Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat hat die Bundesregierung in der zweiten Stufe des Wettbewerbs das, wie ich meine, gute Projekt abgelehnt. Es ist in Wettbewerbssituationen immer so, dass es Erste und Zweite gibt. Ärgerlich ist es immer für den Zweiten – auch wenn die Projektierung meines Erachtens hervorragend war. Im Endausbau wären es 50 000 ha gewesen, zweifelsohne das größte Gebiet. Es hätte mit über 13 Millionen € in zehn Jahren auch das größte Finanzvolumen beansprucht. Das mag auch ein Ablehnungsgrund gewesen sein. Man kann darüber nur rätseln.
Es gab ein Schreiben an das federführende Landratsamt in Rastatt. Da hat man einige Bereiche herausgegriffen, z. B. dass zu wenig herausragende Merkmale vorhanden gewesen wären. Verschlüsselt hat das bedeutet, wir hätten eine deutlich höhere Hektarzahl an Bannwäldern ausweisen müssen. Dann hätte sich aber in der Tat die Frage der Verträglichkeit von
wirtschaftlicher Nutzung und Naturbelassenheit gestellt. Diesen Spagat muss man aber erst einmal machen. Im Augenblick sehe ich keine Notwendigkeit für einen solchen Schritt.
ungeachtet der Besitzverhältnisse. Die naturschutzfachliche Aufwertung des Gebiets sollte weiter erläutert und präzisiert werden.
Wir lassen jetzt einmal dahingestellt, aus welchen Gründen es dann letztlich scheiterte. Aber es könnte auch sein, dass die Gründe den Namen eines Erzengels trugen. Denn der war damals Bundesumweltminister. Dass das Bundesumweltminis terium in der Zeit der Großen Koalition der schwarz-gelben Regierung in Baden-Württemberg nicht von vornherein positiv gesonnen war, kann man vielleicht annehmen; man könnte zumindest einmal darüber spekulieren, so wie man über manche anderen Dinge auch spekuliert.
Meine Damen und Herren, ein weiterer Grund könnte auch gewesen sein, dass wir bei uns bereits zwei Naturschutzgroßprojekte laufen haben, die der Bund zu 65 % mit fördert. Das ist zum einen das Pfrunger-Burgweiler Ried; das ist zum anderen der Südschwarzwald, also die Region um den Belchen, den Feldberg und das Obere Wiesental. Es mag sein, dass es dann für Baden-Württemberg zu viel geworden wäre – obwohl wir meines Erachtens eine hervorragende Konzeption geliefert haben.
Herr Bayer, Sie haben gesagt, die Natur dort sei ein Flickenteppich. Es ist wahr: Wenn Sie die ausgewiesenen Schutzgebiete zusammen mit den Natura-2000-Gebieten – die zum Teil identisch mit Bann- und Schonwäldern und Naturschutzflächen sind – betrachten, dann mögen Sie recht haben. Dort sind aber nur die sozusagen „hochwertigsten“ Gebiete meldepflichtig gewesen, und die haben wir auch gemeldet. In der Abrundung für das Gesamtgebiet sah das ganz anders aus.
Sie haben zudem beklagt, Herr Bayer, es gäbe einen rasanten Artenschwund, es gäbe Zerschneidung und Zersiedelung. Sie müssen mir im Nordschwarzwald einmal zeigen, wo es einen rasanten Artenschwund gibt, wo es dort Zerschneidung gibt, wo es noch heute Zersiedelung in einem nennenswerten Umfang gibt. Das ist nirgendwo der Fall. In dieser Hinsicht sind wir doch wirklich clean. Wir setzen alles auf die Konzentration von interkommunalen Gewerbegebieten, auf die innerörtliche Entwicklung. Es gibt keine zusätzlichen Zerschneidungseffekte mehr. Das haben wir alle gemeinsam übrigens selbst mit der letzten Novelle des Naturschutzgesetzes verhindert.
Damit bleiben diese Räume unzerschnitten. Eine Zersiedelung – Stichwort „neue Siedlungselemente“ – findet genauso wenig statt. Mit Allgemeinplätzen kommt man also nicht weiter; die Behauptungen sollte man schon belegen.
Eines ist klar: Wir werden die Intentionen, die die Antragsteller – die vier Landkreise und die Stadt Baden-Baden – hatten, gemeinsam weiterverfolgen. Frau Splett, man kann jetzt aber nicht einfach fordern, das Land müsse im Bereich der Finanzierung ins volle Obligo springen. Das muss man ganz realistisch sehen. Wir haben eine ganze Reihe von weiteren Maßnahmen. Das eine sind die Daueraufgaben, die wir haben.
Im Bereich der Landschaftspflege, des Artenschutzes, der Managementpläne und deren Erfüllung bei Natura 2000 haben wir Verpflichtungen von der EU, die wir auch sukzessive erfüllen.
Das Zweite ist: Wir sind im Bereich der Naturschutzgroßprojekte weiterhin aktiv. Ich will Ihnen noch einmal sagen, was in den letzten Jahren gelaufen ist. Ich habe das Pfrunger-Burgweiler Ried und den Südschwarzwald bereits erwähnt. Ich will das Biosphärengebiet als weiteres Großprojekt etwas anderer Art – es gehört aber genauso in diese Kategorie – erwähnen. Ich will das neue LIFE-plus-Projekt Schwäbisches Albvorland erwähnen. Ich will das LIFE-plus-Projekt im Bereich des Federsees erwähnen.
Das alles sind Maßnahmen, die in den letzten vier Jahren neu in Angriff genommen worden sind, bei denen wir großflächig, und zwar projektorientiert und mit einer klaren Zielsetzung, Naturschutzstrategien entwickeln. Das sind Naturschutzstrategien, die an eine hohe Besiedlungsdichte angepasst sind. Sie schaffen den Spagat, dass wir mit der Natur nicht nur sorgsam umgehen, sondern Biodiversität und Lebensräume erhalten und sogar verbessern.
