Protokoll der Sitzung vom 29.11.2007

Das sind erstens die Amerikaner. Zweitens sind das diejenigen, die als Geschäftsflieger hier unabhängig von Fluglinien auf Flüge angewiesen sind.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Die Saudis!)

Drittens geht es dabei um den Bedarf an Linienflügen, und erst viertens und ergänzend um den Bedarf an Charter- und Urlaubsflügen.

(Zuruf des Abg. Thomas Knapp SPD)

Jetzt haben wir in der Region eine große Zahl von Unternehmen, deren Vorstand, Geschäftsleitung und Zentrale hier verortet sind. Deswegen werde ich Gespräche mit Unternehmen wie Bosch oder Daimler führen und auch mit der großen Zahl mittelständischer Unternehmen, die exportorientiert arbeiten, und fragen, ob es im Rahmen eines Flughafenkonzepts so sein kann, dass die Zentrale eines Unternehmens, die Geschäfts

leitung hierbleibt und der Flug trotzdem von Frankfurt oder von München aus stattfindet.

Zweitens haben wir in dem Gutachten noch längst nicht genügend ausgelotet bekommen, was die ICE-Verbindung, die Magistrale Stuttgart–Ulm,

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Richtig!)

die Vernetzung mit München und Frankfurt oder auch der Ausbau der Strecke Mannheim–Frankfurt im Hinblick auf den Flugverkehr für Auswirkungen hat. Führt dies tendenziell zu mehr Flugverkehr, oder heißt dies tendenziell, dass es weniger Flugverkehr geben wird?

(Abg. Dr. Christoph Palmer CDU: Sehr gut!)

Deswegen glaube ich, dass die aktuelle Entwicklung des Schienenverkehrs in Einklang mit dem Flugverkehr gebracht werden muss. Das kann nur durch ein weiterführendes Gutachten geschehen und nicht in einem Blindflug hier in einer Aktuellen Debatte.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Minister Willi Stächele CDU: Sehr gut!)

Für die Koalition von CDU und FDP/DVP sage ich: Wir gehen in keiner Weise wollüstig in die Ausbaupläne hinein,

(Heiterkeit bei der SPD und den Grünen – Zuruf der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)

eher im Gegenteil. Aber wir haben eine Verantwortung für Arbeitsplätze, für die Wirtschaft und für den Standort BadenWürttemberg. Diese Koalition kann zum Ausbau Nein sagen, aber sie hätte auch die Kraft, Ja zu sagen, wenn dies notwendig ist. Kollege Kretschmann, Sie haben weder die Kraft noch die Chance, Ja zu sagen. Deswegen muss Ihre Entscheidung gar nicht geprüft werden. Ihre Entscheidung, die Entscheidung der Grünen war und bleibt rückwärtsgewandt. Für Infrastruktur sind Sie nicht zu haben.

(Beifall bei der CDU)

Buchen Sie dieses Thema deswegen für sich aus, und wenden Sie sich anderen Aufgaben zu.

Gestatten Sie uns, dass in einem Zeitplan, den die Öffentlichkeit kennt, mit einem Gutachten, das die Meinungsbildung in der Öffentlichkeit – die Anlieger und alle Fraktionen – ergänzen und bereichern kann, unsere Entscheidung im nächsten Jahr getroffen wird. Ich sage dabei eine faire Betrachtung ohne Voreingenommenheit der Regierung in diesem sensiblen Verfahren zwischen Ökonomie einerseits und Ökologie andererseits zu. Die Entscheidung muss deswegen nicht jetzt getroffen werden, sondern Gründlichkeit geht vor Blindflug und Schnelligkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Wolf- gang Drexler SPD: Wollen die CDU und die FDP/ DVP nicht reden? Die haben doch noch gar nicht ge- sprochen!)

Nach § 82 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich dem Fraktionsvorsitzenden der Grünen das Wort. Herr Abg. Kretschmann, bitte.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe zwar meine Argumente etwas laut und emotional vorgetragen, aber sie waren sachlicher Natur, Herr Ministerpräsident.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Winfried Scheuer- mann CDU: Seine aber auch!)

Ich habe einen wichtigen Punkt nicht angesprochen. Es gibt ein Versprechen Ihres Vorgängers, dass nach dem damaligen Ausbau des Flughafens und dann dem Bau der Messe mit weiteren Großprojekten und einem weiteren Ausbau Schluss sei.

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Sehr richtig!)

Das heißt, es geht hier um Vertrauen in die Politik.

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: So ist es!)

