Protokoll der Sitzung vom 07.12.2006

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gut! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Diesen Unsinn haben Sie mitbe- schlossen!)

Außerdem müssen wir uns fragen: Kann man per Verordnung den Leuten verbieten, ihre Wohnung leer stehen zu lassen? Wenn ein Vermieter in Tübingen – wo Sie, Herr Palmer, bald Oberbürgermeister sein werden – oder in Freiburg, obwohl dort gute Mieten zu erzielen sind, trotzdem sagt: „Ich lasse die Wohnung leer stehen, weil ich mit den derzeitigen Verhältnissen nicht mehr einverstanden bin, weil ich mit dem derzeitigen Mietrecht nicht mehr einverstanden bin, weil ich vielleicht schlechte Erfahrungen mit Mietern gemacht habe“, dann wird er doch Mittel und Wege finden, um diese Wohnung eben nicht mehr dem Mietwohnungsmarkt zuzuführen. Wir können noch so viele Verordnungen machen und sagen, es sei verboten, eine Wohnung nicht zu vermieten – wenn der Vermieter die Wohnung nun einmal nicht vermietet, dann steht sie leer.

Deswegen glaube ich, dass diese Instrumente völlig am Markt vorbeigehen, völlig an den Bedürfnissen dieser Zeit vorbeigehen, und dass sie überhaupt nichts bringen. Im Gegenteil: Es ist ein Haufen Bürokratie. Sie behindern den Wohnungsmarkt, und deswegen sind sie schädlich für den Wohnungsmarkt, schädlich für die Mieter, weil sie keinen bezahlbaren Wohnraum mehr finden, und schädlich auch für die Vermieter.

Artikel 14 des Grundgesetzes sagt, dass ins Eigentum nur dann eingegriffen werden kann, wenn es gute Gründe dafür gibt und wenn mit einem bestimmten Mittel ein bestimmter Zweck erreicht werden kann. Aber mit den Mitteln, die die beiden Verordnungen ergriffen haben, kann der Zweck, nämlich mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, gar nicht erreicht werden. Deswegen sind diese Verordnungen mittlerweile möglicherweise auch als verfassungswidrig anzusehen; jedenfalls hat das Amtsgericht Mannheim ein solches Urteil erlassen.

Die anderen Bundesländer nehmen Abstand von diesen Verordnungen. Es gibt nur noch ganz wenige Bundesländer, die diese Verordnungen haben. Viele Städte im Land sind schon vor fünf Jahren abgesprungen. Deswegen ist es richtig, dass diese Verordnungen zum 31. Dezember auslaufen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Gute Rede! Sehr gut! Prima!)

Das Wort erhält Frau Abg. Sitzmann.

(Abg. Ernst Behringer CDU: Freiburg lässt grü- ßen!)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jetzt kommt Freiburg!)

Wir haben es gehört: Die Landesregierung will die Zweckentfremdungsverordnung und die Verordnung zur zehnjährigen Kündigungssperrfrist nicht verlängern. Wir wissen

das nur deshalb, weil wir Grünen in der letzten Plenarsitzung in der Fragestunde nachgefragt haben, ob die Informationen, die wir von Betroffenen bekommen haben, tatsächlich stimmen.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Ja! Wunderbar!)

Die Informationspolitik vonseiten der Landesregierung möchten wir ganz entschieden kritisieren. Wie der Kollege Mentrup gesagt hat, gibt es einen Beschluss des Landtags, dass die Landesregierung berichten muss, und zwar hätte sie bis zum 15. September 2006 berichten müssen.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE und Abg. Ursula Haußmann SPD: Aha!)

