Madeleine-Rita Mittendorf
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Lieber Kollege Harms, meine Frage geht dahin, wie wir mit der Situation umgehen, dass wir durch die gesamteuropäische Hochschulreform sowohl an Universitäten als auch an Fachhochschulen eine Situation haben, die mit der gleichen Zielprojektion arbeiten, nämlich beide Bachelor ausbilden - sogar Bachelor und Master. Ich muss das für diejenigen ergänzen, die nicht so fit darin sind.
Können Sie begründen, warum man bezüglich der Bezahlung der Kolleginnen und Kollegen, die an diesen beiden wissenschaftlichen Hochschulen tätig sind, überhaupt differenzieren will? - Beides sind wissenschaftliche Hochschulen, die einen un
terschiedlichen Charakter haben, weil sie so gewachsen sind. Vor dem Hintergrund des BolognaProzesses muss man fragen: Mit welcher Begründung wollen Sie eigentlich die Lehrkräfte mit besonderen Aufgaben unterschiedlich bezahlen? - Das entzieht sich zumindest meiner Logik. Aber ich bin ja lernfähig.
Herr Kollege Harms, das ist eine mögliche Antwort, die aber nicht im Sinne meiner Frage war; denn meine Frage war: Warum soll dies unterschiedlich bezahlt werden, wenn die Qualität an beiden wissenschaftlichen Einrichtungen doch so gewachsen ist? Sie haben versucht, mir die Antwort in der Form zu geben: Die Hochschulen sollen sehen, woher sie das Geld bekommen. - Das eine hat nichts mit dem anderen zu tun.
Wie auch immer: Fakt ist, dass sich die nächste Landesregierung, der nächste Landtag damit befassen müssen. Insofern unterliegt dies alles jetzt sowieso dem Diskontinuitätsprinzip. Das ist natürlich ein Schaufensterantrag. Aber unabhängig davon ist das Problem zu behandeln, und zwar zügig, weil dieser Zustand an den Hochschulen nicht bestehen bleiben kann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe befürchtet, dass ich jetzt das letzte Wort habe; das wollte ich gar nicht. Ich bin davon ausgegangen, dass mindestens noch drei, vier Leute reden. Es ist so, wie es ist, und es kommt, wie es kommt.
Meine Damen und Herren! Geboren am 2. Mai 1950, ein Kind der DDR, werde ich in diesem Jahr 66 Jahre alt. Bitte sagen Sie jetzt nicht den Satz von dem Leben, das jetzt anfängt. Das alles ist Unsinn. Es geht weiter, es wird anders. Das heißt für mich, dass ich nach 22 Jahren als Abgeordnete in diesem Hohen Hause, in dem ich mit Freude, aber auch mit viel Ärger und Verdruss gearbeitet habe, mein Arbeits- und Berufsleben beenden werde. Genau genommen habe ich etwa das halbe Arbeitsleben hier verbracht, und das im Gegensatz zu vielen in meiner Generation, die nach der Wende nicht diese Möglichkeit hatten. Ein CouchPotato werde ich nicht.
Wenn ich zurückdenke, dann muss ich sagen, dass es wirklich spannende Jahre waren. Vor allem die ersten 15 Jahre waren spannend, in denen
es um den grundlegenden Aufbau demokratischer Strukturen ging. Das war eine große, aufregende Phase für das Land, aber auch für mich als Person.
Ich gehe einmal fünf Jahre zurück, ein Jahr vor der letzten Wahl: Im Jahr 2010 wurde ich 60 Jahre alt. Das war übrigens der letzte Geburtstag, den ich groß gefeiert habe. Zu diesem Geburtstag bekam ich ein Geschenk.
Wer genau hinsieht, der bekommt es heraus und sieht auch, dass es mir ähnlich sieht.
- Es ist ein Hofnarr.
Ich muss dazu sagen, dass ich den Eindruck, dass ich den Hofnarren spiele, schon länger vorher hatte.
Irgendwann einmal habe ich mir selbst, weil ich ja praktisch bin, einen Narrenstab gekauft.
Aber wie damit umgehen?
