Protokoll der Sitzung vom 04.12.2008

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abgeordneter, bitte kommen Sie zum Schluss.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Er spricht heute gut! Er soll weitermachen!)

Ich könnte noch einiges sagen, komme aber zum Ende. Lassen Sie mich bitte noch ein Zitat von einem schwäbischen Dichter vortragen, Herr Kollege Röhm. Das müssen jetzt auch die badischen Kolleginnen und Kollegen aushalten.

(Heiterkeit des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Wir Schwaben sind ja dafür bekannt, dass wir

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Gern Gäste bewir- ten!)

sehr weltoffen sind

(Vereinzelt Heiterkeit)

jetzt lachen die Badener wieder –, dass wir in die Welt ziehen,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Richtig!)

aber dass wir auch gern wieder nach Hause kommen.

(Beifall der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Mir ging es persönlich so: Als ich in Amerika studiert hatte, bin ich von Frankfurt mit dem Zug hierher gefahren. Ich wusste eigentlich gar nicht, warum ich nach Hause fahre. Dann habe ich den Hohenasperg und die Umgebung gesehen und wusste: Das ist die Heimat.

(Lebhafte Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten al- ler Fraktionen)

Ich wusste, dass Sie mit diesem Berg nur ein Gefängnis assoziieren.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja, genau!)

Ich habe es trotzdem gesagt. Denn wir assoziieren mit dem Hohenasperg wesentlich mehr.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Man kann ja auch von oben auf alle herunterschauen!)

Jetzt komme ich aber zu dem angekündigten Zitat.

Herr Abgeordneter, bitte kommen Sie zum Ende, sonst muss ich jetzt – –

Bitte.

Ich zitiere:

… reizend hinauszugehn in die vielversprechende Ferne, dort, wo die Wunder sind, … dort hinein, durchs helle Gebirg, nach Como zu wandern, oder hinab, wie der Tag wandelt, den offenen See; aber reizender mir bist du, geweihete Pforte! Heimzugehn, wo bekannt blühende Wege mir sind, dort zu besuchen das Land und die schönen Tale des Neckars, …

Meine Damen und Herren, das war nicht Hermann Hesse, das war Hölderlin. Lassen Sie uns in diesem Sinn die schwäbische Kultur weiterhin pflegen.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ge- nau! Genießen wir unsere Heimat!)

Für die FDP/DVP-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Kleinmann das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bei Hohenasperg heißt es ja für gewöhnlich: eine halbe Stunde hinauf und vier Jahre herunter.

(Heiterkeit)

Wir wollen aber, Herr Kollege Walter, nicht verkennen: Der Hohenasperg ist auch der Demokratenbuckel. Ich erinnere an Schubart.

Meine Damen und Herren, wenn man nicht im Heimatkundeunterricht für die kulturelle Vielfalt unseres Landes je begeistert worden ist, dann ist man es spätestens nach der Lektüre der vorliegenden Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der CDU-Fraktion. Deshalb möchte ich mich bei den Urhebern dieses kulturellen Panoptikums von A wie „Archäologische Fundstellen“ bis Z wie „Zünfte“ herzlich bedanken.

Wer von den Kolleginnen und Kollegen die Antwort noch nicht gelesen hat, weil er oder sie vielleicht mit innen- oder finanzpolitischen Fragen befasst war, dem sei die Antwort in der Tat zur Lektüre mehr als empfohlen.

Doch es stellt sich, meine Damen und Herren, nun die Frage, welche politischen Schlussfolgerungen wir aus der Bestandsaufnahme ziehen sollen. Immerhin sind wir ja im Landtag und eben nicht in einem Proseminar „Empirische Kulturwissenschaft“.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Hauptseminar!)

Proseminar reicht. – Ich möchte deshalb aus der großen Vielzahl der Erkenntnisse drei Punkte herausgreifen, die mir und unserer Fraktion besonders bedeutsam erscheinen.

