Protokoll der Sitzung vom 08.11.2007

Würden Sie einmal die Zahl der Zwischenfragen, die Länge der Beiträge noch mit dazu – –

Herr Minister, haben Sie eine Erklärung dafür, dass die Sozialdemokraten bei einer von ihnen beantragten Debatte nur in so spärlicher Zahl erschienen sind?

(Heiterkeit)

Ich vermute, Herr Kollege Kluck, dass sie möglicherweise noch an unverdaulichem Mais kauen.

(Heiterkeit – Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Gen- mais! – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Das Thema Saatgut ist in der Tat bedeutsam. Die Anbauregelungen, die Abstandsregelungen sind die gleichen, wie wir sie

im Saatgutbereich bisher auch hatten. Bisher hat sich niemand darüber beklagt, dass im Saatgutbereich, wenn es um das Vermehrungssaatgut geht, Verunreinigungen das Problem seien.

Aber wir werden – zu Ihrer Beruhigung, Herr Kollege Dr. Murschel, und zur Beruhigung aller anderen – diese Ko existenz- und Freisetzungsversuche weiterhin genau aus dem Grund machen,

(Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE: Die wollen wir nicht!)

damit wir weitere Ergebnisse gewinnen. Ich gehe sogar noch etwas weiter. Bei meinem letzten Gespräch, das ich zu diesem Thema mit Interessenvertretern geführt habe, habe ich auch angeboten – wir werden das im nächsten Jahr in Angriff nehmen –, dass wir auch arbeitswirtschaftliche Versuche betreiben. Viele bezweifeln ja, dass es bei der Ernte, später in der Mühle und dergleichen mehr letztlich nicht zu Verunreinigungen und zu Vermischungen kommt, weil der Mähdrescher eben noch Körnerreste vom letzten Feld mitführen könnte. Wir führen auch arbeitswirtschaftliche Versuche durch, weil uns alles daran gelegen ist, die Koexistenz zu sichern.

Ich sage es zum zehnten Mal, auch wenn Sie es immer noch nicht hören wollen: Es geht uns vor allem um die Wahlfreiheit der Betriebe. Wir wollen auch in Zukunft ermöglichen, dass jemand, der gentechnisch veränderte Pflanzen anbauen will, diese anbauen kann; aber auch derjenige, der seine Marktchancen im Bioanbau sieht, soll dem morgen noch nachgehen können. Das ist der entscheidende Punkt.

(Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

Herr Kollege Winkler, Sie haben den Bt-Mais und die Bienen angesprochen. Zunächst einmal sollten Sie etwas vorsichtig sein, wenn Sie den Bacillus thuringiensis ständig als Gift bezeichnen. Bt ist ein naturgemäßes Mittel.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Wird als Spritzmittel ein- gesetzt!)

Natürlich wird es dafür eingesetzt – im Ökolandbau.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Ist hochwirksam!)

Herr Kollege Winkler: Es ist zugelassen im Ökolandbau.

(Abg. Elke Brunnemer CDU: Genau! Das ist interes- sant!)

Ich würde Ihnen deshalb auch raten, einen anerkanntermaßen guten Wirkstoff, der selektiv wirkt, relativ umweltschonend ist und deshalb auch für den Ökolandbau zugelassen ist,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Richtlinien lesen!)

nicht ständig in Misskredit zu bringen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es!)

Damit bringen Sie die gesamte Ökolandbaubranche dauerhaft ein Stück weit in Schwierigkeiten.

(Zuruf der Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE)

Ob Sie es wahrhaben wollen oder nicht, Frau Dr. Splett, es ist so.

(Unruhe)

Es gibt natürlich Mittel, die zugelassen sind, und Bt gehört dazu – eben weil es ein Wirkstoff ist, der, vereinfacht formuliert, letztendlich mehr homöopathisch wirkt.

(Zuruf des Abg. Dr. Bernd Murschel GRÜNE)

Auch die Honigbienen sind Gegenstand der Freisetzungsversuche, Herr Kollege Winkler. Wir wissen, dass Bienen, wenn genügend Nahrungsangebot vorhanden ist, an den Mais zuletzt gehen, aber auch an ihn; das ist wahr.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Richtig! Aber bis 3 km!)

Deshalb muss man versuchen, gerade auch für die Imker, die von der „Gentechnikfreiheit des Honigs“ leben, eine Lösung zu finden. Ich habe im Augenblick keine parat.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Schilder für die Bienen aufstellen!)

Aber lassen Sie uns doch gemeinsam daran arbeiten, Herr Kollege Winkler, eine Lösung zu finden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn der Kollege Dr. Murschel sagt, Koexistenz sei nicht möglich, dann will ich zum Schluss noch einmal feststellen, dass es seine damalige Bundesministerin und heutige Fraktionsvorsitzende im Deutschen Bundestag war, die genau das postuliert hat. Auf ihr Votum gehen die Freisetzungsversuche und die Freilandversuche zurück.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Sie können es noch zehnmal behaupten! Es wird nicht besser! – Ge- genruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Aber es ist halt wahr!)

Es stimmt halt, Herr Kollege Untersteller, es ist so.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Fakt war, dass wir die Hürden hochgesetzt haben und ihr sie wieder run- terzieht!)

Ich will noch einmal festhalten, dass wir mit dem Koexistenzversuch in Forchheim bei Rheinstetten Vorsorge treffen, dass konventioneller und ökologischer Landbau weiterhin möglich sind. Die Ergebnisse der mit der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft in Braunschweig durchgeführten Versuchsreihen haben wesentlich dazu beigetragen, dass die Mindestabstände bei Mais in der Anbauverordnung auf 150 respektive 300 m ansteigen werden.

Wir tun etwas, um die Wahlfreiheit und die Koexistenz sicherzustellen, und handeln dabei im Rahmen der geltenden Gesetze, für die Sie, lieber Herr Kollege Dr. Murschel und Herr Kollege Winkler, zumindest ideologisch gesehen in Ihrer Regierungszeit in Berlin die Grundlage gelegt haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Sehr gut! Das ist ein Minister!)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Herrn Abg. Dr. Murschel das Wort.

(Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Wie lang ist die Re- dezeit noch?)

Fünf, sechs Minuten.

(Abg. Elke Brunnemer CDU: Das hätten Sie gern! – Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Eine Minute!)

Herr Minister Hauk, es ist fast rührend, wie Sie sich in jeder Rede, die Sie zu diesem Thema halten, hinter Frau Künast verschanzen. Wenn es diesen Mythos Künast nicht gäbe, müsste man ihn erfinden, sonst hätten Sie gar keine Argumente mehr gegen uns.

(Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Das ist kein Mythos! Das war ein Trauerspiel! – Gegenruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Traumatisch! – Weitere Zu- rufe)

Frau Künast hat eines getan: Sie hat EU-Recht umgesetzt, und zwar auf eine Art und Weise, die Ihnen nie behagt hat, denn Sie wollten diese Auflagen nie. Sie waren diejenigen, die immer die Auffassung vertreten haben: „Wir brauchen überhaupt keine Regelungen. Jeder kann hier machen, was er will. Was geregelt wird, ist bloß schlecht für uns.“ Das ist der wahre Grund.

(Beifall bei den Grünen)

Aber Sie stellen sich hin und sagen jedes Mal, wenn man etwas bringt: „Ich kann nicht anders – EU-Recht. Sorry, geht nicht!“

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Wer war denn damals im Agrarministerrat?)