Ein Hofnarr war kein Clown. An den Höfen des Mittelalters war er regelmäßig - Ausnahmen gab es immer - die intelligenteste Person. Der Begriff der berühmten Narrenfreiheit kommt daher, dass der Hofnarr dem Herrscher ungestraft die Wahrheit über Dinge und Personen sagen und ihm Ratschläge geben durfte, dass er ihm ungestraft den Narrenspiegel vorhalten durfte und konnte. Dafür wurde er zwar nicht mit einem schlechten Listenplatz belohnt, kriegte aber öfter mal einen auf die Mütze und den berühmten Tritt in den - -
Aber die Herrschenden bedienten sich - und zwar im eigenen Interesse - sehr wohl dieser Ratschläge. - Das kommt mir bekannt vor.
Der Hofnarr hatte also viele Freiheiten, aber - jetzt kommt das Aber - einen gesellschaftlichen Status, der ihn nie zu den Herrschenden aufsteigen ließ.
Nachdem ich das verstanden hatte und nach der letzten Wahl die Würfel gefallen waren, habe ich meine Konsequenzen gezogen und meine Arbeit anders geordnet. Das ist auch möglich und es geht gut.
Zum Ende meines langen Parlaments- und Arbeitslebens will ich jetzt aber doch noch einmal meine persönliche Narrenfreiheit nutzen, den Nar
renstab in die Hand nehmen und mit einigen Dingen
abrechnen - nicht im Bösen, sondern mit freudiger Kritik, damit es besser wird.
Mit der gegenwärtigen Situation der Demokratie kann und darf man nicht zufrieden sein. Die nach der Wende entwickelte demokratische Kultur, die Gegenrede zuließ und andere Meinungen nicht unterdrückte, die offene Diskussionen und Auseinandersetzungen zuließ, hat sich so entwickelt, dass da einiges im Argen liegt und sich verbessern muss.
Wichtig sind eine politische Kultur des sachlichen Diskurses - mit Empathie für die Menschen, auch die politischen Gegner -, weniger Lokalpatriotismus, mehr Blick für das ganze Land, weniger Populismus - meine Damen und Herren, wer Erwartungshaltungen weckt, die niemand erfüllen kann, enttäuscht die Wähler, und sie wenden sich zu Recht ab -, also keine Schaufensteranträge oder Forderungen, die sich in der Kürze der Zeit nicht umsetzen lassen.
Ich vermisse häufig intelligente Debatte und Kompromissfindung, und zwar auf Augenhöhe, und das auch, weil es vorkommt, dass ein eigentlich vernünftiger Vorschlag aus der Opposition einfach abgelehnt wird, weil er aus der Opposition kommt. Das darf in einer Demokratie nicht sein.
Der öffentliche Umgang miteinander - auch durch die Medien, in den Parteien, zwischen den Parteien - ist kritikwürdig und häufig weder der Sache noch der Person angemessen.
Meine Damen und Herren! Die Wähler honorieren keine unnötigen, unsachlichen Beißattacken. Sie wollen Ergebnisse sehen. Das bedeutet nicht mehr, aber auch nicht weniger als: erst das Land und dann die Partei. Das Gemeinwohl muss Priorität haben.
Zwei Sätze zu meinem eigentlichen Politikfeld - Bildung und Wissenschaft -, bei dem sowieso jeder meint mitreden zu können und man es niemandem recht machen kann - in der eigenen Fraktion nicht, beim Koalitionspartner schon gar nicht und bei der Opposition mitunter -:
Ich appelliere, meine Damen und Herren, an die zukünftigen Abgeordneten, die jetzt erreichten Kompromisse vor allen Dingen in der Bildungs- und Schulpolitik, die auch das Ergebnis des Bildungskonventes der letzten Legislaturperiode sind, nicht leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Trotz aller Bemühungen und Verbesserungen sind die Er
gebnisse aus vielerlei Gründen nicht befriedigend. Daran ist zu arbeiten.
Liebe Kollegen von der CDU, wer das Gymnasium stärken will, der muss vor allen Dingen die anderen Schulformen stärken. Wenn Sie eine Oberschule kreieren wollen, dann sorgen Sie dafür, dass der Druck der frühen Schullaufbahnempfehlung vermindert und nicht durch Zugangsprüfungen verschärft wird. Welch ein Anachronismus! Wo leben wir eigentlich? - Ganz Europa arbeitet anders.
