Protokoll der Sitzung vom 08.10.2009

Deshalb bitte ich auch um die Versachlichung der Diskussion.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Weil der Gefühlshaushalt rot-grüner Befindlichkeit nichts mehr hergibt, ist verständlicherweise heute dieser Strohhalm „Risiko der Kernkraft“ der letzte gemeinsame Nenner, den Sie mit Zähnen und Klauen verteidigen. Dafür haben wir natürlich Verständnis,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Jesses!)

aber dadurch wird es nicht richtiger.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Aha! Es gibt gar kein Risiko?)

Wir stehen für eine sichere, bezahlbare und klimafreundliche Energieversorgung. Wir sind guter Dinge, dass wir vor allem die wichtigste Frage, nämlich die Endlagerfrage, lösen

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Wann und wo? Wo denn und wann denn? In den nächsten 50 Jahren?)

und nicht, wie Sie in den letzten Jahren, aussitzen.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Das Wort erteile ich Frau Umweltministerin Gönner.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich zu einigen Fragen doch noch einmal eine Antwort geben kann.

Zunächst einmal zur „Sicherheits- und Sumpfsiebproblematik“. Dieses Thema haben Sie, Herr Knapp, mit dem Verweis auf die Pressemeldung der Deutschen Umwelthilfe angesprochen. Fakten sind: Wir haben erstens Änderungen an den Sumpfsiebgittern vorgenommen, und zweitens wurden sämtliche Messeinrichtungen zur Überwachung installiert. Alle Maßnahmen sind in Baden-Württemberg erledigt.

Im Übrigen: Das derzeit noch SPD-geführte Umweltministerium auf Bundesebene müsste, wenn die Sicherheit nicht gewährleistet wäre, seiner Aufgabe gerecht werden.

(Abg. Stefan Mappus CDU: So ist es! Das ist das Thema!)

Also passen Sie bitte auf mit Ihren Argumenten. Die Tatsache, dass das Aufsicht führende Ministerium im Sinn von Oberaufsicht, nämlich auf Bundesebene, keinerlei Anordnung erlässt, zeigt, dass die Sicherheit gewährleistet ist.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Aber Sie wissen auch, dass das sogenannte Rückspülen nicht ganz ohne Pro- bleme ist!)

Deswegen glaube ich schon, dass man auch immer wieder aufpassen muss, wenn es um die Frage geht: Wie sieht die Sicherheit aus?

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was vorhin interessanterweise nicht unbedingt in völliger Klarheit beantwortet wurde: Die Frage nach der Grundlastfähigkeit ist etwas anderes als die Debatte über eine vermeintliche Stromlücke.

(Abg. Stefan Mappus CDU: So ist es!)

Sie werden sich schwertun, in einer Rede von mir, insbesondere in der vorherigen, das Wort „Stromlücke“ auch nur einmal zu entdecken. Grundlastfähigkeit ist etwas völlig anderes. Da geht es nämlich um die Frage: Wie gelingt es uns, das, was ständig und dauerhaft im Durchschnitt nachgefragt wird, auch entsprechend zu decken?

(Abg. Stefan Mappus CDU: Genau!)

Genau das bekommen wir heute über die erneuerbaren Energien nicht hin.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Thomas Knapp SPD: Dezentral! Schauen Sie doch einmal in viele Städte!)

Lieber Herr Knapp, Dezentralisierung ist natürlich ein richtiges Wort im Hinblick darauf, wie der zukünftige Ausbau aussehen muss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie sieht aber die Realität aus? Mit Beginn der Liberalisierung im Jahr 1998 haben die Stadtwerke ihre Eigenproduktion von ursprünglich 20 % auf heute 5 % heruntergefahren. Jetzt müssen sie erst einmal wieder in eine Eigenproduktion hineinkommen. Im Übrigen: Gefeiert werden interessanterweise die Investitionen, die sie zu Recht und in guter Absicht in der Nord- und der Ostsee machen. Verschwiegen wird, dass sich die Stadtwerke derzeit allerdings auch an einigen Kohlekraftprojekten beteiligen. So viel zum Thema Dezentralität. Ausgerechnet Stadtwerke beteiligen sich am Bau neuer, zentraler Kohlekraftanlagen! Insofern weise ich nur darauf hin, dass wir schon darauf achten sollten, wie wir damit umgehen.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Knapp?

