Protokoll der Sitzung vom 10.12.2003

Daher liegt es nahe, sich dem Bereich tatsächlich zuzuwenden, in dem am ehesten eine Handlungsnotwendigkeit besteht und am leichtesten gehandelt werden kann. Das haben wir relativ frühzeitig erkannt. Mit allem, was wir bisher getan haben, sind wir in der Bundesrepublik führend. Aber es reicht nicht aus.

Die Gelder reichen aus. Das ist das Bemerkenswerte. Zurzeit geben wir 150 000 € für die Förderung von Energiesparkursen aus. Es werden nicht mehr Anträge gestellt. Hätten wir mehr Anträge, könnten wir sehr wohl überlegen, entsprechend mitzuziehen. Hier liegt das eigentliche Problem.

Warum findet ein so nahe liegender Gedanke, nämlich mit weniger Kraftstoffverbrauch Auto zu fahren, nur so unzulänglich Resonanz? Deswegen ist auch die Frage, was man für die Resonanz tun kann, berechtigt; wir haben sie uns gestellt. Wir haben bei weitem nicht nur die Fahrkurse gefördert – übrigens mit 35 € pro Teilnehmer. Der einzelne Autofahrer zahlt maximal noch denselben Betrag zusätzlich. In der Regel zahlt er weniger. Er holt sozusagen seine eigenen Kosten für die Kursteilnahme innerhalb kurzer Zeit wieder herein.

Trotzdem stellt sich die Frage, warum die Wirklichkeit anders aussieht. In der Tat müssen wir auch Öffentlichkeitsarbeit leisten. Das haben wir in unserer Stellungnahme zu dem Antrag geschildert. Das alles führen wir fort.

Mittlerweile hat sich die Zahl der Exemplare der Broschüre „Energiesparend Fahren“ mit der fünften Auflage auf 175 000 erhöht. Es gibt zum Thema „energiesparendes Fahren“ weitere Kinospots, es gibt die Parkscheibe „Denkrad“ mit 50 000 Exemplaren, es gibt Presseaktivitäten, es gibt schon seit Jahren eine Moderatorenausbildung, und es gibt PR-Aktionen unserer Kontaktorganisationen – das sind vor allem die Landesverkehrswacht und der ADAC. Die vor einem Jahr angekündigte Information an die Bediensteten im öffentlichen Dienst, die der Gehaltsmitteilung beigefügt werden soll, ist noch nicht erfolgt. Das hängt immer davon ab, was in dem Umschlag mit der Gehaltsmitteilung sonst

noch enthalten ist. Aber wir werden die Ankündigung umsetzen. Dann haben wir immerhin 250 000 Personen mit einem individuellen Anschreiben erreicht.

Auch die Studie des Instituts für Verkehr und Umwelt, IVU, deren Fertigstellung wir im Dezember letzten Jahres für dieses Jahr in Aussicht gestellt haben, liegt in wenigen Wochen vor. Dann wird sie zusammen mit dem ADAC und der Landesverkehrswacht ausgewertet, und aus den Ergebnissen werden Konsequenzen gezogen. Das heißt, wir bleiben am Ball. Das ist keine Eintagsfliege, aber ein zähes Geschäft.

Mittlerweile haben wir von einer Seite Zustimmung bekommen, die vielleicht die Schwerfälligkeit der ganzen Operation erklärt. Wir erfahren bei Berufskraftfahrern und Unternehmen – auch größeren – Zustimmung. Durch die Zeitung ging, SAP sei auf den Trichter gekommen und räume mit Hilfe unserer Fördermittel entsprechend ab. Warum haben gerade Unternehmen glücklicherweise und endlich gemerkt, dass sie für ihre Fahrzeugflotte etwas tun können? Weil sie erkannt haben, dass sie damit die Treibstoffkosten senken. Dort wird mit spitzerem Bleistift gerechnet als in einem Privathaushalt. Das Fahrzeug wird geschont, und außerdem leistet man einen Beitrag zur Verkehrssicherheit. Das alles zusammengenommen führt rational sehr schnell zu der Erkenntnis, dass es klug ist, so zu handeln. Unternehmen tun das eher.

Interessant ist jetzt Folgendes: Die Gründe, die ich Ihnen gerade geschildert habe, sind genau die, weshalb jemand an einem Spritsparkurs teilnimmt oder nicht.

Mit anderen Worten: Aus ökologischen Gründen nimmt leider leider kaum jemand teil. Das ist die Erklärung. Das, was uns in der Politik und auch in der Landespolitik motiviert, solche Kurse anzubieten, zu subventionieren und Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben, nämlich der ökologische Gedanke, ist bei den betreffenden Adressaten in der Regel überhaupt kein Aspekt. Es mag ein paar Hochmotivierte geben. Wenn Sie von der SPD-Fraktion, wie ich gehört habe, schon einen solchen Kurs hinter sich haben, dann ging das bei Ihnen, nehme ich einmal an, auf dieses edle Motiv zurück. Das sei unterstrichen.

(Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Nur!)

Ich habe ja gar nichts dagegen, wenn auch die SPD einmal etwas aus edlen Motiven tut.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Lachen bei der SPD und den Grünen)

Aber jetzt Scherz beiseite. Das sollte ein uneingeschränktes Kompliment sein.

(Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Das wollen wir auch hoffen!)

Ich will das gar nicht ironisieren. Aber der Gedanke, der dahinter steht, macht mir wirklich Kummer: dass wir nämlich mit einer ökologischen Argumentation in der Bevölkerung praktisch nichts erreichen. Jetzt kann man sagen: Die blöde Landesregierung, die erreicht das nicht. Aber in den anderen Bundesländern, die ja in dieser Richtung überhaupt nichts tun, schaut es noch viel übler aus. Wir kennen dieses Problem im Übrigen auch aus anderen Appellen, die wir an die Bevölkerung richten.

(Minister Müller)

Wir müssen sozusagen am Eigeninteresse ansetzen. Unter diesem Gesichtspunkt verfahren wir übrigens auch bei unserer Werbung. Beispielsweise habe ich im Vorwort zur Energiesparbroschüre, die wir herausgegeben haben, nicht nur geschrieben: „Tu etwas für die Umwelt“, sondern sinngemäß auch geschrieben: Schlag dem Finanzminister ein Schnippchen bei der Ökosteuer.

(Widerspruch bei der SPD – Abg. Schmiedel SPD: Wieso nur bei der Ökosteuer?)

Ein guter Satz. – Ich habe es sogar noch schärfer formuliert: Trickst den Eichel aus,

(Unruhe bei der SPD – Abg. Schmiedel SPD: Wa- rum nicht die Mineralölkonzerne?)

indem ihr dadurch, dass ihr weniger verbraucht, weniger Steuern zahlt.

Wir müssen also sozusagen mit dem Eigennutz operieren. Denn mit einem anderen Gedanken dringen wir leider nicht durch; damit können wir nur einige ganz wenige Hochmotivierte erreichen. Wir werden unsere Aktivitäten weiterverfolgen.

Interessant ist – um darauf noch einmal zurückzukommen –, was die größeren Verbraucher anbelangt: Wir haben in der Landtagsdrucksache auch eine Kontrollstudie angekündigt. Sie ist mittlerweile erfolgt. Partner war die Telekom mit ihren Firmenfahrzeugen. Ziel der Untersuchung war, herauszufinden, welche Einsparungen nach längerer Zeit noch messbar sind. Denn eine Einsparung von 10 bis 20 % wäre nur dann erreichbar, wenn jeder das, was er in einem Spritsparkurs gelernt hat, für den Rest seines Autofahrerlebens exakt einhalten würde. Wir wissen aber auch aus allen möglichen anderen Unterrichtssituationen, dass in der Regel nicht alles hängen bleibt und es auch alte Gewohnheiten gibt. Deswegen hat uns interessiert: Was bleibt langfristig übrig, wenn man diesen Gewohnheitseffekt, wieder in die alten Fehler zurückzufallen, berücksichtigt? Das wollten wir mit einer repräsentativen Untersuchung klären.

Diese Untersuchung ist im Frühjahr 2003 erfolgt, und zwar bei 180 Fahrern. Sie hat ergeben, dass selbst nach einem halben Jahr noch eine Einsparung von durchschnittlich 7,3 % erzielt wird, obwohl es auch Fahrer gibt, die unter Termindruck stehen und anderes im Kopf haben, als betont spritsparend zu fahren. So etwas spricht sich natürlich herum. Ich hoffe, dass es sich herumspricht. Wir plädieren dafür, dass es sich herumspricht. Wir arbeiten darauf hin, dass es sich gerade bei den Betreibern großer Fahrzeugflotten, bei Unternehmen unterschiedlichster Art, bei den städtischen Verkehrsbetrieben und vielen anderen besonders herumspricht, dass ihre Berufskraftfahrer von dieser Erkenntnis Gebrauch machen sollten.

