Protokoll der Sitzung vom 30.06.2005

Ja, aber gerne.

Bitte sehr, Herr Abg. Walter.

(Abg. Teßmer SPD: Der befreit jetzt die Hühner!)

Herr Minister, ist Ihnen bekannt, dass in Deutschland Eier aus Freiland- und aus Bodenhaltung importiert werden müssen, weil wir selbst nicht genügend Angebote haben? Wie kommen Sie denn dazu, dass jetzt unbedingt im Ausland investiert werden muss? Es ist

im Gegenteil doch so, dass die Umstellungshilfen – auch aufgrund der Propaganda, wie Sie sie hier vertreten und wie sie auch der Bauernverband vertritt – nicht genügend in Anspruch genommen worden sind. Aber gerade in einem so hochsensiblen Bereich wie bei den Eiern – ich gehe davon aus, dass Sie mir hier zustimmen – sind doch die Verbraucherinnen und Verbraucher bereit, zumindest für ihren privaten Bedarf mehr auszugeben.

Herr Kollege Walter, auf den hochsensiblen Bereich der Hühnereier will ich jetzt nicht näher eingehen. Sonst kämen wir nämlich schnell in eine Diskussion darüber, wie es eigentlich um die Hygiene bei Eiern aus Freilandhaltung etc. bestellt ist – etwa hinsichtlich der Salmonellen.

(Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Teßmer: Das hat doch mit dem Thema nichts zu tun!)

Nein, nein, das ist alles gar nicht so einfach. Ich habe nicht die Absicht, irgendwelche Haltungsformen

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Wollen Sie jetzt die Hühner befreien oder nicht?)

zu präferieren oder hintanzustellen. Deswegen gehen wir ganz ohne Ideologie an dieses Thema heran. Ich sage nur eines:

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Sie sind also für den Käfig!)

Durch den frühen Ausstieg verlieren wir Marktanteile und verlagern das Problem irgendwohin jenseits der Grenzen. Das ist für mich, ehrlich gesagt, nichts anderes als Doppelmoral. Das ist nämlich der Knackpunkt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das war doch nicht die Frage!)

Meine Damen und Herren, ähnlich gehen Sie jetzt mit dem Verbandsklagerecht um.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Man sollte manchmal auch auf den übernächsten Tag schauen und nicht nur auf den nächsten Tag!)

Beim Verbandsklagerecht gehen Sie genauso vor. Die Auflagen an die jeweiligen Betriebe oder auch an den nebenoder ehrenamtlichen Züchter oder wen auch immer würden durch die Beteiligung stark steigen. Es ist klar, dass es zu einem Exodus in die Staaten mit niedrigen Standards käme. Wollen wir das wirklich?

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Wir wollen die Ver- bandsklage wirklich! Ja! – Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Ich behaupte, für den Tierschutz selbst wäre damit überhaupt nichts gewonnen, weil wir das Problem von Deutschland weg irgendwo anders hin verlagern, wo wir es eben nicht kontrollieren können. Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, lehnt die Landesregierung die beiden Initiativen der Grünen und der Sozialdemokraten ab.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Winkler.

(Abg. Stickelberger SPD: Bist du auch ein 68er?)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte noch auf die beiden Wortmeldungen des Herrn Kollegen Müller und des Herrn Ministers eingehen. Ich wollte vorhin eigentlich darlegen – und da werden Sie mir zustimmen –, dass es auch im Tierschutz eine kontinuierliche Entwicklung gab, dass also die Entwicklung im Laufe der Jahrzehnte zu mehr Tierschutz führte.

1933 wurde das Reichstierschutzgesetz etabliert – damit gab es zum ersten Mal ein Tierschutzgesetz –, und 1972 wurde das Bundestierschutzgesetz eingeführt und seither durch viele Veränderungen erweitert. Die entsprechende Logik liegt doch in der Anpassung und Erweiterung aufgrund der damit verknüpften gesellschaftlichen Erwartungen.

Es wurde gesagt – auch der Herr Minister hat es erwähnt –, es müsse eine gewaltige Aufblähung der Zahl von Verbands- und Verwaltungsklagen befürchtet werden. Für dieses Verbandsklagerecht würde sprechen, dass eigentlich eine Entlastung von Zivilgerichten eintreten kann, indem in viel stärkerem Maße direkt geregelt und direkt eingewirkt wird, bevor es nachher durch Zivilgerichte angefochten werden kann. Auch diese Möglichkeit müsste man sich doch durch den Kopf gehen lassen und dagegen stellen.

Zum Zweiten: Wenn diese Verbandsklagemöglichkeit einen besseren Vollzug der Tierschutzgesetze erreicht, dann hat sie sich als nötig erwiesen. Wenn die nötigen Einzelklagen durch die Verbandsklagen abebben oder gar nicht kommen, dann ist es ja okay und in Ordnung und schadet schon zweimal nicht mehr.

