Protokoll der Sitzung vom 05.06.2008

In Baden-Württemberg gibt es eine vernünftige Planung für den Bau von Bundesfernstraßen. Wir haben aber seit Jahren einen Überhang – Kollegin Razavi sagte es schon – der Planung vor der Realisierung. Für die Planung ist das Land zuständig, für die Realisierung der Bund. Deshalb sage ich mit aller Deutlichkeit: Es ist die Aufgabe des Bundes, es ist die Aufgabe der Bundesregierung, es ist die Aufgabe von Bundesminister Tiefensee, dafür zu sorgen, dass bei uns die erforderlichen Mittel für die Realisierung der geplanten Projekte zur Verfügung gestellt werden.

Herr Präsident, lassen Sie mich, wie gewünscht, zu den Landesstraßen nur eine kurze Anmerkung machen.

(Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Ingo Rust: Wieso bloß kurz? Dafür sind Sie zuständig!)

Der Generalverkehrsplan wird derzeit unter Beteiligung der Öffentlichkeit – das ist ein vernünftiger Prozess – von der Landesregierung fortgeschrieben. Im Rahmen dieser Fortschreibung wird es selbstverständlich erneut eine notwendige Priorisierung geben.

(Abg. Ingo Rust SPD: Warum jetzt nicht?)

Wir haben großes Vertrauen, dass uns die Landesregierung ein Modell vorlegen wird, das allen Wünschen Rechnung trägt.

(Zuruf von der SPD: Was?)

Wir halten es übrigens für verfassungsrechtlich geboten, diesen Plan als Gesetz im Landtag zu beschließen.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Lobet und danket!)

Der Verfassungsgeber und die Verfassungsgerichte haben uns nämlich aufgetragen, alle wesentlichen Entscheidungen durch Gesetz zu regeln.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben es nicht nur geschafft, einen Haushalt ohne neue Schulden vorzulegen und zu beschließen, sondern wir haben darüber hinaus sogar ein Sonderinvestitionsprogramm für den Landesstraßenbau aufgelegt. Wir machen unsere Hausaufgaben im Interesse unserer

Bürgerinnen und Bürger. Wo der Bund versagt, geht das Land voran.

(Lachen des Abg. Hans-Martin Haller SPD)

Baden-Württemberg macht vor, wie erfolgreich eine Koalition in unseren Landesfarben Gelb-Schwarz ist. Ab Herbst 2009 werden wir gemeinsam mit der CDU zeigen, dass – um es mit den Worten von Theodor Heuss zu sagen – Baden-Württemberg ein Modell deutscher Möglichkeiten ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP – Glocke des Präsiden ten)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Rust?

Ich wollte die heutige Sitzung nicht unnötig verlängern. Deshalb handelt es sich um eine Nachfrage, Herr Präsident. Aber gern.

Wollen Sie jetzt eine Frage zulassen oder nicht?

Ja, ich lasse sie zu.

Bitte, Herr Abg. Rust.

Herr Kollege Bachmann, ist Ihnen bekannt, wie viel Prozent der in dem im Jahr 1995 aufgestellten Generalverkehrsplan enthaltenen Maßnahmen mittlerweile umgesetzt sind?

(Abg. Werner Wölfle GRÜNE: 43,4 %!)

Sehen Sie: So muss ich die Frage gar nicht weiter diskutieren.

(Lachen bei der SPD und den Grünen)

Auf jeden Fall ist es viel zu wenig. Das liegt daran, dass in der Bundesregierung erst Rot-Grün tätig war und nun noch Tiefensee tätig ist. Bei einer so miserablen Bundespolitik kann das beste Land nicht vernünftig existieren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Ingo Rust SPD: Das ist nur Ihre Verantwortung!)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Innenminister Rech das Wort.

(Abg. Ingo Rust SPD: Jetzt wieder auf den Bund! Das Land spielt hier ja offenbar keine Rolle!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Zur Sache!)

