Protokoll der Sitzung vom 04.12.2008

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Oh! Kein Bei- fall!)

damit wir uns nicht dauernd anhören müssen, das Land würde viel zu wenig beisteuern, und damit auch von den Eltern sehr wohl bewusst wahrgenommen wird, welchen Beitrag das Land hier leistet. 175 Millionen €, liebe Kolleginnen und Kollegen, ab dem Jahr 2014 sind auch für das Land kein Pappenstiel. Es gibt auch noch andere Entwicklungen – das Thema wurde schon vorhin vom Kollegen angesprochen; ich meine z. B. Familienhebammen –, bei denen wir uns von Landesseite aus in Bezug auf das „Kinderland“ sehr wohl auch einbringen.

Jetzt haben wir uns ja davon überzeugen lassen, dass ein solches Landesprogramm mit bürokratischem Aufwand und auch zusätzlichen Personalstellen verbunden gewesen wäre. Deshalb sind wir auch bereit, die Beteiligung des Landes an den Betriebskosten über Zuweisungen nach dem FAG zu verteilen.

Zweitens: Es ist uns wichtig, einen Anreiz zur Verbesserung der Qualität zu schaffen. Dies halten wir nicht für „bürokratischen Unsinn“, wie manche sich äußern, sondern für einen Anreiz, nicht nur eine quantitative, sondern auch eine qualitative Verbesserung der Betreuungsangebote zu erhalten.

Dabei haben wir kein Problem damit, wenn es auf kommunaler Ebene zu einer Einigung auf der Grundlage einer gemeinsamen Empfehlung von Städte- und Gemeindetag kommt, wie auch die Ministerin erwähnt hat.

Deshalb lautet unsere Empfehlung an die Landesverbände, nicht alles aufzubieten, um diese Regelung zu Fall zu bringen, sondern den Beweis anzutreten, dass man selbst um noch mehr Qualität bemüht ist und eine starke Selbstverwaltung darstellt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Dieter Hillebrand und Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gut!)

Drittens: Die Förderung der Kindertagespflege ist uns sehr wichtig, und zwar nicht nur in der Strukturförderung, sondern auch bei den Betriebskosten. Wir halten diese Art der Betreuung für die den Familienstrukturen am nächsten kommende,

aber auch für eine sehr flexible Betreuungsform. Wir wollen auch, dass 15 % der Mittel für die fachliche Begleitung der Tagespflegepersonen verwendet werden.

Weiter haben wir Verständnis dafür, dass die Wohnsitzgemeinde – da sind wir bei den Kommunen – ein Kind so lange nicht in ihrer Bedarfsplanung berücksichtigen muss, solange es in einer anderen Gemeinde betreut wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns auf dieser Basis in die weiteren Beratungen in den Ausschüssen eintreten. Unser Wunsch bei der späteren Umsetzung wäre, dass jeder in seinem Zuständigkeitsbereich alles unternimmt, um daraus insgesamt ein gemeinsames Erfolgsmodell werden zu lassen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Dr. Birgit Arnold FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Wonnay für die Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich möchte heute zu unserem Antrag, den wir zum Thema Aufsicht eingebracht haben, nicht viel sagen, da ich bei den Regierungsfraktionen Bewegung in die richtige Richtung erkenne, nämlich die Aufsicht nicht auf die Stadt- und Landkreise zu übertragen. Da haben Sie selbst für Verwirrung gesorgt, sind aber offensichtlich zur Korrektur bereit. Damit sind wir zufrieden und freuen uns, wenn wir im Herbst zum Ergebnis kommen.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Wir sind lernfä- hig!)

Diese Lernfähigkeit wünschte ich mir auch in anderen Punkten, Herr Kollege Noll.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Lebenslanges Ler- nen! – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Aber nachhal- tig!)

Ich möchte deshalb zum Kern der heutigen Debatte kommen. Die Frau Ministerin hat den Gesetzentwurf vorgestellt. Schon heute Morgen bei der Aussprache über die Umsetzung der Handlungsempfehlungen der Enquetekommission „Demografischer Wandel“ haben wir von allen sehr viel verbale Zustimmung gehört und vernommen, wie wichtig das Thema „Kinderland“ und die frühen Jahre sind. Für uns in der SPD gilt ganz klar: Wir brauchen dazu eine Trias bestehend aus mehr Plätzen für Kleinkinder und mehr Ganztagesplätzen, aus mehr Qualität und aus der Beitragsfreiheit. Nur diese Trias ist sinnvoll.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt muss ich sagen: Das Thema Qualität hat zwar eine große Rolle gespielt – davon haben wir auch gestern viel gehört –, aber dieser Gesetzentwurf lässt überhaupt nicht erkennen, in welchen Bereichen Sie dem gerecht werden wollen. Ich will Ihnen schon noch einmal sehr klar sagen: Eine Qualitätsoffensive, eine Bildungsoffensive, die bis auf einen winzigen Bereich die ersten sechs Lebensjahre völlig außer Acht lässt,

lässt nicht im Geringsten erkennen, dass Sie die Bedeutung der frühkindlichen Bildung wirklich erkannt haben und ernst nehmen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/ DVP: An anderer Stelle!)