Aber sicher doch.

Bitte, Herr Knapp.

Frau Ministerin, ist Ihnen bekannt, dass in dem Jahrhundertsommer 2003 – wir werden wahrscheinlich noch mehrere solcher Sommer bekommen –

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Prophet!)

alle Großkraftwerke, vor allem die Kernkraftwerke in BadenWürttemberg, zum einen ihre Leistung deutlich reduzieren mussten und zum anderen sogar diese Reduzierung nur mit Ausnahmegenehmigung, was die Wassereinleitung und die Erwärmung des Neckars und des Rheins betraf, fahren konnten? Wir werden eine solche Problemlage noch öfter erleben. Ist Ihnen parallel dazu bekannt, dass keine dezentrale Anlage Probleme mit diesem Jahrhundertsommer hatte?

Zweite Frage: Wir haben uns immer dafür verkämpft, dass es einen Standort für die Stadtwerke gibt, der in Baden-Würt temberg liegt.

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Genau!)

Wir und auch die Stadtwerke haben von der Landesregierung leider keine Unterstützung für die Forderung bekommen, dass die Stadtwerke hier einen Standort haben und mit ihren Beteiligungen nicht nach Brunsbüttel gehen müssen.

(Beifall bei der SPD)

Zur ersten Frage, Herr Knapp, kann ich die Gegenfrage stellen: Ist Ihnen bekannt, dass im Nachgang des Jahres 2003 ein Lastfallmanagement entwickelt worden ist, das die erforderlichen Antworten auf die Frage gibt: Welches Kraftwerk wird dann ganz vom Netz genommen und welches nicht?

(Zuruf des Abg. Thomas Knapp SPD)

Als Antwort auf die zweite Frage kann ich Ihnen ebenfalls eine Gegenfrage stellen: Ist Ihnen bekannt, ob denn in diesem

Jahrhundertsommer die dezentralen Anlagen ausgereicht hätten, um sämtliche installierten Kühlgeräte zu betreiben? Sie müssten auf diese Frage antworten, dass das nicht der Fall gewesen wäre. Wenn wir in vielen Bereichen deutlich verstärkt in Elektrizität gehen und ständig mehr Kühlgeräte betreiben, dann gibt es – das werden Sie feststellen – die Probleme heute hauptsächlich im Sommer. Wir haben dafür ein Lastfallmanagement entwickelt.

Im Übrigen noch einmal – das ist mir wichtig –: Ich rede nicht gegen die Dezentralität, aber auch Dezentralität benötigt Zeit für den Ausbau.

Jetzt komme ich zum Thema „Dezentralität und erneuerbare Energien“. Meine sehr geehrten Damen und Herren, heute ist es bei uns so: Wir haben einen Vorrang der Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien in das Stromnetz – wir haben eine Förderung der Erneuerbaren –, und der Rest wird durch fossile Energieträger erzeugt und dann eingespeist. Das heißt also: Die Entwicklung der Erneuerbaren wird Schritt für Schritt immer stärker voranschreiten, was wir im Übrigen wollen und mit unserem Modell noch verstärkt unterstützen wollen. Genau das ist das Entscheidende. Ich habe vorhin schon einmal darauf hingewiesen: Das Entscheidende wird der Netzausbau sein. Lieber Herr Untersteller, wir brauchen, um die Windkraftenergie von der Ost- und der Nordsee in den Süden zu transportieren, entsprechende Netze.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Das bedeutet Import!)

Das hat nichts mit Import zu tun. Wir reden auch nicht nur über Baden-Württemberg, sondern wir reden darüber hinaus über eine Gesamtlösung.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Doch, der Mappus re- det immer über Baden-Württemberg! Da müssen Sie ihn einmal aufklären! – Weitere Zurufe, u. a. des Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE)

Ich habe nur gesagt: Wir reden nicht nur – –

(Unruhe)

Hallo? Hallo!

(Heiterkeit)