Reden Sie mal mit den Hirnforschern! Kognitive Fähigkeiten sind nicht statisch. Intelligenz ist nicht festgeschrieben. Sie entwickelt sich. Gerade mit der Pubertät setzen noch einmal gewaltige Veränderungen ein.
Lassen Sie die Kinder länger gemeinsam lernen!
Nach der 8. Klasse kann man viel sicherer entscheiden, wer wirklich den gymnasialen Bildungsweg schaffen kann.
Nur so erreichen Sie bessere Bedingungen für den pädagogischen Prozess sowie bessere Leistungen und Ergebnisse, und zwar für alle Schüler.
Stärken Sie die Gemeinschaftsschule - statt sie abzuschaffen - strukturell und personell!
Denken Sie einmal an Ursache und Wirkung, und überprüfen Sie einmal die Kausalkette der Entscheidungen! Schaffen Sie notwendige und hinreichende Voraussetzungen für eine den Kindern und den Eltern angemessene Entscheidung!
Berufen Sie sich nicht auf Mehrheiten von Leuten in nicht repräsentativen Umfragen! Wenn Sie danach gehen würden, müssten Sie auch anderen Befragungen, die auch nicht repräsentativ sind, folgen und Sachen ganz anders machen. Da würden wir bei mancher Sache Probleme mit der Political Correctness kriegen.
Ich bin gleich fertig.
Meine Damen und Herren, was ich Ihnen mit diesen kurzen Worten rüberbringen bringen wollte, ist, dass ich natürlich a) noch einmal meinen Schwerpunkt bedienen wollte und b) Ihnen sagen wollte, dass wir alle gemeinsam vielleicht an unserer Aufrichtigkeit, an der Ehrlichkeit und an der Augenhöhe arbeiten sollten.
Ich habe einen Vorschlag: Ich stelle Ihnen dieses Kunstwerk leihweise zur Verfügung; vielleicht schreibt man alle zwei Jahre einen Wettbewerb aus, wer gerade der Hofnarr vom Dienst ist. Oder aber viele ringen sich durch, genau die unbequemen Wahrheiten zu sagen.
Ich könnte jetzt noch viel über die aktuelle politische Lage sagen. Das wäre eine große Freude. Aber leider darf ich das nicht.
So weit der Hofnarr. Braucht man ihn noch? - Vielleicht. Aber mein Vorschlag wäre ein anderer. Wichtig ist, dass viele ehrlicher debattieren, als es jetzt der Fall zu sein scheint.
Ich wünsche allen die Freiheit der Hofnarren, aber ohne das Statusproblem.
Letzter Satz, Herr Präsident: Wenn alle so reagieren, wird es besser; davon bin ich überzeugt.
Ihnen alles Gute. Danke für die Möglichkeit, das hier zu sagen. Danke an alle Mitarbeiter und Bediensteten des Raumschiffes Landtag. Danke für die vielen Jahren hier im Parlament.
Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge - weinend, weil mir die Arbeit fehlt; lachend, weil ich nicht mehr jede Entscheidung mittragen kann, die inzwischen in dieser Welt fällt.
Ich bin dankbar für diese Zeit. Meine Damen und Herren, Sie können es mir abnehmen oder nicht: Es war mir stets eine große Ehre, Abgeordnete des Landtages von Sachsen-Anhalt zu sein. - Danke schön.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Lieber Kollege Bullerjahn, der Kollege Höhn hat es auch angesprochen. Mir erschließt sich nicht so recht, wo der wahre Effizienzgewinn sein soll, wenn man Schulen - welche auch immer, zumindest im Grundschulbereich - schließt; denn wenn wir Schule schließen, geben wir die Kinder nicht weg.
Wir haben eine schülerbezogene Lehrerarbeitszeit
und daran hängen letztlich die Stellen. Das erschließt sich mir nicht, weshalb ich es gern erklärt haben möchte. Das ist der erste Punkt.
