gleich noch die CDU fragen können abseits der Debatte, wie auch immer. Nichtsdestotrotz ist, so glaube ich, der große Unterschied: Wir mussten hier die Einigung mit den kommunalen Landesverbänden hineinbekommen. Das ist sehr knapp, das ist auch ambitioniert, aber das Ergebnis ist dadurch umso besser, weil wir endlich ein rechtssicheres Finanzausgleichsgesetz haben. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Ich möchte nur sagen, dass es manchmal mehrere Seiten einer richtigen Wahrheit gibt. Auf der einen Seite ist es richtig, dass die Kreise nicht bereit waren, in Steuerfragen nachzuverhandeln. Auf der anderen Seite ist aber auch richtig, was die Kollegin Krämer gesagt hat, dass wir als Grüne bei einer noch stärkeren Dämpfung bei den Nivellierungssätzen sehr, sehr skeptisch waren.
Wir haben ja weit vor dieser Debatte die Nivellierungssätze ausführlich diskutiert. Sie waren ein wesentlicher Bestandteil sowohl des Gerichtsurteils als auch des Gutachtens. Insofern haben Sie beide recht. Vielleicht hilft das.
- Das hilft insofern, als dass Sie jetzt auch noch einmal eingeräumt haben, dass es zum Schluss gar nicht mehr um Bedarfsorientierung ging, sondern dass es das Ergebnis einer Verhandlung war.
Die Innenministerin war sehr klug zu sagen, dass die vertikale Verteilung dem Verfassungsgerichtsurteil entspricht. Ich habe genau auf die Semantik geachtet. Ich glaube, alle Beteiligten wissen, dass Sie eben zugegeben haben, dass die horizontale Verteilung nicht bedarfsgerecht ist, sondern eine Frage der Verhandlungen, an der verschiedene Personen teilgenommen haben. Ich danke Ihnen ausdrücklich noch einmal, dass Sie alle das in dieser Plenardebatte zur späteren gnädigen Verwendung schön dokumentiert haben. Danke schön dafür.
Zu Ihrem Vergleich, Herr Petersdotter: Ich habe bewusst die formale Kritik im Ausschuss gemacht und in dieser Debatte aus Kollegialität nur von einem „Schnellverfahren“ gesprochen. Da Sie diesen komischen Vergleich gezogen haben, weise ich darauf hin: Es war nicht die CDU, die die Vertagung beantragt hat, Herr Petersdotter. Es wäre übrigens schön, wenn Sie mir zuhörten, Sie haben es nämlich falsch dargestellt.
„Abg. Dr. Dolgner weist auf den von den Regierungsfraktionen vorgelegten Änderungsantrag … hin, der gerade erst vorgelegt worden sei. Er schlage vor, die abschließende Beratung auf die nächste Sitzung des Ausschusses zu verschieben, den Gesetzentwurf jedoch für die zweite Lesung für das kommende Plenum anzumelden und das Innenministerium zu bitten, die finanziellen Auswirkungen … darzustellen.“
Ergebnis damals war, dass wir das Verfahren einmütig beschlossen haben. Das war für die Opposition auch okay. Sie haben eine Woche Vorbereitungszeit gehabt - nicht nur eine halbe Stunde vor dem Plenum. Sie hatten einen ganzen Nachmittag Zeit, und das Ministerium wurde zu den Auswirkungen gefragt.
Wie war das das letzte Mal? Das war genau eine Woche vorher. - Wir kriegen das Ding auf den Tisch geknallt. Ich musste fragen und anfordern: Was bedeutet das überhaupt? Was bedeutet das fiskalisch überhaupt? - Zwei Tage vor der Parlamentstagung ist eine Tabelle ohne großartige Erläuterungen nachgereicht worden.
Sie erkennen anscheinend den Unterschied im parlamentarischen Verfahren nicht zwischen dem, dass die regierungstragenden Fraktionen von sich aus zwei Wochen vorher eine Sitzung anberaumen, und der jetzigen Beratung.
