Jetzt noch einige Aussagen. Kollege Kleinmann hat es gesagt: 103 Anträge lagen vor, 33 wurden bewilligt. In Baden-Württemberg wurden bereits 27 Millionen € bewilligt. Wir sind sehr zuversichtlich, dass die Mittel noch in diesem Jahr, zumindest die Tranche für dieses Jahr, abgeschöpft werden. Wir sind auch zuversichtlich, dass im nächsten Jahr durchaus weitere Anträge kommen werden
Meine Damen und Herren, wenn Sie das Land kritisieren, bitte ich zu bedenken, dass bisher eben nur vier Bundesländer diese Mittel beantragt haben. Auch das gehört zur ganzen Wahrheit.
Ich bin gespannt, wie Debatten zum Beispiel im Landtag von Rheinland-Pfalz geführt werden. Rheinland-Pfalz hat bisher – dort wird ja das Thema „Ausbau der Ganztagsschule“ sehr groß geschrieben, wie wir wissen; das ist jetzt interessant – 3 Millionen € von insgesamt 14,8 Millionen € abgerufen, die für dieses Land zur Verfügung stehen. In Berlin wurden 3,3 Millionen € abgerufen von insgesamt 11,3 Millionen €, die zur Verfügung stehen.
Bremen hat die kompletten Mittel abgeschöpft. Kein anderes Bundesland, das für sich in Anspruch nimmt, den Ausbau der Ganztagsschulen voranzubringen, hat überhaupt Engagement diesbezüglich gezeigt.
Noch etwas zu dem Stichwort Akzeptanz. Mich wundert schon: Warum hat es die Bundesregierung nötig, für dieses Programm eine Imagekampagne von 2,7 Millionen € zu initiieren, wenn doch die Mittel angeblich so hervorragend abgerufen werden? Diese Frage muss sich die Bundesregierung schon stellen lassen. Diese 2,7 Millionen € hätte man in der Tat viel besser für andere Zwecke verwenden können.
Meine Damen und Herren, ich plädiere dafür, in der inhaltlichen Definition sehr sorgsam ein differenziertes Bild der Wirkung der Ganztagsschulen darzustellen. Die Konzentration der Förderung auf so genannte soziale Brennpunkte war bisher der richtige, angemessene Weg. Die Praxis der Bewilligung der Bundesmittel zeigt eindeutig, dass bei den jetzt genehmigten Projekten keine Konzentration auf soziale Brennpunkte erfolgt ist. Eine Ausweitung erfolgt in Schritten.
Dennoch muss man angesichts der Verantwortung für die Ressourcen, die wir im Land Baden-Württemberg zur Verfügung haben, sorgsam vorgehen. Deswegen plädieren wir weiterhin für einen moderaten, bedarfsgerechten Ausbau unserer Ganztagsschullandschaft mit möglichst viel Flexibilität und unter Einbeziehung der Partner vor Ort sowie natürlich unter Einbeziehung des hervorragend funktionierenden Ehrenamts in unserem Land.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Seimetz CDU: Sehr gut! Wintruff, klatschen!)
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Ich werde heute keine grundsätzliche Debatte über Ganztagsschulen führen.
Ich finde, das lohnt einfach nicht mehr, weil dabei längst so viel Virtuelles im Spiel ist. Ich möchte über Fakten reden und über das Programm, denn die Kritik bezog sich ja auf das Handling des Programms.
Die Kritik bezog sich darauf, dass die Segnungen des Bundes schnöde abgelehnt würden – von einem Land, das es nötig hätte, diese Segnungen endlich anzunehmen. Das alles haben Sie jetzt möglicherweise – das verstehe ich auch – als schöne Auftragsarbeit aus Berlin bekommen.
Aber Sie hätten sich im Hinblick auf die Fakten wenigstens ein bisschen besser vorbereiten müssen – Fakten, die übrigens parteiübergreifend anerkannt sind. Deshalb widme ich mich diesen Fakten.
Erstens: Die Statistik der Kultusministerkonferenz für das Schuljahr 2003/2004 weist für Baden-Württemberg 439 Ganztagsschulen aus. Damit liegen wir im oberen Drittel der Länder. Über Definitionen und darüber, was eine Ganztagsschule ist, besteht in der Kultusministerkonferenz Konsens. Das war die Ausgangssituation, bevor das Programm kam.
Frau Kultusministerin Schavan, liegen Ihnen auch prozentuale Zahlen zum Anteil der Schülerinnen und Schüler in Ganztagsschulen aus den einzelnen Bundesländern vor?
Die KMK-Statistik führt Verwaltungseinheiten; sie führt keine Schülerzahlen. Aber auch bei den Schülerzahlen stehen wir nicht schlecht da.
