Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu dem zu diskutierenden Antrag der Fraktion der FDP/DVP ist vom Finanzministerium im Einvernehmen mit dem Innenministerium eine umfassende Stellungnahme vorgelegt worden. Dabei haben beide Ministerien die Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht als ein wichtiges Gemeinwohlziel dargestellt, weil Spielsucht zu schwerwiegenden Folgen nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für ihre Familien und die Gemeinschaft insgesamt führen kann.
Weiterhin ist klar zum Ausdruck gebracht worden, dass die Landesregierung von Baden-Württemberg für die Ausarbeitung eines neuen Lotteriestaatsvertrags votiert, der die Veranstaltung und Durchführung von Sportwetten im Rahmen des staatlichen Monopols entsprechend den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts regelt.
Ziele dieses Staatsvertrags sind also, Spiel- und Wettsucht zu verhindern, Glücksspielangebote zu begrenzen, Jugendund Spielerschutz zu gewährleisten, eine ordnungsgemäße Durchführung zu sichern und betrügerische Machenschaften zu verhindern, und dies bei gleichzeitiger Abwehr von Folge- und Begleitkriminalität. Frau Kollegin Berroth, Sie sehen also, es gibt viel zu regeln und wohl nur durch ein Monopol auch sicherzustellen.
Die Linie des derzeitigen Vertragsentwurfs ist insoweit klar dahin gehend umrissen, als eine strikt ordnungsrechtliche
Zielsetzung hinsichtlich Werbung, Vertrieb sowie Jugendund Spielerschutz erfolgen kann. Dabei sollte auf ein generelles Internetverbot verzichtet werden, aber dafür sollte eine Abschichtung nach Gefahrenpotenzial erfolgen. Ein Direct-mailing zugunsten des Erhalts der SKL, der Süddeutschen Klassenlotterie, und anderer soll möglich sein, ebenso öffentliche Ziehungen in Fernsehshows. Das sogenannte Calling-Verbot wird man wohl besonders sozialgesellschaftlich akzeptieren können. Beim Internetspielverbot muss nun die weitere Entwicklung abgewartet werden. Die rechtlichen Fragen – es sind kartellrechtliche und strafrechtliche – müssen dringend geklärt werden. So lange greift zunächst das zwischenzeitlich verfügte Internetverbot.
Meine Damen und Herren, nach Auffassung der Landesregierung von Baden-Württemberg soll nunmehr auf dieser Basis bis Ende 2007 ein neuer Staatsvertrag zum Lotteriemonopol der Länder ausgearbeitet werden, der bis 2011 gelten soll. Mit dieser Befristung soll auch ermöglicht werden, in absehbarer Zeit zu prüfen, ob beispielsweise mit einer beschränkten Konzessionierung die ordnungsrechtlichen Zielsetzungen gleichermaßen wie beim Monopol gesichert werden können.
Dem allem kann zugestimmt werden, und damit besteht für die CDU-Landtagsfraktion derzeit kein grundsätzlicher Handlungsbedarf; die weitere Entwicklung kann vielmehr abgewartet werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich dennoch für die CDU-Fraktion noch ein paar generelle Anmerkungen machen. Das Bundesverfassungsgericht hat die Vereinbarkeit der Sportwetten als staatliches Monopol mit unserem Grundgesetz und insbesondere mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit bestätigt.
Dies sei allerdings nur dann möglich, wenn als wichtiger Grund beispielsweise die Bekämpfung der Glücksspielsucht inhaltlich über das Monopol geregelt werde. Auf der einen Seite bejaht das Bundesverfassungsgericht also die Monopolstellung der Länder, auf der anderen Seite stellt es aber auch klar, dass die existierende Rechtslage diesen Anforderungen nicht genüge und Teile der Sportwettengesetze und des Lotteriestaatsvertrags verfassungswidrig seien.
Beim Entwurf zum neuen Staatsvertrag zum Glücksspielwesen gilt es meiner Meinung nach Folgendes zu beachten:
Erstens: Es gibt Forderungen, das Lotterie- und Wettspielmonopol der Länder gänzlich aufzugeben. Dann allerdings wäre meines Erachtens die Erreichung der notwendigen ordnungsrechtlichen Ziele noch problematischer, und zwar besonders im Hinblick auf den Jugendschutz.
Zweitens: Eine Zulassung privater Wettunternehmer würde zu einer deutlichen Ausweitung des Glückspielmarkts führen und einen enormen generellen Kontrollaufwand erfordern.
Drittens: Auch wäre zu berücksichtigen und zu bedenken, dass mit einer derart weitgehenden Liberalisierung erhebliche Einnahmeausfälle verbunden sein können, z. B. durch bessere und damit aber möglicherweise spielsuchtfördernde Quotierungen seitens der Privaten und – und das ist mir
Viertens: Mit einem Teil dieser Einnahmen – das wissen Sie und weiß ich ganz gut – dotiert das Land Baden-Württemberg wiederum den Wettmittelfonds für öffentliche Aufgaben. Das waren im Jahr 2006 immerhin 128 Millionen € und weitere 47 Millionen € aus den Spielbankerträgen. Damit fördert Baden-Württemberg gemäß § 11 des aktuellen Staatshaushaltsgesetzes die Kultur, den Sport, den Leistungssport sowie den Breiten- und Freizeitsport. Bei der Förderung der sozialen Maßnahmen stehen, wie Sie wissen, Jugend- und Altenhilfe sowie Familienhilfe im Vordergrund.
