Protokoll der Sitzung vom 25.06.2008

Berichterstatter: Abg. Michael Theurer

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

In der Allgemeinen Aussprache erteile ich Herrn Abg. Dr. Scheffold für die CDU-Fraktion das Wort. Bitte schön, Herr Abg. Dr. Scheffold.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Herr Präsident, so schnell kann man nicht hören, wie Sie schwätzen! – Vereinzelt Heiterkeit)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem heute Morgen davon gesprochen worden ist, es sei ein Tag der Emotionen, versuche ich, das auf einen Vormittag der Emotionen zu reduzieren.

Nach den Vorreden bei der ersten Lesung und nachdem wir uns auch vor vier oder acht Wochen schon einmal in anderer Art und Weise über die Landesbank auseinandergesetzt haben und auch weitgehend einvernehmlich und sachlich miteinander diskutiert haben, möchte ich dieses Thema auch so einführen. Es geht um den Staatsvertrag zwischen dem Land Baden-Württemberg und dem Land Rheinland-Pfalz über die Vereinigung der Landesbanken dieser beiden Länder. Ich darf zufrieden feststellen, dass hier fraktionsübergreifend Zustimmung besteht. Ich halte das auch für sehr gut und hilfreich.

Das bisher bestehende Mutter-Tochter-Modell zwischen den beiden Landesbanken hat sich durchaus bewährt. Aber in diesen Zeiten ist es umso wichtiger, das Gute durch das Bessere zu ersetzen. Eine Weiterentwicklung der Bankenlandschaft, auch der Landesbanken, ist notwendig. Das dient den Interessen der Banken. Es dient dem Finanzplatz Baden-Württem

berg. Es dient damit dem Land Baden-Württemberg und allen seinen Bürgerinnen und Bürgern. Deswegen werden wir diesem Staatsvertrag, der eine Vollintegration beinhaltet, als CDU-Fraktion zustimmen.

Wir sind davon überzeugt, dass dies der Landesbank hilft, im Wettbewerb noch besser zu bestehen, in einem Wettbewerb, der derzeit sehr angespannt ist und der ständig neue Schlagzeilen produziert. Ich denke dabei auch an das Gutachten, das der Sachverständigenrat in der letzten Woche vorgelegt hat. Ich will einige Punkte daraus zitieren.

Zunächst einmal ist anerkennenswert, dass auch der Sachverständigenrat – das ist in der öffentlichen Diskussion ein bisschen untergegangen – davon gesprochen hat, dass sich das Dreisäulenmodell zwischen den privaten Banken, den Genossenschaftsbanken und dem öffentlichen Sektor bewährt hat.

Er hat insgesamt auch hervorgehoben, dass die Banken in Deutschland ertragsschwach seien. Das ist auf der einen Seite eine für die Banken vielleicht nicht so erfreuliche Tatsache. Für die Kunden, das heißt für die Bürgerinnen und Bürger, ist es natürlich eine durchaus angenehme Situation, wenn der Wettbewerb so stark ist – gerade auch durch den öffentlichen Bankensektor –, dass Konkurrenz da ist und dass die Gewinnmargen deswegen eingeschränkt sind.

Der Sachverständigenrat hat dann aber meines Erachtens unzutreffenderweise davon gesprochen, dass die Landesbanken von der Finanzkrise besonders betroffen gewesen seien, dass sie insgesamt gesehen eine geringere Rentabilität aufwiesen und dass sie wenig tragfähige Geschäftsmodelle hätten. Das waren die hauptsächlichen Gesichtspunkte.

Wenn ich unsere fraktionsübergreifenden Diskussionen aus den vergangenen Wochen und Monaten verfolge und auch die Beiträge der Landesregierung mit einbeziehe, dann muss und kann ich feststellen, dass genau diese Aussagen für die Landesbank Baden-Württemberg nicht stimmen. Wir sind nicht besonders von der Finanzkrise betroffen gewesen. Die Rentabilität unserer Landesbank ist dank eines tragfähigen und erfolgreichen Geschäftsmodells zukunftsfähig. Wir haben ein Geschäftsmodell, mit dem wir auch in anderen Ländern und über Baden-Württemberg hinaus reüssieren können.

Dazu ist dankbar anzuerkennen, dass die Eigner der Landesbank hier in Baden-Württemberg – die Sparkassen, das Land, die Kommunen, die Landkreise und die Städte – gut zusammenwirken und einvernehmlich agieren und dass es auch in dem jetzt anstehenden Staatsvertrag nicht zu weiteren Eignern kommt, sondern dass es bei diesem Eignerkreis bleibt und damit auch das erfolgreiche Geschäftsmodell der Landesbank Baden-Württemberg hinausgetragen werden kann – zunächst nach Rheinland-Pfalz, nach Sachsen und zu den Bürgerinnen und Bürgern in diesen Ländern sowie zu den dortigen Kommunen.