Immerhin wäre das der Beweis für die Wichtigkeit. Wir kennen auch einige wichtige Anwendungsbereiche: Züchtung, Tierversuche, Tiertransporte, Zurschaustellung usw. Wir wissen, dass wir Bagatellfälle ausschließen können. Insofern ist die vorgebrachte Angst vor großen Verwaltungsverfahren sicher nicht nötig.

Herr Minister, Sie haben mit der „68er Generation“ eine Bemerkung in den Raum geworfen und angedeutet, hier handle es sich um eine bestimmte Clique aus einem bestimmten Jahrgang.

(Zuruf des Abg. Teßmer SPD – Abg. Heinz CDU: Die Vermutung liegt schon nahe!)

Ich weiß, Sie sind noch nicht 68. Aber diese Bemerkung beweist schon eine gewisse verbale Inkontinenz.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Oh-Rufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung der beiden Drucksachen.

Stimmen Sie der Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 13/4418 an den Ausschuss Ländlicher Raum und Landwirtschaft zu? – Es ist so beschlossen.

Abschnitt I des Antrags der Fraktion der SPD, Drucksache 13/3440, ist durch die Aussprache erledigt. Abschnitt II

(Abg. Fischer SPD: Überweisung!)

soll ebenfalls an den Ausschuss Ländlicher Raum und Landwirtschaft überwiesen werden. – Es ist so beschlossen.

Damit ist Punkt 7 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport – So genannte „Brennpunkt-Hauptschulen“ – Drucksache 13/2762

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Wem darf ich das Wort erteilen? – Bitte schön, Herr Abg. Käppeler.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Aufgrund des Antrags meiner Fraktion zu den so genannten Brennpunkt-Hauptschulen beschäftigt sich dieses hohe Haus nach längerer Zeit wieder einmal mit der Hauptschule.

(Abg. Wacker CDU: Was heißt „nach längerer Zeit“?)

Ich erlaube mir, zur Hauptschule insgesamt zu sprechen, weil Sie zwischenzeitlich den viel positiveren Begriff „Schulen mit besonderer pädagogischer und sozialer Aufgabenstellung“ gefunden haben, der die problematische Situation dieser Schulart geschönt umreißt.

Im Grunde genommen trifft diese elegante Beschreibung mehr oder weniger auf alle Hauptschulen zu. Dies kann weder Ihnen noch dem Ministerium entgangen sein, wenn Sie den Pressespiegel des Landtags regelmäßig aufmerksam durchblättern. Es geht also – ohne „so genannt“ – nur um den Brennpunkt Hauptschule.

Bevor ich mich mit der Stellungnahme des Ministeriums auseinander setze, erlauben Sie mir an dieser Stelle, allen Lehrerinnen und Lehrern, also meinen Kolleginnen und Kollegen an der pädagogischen Front, die an so genannten Brennpunkt-Hauptschulen unterrichten und betreuen, aber auch an allen anderen Hauptschulen, meinen aufrichtigen Dank und eine gehörige Portion Respekt für ihr Wirken auszusprechen.

(Beifall bei der SPD)

Sie sind es, die sich unter teilweise schwierigsten Bedingungen für die ihnen anvertrauten Kinder einsetzen und die sich trotz immerwährender Frustrationen und trotz Kränkungen durch die Gesellschaft immer wieder aufrappeln, um den guten Anlagen, die in jedem Menschen schlummern, zum Erfolg zu verhelfen.

(Abg. Röhm CDU: Welche Gesellschaft kränkt sie?)

Auf das Gehalt und die Ferien angesprochen, halten sich hartnäckig Vorurteile. Auf den Vorschlag, doch einmal zu tauschen, möchte aber besonders dann niemand eingehen, wenn man erzählt, dass man an einer Hauptschule unterrichtet. Deswegen gilt es diejenigen zu würdigen, die ihre aufopferungsvolle Aufgabe nicht als Job, sondern als Berufung begreifen. Ich gehe davon aus, dass Sie mir hier nicht widersprechen, auch nicht vonseiten der Regierungskoalition. Eigentlich dürften Sie dafür allesamt ruhig einmal Beifall klatschen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen sowie Abge- ordneten der CDU und der FDP/DVP)

Um von vornherein der einfachen Ausrede zu begegnen, wenn nur die Opposition die Hauptschule nicht schlechtreden würde, gäbe es die Ablehnung in der Gesellschaft nicht – nach einer Untersuchung schicken nur noch 6 % der Eltern ihre Kinder freiwillig und bewusst in die Hauptschule –, möchte ich Ihnen nachfolgend Fakten auflisten, die Sie nicht länger ignorieren können und die Sie dringend dazu veranlassen müssten, auch über Strukturveränderungen nachzudenken oder wenigstens offen nachdenken zu lassen, wenn Sie es selbst nicht können.