Protokoll der Sitzung vom 10.10.2007

Neben der Frage nach mehr Geld stellt sich aber natürlich auch die Frage, wie wir unsere vorhandenen Ressourcen besser nutzen können. Wenn wir uns die Situation genau anschauen, sehen wir, dass es nicht nur – einerseits – im Augenblick große Engpässe auf dem studentischen Wohnungsmarkt gibt, sondern dass es zu anderen Jahreszeiten, insbesondere im Frühjahr, andererseits auch Leerstände gibt. Man muss sich schon überlegen: Wir haben zwar nicht erst durch die Umstellung auf Bachelor und Master, aber dadurch verstärkt die Situation, dass nahezu jeder nur noch im Wintersemester anfangen kann, zu studieren, was natürlich die aktuellen Probleme, die wir in unseren Hochschulstädten heute haben, massiv verschärft.

Es gibt aber auch andere Bereiche, wo man etwas tun könnte oder bei denen man sich fragen muss, ob die getroffenen Entscheidungen sinnvoll sind. Mir wurde z. B. am Montag, als ich das Studentenwerk bei uns in Karlsruhe besucht habe, berichtet, dass in Mannheim – das ist also jetzt nicht die Situation in Karlsruhe, sondern die in Mannheim – wegen des vorgezogenen Semesterbeginns die Studierenden, die mit Auslaufen des Wintersemesters aufhören, bereits auf Ende des Jahres ihre Wohnungen kündigen, sodass sich der Leerstand, den wir im Sommer haben, deutlich verlängert.

Wir haben ferner das Problem – und da sind natürlich auch die Professorinnen und Professoren bzw. die Hochschulen selbst gefordert –, dass gerade bei den Bachelorstudiengängen, die drei Jahre dauern, Ende September oft die Klausuren noch nicht korrigiert sind und die Studierenden noch nicht wissen, wie es weitergeht, ob sie ihren Master anschließen können.

Dies führt dazu, dass die Studierenden ihre Plätze – gerade jetzt, wo es einen großen Wohnungsnotstand gibt – weiterhin belegen, statt sie entsprechend freizugeben. Sie müssen sie ja sinnvollerweise und auch auf Drängen des Wissenschaftsministeriums nach drei Jahren aufgeben. Aber in dieser Situation steht man dann halt immer vor dem Problem, dass eine entsprechende Ausnahmeregelung beantragt wird – man kann von den Studierenden schließlich ja auch nicht erwarten, dass sie in dieser Phase ihre Wohnung aufgeben, obwohl sich ihr weiterer Weg erst einen Monat oder zwei Monate später entscheidet, je nachdem, was für Noten sie haben.

Deshalb ist natürlich ein Punkt – ich glaube, es geht nicht anders –, dass wir auf jeden Fall auch bereit sein müssen, mehr Geld für den Wohnungsbau auszugeben, und zwar sowohl für den studentischen als auch für den allgemeinen Wohnungsbau. Aber wir müssen unsere Ressourcen auch wesentlich effizienter nutzen. Ich glaube, wir müssen diese beiden Antworten geben.

In diesem Sinne bin ich sehr gespannt auf die Vorschläge der Regierungsfraktionen und insbesondere auch des Wissenschaftsministeriums.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD – Abg. Ursula Haußmann SPD: Gut gebrüllt, Löwe!)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Kurtz.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute ein sehr wichtiges Thema, ein von uns allen anerkanntes Thema, ein von der CDU-Fraktion sehr anerkanntes und von der Regierung sehr stark aufgegriffenes Thema auf der Tagesordnung, und wir haben gleichzeitig ein unnötiges Thema auf der Tagesordnung. Denn Sie sprechen von Wohnungsnot. Aber, Herr Stober, ich weiß nicht, wer hier im Raum sich noch an Notzeiten erinnert. Wir haben in BadenWürttemberg keine Not, und wir haben auch keine Wohnungsnot.

(Zuruf der Abg. Christine Rudolf SPD)

Ich gebe Ihnen recht: Die Hochschullandschaft, der Hochschulstandort Baden-Württemberg ist uns ein ganz wichtiges Anliegen. Wir haben hier einen ganz exzellenten Standort. Das hat sich in jüngster Zeit bei den Bewerbungen um die Exzellenzinitiative gezeigt. Unser Standort ist sehr gefragt. Wir haben steigende Bewerberzahlen, wir haben steigende Studierendenzahlen, und dies, nebenbei bemerkt, trotz Studiengebühren. Die CDU-Fraktion ist darauf sehr stolz.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP – Abg. Dr. Klaus Schü- le CDU: Sehr gut!)

Aber die Debatte über dieses Thema ist unnötig. Denn allein der jetzige Zeitpunkt zum Beginn des Wintersemesters lässt schon den Verdacht aufkommen, dass es hier ein bisschen um Panikmache geht. Es wird alles nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Ihre warmen Worte können Sie sich sparen! Gehen Sie doch einmal vor Ort und reden mit den Studentinnen und Studenten! – Weitere Zurufe von der SPD)

Wir sind von praktischen Erfahrungen nicht völlig unbeleckt. Wir haben auch Kollegen in Hochschulstädten, die gegenwärtig stark sensibilisiert sind, und manche beobachten durchaus nervös den Wohnungsmarkt. Aber es ist meistens so – ähnlich wie bei den Lehrerzahlen an den Schulen –, dass sich im Laufe einiger Wochen alles etwas beruhigt. Aber wir verschließen ja gar nicht die Augen.

(Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Rita Haller-Haid: Kennen Sie die Wartelisten in Tübingen und Frei- burg?)

Ich habe zu Beginn gesagt: Dieses Thema wird von uns durchaus anerkannt und aufgegriffen. Ich habe aber den Eindruck, dass die Studentenwerke hier ihre Aufgaben durchaus erfül

len und sich sehr stark bemühen, den Studentinnen und Studenten das zur Verfügung zu stellen, was sie brauchen.

Letzteres – es ist so, wie Sie, Herr Stober, gesagt haben – geht über die einfache Bude, wie wir sie vielleicht noch gebraucht haben, wirklich hinaus. Ein Zimmer muss heute mindestens Internetanschluss haben, von allem anderen ganz zu schweigen.

Wir haben noch heute Morgen mit Vertretern der Studentenwerke gesprochen. Wir wissen auch, dass das Durchschnittsalter, in dem die Studierenden ihr Studium beginnen, immer weiter sinkt. Das Studium wird komprimierter. Es entstehen zusätzliche Herausforderungen. Auch muss die Betreuung, die die jungen Leute benötigen, intensiver werden.

Aber es ist ja nicht so, als ob hier nichts geschehen würde. Schauen Sie sich nur einmal an, was in einigen Hochschulstädten geschehen ist. In Konstanz hat man für ein Wohnheim einen Holzbaupreis des Landes bekommen. Es gefällt mir ausgesprochen gut,

(Zuruf der Abg. Christine Rudolf SPD)

dass wir mit diesem nachwachsenden Rohstoff in BadenWürttemberg einen so großen Erfolg haben.

In Karlsruhe haben wir mithilfe von Rotary Clubs ein zusätzliches Wohnheim eingerichtet. Ich finde es ganz toll, dass wir so etwas auch auf gesellschaftliche Beine stellen.

In Heidelberg wird gerade ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben, und in Freiburg wird meines Wissens

(Zuruf des Abg. Alfred Winkler SPD)

gerade ein Wohnheim mit 160 Plätzen eingeweiht.

(Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Johannes Stober: Wir brauchen mehr, wenn wir mehr Studierende haben!)

Sie haben die Versorgungsquote angesprochen. Sie haben selbst gesagt, sie sei besser als in anderen Bundesländern. Ich muss doch auch einmal fragen: Was wollen die Studenten? Wollen denn alle in ein Wohnheim?

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Wollen die Studenten Planwirtschaft?

(Oh-Rufe von der SPD – Abg. Johannes Stober SPD: Die wollen eine Wohnung, egal ob in einem Wohn- heim oder woanders!)

Die CDU-Fraktion will das nicht. Wir anerkennen durchaus, dass viele Studenten – im Übrigen mehr junge Männer als Frauen – das „Hotel Mama“ bevorzugen. Es gibt viele junge Leute, die schon als Paare zusammenwohnen oder die eine eigene Wohnung für sich allein bevorzugen und sich nicht in enger Nachbarschaft mit anderen in einem Wohnheim arrangieren wollen.

Ich finde es bemerkenswert, dass weniger als 2 % der Studierenden in Untermiete gehen. Die Ansprüche an eine Wohnung – irgendwo habe ich gelesen, 25 m2 seien heutzutage anscheinend schon zu wenig –

(Zuruf der Abg. Christine Rudolf SPD)

sind auch sehr stark gewachsen. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Abg. Kurtz, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abg. Haller-Haid?

Ja, gern.

Bitte schön, Frau Abg. HallerHaid.

Frau Kollegin, ist Ihnen eigentlich bewusst, dass die Studierenden dann, wenn ihnen nicht genügend viele Wohnheimzimmer angeboten werden, auf den freien Wohnungsmarkt drängen und somit den Familien preisgünstige Wohnungen wegnehmen, weil immer mehr Studierende WGs gründen und damit Familienwohnungen entfallen?

Es ist mir natürlich bewusst, dass wir es hier mit einem allgemeinen Wohnungsmarkt zu tun haben. Genau das ist mein Punkt.

(Zurufe der Abg. Johannes Stober SPD und Klaus Tappeser CDU)

Ich bin nicht der Meinung, dass wir für alle Studenten Wohnheimplätze zur Verfügung stellen müssen, im Gegenteil. Wir müssen den allgemeinen Wohnungsmarkt sehr aufmerksam beobachten und schauen, dass dort Flexibilität vorhanden ist.

(Abg. Christine Rudolf SPD: Deswegen haben Sie alle Mittel gestrichen! – Gegenruf des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU)

Die CDU-Fraktion stellt auch in Aussicht, dass wir im nächs ten Doppelhaushalt prüfen, ob wir die Wohnungsbaufördermittel stärker fokussieren können.

(Abg. Johannes Stober SPD: Frühestens 2009! Die Probleme sind aber jetzt vorhanden!)

Nein, die Probleme sind jetzt noch nicht vorhanden. Das habe ich ja gerade gesagt. Es handelt sich jetzt auch um eine Panikmache.

(Zuruf des Abg. Johannes Stober SPD)

Die Probleme sind jetzt noch nicht vorhanden. Die zukünftigen Probleme sind erkannt, und die Lösungen sind auf den Weg gebracht.