Das lässt sich ein Stück weit auch an den Arten festmachen. Dass der Graureiher wieder überall zu sehen ist, ist wohl jedem aufgefallen. Beim Storch ist es ähnlich.
Dass der Uhu praktisch landesweit wieder vorhanden ist und nicht nur wieder seine Nischen findet, sondern im Prinzip landesweit eine bestimmte Population erreicht hat, ist bekannt.
(Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE: Und der Kiebitz? Und die Feldlerche? Und das Auerhuhn? – Abg. Al- fred Winkler SPD: Wollen Sie auch den Kormoran wieder ansiedeln? – Gegenruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Da gibt es schon eine große Popula tion!)
Dass die Wildkatze wieder in Baden-Württemberg anzutreffen ist, ist ebenfalls wahr, und ebenso, dass der Luchs wieder häufiger in Baden-Württemberg beobachtet wird.
Ich will Ihnen gar nichts unterstellen. Sie sind ja sehr vorsichtig vorgegangen. Ich muss sagen, man muss es fast als Lob vonseiten der Opposition empfinden, wenn man so sorgsam behandelt wird.
Echte Probleme haben wir – da haben Sie, Frau Kollegin Dr. Splett, völlig recht – in einigen Bereichen, wo es um die Frage alter Kulturlandschaften geht – Stichwort Feldlerche und anderes –,
also nicht um „Natur pur“, sondern darum, alte Kulturlandschaften zu erhalten, und zwar mit alten Bewirtschaftungsformen, die in der modernen Landbewirtschaftung heute im Grunde so nicht überlebensfähig wären.
Das ist wirklich ein Baustein – das räume ich gern ein –, wo man noch das eine oder andere machen kann. Aber auch da müssen wir einen Spagat bewältigen. Denn Sie sind wie ich auch für regionale, gesunde Ernährung. Regionale, gesunde Ernährung lässt sich letztendlich jedoch nicht im reinen Extensivbetrieb erwirtschaften. Da muss man einen Spagat zu einer – ich spreche jetzt gar nicht von Intensivlandwirtschaft – produktionsorientierten und nicht nur extensiv orientierten Landwirtschaft machen. Diesen Spagat muss man dann auch gemeinsam machen; das gehört meines Erachtens dazu.
Frau Kollegin Splett, Sie beklagen, die 250 000 €, die wir für das Projekt vorgesehen hatten, seien schon längst woanders. Es ist ganz klar: Wenn ein Projekt nicht zustande kommt und konkrete Detailprojekte noch nicht für zuschussfähig erklärt wurden, dann werden wir das Geld nicht bunkern und auf Halde legen, wenn es andernorts sinnvoll einzusetzen ist. Das gebietet schon die Wirtschaftlichkeit.
Jetzt will ich Ihnen jedoch einmal Folgendes vorrechnen und beziehe dabei auch den Haushaltsentwurf ein, der dem Parlament noch nicht vorliegt, aber innerhalb der Regierung bereits vorberaten wurde – was ihr gutes Recht ist –:
(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Schnell noch gesagt! – Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE: Es sind ja jetzt ein paar Millionen mehr für den Naturschutz!)
Der Naturschutz konnte, was die Landesmittel angeht, in den letzten drei Jahren ein Plus von 15 % verzeichnen. Wenn Sie dabei die restliche Haushaltsentwicklung gegenüberstellen, dann kann sich das zumindest sehen lassen. Das ist eine Basis, von der aus man die zusätzlichen Aufgaben nicht nur gut erledigen kann, sondern auf der wir auch ordentlich wirtschaften können.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo! – Zu- ruf der Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE)
Frau Kollegin Dr. Splett, natürlich ist es so, dass am Ende immer Wünsche offenbleiben. Was wäre ein Land ohne Wün
sche, was wäre, wenn wir keine Ziele mehr hätten? Es muss noch etwas für die nächsten Jahre übrig bleiben, an dem man arbeiten kann.
Deshalb muss ich ganz offen sagen: 15 % mehr in den letzten Jahren, wenn ich auch das Jahr 2010 einbeziehe, können sich meines Erachtens sehen lassen. Das wird einerseits ganz konzentriert in die genannten Projekte und andererseits in das Thema Natura 2000 und Landschaftspflege investiert.
Unsere Zielsetzung ist jedenfalls, dass die Teilprojekte, die in dem Naturschutzgroßprojekt benannt worden sind, umgesetzt werden. Das wird in einem ersten Schritt in einem Projekt vor Ort mit dem Aufbau von acht Naturcamps und eines Wildnistrails von etwa 80 km Länge erfolgen. Sobald das Projekt konkret ausgearbeitet ist – so weit ist es noch nicht –, werden wir darüber entscheiden, in welcher Form gefördert und in welcher Form das Projekt auf den Weg gebracht wird.
Was die Frage der Biodiversität und des Artenschutzes im Nordschwarzwald, in Sonderheit bezüglich des Auerhuhns, angeht: Dort sind wir nicht nur auf einem guten Weg, sondern im Zuge der Konzeption und der Umsetzung ist es gelungen, die Bestände dort zu stabilisieren.
Sie werden jetzt nicht umhinkommen, zu realisieren, dass wir in den letzten 50 Jahren eine Klimaerwärmung um 1 Grad hatten und dass das Auerhuhn kein Kaiserstuhlbewohner ist, sondern eher in hochmontanen und subalpinen Lagen zu Hause ist. Das ist halt so. Das ändert sich nicht.