Können wir. Wenn sie da sind, kann das nachgeliefert werden. Wir haben die Daten für Baden-Württemberg übrigens in einer der Drucksachen geliefert. Dort stehen – ich habe gerade noch darin geblättert – Zahlen für jede Schulart. Es mag ja sein, dass Ihnen die Zahlen nicht passen. Das kann alles sein.
Deshalb stand am vergangenen Samstag in einer der größten Zeitungen Nordrhein-Westfalens, weit vorne beim Bundesprogramm seien die Länder, die ohnehin Ganztagsschulen geplant hätten; dazu zähle vor allem Baden-Württemberg. Das schreibt jetzt nicht die Hauspostille des badenwürttembergischen Kultusministeriums.
Im Sinne des Stolzes auf das, was ein Land insgesamt geschafft hat, könnten Sie wenigstens das jetzt einmal zugeben. Es würde auch schon reichen, wenn Sie nicht ständig das Gegenteil behaupteten.
Zweitens: Zu den bildungspolitischen Debatten hier im Haus gehört, seit ich denken kann, die Feststellung seitens der Regierung – auch schon lange vor PISA –: Es bedarf in der Schule eines anderen Umgangs mit Zeit. Das ist die eigentliche pädagogische Aufgabe. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Das Rotteck-Gymnasium in Freiburg hat im Rahmen seines pädagogischen Konzepts für G 8 überhaupt nur noch Doppelstunden. Da gibt es keine 45-Minuten-Einheiten mehr. Da gibt es ganz andere Zeiteinheiten, die sich bewähren, übrigens mit Obergrenzen, was die tägliche Belastung der Schüler und Schülerinnen angeht.
Genau das ist doch das, was notwendig ist. Wenn Sie jetzt sagen, das Land habe kein Konzept, dann lohnt es sich schon fast nicht mehr, darauf einzugehen, nachdem wir hier unentwegt Debatten führen, in denen alle erklären, der große Unterschied zu den PISA-Siegern sei, dass die begriffen hätten, dass Schulen möglichst selbstständig sein müssten.
Deshalb werden sie auch selbstständig und wird nicht für 4 000 Schulen ein einziges Konzept gemacht.
Es ist übrigens auch interessant, wenn man einmal die Entwicklung von Ganztagsschulen in Deutschland in den letzten 30 Jahren beobachtet. Das kann man ja sehr schön anhand der PISA-Studie machen. Zum Beispiel sind die Gesamtschulen in Nordrhein-Westfalen ja immer Ganztagsschulen gewesen. Da gibt es also Erfahrungen über 20 oder 30 Jahre. Wenn Sie jetzt die PISA-Ergebnisse nehmen, sehen Sie, dass diese Schulen nicht einmal so gut sind wie andere Schulen. Sie sind deutlich schlechter.
Das heißt, der Satz, dass mit diesen Schulen Qualität verbessert werden könne, hat sich empirisch überhaupt nicht bestätigt. Warum? Es wird viele Gründe geben: unter anderem, weil man Gesamtschulen nie evaluiert hat und überhaupt nicht gemerkt hat, was da eigentlich los ist, weil es nicht genügend Qualifikation für die Binnendifferenzierung gab, die notwendig war, aber auch, weil die Frage des Umgangs mit Zeit, die Gestaltung von Lernzeiten eben nicht wirklich der integrative Teil des pädagogischen Konzepts war. Deshalb rate ich uns auch sehr, über Ganztagsschulen nicht ausschließlich im Zusammenhang mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu sprechen. Darauf komme ich gleich zurück. Aber das Kernstück muss sein, dass ein an
derer Umgang mit Zeit Teil eines pädagogischen Konzepts vor Ort ist. Dann kommt dabei eine gute Ganztagsschule heraus, nur dann.
(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr richtig! – Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Klein- mann FDP/DVP)
Außerdem – Herr Kleinmann hat darauf aufmerksam gemacht – haben wir durch den Koalitionsvertrag seit 2001 ein klares Programm für einen bedarfsorientierten Ausbau von Ganztagsschulen. Das ist nicht nur – völlig im Konsens – zu Papier gebracht worden, sondern wir tun das auch.
Wenn wir einmal die Zehnjahresbilanz der Entwicklung zwischen 1996 und 2006 – darauf freue ich mich schon – in Sachen Ganztagsschulen ziehen – das sage ich Ihnen schon heute voraus – und diese Bilanz mit der der anderen 15 Länder vergleichen,
werden wir feststellen, dass es kaum ein Land in Deutschland gibt, in dem so viel Dynamik in Sachen ganztägige Schule besteht.