Denn wenn wir davon sprechen, dass Kernenergie eine Brü ckentechnologie sein soll – darin besteht Einigkeit zwischen den Koalitionspartnern –, dann wird es da auch kein Problem geben.
Das zentrale Problem, das sich uns heute aber stellt, ist der Netzausbau. Da sage ich Ihnen nur: Interessanterweise sind überall dort, wo es darum geht, neue Leitungen zu legen, Bürgerinitiativen aktiv, die nicht unbedingt von CDU- und FDPAktivisten geprägt sind.
Aber ich muss dann schon sagen: Man muss auch wissen, dass das eine bestimmte Infrastruktur erfordert. Das Problem für die erneuerbaren Energien ist der Netzausbau. Dann sollten wir dieses Thema gemeinsam lösen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme zu der Frage: Wie sieht das eigentlich aus? Woher kommt dann der Strom? Wir reden ganz bewusst von einer Brückentechnologie, weil uns wichtig ist, deutlich zu machen: Wir wollen hin zu den erneuerbaren Energien.
Wenn Sie die 80 % nehmen, dann bedeutet das, dass es entweder über Kohle oder über Kernenergie läuft. Unter Klimaschutz- und unter Effizienzgesichtspunkten stellt sich schon die Frage, ob wir eigentlich wollen, dass die Kohlekraftwerke die Brücke sind. Im Übrigen ist es die Grundlage einer Greenpeace-Studie und die Grundlage einer UBA-Studie, dass dann, wenn die Laufzeit der derzeitigen Kohlekraftwerke auf 50 Jahre verlängert wird, die ineffizienten Kohlekraftwerke
letzten Endes den höchsten CO2-Ausstoß haben. Dazu kann ich nur sagen: Herzlichen Glückwunsch zu diesem Weg!
Lieber Herr Untersteller, eine letzte Bemerkung zu der Frage: Wie viel wird exportiert und wie viel nicht?
Es gibt einen Emissionshandel, lieber Herr Untersteller. Das Problem ist nur, dass Sie sich immer auf Studien berufen, deren Grundannahme lautet: kein Neubau von Kohlekraftwerken, sondern Abschalten der Kernkraftwerke, aber Laufzeitverlängerung für die alten Kohlekraftwerke. Das ist das Wesentliche,
Deswegen sage ich ganz bewusst: Sachlichkeit im Sinn eines Austauschs der Argumente. Ich weise darauf hin, dass es keine Partei in diesem Land gibt – damit meine ich sowohl Baden-Württemberg als auch die Bundesrepublik –, die sich in der Frage der Nutzung der Kernenergie derart bewegt hat wie die CDU.
Wir sind diejenigen, die bereit sind, den Weg in eine klimaschutzfreundliche Energieversorgung zu gehen, hin zu den erneuerbaren Energien, und zwar ohne Schaum vor dem Mund.
Die Idee, die jetzt umgesetzt werden soll, wurde in diesem Land entwickelt, wurde auf Bundesebene umgesetzt und wird jetzt Eingang in die Überlegungen finden. Ich meine schon, dass das dazugehört.
Eine letzte Bemerkung jetzt auch zu Asse: Die Vorgänge um Asse sind mehr als bedauerlich. Aber ich wünsche mir, dass man Interesse an einer Lösung hat und nicht an der Fortführung des Problems. Fakt ist, dass Ihnen das Problem ausgesprochen recht kommt,
Das ist mehr als ärgerlich, und es wird so sein, dass man dieses Thema ebenfalls im Rahmen einer Vereinbarung mit den Ener gieversorgern besprechen muss.
Ich weise darauf hin, dass es zunächst einmal darum geht, das Ganze sauber abzuarbeiten und nicht wieder nur Emotionen und Ängste in der Bevölkerung zu schüren.
(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Unsachliche Vorwürfe sind auch dann unsachlich, wenn sie in sachlichem Ton vorgetragen werden!)
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Zu dem Argument des Kollegen Müller und auch der Ministerin, deren Weg sei AKW plus regenerative Energien: Wir haben heute, Ende des Jahres 2009, etwa 18 % Regenerative, und Ihr und mein Ziel ist es, diese weiter auszubauen. Die Bundesregierung sagte bisher, 30 % sollten bis 2020 erreicht werden; manche gehen sogar davon aus, dass es 40 % sind.
Herr Kollege Mappus, die Regenerativen – das wissen wir beide – stehen nicht immer zur Verfügung, weil der Wind nicht immer weht; sie sind also nicht grundlastfähig. Das heißt, man braucht eine Kombination verschiedener Energieträger. Wenn Sie aber eine Laufzeitverlängerung machen, dann haben Sie in den kommenden Jahrzehnten 17 Kraftwerke in Deutschland, von denen jedes 8 000 Stunden pro Jahr, rund um die Uhr, durchläuft. Sie können sie nicht mit regenerativen Energieträgern kombinieren, sondern Sie brauchen Kraftwerke, die man schnell zu- und schnell abschalten kann. Deswegen sage ich, die Laufzeitverlängerung führt dazu, dass wir bei den Regenerativen in den kommenden Jahren einen Stopp erleben werden bzw. keinen solchen Ausbau bekommen werden, wie er in den letzten Jahren der Fall war.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Stefan Mappus CDU: Das ist doch völlig unlogisch! – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Das Gegenteil ist der Fall!)
Nein, das ist kein Unsinn. Herr Kollege Mappus, ein hoher Kernenergieanteil, wie wir ihn heute mit 23 % haben, ist keine Brückentechnologie, sondern eine Barriere für den Ausbau der erneuerbaren Energien.
Herr Kollege Mappus, Sie müssen mir nicht glauben, aber ich zitiere aus der monatlich erscheinenden Zeitschrift „Zeitung für kommunale Wirtschaft“. Dahinter stecken hauptsächlich die kommunalen Energieversorgungsunternehmen. Folgen- des stand in der letzten Woche, am 3. Oktober, auf deren Homepage – ich zitiere –:
Blieben die alten Reaktoren tatsächlich länger am Netz, als in allen Planungen unterstellt werden musste, würde
das nicht unwesentlich auf das Betriebsregime der neuen Anlagen durchschlagen. Kraftwerke für Ökologie und mehr Wettbewerb könnten teilweise entwertet werden. Gegen abgeschriebene, noch in den Vorzeiten der Liberalisierung von den damaligen Kunden zwangsweise refinanzierte nukleare Stromfabriken können neue Anlagen nicht reüssieren. Investitionen für Klimaschutz und Wettbewerb würden bestraft.
Frau Ministerin, noch eines zu Ihrem Argument, die Alternative dazu seien dann mehr Kohlekraftwerke.
Auch dies ist, mit Verlaub, Unsinn. Ich sage Ihnen auch, warum: Wir haben europaweit einen Emissionshandel. Dieser Emissionshandel besagt, dass wir in Deutschland eine Obergrenze von 452 Millionen t CO2 haben, die pro Jahr emittiert werden dürfen. Angenommen, Sie machen nun eine Laufzeitverlängerung, und angenommen, Sie könnten dadurch Kohlekraftwerke herausnehmen: Was passiert denn dann? Die Betreiber verkaufen die Zertifikate, die sie haben, auf dem europäischen Markt. Dem Klima ist es ziemlich wurst, ob das CO2 in Baden-Württemberg oder in Polen entsteht. Der Klimawandel ist nun einmal ein globales Problem. Daher ist Ihr Argument bei dieser Frage keines.