Der Unterschied ist übrigens: Das ging dann 2014 in die November-Tagung. - Sie wissen ganz genau, Sie haben gar keinen Druck, jedenfalls keinen formalen Druck. Das haben wir im Innenausschuss und im Finanzausschuss geklärt. Sie wollten den Knoten durchschlagen. Sie waren deshalb unter Druck, weil zwischenzeitlich Einzelne bei den kommunalen Landesverbänden durch die Intervention von Frau Krämer Angst bekommen haben, dass sich noch etwas ändern könnte.
Den Umdruck, der damals - 2014 - 17 Seiten umfasste, haben wir zusammen erarbeitet. Ganz ehrlich, mit unserem parlamentarischen Selbstverständnis hätten wir das nie zu einer Kabinettsvorlage gemacht. Was ist das überhaupt für ein Verfahren! Die gesamten Verhandlungen mit den Kommunen - die dokumentierten - sind vom 9. bis zum 20. Oktober 2020 von der Ministerin respektive dem Beauftragten geführt worden, nicht etwa von den Parlamentariern.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Nicht oft haben politische Forderungen einen so eindeutigen Ursprung wie diese. Ende August stürmten Teile einer Coronademonstration in Berlin auf das Reichstagsgebäude. Dazu gehörten Neonazis, Verschwörungsideologinnen und -ideologen, Esoterikerinnen und Esoteriker und viele, die all das und noch viel mehr auf sich vereinen können. Die Bilder, die wir dort gesehen haben, waren furchtbar und wurden zu einem Symbol einer doch nicht ganz so wehrhaften Demokratie. Das Kernsymbol dieses Tages und dieser Aktion war eine geschwenkte Reichsflagge vor dem Bundestag, vor dem Reichstagsgebäude.
Ja, besonders widerlich war natürlich die Symbolik, die damit einhergeht. Ich möchte aber daran erinnern, dass diese Flagge allein meiner Auffassung nach nicht das größte Problem dieses Tages war. Die größten Probleme dieses Tages waren auf der einen Seite die Stadt Berlin, die flächendeckend, und zwar die gesamte Innenstadt Berlin-Mitte, zu einem Angstraum für potenzielle Opfer rechter Gewalt werden ließ, weil man diese Demonstration, anders als bei vielen anderen klassischen NeonaziDemonstrationen, ganz anders abgeschottet hatte. Die Aktivistinnen und Aktivisten waren nicht einzuordnen, und somit haben viele Menschen, die Migrationshintergrund hatten oder aus diversen anderen Gründen zu Opfern rechter Gewalt werden, einen massiven Angstraum ausgemacht.
Das Problem war andererseits auch, dass bürgerliche Hippies offenbar kein Problem hatten, mit Neonazis auf die Straße zu gehen. Funktionäre der AfD gingen zusammen mit anderen wichtigen Persönlichkeiten anderer Bereiche auf diese Demonstration, und alle gemeinsam marschierten, ohne dass man ein Problem hatte, wer da so nebeneinander ging.
Natürlich war es auch ein Problem, dass diese Demonstration eine große Bühne für rechtsextreme Verschwörungsideologien und -erzählungen lieferte. Das Problem war auch eine nicht vorbereitete Polizei, die offenbar von ihrem Innensenator nicht ausreichend auf diesen Einsatz vorbereitet wurde, obwohl dies vorhersehbar war und obwohl es diverse Ankündigungen dieser Aktion mit der genauen Uhrzeit in einschlägigen Telegram-Chats und Discord-Channels gab.
Dagegen hilft kein Flaggenverbot, und ich muss ehrlich sagen: Mich überzeugt der Antrag der SPD nicht, weder in seiner Ursprungsfassung noch in seiner jetzigen Fassung.
Kurz zur Flagge: Erstens. Die Flagge vor dem Reichstagsgebäude war keine Reichskriegsflagge. Es war eine Reichsflagge. Die wäre von dem SPDAntrag ebenso wenig tangiert wie von unserem Antrag.
Das ist offensichtlich der Ursprung dieser Debatte, aber das ist nicht die Lösung dieser Debatte.