Erstens möchte ich den Schutz der Kulturgüter und Kulturdenkmale ansprechen, nicht nur weil uns die Sicherung eines ganz wichtigen Kulturdenkmals im badischen Raum dieser Tage besonders beschäftigt. Ganz gleich, wie man zum Kauf von Schloss Salem steht, eines hat uns die Angelegenheit gelehrt – eigentlich eine banale Erkenntnis –: Der Erhalt eines historischen Gebäudes ist und bleibt eine kostspielige Sache und ist für manchen Privatmann nur schwer zu schultern. Deshalb sollten wir die Mittel für die Denkmalpflege, meine Damen und Herren, auf keinen Fall weiter reduzieren, sondern im Gegenteil aufstocken.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Die FDP/DVP-Landtagsfraktion setzt sich im Rahmen der bevorstehenden Haushaltsberatungen hierfür ein. Wir würden uns freuen, wenn dieser Vorstoß auch in den übrigen Fraktionen Unterstützung fände. Diese Unterstützung erscheint gerechtfertigt, da der Erhalt von historischen Gebäuden und anderen Kulturdenkmalen, auch wenn sie in Privatbesitz sind, der Allgemeinheit zugutekommt.

Zweitens ist mir die Frage wichtig, wie junge Menschen bereits im Kindergartenalter und in der Schule – Frau Vossschulte, Sie haben es angesprochen – für Kultur und Geschichte ihrer Heimat begeistert werden können. Hier zeichnet die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage ein zunächst pessimistisches Bild. Ich zitiere:

Die Pflege von Brauchtum und das Thematisieren heimatbezogener Inhalte stoßen bei manchen Schülern auch auf Widerstand. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Keine entsprechenden Familientraditionen mehr,

was ja in der Tat stimmt –

kein Bewusstsein in der Gesellschaft, dass die Pflege und der selbstverständliche Umgang mit kulturellen Traditionen für die kulturelle Identität wichtig sind.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Ganz so düster, meine Damen und Herren, würde ich die Situation nicht beschreiben wollen. Aber wir müssen uns schon anstrengen, um jungen Menschen einen Bezug zur Kultur unseres Landes zu vermitteln, denn wir können nicht voraussetzen, dass Kinder und Jugendliche dies schon von Haus aus mitbringen.

Aber häufig machen es uns Kinder leichter, als wir denken. Wenn man einmal eine Stunde Geschichtsunterricht bei Zwölfjährigen miterlebt, wird man feststellen, wie begeisterungsfähig junge Menschen gerade für eine Vielzahl von historischen Themen sind. Entscheidend ist hier die Vermittlung. Galt es z. B. lange Zeit als völlig verpönt, dass ein Lehrer von Alexander dem Großen erzählte – das hielt man für viel zu wenig wissenschaftlich –, so hat man heute erkannt, dass gerade bei einer Erzählung der Funke überspringen kann.

Auch bieten die neuen Medien Chancen, Kultur zu vermitteln, anders als manche Kulturpessimisten meinen. Virtuelle Rundgänge durch Museen machen meist erst Lust, sich einmal aufzumachen und das Original zu besuchen. Auch in der Muse

umsdidaktik hat sich an manchen Orten schon sehr viel getan. Gehen Sie nur einmal gegenüber in das schöne „Haus der Geschichte“.

In diesem Bereich könnten wir in der Tat auch noch aktiver werden und gerade kleine Museen und kleine Kulturdenkmäler für die neuen Medien erschließen, damit ein Schulausflug gut vorbereitet und interessant durchgeführt werden kann. Das sollte nicht nur für öffentliche Einrichtungen gelten, sondern es sollte in gleicher Weise für die privaten Einrichtungen gelten.

Schließlich möchte ich aus gegebenem Anlass – morgen, am 5. Dezember, ist der internationale Tag des Ehrenamts – die Vereine aufgreifen, die in unserem Land einen wichtigen Rahmen für ehrenamtliches Engagement schaffen. Viele von ihnen klagen über Überalterung und Nachwuchsprobleme. Wie aus den Daten hervorgeht, ist ihre Klage durchaus berechtigt. So lag der Altersdurchschnitt der Stammchöre der Vereine im Schwäbischen Chorverband – vormals Sängerbund – schon vor zehn Jahren bei 57 Jahren.

Doch Klagen allein hilft nicht weiter. Gerade der Badische und der Schwäbische Sängerbund bzw. Chorverband haben deshalb schon vor Jahren begonnen, in den Kindergärten und Schulen mit verschiedenen Angeboten junge Menschen für das Singen zu begeistern. Das Programm FELIX beispielsweise ist speziell für das Singen im Kindergarten entwickelt worden. Dies ist umso wichtiger, da neurobiologische Forschungen ergeben haben, dass eine frühe musikalische Bildung die Ausprägung kognitiver und auch sozialer Kompetenzen fördert.