Jetzt komme ich zum Kern. Mit diesem Gesetzentwurf wird wieder einmal auf Nachhilfeunterricht des Bundes reagiert. Ich muss Ihnen sagen: Ich finde es traurig, dass ein Bundesland mit dem Anspruch, „Kinderland“ zu sein, immer wieder der maßgeblichen Nachhilfe des Bundes bedarf, um wirklich in die Gänge zu kommen. Was Sie jetzt von dem, was auf dem Gipfel besprochen wurde, nachvollziehen, ist wieder symptomatisch, Frau Ministerin.

Ich wollte Sie fragen, wie Sie denn überhaupt erklären können, dass alle anderen Bundesländer die Zielmarke haben, bis zum Jahr 2013 auf 35 % zu kommen, während sich ausgerechnet das „Kinderland“ Baden-Württemberg mit 34 % begnügt und darauf sogar noch stolz ist. Da klaffen Anspruch und Wirklichkeit doch sehr auseinander.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Karl Zimmer- mann CDU)

Das hat weder etwas mit dem Haar in der Suppe noch mit Erbsenzählerei zu tun, sondern das ist symptomatisch.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Doch! Das ist Erbsen- zählerei!)

Auch wenn Sie jetzt den Ausbau in den Blick nehmen, so nehmen Sie einfach nicht zur Kenntnis, dass der Städtetag sagt, diesen Ausbau bis zum Jahr 2013 vorzunehmen sei zu kurz gesprungen, sei zu langsam. Wir brauchen diesen Ausbau viel rascher. Das heißt auch: Das Land muss mehr Geld in die Hand nehmen. Das schlägt die SPD Ihnen vor.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Woher? – Abg. Claus Schmiedel SPD: Klar! Was denn sonst?)

Denn wir können die Eltern, die dringend auf einen Betreuungsplatz warten, nicht noch länger warten lassen. Tun Sie also das Richtige, tun Sie es schneller, und unterstützen Sie Kommunen und Eltern stärker als bisher geplant!

(Beifall bei der SPD)

Frau Ministerin, wenn man sich die Landeszahlen einmal ganz genau anschaut, dann zeigt sich: Das, was Sie als Kraftakt bezeichnen, ist weit von einem Kraftakt entfernt.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sie haben doch keine Gegenfinanzierung!)

Alle miteinander wiederholen Sie es wie ein Mantra: „Wir sind spitze, wir sind auf dem richtigen Weg.“ Das wiederholen Sie doch gebetsmühlenartig. Aber Sie bleiben den Beweis schuldig.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Das ist unredlich!)

Das, was Sie machen, bedeutet bis zum Jahr 2013 gerade einmal eine Verdopplung des Landesanteils. Sie gehen dann von

10 auf 20 %. Meine sehr geehrten Damen und Herren, damit bleiben Sie auch in diesem Bereich weit unter den Möglichkeiten und weit unter den Notwendigkeiten.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Wie finanzieren Sie Ih- re Vorschläge? Das ist doch unseriös! Peinlich!)

Ach, Herr Kollege, manteln Sie sich doch nicht so auf!

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sagen Sie doch einmal ganz konkret, wie Sie es finanzieren wollen! – Ge- genruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Seien Sie doch einmal ruhig!)

Der Grundsatz „Geld folgt Kind“ ist ja richtig. Das ist eine richtige Entscheidung.

(Beifall)

Aber Sie haben viel zu lange dafür gebraucht. Das hätten wir schon vor vier Jahren gebraucht.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Besser spät als nie! – Zuruf von der FDP/DVP: Sie hätten länger ge- braucht!)

Fragen Sie doch einmal die Betriebe, die Ihnen so wichtig sind, seit wann sie um diese Regelung ringen.

Frau Abgeordnete, ich darf Sie bitten, zum Ende zu kommen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Er stört ja permanent! Das muss man abziehen!)

Ich bin bei den Schlusssätzen, Frau Präsidentin. – Zu nennen bei den Einzelregelungen ist die Frage der Aufsicht für die Tagespflege. Es gibt eine Reihe von Regelungen, bei denen es ernst zu nehmende Bedenken gibt. Hierüber werden wir im Sozialausschuss beraten. Aber ich will Ihnen schon jetzt deutlich sagen: Sie belegen auch mit diesem Gesetzentwurf, dass Sie einen hohen Anspruch an sich selbst richten, aber dass Sie in den Taten weit unter den Zielen bleiben, die Sie sich in Worten immer selbst setzen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Zu spät und zu wenig! Das ist die Analyse! – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Das ist unredlich und über- heblich! Stellv. Präsidentin Christa Vossschulte: Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Frau Abg. Lösch das Wort. (Abg. Dieter Hillebrand CDU: Jetzt kommt das Lob!)

Man kann nicht jeden Tag loben.