Zweitens. Die 1935 eingeführte Reichskriegsflagge ist verboten. Aufgrund des Hakenkreuzes in der Mitte ist es schon jetzt nicht möglich, diese auf einer Demonstration zu zeigen. Das, was wir auf Demonstrationen also in der Regel sehen, sind Reichsflaggen, gelegentlich aber auch Reichskriegsflaggen. In der Regel ist es die Reichskriegsflagge von 1867. Das macht das Verbot ungleich schwieriger, denn normalerweise haben wir bei den Verboten, gerade wenn sie strafrechtlich organisiert und in der Regel eine Reaktion auf verbotene Organisationen sind, eine ganz klar eingegrenzte Gruppe, die dort getroffen werden soll. Das sind zum Beispiel die Organisationen „Blood & Honour“ und „Heimattreue Jugend“ und andere, die ihre Symbole haben. Diese wären dann verboten.
Es gibt Ausnahmen bei Hakenkreuzen und bei Symbolen des Nationalsozialismus. Hierbei handelt es sich eben nicht um ein Symbol des Nationalsozialismus, es wurde 1935 ersetzt, das wurde erwähnt. Rechtlich gab es in Bremen die Begründung: Gefahr für ein geordnetes staatsbürgerliches Zusammenleben oder Belästigung der Allgemeinheit und grob ungehöriges Verhalten. - Das ist nicht die Sprache meines Antifaschismus. Ich glaube, der muss anders auftreten.
Zweitens. In Schleswig-Holstein schützt das Landesverwaltungsgesetz, das ja unser Polizeigesetz ist, nicht die Ordnung, sondern nur die Sicherheit
und das mit sehr gutem Grund, denn der Schutz der Ordnung ist eine sehr diffuse Herangehensweise. Andere Verbote sind hier konkreter, und wenn sie nicht konkret werden können, dann müssen wir in der Abwägung mit der Meinungsfreiheit sehr vorsichtig sein. Wir müssen auch immer berücksichtigen: Wie sieht die Welt aus, wenn einmal ein Innenminister von der AfD oder von noch schlimmeren Parteien kommt?
Bremen verliert die Verfahren, wir haben es gehört. Die SPD hat daraufhin ihren Antrag angepasst, aber ich glaube, das war nicht ausreichend. Unsere Politik muss vor Gericht Bestand haben, insbesondere gegen Neonazis. Ich glaube, das ist ein Anspruch, den wir mit der Vorgehensweise, wie die SPD sie vorschlägt, nicht erfüllen würden. Deswegen halte ich unseren Antrag für besser. Wir sollten ihn im Innen- und Rechtsausschuss ausführlich diskutieren, denn in dem Ziel, den Provokationen, den Machtbestrebungen und der Machtsymbolik entgegenzuwirken, die Neonazis durch das Zeigen der Reichsflagge und der Reichskriegsflagge auf Demonstrationen anstreben, sind wir uns einig. Wir tun das aber nicht auf dem vorgeschlagenen Weg. Vielen Dank, ich freue mich auf die Debatte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Wenn man zurzeit Studierende nach der Lage an den Hochschulen befragt und danach, wie es denn so ist, in diesen Zeiten zu studieren, erhält man relativ oft einheitliche Rückmeldungen: Man wünscht sich einheitliche Regeln und Verfahren, zum Beispiel was Lehrplattformen angeht. Es kommt hinzu, dass sie nicht immer ideal funktionieren. Man wünscht sich einen besseren Zugang zu Literatur. Hinzuzufügen ist: Ja, viele Bibliotheken sind nicht so gut zugänglich, wie es vorher der Fall war. Aber wie schnell die Bibliotheken auf die erhöhte Nachfrage nach Fernleihe reagiert haben und wie schnell sie erweiterte Möglichkeiten geschaffen haben, Inhalte zu kopieren, ist doch mehr als bemerkenswert, und zwar positiv bemerkenswert.