Es geht um das Vertrauen einer Bevölkerung, die diesen Flughafen sehr wohl akzeptiert, die aber auch ein Recht darauf hat, dass die Belastbarkeit in Grenzen gehalten wird. Dieser Kontinuität müssen Sie sich stellen. Sie stellen ja schließlich als CDU seit 50 Jahren die Regierung.

(Abg. Dr. Christoph Palmer CDU: 54!)

Ich finde, wenn einem solche Versprechungen völlig wurscht sind, zerstört man Vertrauen in die Politik.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Zweitens: Hier herrscht kein klassischer Gegensatz zwischen Ökologie und Ökonomie.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Genau!)

Dieser Gegensatz herrscht hier überhaupt nicht, sondern dieser Flughafen kann auch ohne Ausbaupläne und ohne eine Einschränkung des Nachtflugverbots um 30 % wachsen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: 40 %! Von 10 auf 14 sind es 40 %! – Heiterkeit bei der CDU)

Das alles sind Prognosen. Ich halte diese Prognosen sowieso für zu hoch.

(Abg. Winfried Scheuermann CDU: Aha! Also doch! – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU – Abg. Norbert Zeller SPD: Hör nicht auf den Zimmermann! Der soll ruhig sein da drüben! – Zuruf des Abg. Ni- kolaos Sakellariou SPD)

Sagen wir es einmal so: Es besteht jedenfalls die Möglichkeit für ein erhebliches Wachstum von 30 bis 40 %. Es ist ja auch die Frage, ob man die Zahl der Passagiere oder die der Flugbewegungen nimmt. Darüber brauchen wir uns, glaube ich, nicht zu streiten. Das Wachstum ist erheblich. Wir als Grüne wünschen zwar nicht, dass es zu diesem Wachstum kommt. Aber wir können es ja gar nicht verhindern. Das heißt, dieses Wachstum ist möglich.

Wenn man nun noch bedenkt, dass ca. 30 % der Flüge Geschäftsreisen und der Rest andere Reisen sind – der Großteil dieses Wachstums besteht aus Urlaubsreisen –, dann besteht

dieser Konflikt zwischen Ökonomie und Ökologie nicht tatsächlich.

(Beifall bei den Grünen – Zuruf von der SPD: Schwarz- wald!)

Aber die Tatsache, dass bezüglich der Ökologie ein massiver Konflikt besteht, braucht man nicht neu zu überprüfen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Der ist da! Das ist auch nicht änderbar!)

Das ist evident. Für die Feststellung, dass ein solch massiver Aufwuchs der Flugzahlen klimaschädlich ist, braucht man kein Gutachten, sondern nur den gesunden Menschenverstand. Das ist evident und liegt auf der Hand. Wenn wir den Klimaschutz ernst nehmen, dann können wir über dieses Wachstum auf keinen Fall hinausgehen, und es kann auch nicht in unserem Interesse sein, den Flugverkehr weiter zu fördern,

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Das ist unlogisch!)

weil das Land ökonomisch gar nichts davon hat, weil diese Billigflieger Wertschöpfung ins Ausland transportieren und nichts anderes. Das müssen wir nicht unterstützen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Das dient ausschließlich dem Flughafen selbst. Der macht dann eine Investition von mindestens 600 Millionen € mit einem minimalen wirtschaftlichen Ergebnis. Das ist doch eine Tatsache. Schließlich gehört der Flughafen immer noch uns. Wir haben noch keinen müden Euro gesehen, im Gegenteil, wir schießen dauernd zu. Wenn ich das zu Herrn Fundel sage, dann sagt er: „Aber Herr Kretschmann, Ihr Flughafen wird immer wertvoller.“ Ja herzlichen Glückwunsch, das ist der Kerngedanke eines Betriebswirtschaftlers, zu sagen: Ihr kriegt zwar als Eigentümer nie Geld, aber der Flughafen wird immer wertvoller.

Ich möchte noch einmal betonen: Es nützt uns gar nichts, ob Sie wollüstig oder spröde in die Ausbaupläne gehen.

(Beifall und Heiterkeit bei den Grünen)

Wir wollen eine klare Entscheidung haben, dass das aus den genannten Gründen nicht geht. Dort wohnt eine Bevölkerung und sind Betriebe angesiedelt, die eine hohe Wertschöpfung für dieses Land erbringen. Wir wissen auch, dass der Verkehr, den das zusammen mit der Messe nach sich zieht, allmählich schon ein Wirtschaftshemmnis wird. Diese Menschen erbringen durch ihre Arbeit eine hohe Wertschöpfung, aber sie haben auch ein Recht auf ein Minimum an Lebensqualität. Das sind wir diesen Menschen, die dort hart arbeiten, und den Betrieben wirklich schuldig. Deswegen kann man klare Worte von Ihnen erwarten, Herr Ministerpräsident.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)