Eine solche Diskussion würde sich ein Verkehrsminister jede Woche wünschen. Das war doch herzerfrischend.

(Abg. Hans-Martin Haller SPD: So sind wir halt!)

Nur weiß man nicht so genau, an wem es tatsächlich liegt. Aber die Beiträge waren alle ehrlich. Ich fange einmal mit dem Kollegen Hans-Martin Haller an. Ich habe ihn in Toronto – auch vorher schon – als ehrlichen und redlichen Kollegen kennengelernt. Daran wird diese Rede auch nichts ändern.

(Heiterkeit – Beifall der Abg. Paul Nemeth CDU und Dietmar Bachmann FDP/DVP)

Er hat ja auch viel Richtiges gesagt.

(Abg. Hans-Martin Haller SPD: Ja!)

Dass es Defizite im Straßenbau gibt, ist völlig richtig. Dass die Verkehrsinfrastruktur wichtig ist, ist völlig richtig. Nur eines war ein bisschen in Schieflage geraten, nämlich die Aussage, dass es das Markenzeichen der CDU-Kollegen wäre, im Land herumzureisen, alles zu versprechen und dann nichts zu halten.

(Abg. Ingo Rust SPD: So ist es! Doch, doch! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das stimmt wirklich!)

Lieber Herr Kollege, wenn Sie mich von der Pflicht zum Datenschutz entbinden, dann lege ich Ihnen zu jedem Wahlkreis die Anträge der SPD-Kollegen vor, in denen aufgeführt wurde, was alles zwar nicht gebaut werden kann – das wissen wir doch –, aber zumindest geplant werden müsse. Damit werden Hoffnungen geweckt, die schlichtweg nicht erfüllbar sind. Herr Kollege Wölfle hat es völlig richtig gesagt. Mittlerweile stecken wir unser Geld in Aktenordner voller Pläne, die nebeneinander gestellt einen Umfang von Hunderten von Metern hätten. Zum Bau bleibt dann natürlich rein gar nichts mehr übrig.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Ingo Rust SPD: Landesstraßen!)

Jetzt will ich Ihnen schon einmal sagen: Der Bundesfernstraßenbau ist seit Jahren oder Jahrzehnten chronisch unterfinanziert, was Baden-Württemberg anbelangt.

(Abg. Ingo Rust SPD: Wieder auf den Bund!)

Verkehrspolitik ist keine Sache von einer oder zwei Legislaturperioden, sondern zieht sich über einen langen Zeitraum hinweg.

(Zurufe von der SPD: So ist es! – Beifall bei Abge- ordneten der SPD)

Deswegen sage ich das ganz bewusst.

(Abg. Hans-Martin Haller SPD: Sagen Sie das der Frau Razavi!)

Der Bundesfernstraßenbau in Baden-Württemberg ist seit Jahren chronisch unterfinanziert. Dies hat teilweise auch Gründe, die ich nicht beklagen möchte. Einer davon ist die Wiedervereinigung. Da ist halt Baden-Württemberg, geografisch gesehen, weiter weg als die neuen Bundesländer oder die angrenzenden Länder wie Bayern. Was für Baden-Württemberg gilt, nämlich dass eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur – da ist die Straße immer noch der Verkehrsträger Nummer 1

und wird es auch bleiben – wichtig ist, das gilt natürlich auch für die neuen Bundesländer, keine Frage. Ich konstatiere dies ausdrücklich.

Vorhin hat der Kollege Bachmann von einer wunderbar ausgestatteten Autobahn mit vielen Tunnels und einer 1-a-Qualität gesprochen. Ich glaube, Herr Kollege Bachmann, Sie haben die A 71 zwischen Schweinfurt und Erfurt gemeint. Meine Damen und Herren, ich kann Sie nur einladen: Fahren Sie im Urlaub einmal diese Straße auf und ab – so ein Gefühl von Einsamkeit und Freiheit wie auf dieser Straße können Sie allenfalls in Alaska und vielleicht auch noch in Kanada erleben.