Man wünscht sich klare Regeln, auch was die Verwendbarkeit von aufgezeichneten Vorlesungen und Seminaren angeht. Es wundert mich sehr, wie viele Dozierende dann doch sagen: „Ich mache meine Vorlesungen nur live“, oder: „Ich lasse sie nur vier Tage online; dann nehme ich sie offline“. Wenn es dem Lernerfolg dient, dass die Vorlesung länger online ist, warum sollte man sie herunternehmen, außer aus Egogründen oder aus der Sorge heraus, ir
gendwann überflüssig zu werden? Es wäre sehr sinnvoll, die Lehrveranstaltungen online zu lassen. Zumindest einigen Menschen würde das vor der Prüfung helfen. Wenn man am Ende eine bessere Prüfung schreibt, dann ist auch das Sinn der Hochschule.
Viele Menschen an den Hochschulen treibt Einsamkeit um. Das war vorher schon ein Thema, und natürlich ist es in der aktuellen Situation zu einem noch viel wichtigeren Thema geworden. Gerade zum Studienstart in einer neuen Stadt ist es schwierig, Fuß zu fassen, zumal dann, wenn man sich kaum treffen kann. Viele Studierendenvertretungen sind aber sehr kreativ im Umgang mit der neuen Situation und bieten draußen viele Begegnungsmöglichkeiten an. Ich sehe hier in Kiel überall kleine Studierendengruppen, die sich, wenn auch mit viel Abstand, bei einem Kurzen oder einem Bierchen kennenlernen. Auch das kann funktionieren, aber eben draußen. Wie es nach der neuen Regelung zur Begrenzung auf Mitglieder zweier Haushalte wird? - Es wird kompliziert.
Viele Studierende machen sich auch Gedanken darüber, wie es denn mit einem „Nichtsemester“ wäre. Das Hauptargument zur Beruhigung im Sommer war „Semesterferien“ oder „vorlesungsfreie Zeit“. Jetzt wird es wieder komplizierter.
Hierauf brauchen wir schnell Antworten; denn auch viele Studierende in den Sozialberatungen treibt die Frage um, wie es jetzt genau weitergeht. Das heißt: Zählt das jetzt als Semester? Ist es Teil meiner Regelstudienzeit? - Hierauf werden wir schnell reagieren müssen.
Herr Habersaat, ich finde den Vergleich mit den Schulen auf den ersten Gedanken hin zwar nachvollziehbar, er haut aber bei den Hochschulen nach meiner Auffassung nicht hin, weil Kohortenprinzipien an Hochschulen nicht umsetzbar sind. Wenn ich zum Beispiel VWL und Philosophie studiere, mein Kollege studiert aber VWL und Sport, dann haben wir nicht mehr ganz solche Kohorten, wie wir sie in den Schulen vielleicht hinbekommen. Das ist auch nicht vergleichbar mit den Leistungskursen oder Leistungsprofilen, je nachdem. - Sie kennen sich mit Schule besser aus. Ich glaube aber, es ist nicht vergleichbar; sagen wir es einmal so.
Aber einige Dozierende geben sich extrem viel Mühe. Ich habe von Studierenden der Medizin beschrieben bekommen, wie Dozierende ihre Versuche mit der Handykamera aufnehmen und dann on
line stellen und alles nachvollziehbar machen, was sie in dem Versuch alles gesehen haben. Das ist sehr, sehr großartig.
Insgesamt muss man sagen: Viele Rückmeldungen sind ähnlich wie in der Zeit vor Corona: Lehrende sind mal besser und mal schlechter, die Lage ist mal schwieriger, mal einfacher. Nichtsdestotrotz müssen wir schauen, wo wir coronabedingt nachsteuern müssen.
Die Unsicherheit ist in den letzten Tagen und sogar Stunden gestiegen. Es stellen sich zum Beispiel Fragen wie diese: Wie geht es weiter mit den Praktika, und wie geht es weiter mit den Anwesenheitsphasen an den Hochschulen? Wo aber soll es gelingen, wenn nicht an den Hochschulen? Wir haben dort hochausgebildete Leute, die im Wesentlichen oft mit dem Kopf arbeiten. Andere müssen auch mal die Praxis einbeziehen, das ist gar keine Frage. Aber die Hochschule ist durchaus ein Ort, wo das leichter und besser funktionieren kann als in vielen andere Bereichen unserer Gesellschaft.
