zwar in der FDP/DVP Baden-Württembergs Bewegung gegeben hat und dies Ihre Zielsetzung ist, aber Sie wissen ebenso, dass Sie dafür in der FDP Deutschlands noch keine Mehrheit haben. Das wissen Sie auch ganz genau.
Deswegen kann ich nur sagen: Wer mitmachen will bei einem Zuwanderungsbegrenzungsgesetz, das aber nicht nur diese Überschrift hat, sondern wirklich die Zuwanderung reduziert, den bitte ich, auch einer Verfassungsänderung im Rahmen einer europäischen Harmonisierung zuzustimmen. Dann, aber nur dann ist es möglich, in einem solchen Zuwanderungsbegrenzungsgesetz zusätzliche Quoten nach Kriterien, die wir selbst festlegen und die unserem Bedarf
entsprechen, aufzunehmen. Solange es aber ausschließlich um ein Draufsatteln geht, können wir dem nicht zustimmen.
Alles, was im Zusammenhang mit der so genannten Greencard diskutiert wird, ist wirklich eine Insellösung, die in ein Gesamtkonzept eingebaut werden muss. Das sieht beispielsweise der FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle nach einer Bundesvorstandssitzung seiner Partei völlig richtig – ich zitiere aus der FAZ vom 14. März 2000 –:
Die FDP lehnt die Einführung so genannter Greencards für ausländische Computerspezialisten ab. Der Generalsekretär der FDP, Westerwelle, bezeichnete entsprechende Pläne der Bundesregierung im Anschluss an die Präsidiumssitzung der Partei am Montag als Flickschusterei.
und müssen in unseren Parteien noch Überzeugungsarbeit leisten. Wir müssen aber vor allem bei denen Überzeugungsarbeit leisten, die derzeit die Bundesregierung tragen: bei Rot-Grün, die viel weiter gehende Forderungen stellen, zum Beispiel „Das Boot ist voll“ – Sätze, die Sie von mir noch nie gehört haben –, die aber bis zur Stunde nicht bereit sind, einem solchen Zuwanderungsbegrenzungsgesetz zuzustimmen. Das möchte ich sagen, und das sind die Fakten.
Deswegen können wir solchen Lösungen nur dann zustimmen, wenn sich die konkrete Chance zu einer Reduzierung der Gesamtzuwanderung ergibt, meine Damen und Herren.
Und nun zu Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlingen. Ich möchte heute einmal in meinen eigenen Worten sagen, was der Innenminister, der meinen vollen Rückhalt hat, hier an diesem Pult allein in den letzten Wochen etwa drei- oder viermal in einer Debatte gesagt hat.
Nehmen wir zunächst einmal Bosnien-Herzegowina. Großbritannien hat 1 500 Bürgerkriegsflüchtlinge aus Bosnien aufgenommen, Frankreich hat 3 000 aufgenommen. Nicht ganz Deutschland, sondern allein Baden-Württemberg hat 54 000 aufgenommen.
Aber die Grundlage für die Aufnahme war doch immer die selbstverständliche – ausgesprochene und nicht ausgesprochene – Basis, dass diese Bürger wieder zurückgehen,
wenn der Bürgerkrieg zu Ende ist. Nun hat der Bürgerkrieg sehr viel länger gedauert als erwartet. Wir haben fünf Jahre lang gewartet. Aber heute sagt uns der Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, dass man die Flüchtlinge zurückschicken kann. Das sagt auch die Regierung von Bosnien und Herzegowina.
Nun halte ich es für eine ganz große Leistung unseres Innenministers, dass es ihm – durch Zureden und im Ausnahmefall durch Abschiebung – gelungen ist, von diesen 54 000 Flüchtlingen bis zum heutigen Tag 49 000 zurückzuführen, sodass wir noch 5 000 in unserem Land haben. Wir werden nicht auf null kommen und wollen auch gar nicht auf null gehen. Unter den Flüchtlingen sind einige traumatisierte, kranke Leute, die wir nicht zurückschicken werden.
Ganz klar ist aber, dass wir diese Politik der Rückführung nicht aufgeben können. Warum? Weil sonst künftig in vergleichbaren Fällen die Akzeptanz für Bürgerkriegsflüchtlinge in unserer Bevölkerung fehlen würde.