Der zweite Punkt. Ich würde gern auf den Arbeitszeittarifvertrag eingehen und auch den Bezug zu Sachsen herstellen, wo man angeblich viele Lehrer einstellen konnte.
Wir haben gemeinsam - das war ein schwerer Ritt; das wissen wir alle; damals fanden das alle richtig und ich finde es auch heute noch richtig - in all den Jahren in der Tat Stellen abgebaut und über die Jahre hinweg Geld eingespart.
Wenn Sie nach Sachsen sehen und sich vor Augen führen, in welcher Höhe dort im Zusammenhang mit diesen Kündigungsgeschichten Abfindungszahlungen geleistet werden mussten, dann stellen Sie fest, dass so manchem heute noch die Tränen kommen.
Letzte Bemerkung: Ich stehe einer Erhöhung der Arbeitszeit von Lehrerinnen und Lehrern kritisch gegenüber. Dies hat etwas mit dem Altersdurchschnitt zu tun.
Wenn man über so etwas diskutieren will, dann muss erfragen - denn unsere Lehrerinnen und Lehrern befinden sich in einem Angestelltenverhältnis; das erachte ich auch für richtig -, ob die Landesregierung bereit ist, mit den Gewerkschaften Tarifverhandlungen zu führen, bei denen diese Frage geregelt werden könnte. Es gibt diesbezüglich nämlich sehr schicke und moderne Modelle, über die hier niemand redet.
Lieber Kollege, ich habe eine Nachfrage, weil ich noch einmal ein bisschen tiefgründig in die Problematik einsteigen möchte. Ich habe den Eindruck, dass manche glauben, es sei sehr leicht, dort etwas zu ändern. Das ist sehr kompliziert. Wenn es das nicht wäre, dann hätten wir schon in der letzten Legislaturperiode eine Lösung gefunden. Wir haben das bewusst verschoben, um eine ganzheitliche Lösung zu finden.
Meine Frage geht in die Richtung, ob Ihnen bekannt ist bzw. ob Sie Kenntnis davon haben, dass bundesweit in den medizinischen Fakultäten bzw. Universitätskliniken eine nicht unproblematische Diskussion hinsichtlich der Deckung der Kosten geführt wird. Es geht darum, dass die finanziellen Mittel im Rahmen der DRGs in den Universitätsklinika eben nicht ausreichen, weil bekanntermaßen die Fälle, die in die Universitätsklinika kommen, die schwersten Fälle sind. Darüber hinaus muss jeder Notfall von einem Uniklinikum aufgenommen werden.
Hinsichtlich der Vergütungsstruktur und der Kosten sind durchaus bundesweit Hilferufe zu vernehmen, weil eben eher Minusbeträge erwirtschaftet werden. Mir ist das von der Medizinischen Hochschule Hannover bekannt.
Ich kann mir vorstellen, dass wir hier ähnliche Probleme haben. Ich glaube schon, dass man darüber sehr bald und intensiv wird reden müssen; denn sonst wirtschaften wir uns in die Negativzahlen. Und das macht die ganze Geschichte nicht einfacher.
Vielen Dank. - Frau Ministerin, das waren sehr interessante Informationen. Ich werde gern verfolgen, was da passiert, weil ich glaube, dass das wirklich wichtig ist.
Nun haben wir die Schwerpunktsetzung, die aus der demografischen Entwicklung hervorgeht, zu Recht benannt. Seit vielen Jahren ist die Frage, wie wir mit diesen Alterswissenschaften, wie wir auch mit professoralen Stellen umgehen.
Meine Frage lautet: Lässt sich das mit dem sehr begrenzten Stellenspiegel, also der Stellenanzahl, die für medizinische Fakultäten und Klinika eher auf dem unteren Level ist, wirklich umsetzen?
Sie werden das jetzt nicht hundertprozentig beantworten können. Ich möchte Ihnen die Frage trotzdem mit auf den Weg geben, ob man das dann so hinbekommt, weil ich glaube, dass man wahrscheinlich über weitere Dinge wird reden müssen, um das qualitativ und auch quantitativ hinzubekommen. Vielen Dank für die Auskunft.