Viele Spannungen, die gerade an Hochschulen stattfinden, bei denen es durchaus auch einmal kompliziert werden kann, muss man in einer wirklich ernstzunehmenden Krise auch einfach einmal aushalten. Andere Bereiche der Gesellschaft sind stärker belastet. Auch das gehört zur Wahrheit.
Aber die Krise verschärft Probleme, die vorher schon bestanden haben. Hier möchte ich explizit auf die finanzielle Situation einiger Studierender eingehen. Es handelt sich hier eher um ein Problem und betrifft durchaus nicht den Großteil der Studierenden.
Der Großteil der Studierenden kommt aus privilegierten Haushalten, in denen die Eltern auch mal einen Euro mehr geben können und in denen die Eltern auch vorher schon die finanzielle Herausforderung ihrer Kinder übernommen hatten. Dies macht den Großteil aller Studierenden aus. Das ist die Situation und das ist, wie gesagt, eher ein Problem, das uns gerade jetzt etwas entgegenkommt.
Viele Leute fallen immer noch durch das Raster der Hochschulbildung. Viele Menschen genießen eben nicht die Möglichkeit eines Zugangs zu einer Hochschule; dafür gibt es diverse Gründe.
Deswegen bin ich auch kritisch, was Forderungen von Studierendenvertretungen nach 3.000 € Überbrückungsgeld für alle Studierenden angeht, die zu Beginn der Pandemie bekannt wurden. Ein Großteil der Studierenden braucht dieses Geld schlichtweg nicht und lebt von dem Geld ihrer Eltern.
Aber es gibt einen anderen Teil. Das ist der Teil, auf den sich der Blick der Politik richten muss. Dieser Teil betrifft diejenigen, die die Krise vom Schlechten her denken möchten, die eben nicht in privilegierten Haushalten oder mit privilegierten Eltern aufgewachsen sind. Die müssen nämlich überlegen, wie sie jetzt über die Runden kommen.
BAföG ist vorher schon absolut unzureichend gewesen. BAföG ist zu gering und zu ungerecht.
Ich nehme einmal den Kreis meiner Kommilitonen als Beispiel. Die Leute, die den Höchstsatz an BAföG bekommen haben, waren in der Regel die, deren Eltern selbstständig waren und die sich gegenüber dem BAföG-Amt irgendwie kleinrechnen konnten. Leute, deren Eltern arbeitslos waren oder schlecht verdient haben, haben in der Regel 200, 300 oder auch mal 400 € bekommen. Dann kann man sich vielleicht noch 450 € nebenbei verdienen. Jeder Euro jedoch, der darüber liegt, wird wieder abgezogen. Davon kann man in einer Stadt wie Kiel nicht gut leben. Wenn man sich allein die Mietsituation in Kiel anschaut, sieht man schon, wo die Probleme beginnen. Das heißt, das BAföG ist unzureichend. Ich kann dann nämlich teilweise nur noch schlecht arbeiten.
Wenn es dann wirklich immer noch nicht reicht, kommen wir auf Studienkredite zu sprechen. Studienkredite sind für viele die einzige Möglichkeit, einigermaßen zurechtzukommen. Es ist gut, dass diese Kredite zu Beginn der Pandemie zinsfrei wurden. Aber auch das ist keine wirklich tragfähige Lösung, und es ist vor allem nicht die Lösung, die wir eigentlich gern hätten.
Die Anzahl der BAföG-Empfängerinnen und -Empfänger sinkt jedes Jahr. Das ist ein Alarmsignal. Das hat nichts damit zu tun, dass die Gesellschaft gerechter würde, sondern das hat damit zu tun, dass sich immer mehr Menschen aufgrund von finanziellen Ängsten und Nöten gegen ein Studium entscheiden. Dadurch gehen uns Talente verloren, die wir in unserer Gesellschaft dringend bräuchten.