Tatsächlich ist dieser Bericht zwei Monate später gekommen, und zwar erst, nachdem wir in der Fragestunde nachgefragt hatten, wie der Stand ist, und nachdem der Staatssekretär auf viele Fragen keine erschöpfende Auskunft dazu geben konnte, wie sich denn die Situation in den betreffenden Städten tatsächlich entwickelt hat. Das ist eine schlechte Informationspolitik. Wir lehnen ein solches Vorgehen ab, denn es wird der Problemlage nicht gerecht.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Worum es geht, hat der Kollege Mentrup schon dargestellt. Mit der Zweckentfremdungsverordnung haben die Städte mit erhöhtem Wohnraumbedarf – das betrifft vor allem die Großstädte und die Universitätsstädte – die Möglichkeit, zu verhindern, dass Wohnraum in Gewerbeflächen umgewandelt wird.

Zum Thema Kündigungsschutz: Wenn Mietwohnungen, die vorher staatlich gefördert worden sind, in Eigentumswohnungen umgewandelt werden, dann gilt ein verlängerter Kündigungsschutz von zehn statt normalerweise drei Jahren.

Beide Verordnungen gelten in Freiburg, Heidelberg, Konstanz, Mannheim und Tübingen. All diese Städte, in denen diese Verordnungen gelten, sind einhellig der Meinung, dass das sinnvolle Instrumentarien sind. Diese Städte möchten auch in Zukunft diese Instrumentarien behalten, weil sie damit Entwicklungen steuern können, die wichtig sind.

Es ist doch tatsächlich so: Sie haben die Kommunen angeschrieben und um ihre Meinung gebeten. Da haben die alle gesagt: Wir wollen die Verordnung behalten. Das ging so weit, dass es in vielen Städten in den Gemeinderäten auch Resolutionen gab. Von Mannheim war hier bereits die Rede. In Konstanz hat der Gemeinderat einstimmig, also auch mit den Stimmen der CDU, dafür gestimmt, dass diese Instrumente erhalten bleiben. Heute steht im Gemeinderat von Heidelberg das Thema auf der Tagesordnung.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Alle wollen es, nur Mack will es nicht!)

Leider sehe ich den Kollegen Pfisterer nicht. Uns würde doch interessieren, was er als Abgeordneter einerseits und Heidelberger Stadtrat andererseits dazu für eine Position einnimmt.

Fazit ist, dass die Bedürfnisse, die die Kommunen eindeutig und vehement geäußert haben, von Ihnen und von der Landesregierung ignoriert werden und damit die Gefahr besteht, dass Instrumente, die wichtig und sinnvoll waren, nicht mehr eingesetzt werden können.

(Glocke der Präsidentin)

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Bachmann?

Nein, die gestatte ich nicht.

(Beifall der Abg. Brigitte Lösch und Boris Palmer GRÜNE – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sehr schön!)

Man muss manchmal auch Prioritäten setzen.

(Heiterkeit)

Klar ist: Wenn man den Bericht der Landesregierung, der uns jetzt endlich vorliegt, liest, dann zeigt sich, dass die Argumente, die hier aufgeführt worden sind, fadenscheinig sind und dass einfach der politische Wille fehlt, diese Entwicklungen weiter von den Kommunen steuern zu lassen. Die Aussage, dass es kein exaktes Zahlenmaterial gebe, ist de facto nicht richtig. Auch in den Kommunen gibt es örtliche Wohnraumanalysen. Der Datenbestand ist also durchaus vorhanden.

Jetzt möchte ich Sie noch auf eine Pressemitteilung hinweisen, die wir bekommen haben: über die Ziele des Wirtschaftsministers in diesem Land. Herr Staatssekretär, ich bitte Sie, darauf zu reagieren bzw. dem Minister diese Bitte auszurichten. In dieser Pressemitteilung heißt es, dass der Wirtschaftsminister gegen die Verödung der Innenstädte kämpfe. Laut eines Berichts der „Stuttgarter Nachrichten“ vom 7. November 2006 sagte er: „Die Stadtzentren müssen wieder das werden, was sie einmal waren: eine Heimat für Menschen.“ Wenn das wirklich Ihr Ziel ist und das nicht nur reine Lippenbekenntnisse sind, die man bei irgendwelchen Kongressen verkündet, dann müssen Sie dafür sorgen, dass diese Zweckentfremdungsverordnung auch in Zukunft gilt. Ich appelliere an Sie, intensiv beim Minister und bei den Regierungsfraktionen dafür einzutreten und diese Verordnungen zu verlängern.