Herr Robra, stimmen Sie mir zu, dass mit diesen Formulierungen und so, wie die Debatte verlaufen ist, eigentlich nur zur allgemeinen Verunsicherung beigetragen wird? Ich will das auch begründen. Es ist so, dass die sogenannten Gartenlauben in den Ostländern, die nicht die Größenordnung nach
dem Bundeskleingartengesetz aufweisen, eigentlich nach der geltenden Rechtslage überhaupt nicht als Wohnungen genutzt werden dürfen.
- Moment! - De facto wissen wir aber - das ist auch ein Problem in den neuen Ländern -, dass in einer Reihe von Gartenanlagen, weil die Häuser größer sind und durchaus sehr komfortabel sind - - Ich habe auch so eins, das muss ich zugeben.
Sie dürfen nicht als feste Wohnsitze, als Zweitwohnsitze genutzt werden. Aber es ist erlaubt, während der Saison dort zu übernachten. Darin unterscheidet sich die Nutzung vom Kleingartengesetz. Wenn diese Regelung erhalten bleibt, dann führt es nicht nur zur allgemeinen Verunsicherung, sondern es macht die Tür für Dinge auf, die eigentlich keiner will und die man auch nicht zulassen darf, weil es eine offensichtliche Benachteiligung aufgrund von Regelungen ist, die hier nicht anwendbar sind.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir als Regierungsfraktionen haben, wie es Herr Daldrup bereits vorgetragen hat, diesen Antrag eingebracht, weil wir die Landesregierung in ihren Bemühungen unterstützen wollen, die berechtigten Interessen zumindest eines Teils unserer landwirtschaftlichen Betriebe, der Landwirte im Nebenerwerb, im Forstbereich und vor allem die Interessen der Beschäftigten wahrzunehmen.
Eine bundeseinheitliche Regelung, liebe Kolleginnen und Kollegen, so gern wie wir und vor allem auch ich für bundeseinheitliche Regelungen stehen, bedeutet im konkreten Fall der landwirtschaft
lichen Sozialversicherung jedoch gerade für die neuen Bundesländer, dass ein Problem auf uns zukommt, das wir schwer schultern können. Das Solidarprinzip sollte, wie es Herr Krause sagte, unterstützt werden, aber man sollte es nicht überstrapazieren, und das scheint mir an dieser Stelle der Fall zu sein.
Ich möchte nicht noch einmal alle Punkte wiederholen, die Herr Daldrup und auch der Minister vorgetragen haben. Ich möchte noch einmal betonen, dass wir es nicht zulassen sollten, dass durch die angestrebten Neuregelungen in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung unsere landwirtschaftlichen Betriebe mit einer Beitragssteigerung belastet werden, die, wie es auch bei der Berufsgenossenschaft der Fall ist, zum Teil mehrere Hundert Prozent betragen könnte.
Sicherlich ist die Kranken- und Rentenversicherung anders zu bewerten, da es hierbei nicht um die Umstellung eines Flächenbeitrages auf einen risikoorientierten Beitrag geht. Aber, meine Damen und Herren, natürlich gibt es Kostensteigerungen in den Sozialsystemen, die auch vor der Landwirtschaft nicht Halt machen. Eine älter werdende Bevölkerung nimmt die Krankenkassen nun einmal stärker in Anspruch.
Die strukturbedingten Beitragssteigerungen dürfen aber ein bestimmtes Maß nicht übersteigen. Ich will sagen, dass unter Strukturbedingungen zu verstehen ist, dass zum Beispiel die Einführung des Risikostrukturausgleichs in der landwirtschaftlichen Rentenversicherung die bereits genannten erheblichen Transferleistungen von den nördlichen und östlichen Bundesländern in die südlichen Bundesländer mit sich bringen würde.
Nun könnte man argumentieren - das wäre auch nicht unlogisch -, dass die Landwirte hinsichtlich der Versicherung in den Sozialsystemen bisher aufgrund ihrer großen Strukturen und dem Kriterium der Berechnung anhand der Flächengröße und des Wirtschaftswertes in der Vergangenheit profitiert haben.
