Protokoll der Sitzung vom 14.04.2010

Wie viele von Ihnen, habe auch ich zuvor einen freien Beruf ausgeübt. In den Jahren zuvor war ich Anwalt. Das war ich gern. Das sage ich vorweg, um nachdrücklich zu unterstrei chen, was ich jetzt sage.

Baden-Württemberg steht u. a. deshalb dort, wo es jetzt steht, nämlich ganz vorn, weil wir eine leistungsfähige und leis tungsbereite Beamtenschaft haben,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der SPD – Abg. Reinhold Gall SPD: Beifall bei der Opposition! – Gegenruf des Abg. Rainer Stickelberger SPD: Sie ist ja auch da!)

der wir schon immer viel abverlangt haben, insbesondere in den vergangenen Jahren. Deswegen habe ich eine besondere Achtung vor den Leistungen, die die Beamtenschaft erbringt. Die Beamtenschaft ist eine tragende Säule eines modernen In dustriestaats.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: So weit, so gut!)

Unser Beamtenrecht, das ein Teil des Erfolgs ist bzw. war, geht auf eine lange Tradition zurück.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: 1794! Allgemei nes Preußisches Landrecht! – Gegenruf des Abg. Rai ner Stickelberger SPD: Warst du da auch schon im Land?)

Richtig, Herr Kollege. – In den Augen der Bevölkerung war das Beamtenrecht aber nicht immer ein Musterbeispiel für Re formfreudigkeit.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Stimmt!)

Deshalb wurde immer wieder einmal gefordert, man solle die alten Zöpfe des Beamtenrechts abschneiden. Dazu möchte ich sagen, dass Radikalmaßnahmen wie das Abschneiden von Zöpfen – wie auch immer das dann aussehen soll – nicht wei terhelfen. Dabei müssen wir mit Augenmaß, aber auch mit ei nem klaren Ziel vorgehen. Dies haben wir vor Augen.

Dies kommt in dem Gesetzentwurf und in den Eckpunkten zum Ausdruck, die das Kabinett bereits im Dezember be schlossen hat. Vor wenigen Tagen haben wir den Entwurf des Gesetzes zur Reform des öffentlichen Dienstrechts zur for mellen Anhörung freigegeben.

Dem sind ein langer Beratungs- und Diskussionsprozess so wie ein Diskurs vorangegangen, und nun machen wir den Ent wurf öffentlich. Jetzt haben wir noch sechs Wochen Zeit. Die se Zeit werden wir nutzen, um mit allen Betroffenen zu reden.

Auf die Vorgeschichte – Föderalismusreform usw. – will ich nicht eingehen, sondern gleich auf die Ziele der Dienstrechts reform im Land zu sprechen kommen. Wir wollen die Neu verteilung der Gesetzgebungskompetenzen dazu nutzen, die Rechtsverhältnisse unserer Landesbeamten einer Generalre vision zu unterziehen, einer Revision, die den Erfordernissen, den Interessen der Beschäftigten, aber auch den Belangen des Landes gerecht wird. Dabei sollen unter Berücksichtigung der berechtigten Belange der Beamtinnen und Beamten größere Freiräume für alle Dienstherren geschaffen werden.

Wir brauchen ein Beamtenrecht, das uns für lange Zeit das Werkzeug an die Hand gibt, um flexibel und situationsgerecht auf Veränderungen reagieren zu können. Gerade diese Flexi bilität ist in Zeiten wie der unsrigen umso wichtiger. Daher haben wir die feste Absicht, wesentlich mehr Freiräume zu schaffen, als man das bisher vom Beamtenrecht kennt.

Der Ministerrat hat – ich habe es eben gesagt – am 15. De zember Eckpunkte für eine neue Ordnung beschlossen. Auf der Basis dieser Eckpunkte hat das Innenministerium gemein sam mit dem Finanzministerium – Herr Kollege Stächele – den Entwurf eines Gesetzes zur Reform des öffentlichen Dienstrechts erarbeitet. Ich will die wichtigsten Themen in al ler Kürze darstellen.

Pensionsaltersgrenzen: Das Thema Dienstrechtsreform wird gegenwärtig von der Frage beherrscht, ob, wann und wie die Pensionsaltersgrenzen für unsere Beamtinnen und Beamten angehoben werden. Die Landesregierung hat die Absicht, die allgemeine Pensionsaltersgrenze von 65 auf 67 Jahre und pa rallel dazu die Sonderaltersgrenze für Polizei, Feuerwehr und Justizvollzugsbeamte von 60 auf 62 Jahre heraufzusetzen.

In der gesetzlichen Rentenversicherung soll die Altersgrenze ab dem Jahr 2012 in 18 Schritten von 65 auf 67 Jahre ange hoben werden. Wir wollen unsere Beamtinnen und Beamten nicht schlechterstellen als die gesetzlich Rentenversicherten.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Das wolltet ihr einmal anders! – Gegenruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Deshalb haben wir vor, die Staffel für die Erhöhung des Pen sionsalters aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu über nehmen.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Klein beigege ben!)