Insgesamt darf ich sagen: Wir verfolgen die Entwicklung der Landesbank Baden-Württemberg aufmerksam, aber optimis tisch weiter. Wir begrüßen den vorgelegten Staatsvertrag. Wir werden ihm zustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Dr. Schmid das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die SPD-Landtagsfraktion steht uneingeschränkt hinter dem sogenannten Dreisäulenmodell der deutschen Bank wirtschaft. Das Gutachten des Sachverständigenrats, das auch mein Vorredner schon angesprochen hat, gibt keinen Anlass, dieses Modell grundsätzlich infrage zu stellen, und zwar weder für die Sparkassen, bei denen wir auch die Gesetzgebungshoheit haben, noch bei der Landesbank.

Die Landesbanken sind im Zuge der Finanzmarktkrise ins Gerede gekommen, nicht aber die LBBW. Damit zeigt sich schon, dass für die Zukunft der Landesbanken und auch für die Zukunft unserer Landesbank die Frage nach dem Geschäftsmodell entscheidend ist. Die Landesbank Baden-Würt temberg hat mit den Schwerpunkten Firmenkundengeschäft – darunter auch der Ausbau des internationalen Geschäfts im Sinne der Begleitung unserer mittelständischen Unternehmen ins Ausland –, mit dem gehobenen Privatkundengeschäft und mit der guten Kooperation mit den Sparkassen im Land ein Geschäftsmodell, das für die Zukunft trägt und das sicher auch für andere Landesbanken Anregung sein kann.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir als Landesbank Baden-Württemberg haben in den schwierigen letzten Monaten unseren Beitrag für die Konsolidierung der Landesbanken geleistet, nämlich durch die Übernahme der damaligen Sachsen LB und jetzt auch durch die Integration der Landesbank Rheinland-Pfalz, wie sie mit dem Landesbankgesetz nachvollzogen wird. Damit hat die LBBW Verantwortung für das gesamte Landesbankenlager in Deutschland übernommen.

Dies beruht darauf, dass wir im Land ein gutes Miteinander zwischen den wichtigen Trägern – dem Land, den Sparkassen und der Stadt Stuttgart – haben. Dieses gute Einvernehmen muss sich auch in Zukunft bewähren. Die Herausforderungen, die wir vor uns haben und die natürlich auch die weitere Konsolidierung der Landesbankenlandschaft in Deutschland zum Gegenstand haben werden, müssen sich nach unserer Auffassung aber an bestimmten politischen Maßstäben messen lassen.

Wir brauchen erstens weiterhin das erfolgreiche Geschäftsmodell der LBBW. Es muss fortentwickelt werden. Die Kundenorientierung ist die Basis dieses Geschäftsmodells. Keine Landesbank wird überleben, wenn sie kein Kundengeschäft hat, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD – Abg. Ingo Rust SPD: Sehr richtig!)

Deshalb weisen wir auch jeglichen Gedanken zurück, die Funktion der LBBW auf die einer reinen Sparkassenzentralbank zu reduzieren.

(Abg. Ingo Rust SPD: Sehr richtig!)

Das, was aus diesem Geschäft an Erträgen und Gewinnen erzielt wird, ist sehr gering. Damit könnten bei Weitem nicht

12 000 Mitarbeiter beschäftigt werden. Wir haben aber eine Verantwortung für diese Mitarbeiter, und wir haben eine Verantwortung dafür, dass sich die Landesbank mit den drei Schwerpunkten, die ich genannt habe – Firmenkundengeschäft, gehobenes Privatkundengeschäft und Kooperation mit den Sparkassen –, voll entfalten kann.

Also: Kein Zurück beim Geschäftsmodell!

Zweiter Schwerpunkt: Die Landesbanken beziehen ihre Exis tenzberechtigung daraus, dass sie öffentlich-rechtliche Banken sind. Damit haben sie, wenn sie Geschäfte tätigen, auch eine besondere Verantwortung, was die Einhaltung von Steuergesetzen anbelangt.

Wir hatten immer wieder Diskussionen über die Frage, wie Landesbanken mit Steuerhinterziehung umgehen. Es gab dazu erfreuliche Klarstellungen. Uns ist aber wichtig, dass für alles, was die Landesbanken in Deutschland oder im Ausland tun, nicht auch nur der Anschein erweckt werden darf, dass Steuerhinterziehung und Steuerverkürzung Vorschub geleistet werde.