Sicherlich, wenn man die Betriebsgrößen im Bundesvergleich zugrunde legt, wirken sich die Betriebsgrößen reduzierend auf die Arbeitskraftkosten aus, und zwar deshalb, weil der Wirtschaftswert überdurchschnittlich hoch ist. Aber das ist nur eine Seite der Medaille. Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass die Wertsschöpfung auf der Fläche je Hektar jedoch deutlich geringer ist.
Bei der Einführung eines Risikostrukturausgleichs profitieren die südlichen Bundesländer - das ist von allen Vorrednern gesagt worden -, die deutlich höhere Versorgungslasten zu tragen haben. Ein Grund dafür liegt auch in der geringen Anzahl älterer Menschen und in den landwirtschaftlichen Versicherungssystemen insgesamt.
Insofern bedeutet ein bundeseinheitlicher Träger, der die Berechnungsgrundlagen anders als im jetzigen regionalen Zusammenschluss der landwirtschaftlichen Sozialversicherungen setzt, eine Belastung für unsere Betriebe und eine Entlastung für Betriebe in Bayern und Baden-Württemberg.
Meine Damen und Herren! Auch die Sozialministerkonferenz hat sich mit der Bildung eines bundeseinheitlichen Versicherungsträgers bei der landwirtschaftlichen Sozialversicherung befasst. Sie ist allerdings zu dem Schluss gekommen, dass es keinen bundeseinheitlichen Träger geben soll.
Es mag sein, dass die Beweggründe dafür andere sind als die der ostdeutschen Bauernverbände. Für meine Begriffe unterstreicht diese Haltung aber, dass das Problem als solches nicht so gut lösbar ist, wie man es sich vorstellt bzw. dass ein bundeseinheitlicher Träger kein Zugewinn ist, zumindest nicht für unsere Versicherungssysteme.
Vielleicht - diesen Seitenhieb erlaube ich mir - wäre eine Bürgerversicherung eine bundesweite Lösung. Aber das führt an dieser Stelle zu weit.
Als Fazit sei mir aber die Bemerkung gestattet, dass die bisher von der Bundesregierung verfolgten Änderungen für unsere selbständigen Landwirte nicht zukunftsweisend sind, und von Vorteil sind sie schon gar nicht.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich noch einen Aspekt ansprechen. Sozialversicherungssysteme, auch die landwirtschaftliche Sozialversicherung, verfügen über Selbstverwaltungsorgane.
In diesem muss auf einen angemessenen Interessenausgleich geachtet werden. Mit der Vorgabe einer qualifizierten Mehrheit bei Entscheidungen über die Beitragsgestaltung würde ein Beitrag geleistet, der die Interessenwahrnehmung unserer Landwirte stärkt.
In diesem Zusammenhang - auch das erspare ich Ihnen und uns nicht - möchte ich auf die Wichtigkeit von Sozialwahlen hinweisen. Es ist Aufgabe der Politik, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass der angestrebte angemessene Interessenausgleich im gesellschaftlichen Konsens gewahrt bleibt. In die Selbstverwaltungsorgane hineinwirken kann und soll die Politik jedoch nicht.
Wichtig ist aber, dass sich unsere Landwirte an den Sozialwahlen beteiligen. Denn auch die Beteiligung an Sozialwahlen ist ein wichtiges Stück gelebter Demokratie. Es ist der richtige Weg, die eigenen Interessen entsprechend zu artikulieren und dafür zu sorgen, dass sie berücksichtigt werden.
Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie bitten, dem Antrag direkt zuzustimmen. Ich verstehe das Anliegen von Herrn Krause. Aber wir können das
Thema immer wieder aufrufen, wenn es bei der Agrarministerkonferenz eine Rolle spielt.
Der Antrag ist eigentlich auch dafür gedacht, dem Agrarminister eine Unterstützung bei der Argumentation in der Agrarministerkonferenz zu geben.
Ich glaube, es ist wichtig, dass von diesem Parlament ein Signal ausgeht, mehr Gerechtigkeit auch für diesen wichtigen Berufsstand in unserem Land zu fordern. Es gibt nämlich mehrere wichtige Berufsstände. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.