Zum Schluss will ich doch noch die Bemerkung machen, Herr Kollege Palmer: Es freut mich, dass Sie davon ausgehen, dass Mitglieder der Landesregierung eine so strahlende Wirkung auf die Bevölkerung haben, dass – –

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Ich habe eher an Herrn Döring als an Sie gedacht! – Vereinzelt Hei- terkeit)

Wie ich das jetzt verstehen soll, weiß ich nicht.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Wir verstehen es auch nicht! – Vereinzelt Heiterkeit)

Dass wir mit Veranstaltungen auf dem Hockenheimring die Leute zu einem anderen Verhalten bewegen können – da sollten wir uns, ehrlich gesagt, nicht überschätzen. Davon halte ich relativ wenig. Es gibt übrigens mittlerweile von einem unserer Partner eine solche Veranstaltung auf dem Hockenheimring, bei der man das Thema Spritsparen sozusagen mit Spaß, mit Event und mit Fun verbindet. Ein Spritspartraining auf dem Hockenheimring kann man machen,

(Abg. Rech CDU: Spritsparen mit Michael Schu- macher!)

aber ich glaube, wir sollten da jetzt nicht „Ringelpiez mit Anfassen“ machen.

Kleine Randbemerkung zum Thema Rußfilter: Sie haben das letzte Mal gesagt, wir würden etwas predigen, was wir selbst nicht einhielten. Also: Im öffentlichen Bereich – ich habe das ja gerade dargestellt –, bei öffentlichen Bediensteten und vor allem bei den Berufskraftfahrern machen wir im Interesse der Umwelt, was wir tun können. Aber was den Rußfilter anbelangt, muss ich sagen: Es gab sie bisher nur bei ganz wenigen Anbietern. Wir hätten Peugeots kaufen können, aber das tut man halt aus bestimmten Gründen nicht.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Wenn es in Zukunft mehr Rußfilterfahrzeuge gibt, wird das natürlich auch im Programm der Landesregierung zur Beschaffung der Fahrzeuge, die wir üblicherweise kaufen, seinen Niederschlag finden.

Das sind nicht nur baden-württembergische, aber in der Regel sind es deutsche Fahrzeuge – aufgrund der Verwendungsnotwendigkeiten und Kriterien, die wir an solche Fahrzeuge anlegen. Insofern sind wir da, glaube ich, ganz konsequent.

Bei diesem Thema der Landespolitik – es ein Schlüsselthema zu nennen wäre vielleicht übertrieben – ziehen wir alle am selben Strick. Ich kann Sie nur bitten, meine Damen und Herren, Beiträge zu leisten – sei es als Kommunalpolitiker, sei es als Landespolitiker – und Beispiele zu setzen, damit wir bei diesem Thema vorankommen. Auch ich wäre daran interessiert, dass wir – nicht nur mit Geld – bei einer Aufgabe, die im Prinzip keine Aufgabe des Staates ist, sondern eine Aufgabe der Einsicht aller Bürger, mit unseren Impulsen einen Prozess in Gang setzen, der eigentlich auch ohne uns genauso stattfinden könnte. Denn es ist sinnvoll, Sprit zu sparen, vorsichtiger zu fahren – wenn auch nicht unbedingt langsamer – und damit einen Beitrag für den eigenen Geldbeutel und für die Umwelt zu leisten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie der Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD)

Das Wort erhält Herr Abg. Palmer.

(Abg. Alfred Haas CDU: Das stand zu befürchten! – Abg. Hauk CDU: Wie zu befürchten war! – Abg. Seimetz CDU: Er hat ja nur noch eine halbe Minu- te!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte einen Punkt, den Frau Kollegin Schmidt-Kühner aufgebracht hat, noch einmal aufgreifen und auch zurückweisen.

Frau Schmidt-Kühner, Sie werfen mir vor, es sei doch absurd, auf dem Hockenheimring Spritsparkurse zu veranstalten, und tun das sozusagen mit dem erhobenen ökologischen Zeigefinger.

(Abg. Rech CDU: Das hat schon was!)

Nachdem Ihre Fraktion aber im Gegensatz zu unserer Fraktion der Bewilligung von 30 Millionen € für den Umbau dieses Ringes zugestimmt hat, muss ich fragen: Darf ich daraus folgern, dass man nur mit 350 Stundenkilometern über diesen Ring fahren darf, aber nicht, um das spritsparende Fahren einzuüben? Wollten Sie uns das mitteilen? Entschuldigung, dieser Argumentation kann ich nicht ganz folgen.

Was die FDP/DVP angeht, lautete die Hauptaussage: Durch den Ausbau von Straßen tut man mehr für die Umwelt und die Reduktion des Spritverbrauchs. Ich hoffe, dass Sie das nicht ganz ernst gemeint haben.

(Zurufe von der FDP/DVP)

Herr Minister Müller, Ihr Beitrag war – wie gewohnt – sachlich

(Abg. Hauk CDU: Gut!)

und insoweit auch zustimmungsfähig. Ich muss aber festhalten: Wir haben alle miteinander hier in diesem Saal ganz offenkundig keine Vorstellung dazu entwickeln können, wie wir wenigstens einmal 2 oder 3 % der Bevölkerung erreichen und sie von der Idee des Spritsparens überzeugen können.

(Zurufe von der CDU, u. a. der Abg. Dr. Inge Gräßle – Glocke des Präsidenten)