Wir haben dafür bisher keine konkreten Hinweise. Aber uns ist wichtig, dass die Landesbank Baden-Württemberg wie auch die anderen Landesbanken hier Vorbild sind. Das muss auch für zukünftige Fusionen gelten. Das sage ich insbesondere im Hinblick auf die BayernLB, die sich über ihre österreichische Tochter Balkanaktivitäten eingekauft hat, die aktenkundig sind und sowohl in Österreich als auch in Kroatien zu Gerichtsverfahren geführt haben.

Zu unserem dritten Schwerpunkt: Wir haben auch als Träger Land eine Verantwortung für die über 12 000 Mitarbeiter der LBBW und der BW-Bank an den Standorten Stuttgart, Karlsruhe und Mannheim. Wir sind jetzt in einer Phase, in der wir darüber nachdenken müssen, wie wir nach der Integration der Landesbank Rheinland-Pfalz und nach der Übernahme der Sachsen LB die verschiedenen Standorte weiterentwickeln können. Eine rückwärtsgewandte Debatte wird uns da nicht weiterhelfen.

Nachdem wir im Zusammenhang mit der Integration der LRP Absprachen mit dem Land Rheinland-Pfalz über den Standort Mainz getroffen haben, ist es nun an der Zeit, darüber nachzudenken, ähnliche Entwicklungsperspektiven für die baden-württembergischen Standorte – insbesondere für Mannheim und Karlsruhe – aufzuzeigen.

(Beifall bei der SPD)

Es muss also darum gehen, möglichst abgeschlossene Geschäftsbereiche an diesen Standorten zu entwickeln und damit jenseits des den Kunden zugewandten Geschäfts in Mannheim und Karlsruhe auch für die Mitarbeiter eine Entwicklungsperspektive im Sinne von Karrierepfaden am Standort aufzuzeigen.

Mit den genannten drei Maßstäben gehen wir zuversichtlich in die weiteren Fusionsdebatten, legen aber Wert darauf, dass bei Fusionen keine Abenteuer eingegangen werden. Die anderen Landesbanken – das ist die Vorbedingung – müssen zunächst einmal ihren „Laden“ in Ordnung bringen. Dann sind wir zu Gesprächen bereit.

Wir werden dem Gesetzentwurf zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Abg. Ingo Rust SPD: Sehr gut!)

Ich erteile Herrn Abg. Schlachter für die Fraktion GRÜNE das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Heute sind wir uns, zumindest was die Beschlussfassung angeht, einig. Herr Dr. Scheffold trägt eine grüne Krawatte, Kollege Schmid auch, und ich trage eine rote.

(Abg. Georg Wacker CDU: Kollege Fleischer ist auch da! – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Blau!)

Blau lassen wir gelten.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Aber rot ist schon ein- mal ganz gut!)

Wir sind uns auf jeden Fall in der Hauptsache, der Beschlussfassung, einig, indem wir sagen: Der Staatsvertrag über die Vereinigung der Landesbank Baden-Württemberg und der Landesbank Rheinland-Pfalz ist sehr gut, vor allem für Baden-Württemberg. Das ist unstrittig.

Wir sind uns letztlich auch darüber einig, dass es in der Landesbankenlandschaft weitere Konsolidierungen geben wird, vielleicht auch geben muss. Da beschreiten wir eben unterschiedliche Wege oder haben unterschiedliche Ideen. Ich glaube, wir müssen den öffentlich-rechtlichen Finanzmarktsektor stärken, damit wir in der Spitze die Besten sind und damit vor Ort die Sparkasse die Beste ist: mit ihren Produkten und in ihrer Beratungsqualität.

Unser Spartenmodell habe ich Ihnen jetzt schon zweimal vorgestellt, also muss das jetzt nicht nochmals sein. Den Medien entnehme ich, dass die Sparkassenvorstände, die Obleute dieser Sparkassen, dem Modell, das wir als Grünen-Fraktion vorgestellt haben, einen gewissen Charme abgewinnen können. Das nehme ich mit Freude zur Kenntnis.

(Abg. Ingo Rust SPD: Eigeninteresse! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Wir sind das Land!)

Doch, die Sparkassen sind natürlich die Hauptträger des öffentlich-rechtlichen Sektors. Ich glaube, sie sind diejenigen, die in der Fläche die Mittelständler mehr versorgen, als es eine Landesbank kann.