Herr Kollege Oelmayer, Sie werden mir keine Schweißper len auf die Stirn treiben,

(Minister Heribert Rech wischt sich mit einem Tuch über die Stirn. – Heiterkeit – Abg. Rainer Stickelber ger SPD: Die sind schon drauf! – Abg. Ursula Hauß mann SPD: Können wir irgendwie helfen? – Abg. Reinhold Gall SPD: Das ist der Curryreis vom Mit tagessen!)

wenngleich man daran schon hätte denken können.

(Dem Redner wird das Ende seiner Redezeit ange zeigt.)

Ende der Redezeit?

Herr Minister, wie bei Regierungsbefragungen üblich, hat die Regierung fünf Minu ten Zeit, um vorzutragen.

Gut. Okay. Dann nenne ich nur noch Stichworte: Wir wollen das Laufbahnrecht moder nisieren und natürlich auch die Teilzeitbeschäftigung noch fa milienfreundlicher gestalten.

Letzter Satz: Den Wechsel zwischen Wirtschaft und Verwal tung – da sind wir führend – wollen wir erleichtern. Mit die sem Gesetzentwurf sind wir bundesweit Vorreiter. Dass das Ganze auch noch einen Spareffekt hat, das wird den Finanz minister freuen. Auf Einzelheiten gehe ich gern ein, wenn Sie mich danach fragen.

Herzlichen Dank.

Herr Minister, bitte bleiben Sie gleich vorn am Rednerpult. Dann müssen Sie nicht immer hin- und herlaufen.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Der Minister ist sportlich!)

Gemeldet hat sich Herr Abg. Stickelberger von der SPD.

Herr Minister, gestatten Sie mir zwei Fragen. Zunächst die Vorbemerkung: Wir als Oppo sition stimmen Ihrer Einschätzung natürlich vollständig zu, was die Leistungen, auch die historischen Leistungen, der Be amten und Bediensteten in unserem Land angeht. Das trifft auf unsere uneingeschränkte Zustimmung.

Zwei Fragen habe ich. Sie betreffen die Änderung des Lan despersonalvertretungsgesetzes. Zum einen geht es um die Herabstufung der vollen Mitwirkung in Personalangelegen heiten auf eine eingeschränkte Mitwirkung und die Schaffung eines Evokationsrechts. Hierzu hat gestern der Ministerpräsi dent in seiner Regierungspressekonferenz mitgeteilt, dass dies mit dem Beamtenbund und mit den Gewerkschaften so abge sprochen sei; da herrsche Einvernehmen. Die Pressemitteilun

gen, die dazu von den Betroffenen ergangen sind, sehen ganz anders aus. Insbesondere schreibt der Beamtenbund, dass die Verschlechterung des Landespersonalvertretungsrechts auf den entschiedenen Widerstand des Beamtenbunds stoße. Die Gewerkschaft ver.di und der DGB haben sich in gleicher Wei se geäußert. Wie erklären Sie sich diesen Widerspruch zwi schen der Auffassung des Ministerpräsidenten und der Ein schätzung der Betroffenen hinsichtlich des angeblich erziel ten Einvernehmens?

Die zweite Frage betrifft die Gleichstellung von verpartner ten Beamten mit verheirateten Beamten. Hierzu gibt es in ei nigen Bundesländern zahlreiche Gleichstellungsregelungen, die sich auf die Versorgung, auf die Beihilfe und auf andere Regelungen beziehen. Auch CDU-geführte Bundesländer sind da schon sehr fortschrittlich. Das Land Baden-Württemberg ist das einzige Bundesland, das auf diesem Gebiet noch nichts getan hat.

(Zurufe: Frage!)

Wie erklären Sie sich diesen politischen Rückstand? Regelun gen hierzu finden im Entwurf des Gesetzes offensichtlich kei nen Niederschlag.

(Glocke des Präsidenten)

Moment, Herr Minis ter. Ich will das noch einmal erklären, weil Kollegen von der CDU das offensichtlich nicht kennen.

(Zuruf: Nur Einzelne nicht!)

Zwei bis drei Minuten lang darf man fragen und vorbereiten de Erklärungen abgeben und um das Thema herumreden. Ich sage das jetzt zum letzten Mal, bevor ich platze, weil dazu im mer wieder Zwischenrufe kommen.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Keine Drohungen!)

Man muss einfach in die Richtlinien sehen, dann weiß man es.

Herr Minister, Sie haben das Wort.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Herr Präsident, seien Sie nicht so ungnädig!)

Herr Präsident, ich bitte zu nächst einmal festzuhalten, dass sich der Minister unverzüg lich an die Weisung des Präsidenten gehalten hat...

Danke.

... und das auch künftig tun wird. Deswegen werde ich zunächst einmal die Fragen, aller dings in umgekehrter Reihenfolge, kurz beantworten. Für die erste Frage bin ich als Innenminister nämlich nur zur Hälfte zuständig.

Die gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften haben wir berücksichtigt, was unseren Part betrifft. Wir haben sie näm lich unter dem Angehörigenbegriff subsumiert.

Anders ist es bei der Frage der Pensionen und der Altersver sorgung. Da ist es in der Tat zutreffend, dass dieser Passus