Fünfter und letzter Punkt: All diese öffentlichen Fördermaßnahmen wären bei Änderung der bisherigen Praxis durch allzu großzügige Liberalisierung zumindest infrage gestellt. Es stünde zu befürchten, dass ausgerechnet unsere überaus bewährte und effiziente Sportförderung besonders bezüglich des Leistungssports unnötig in Gefahr gerät.
Insoweit ist aus der Sicht der CDU-Fraktion der Abschluss eines neuen Staatsvertrags der richtige Weg, der richtige Weg bis 2011.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Antrag lautet ja „Zukunftsperspektive des Lotteriewesens“. Da muss man sich schon überlegen, was das in der jetzigen Situation soll. Ich persönlich halte diesen Antrag – das sage ich Ihnen ganz ehrlich – für so überflüssig wie einen Kropf,
weil wir natürlich überall über den neuen Staatsvertrag diskutieren. Aus Ihrem Antrag geht auch nicht hervor, was Sie eigentlich wollen.
(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Wenn Sie mir zugehört hätten, wüssten Sie, was wir wollen! – Weitere Zurufe)
Das, was Sie vorhin hier vorgetragen haben, wussten wir zum großen Teil auch schon. Ich denke, dass wir manche Debatten hier nicht zwei-, dreimal führen müssen.
Wir bekommen jetzt hoffentlich sehr bald den Entwurf des Staatsvertrags. Ich finde es schon etwas ärgerlich, dass wir zuerst von den Lottovermittlern den Entwurf des Staatsvertrags zugeschickt bekommen haben. Ich glaube, gestern ging er bei uns ein. Ich fände es sehr gut, wenn wir wirklich in absehbarer Zeit auch hier über diesen Entwurf diskutieren und dann all die Fragen, die Sie angesprochen haben, klären könnten.
Über die Fragen, die sich aus der Werbung ergeben, und die Frage, ob wir an dem Monopol festhalten oder nicht, kann man dann diskutieren. Dann hat es wirklich Hand und Fuß, weil wir dann anhand eines Entwurfs diskutieren und nicht eine Zukunftsperspektive hier an die Wand malen,
von der man eigentlich nur eines merkt – – Für mich ist einfach deutlich geworden, dass Sie dieses Wettmonopol so nicht wollen. Ich kann Ihnen für die SPD-Fraktion ganz eindeutig sagen: Wir wollen daran festhalten, weil wir der Auffassung sind, dass das genau der richtige Weg ist.
Wir unterstützen auch die Bestrebungen, dass gerade die zukünftige Ordnung des Glücksspielmarkts noch stärker geregelt wird, dass der Spielerschutz noch mehr in den Mittelpunkt des Geschehens gerückt wird und dass die Vermeidung von Begleit- und Folgekriminalität eine stärkere Berücksichtigung in diesem Staatsvertrag findet. Wir sind auch gerne bereit, daran mitzuarbeiten, und wir möchten das – wie gesagt – auch hier diskutieren.
Entscheidend für uns ist, dass das Glücksspiel nicht in allen Bereichen total dem freien Markt überlassen wird. Das wäre für uns der absolut falsche Weg.
Deswegen haben wir auch einige Probleme mit der Protokollerklärung der Landesregierung. Wir haben die Befürchtung, dass, wenn wir bereits jetzt über eine beschränkte Konzessionierung diskutieren, da unter Umständen schon die Tür aufgemacht wird und der berühmte Fuß in der Tür ist und das dann wirklich zu einer totalen Liberalisierung führt, bei der wir dann keine Möglichkeit mehr haben, die Spieler zu schützen – das gilt insbesondere auch beim Jugendschutz –, und bei der wir dann auch nicht mehr so wie bisher die Möglichkeit haben, sehr viel in den Bereichen Sport, Kultur und Denkmalschutz zu machen; aber die Mittel sind dort dringend notwendig.
(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Wir zahlen nicht ein- mal Steuern! – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Wie immer: „Weil es immer schon so war, machen wir so weiter“!)
Nein, nicht weil es immer schon so war. Nur: Liberalisierung um jeden Preis kann auch nicht das Wahre sein.
Wir wissen ganz genau, dass die Auflagen vonseiten des Bundesverfassungsgerichts sehr stark auch in die Richtung des Schutzes der Spieler, der Bekämpfung der Spielsucht gehen. Da müssen wir dementsprechend viel machen.
Als letzten Punkt möchte ich noch ansprechen, dass es auch einen gewissen Widerspruch zwischen dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts und der Auffassung des Kartellamts gibt. Das Verfassungsgericht fordert ja weniger Wettbewerb und mehr Ordnungsrecht. Das Kartellamt will deutlich mehr Wettbewerb, und zwar sowohl unter den Ländern als auch unter den gewerblichen Anbietern.
Diesen Weg halten wir allerdings für falsch. Aber wir möchten, wie gesagt, dass wir hier sehr bald über den Staatsvertragsentwurf diskutieren und dann auch wirklich Nägel mit Köpfen machen.