Danke schön.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Das Wort erhält Frau Abg. Fauser.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Auf den ersten Blick sieht es ganz sympathisch aus: Wir machen eine Regelung, eine Wohnraumverordnung, oder wir verlängern die bestehende Regelung.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wir machen keine! Die existiert schon seit Jahren! Dafür haben Sie schon einmal Pfötchen gehoben!)

Lieber Herr Schmiedel, jetzt wollen wir uns doch einmal den Details zuwenden. Ich habe den Eindruck, Sie haben null Ahnung, was für Verordnungen Sie laufend fordern.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich bin der Meinung, dass Sie und Ihre Partei überhaupt nicht wissen, was Sie mit Ihrer Regulierungswut anrichten. Denken Sie an das Antidiskriminierungsgesetz.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Claus Schmiedel SPD: Das haben Sie alles einmal mit beschlossen!)

Das Antidiskriminierungsgesetz ist ja wirklich das letzte Beispiel einer unglaublichen Geschichte, wo man im Grunde genommen Tür und Tor für Verdummung öffnet.

Jetzt möchte ich Ihnen das einmal vorlesen, Herr Schmiedel, weil ich den Eindruck habe, dass Sie überhaupt nicht wissen, worüber Sie sprechen.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Welchen Herrn Schmiedel meinen Sie denn? Wo sitzt der denn?)

Mit Erlaubnis der Präsidentin zitiere ich aus der Drucksache 14/575:

Im Geltungsbereich des Zweckentfremdungsverbots kann der Eigentümer nur mit Genehmigung der Gemeinde Wohnraum leer stehen lassen, gewerblich oder sonst beruflich nutzen. Im Geltungsbereich des erweiterten Kündigungsschutzes darf sich der Erwerber einer Mietwohnung, die nach Einzug der Mieter in eine Eigentumswohnung umgewandelt wurde, zur Begründung einer Kündigung bis zum Ablauf von zehn Jahren (außerhalb des Geltungsbereichs: drei Jahre) seit der Veräußerung weder auf seinen Eigenbedarf noch auf sein Interesse an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung berufen.

Meine Damen und Herren, damit können Sie den Mietwohnungsbau vergessen. Ich möchte betonen: Jeder, der bei uns im Petitionsausschuss war, weiß, wie schwierig die Situation dort zum Teil gewertet wurde. Da gab es z. B. eine junge Frau, die ihre Heilpraktikerausbildung abgeschlossen hatte. Sie hatte gemeinsam mit ihrer Mutter eine große Wohnung in Stuttgart und wollte dort ihre Praxis einrichten. Sie durfte das nicht; denn wir hatten zu jener Zeit ja ein Zweckentfremdungsverbot.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Aber nur in Stutt- gart!)

Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen weitere Beispiele aufzählen. Aus diesem Grund gab es auch diverse Prozesse. Es ist so, dass dieses Zweckentfremdungsverbot im Grunde zu Riesenverwerfungen geführt hat. Das müssen wir doch bei unseren Überlegungen beachten.

Meine Damen und Herren, diese restriktiven Verordnungen tragen keineswegs dazu bei, dass in Zukunft mehr Wohnraum geschaffen wird. Wenn wir uns heute bei allen Anhörungen im Wirtschaftsausschuss umhören, bei denen es um Mietwohnungsbau geht, sagen uns die dortigen Sachverständigen: „Wir hätten eigentlich genügend Wohnraum,

wenn die Leute ihre Wohnungen auch wieder vermieten würden,