Das nächste Thema liegt jetzt auf dem Tisch. Wir haben Kosovo-Albaner in einer ganz ähnlichen Größenordnung aufgenommen. Man kann jetzt mit der Rückführung beginnen. Wir beginnen bei der Rückführung selbstverständlich nicht mit denjenigen, die in einem Arbeitsverhältnis sind und gebraucht werden,
sondern wir schieben als Allererste straffällig Gewordene in den Kosovo ab. Das ist die Priorität Nummer 1 bei der Abschiebung.
Dann drängen wir in der zweiten Stufe diejenigen zur Rückkehr, die nicht in Arbeit sind, sondern von der Sozialhilfe leben.
Wir haben mit der Rückführung nach Bosnien zwei Jahre gebraucht. Ich denke, dass wir, selbst wenn wir ganz konsequent vorgehen, auch rund zwei Jahre mit der Rückführung von Kosovo-Albanern brauchen. In der letzten Gruppe derer, die wir zur Rückkehr auffordern, sind dann diejenigen, die derzeit in einem Arbeitsverhältnis sind.
Es soll aber niemand glauben, dass wir bei Bürgerkriegsflüchtlingen die Rückführung aufgäben. Wenn dieser Eindruck entstehen würde, dann blieben beispielsweise alle Kosovo-Albaner bei uns,
weil sie selbstverständlich lieber in den wirtschaftlichen Verhältnissen der Bundesrepublik Deutschland bleiben, als dass sie wieder in ihre Heimat zurückgehen. Sie müssen
aber in ihre Heimat zurückgehen, wenn die für ihre Flucht bzw. Aufnahme maßgebenden Gründe weggefallen sind, denn die Schutzgewährung ist nur vorübergehender Natur.
Nun komme ich zur Integration. Auch über die muss man sprechen. Wir haben zurzeit ein Nachzugsalter – und der Familiennachzug macht pro Jahr immerhin 60 000 Zuwanderungen aus –, das zu hoch ist und reduziert werden müsste. Nun liegt eine EU-Verordnung vor, die noch nicht verabschiedet ist, aber diskutiert wird – und ich höre, die deutsche Regierung wolle ihr zustimmen –, wonach das Nachzugsalter heraufgesetzt werden soll bis zur Volljährigkeit.
Meine Damen und Herren, wir haben doch zehnmal diese Frage hier in diesem Haus diskutiert und haben gesagt: Integration ist möglich, wenn junge Ausländer im Kleinkindalter hier sind, wenn sie in den Kindergarten gehen können, wenn sie mit den anderen zusammen in der Schule und auf dem Schulhof Deutsch lernen. Damit haben sie gleiche Chancen in dieser Gesellschaft. Wenn sie aber bis zum 14. Lebensjahr oder in Zukunft bis zur Volljährigkeit bei den Großeltern in der Türkei bleiben und dann noch einen Rechtsanspruch darauf haben, im Wege des Familiennachzugs nach Deutschland zu kommen, dann ist das die zweite Generation, die in diesem Land unausgebildet keine Chancen hat.
Deshalb muss, wer für Integration ist, bereit sein, das Nachzugsalter zu senken. Der muss bereit sein, die Erlernung der deutschen Sprache zur Voraussetzung der Förderung für alles andere zu machen.
(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Und Geld dafür auszugeben! – Abg. Christine Rudolf SPD: Und Geld dafür auszugeben, Herr Teufel!)
Meine Damen und Herren, ich sage auch klipp und klar: Der EU-Beitritt mittel- und osteuropäischer Staaten, den ich klar bejahe, muss durch lange Übergangsfristen für die Freizügigkeit sozialverträglich für unser Land gestaltet werden.
Nun komme ich zur vierten Priorität. Auch die möchte ich noch ansprechen. Darauf hat auch mein Kollege Oettinger hingewiesen. Was sagen denn die anderen Branchen? Ich sage noch einmal, dass die IT-Branche für uns eine ganz zentrale Branche ist und dass diese Technologie eine Querschnittstechnologie ist. Aber ich weiß, dass beispielsweise heute auch Maschinenbauer händeringend nach Ingenieuren suchen. Ich weiß, dass in der Zulieferindustrie händeringend nach Facharbeitern gesucht wird. Ich kenne die Probleme in der Gastronomie. Ich kenne sie im Handwerk, in der Landwirtschaft.
(Abg. Christine Rudolf SPD: Da haben Sie über- haupt nichts gebracht! – Abg. Dr. Salomon Bünd- nis 90/Die Grünen: Ja, woran liegt denn das? De- moskopie, Demographie!)
Demographie! Das ist aber interessant. Vor allem habe ich mich gefreut, dass die Grünen die Familienpolitik entdeckt haben. Willkommen, kann ich nur sagen!