Deshalb brauchen unsere Hochschulen einen Ausgleich für die fehlenden Einnahmen aus Studiengebühren. Wenn es nach uns geht, würden die gesamten Studiengebühren wegfallen, und damit brauchten die Hochschulen einen kompletten Aus gleich. Eben darauf zielt unser Antrag, über den es heute zu entscheiden gilt.
Ich schlage vor, dass ich meine Ausführungen zu Ende bringe. Möglicherweise ist die Frage dann auch beantwortet. Wenn nicht, kann gern eine Nachfra ge gestellt werden.
Immer nur die eigene Klientel zu bedienen, etwa indem man die Steuern für Hoteliers, für Erben und für Besserverdienen de senkt, gleichzeitig aber die Leistungsträger – –
haben nicht wir beschlossen, sondern das haben CDU und FDP in diesem Jahr im Bundestag beschlossen, und das ha ben Sie als Landesregierung hier mitgetragen; nur um das hier einmal eindeutig klarzustellen.
Wer das tut, gleichzeitig aber die Leistungsträger in unserer Gesellschaft – dazu zähle ich auch unsere Studierenden und ihre Familien – einfach abzockt, vollzieht eine zutiefst unso ziale Politik, die in einem reichen Land wie Baden-Württem berg eigentlich nichts verloren hat.
Dass Studiengebühren vom Studium abschrecken können, ist spätestens seit der HIS-Studie aus dem Jahr 2008 – ich habe sie mitgebracht –, die uns Frau Schavan damals vorenthalten wollte, belegt.
Natürlich gibt es auch noch andere Gründe als Studiengebüh ren, warum sich junge Menschen gegen ein Studium entschei den. Schließlich soll jeder – wir haben heute Morgen auch da rüber diskutiert – die Ausbildung bekommen, die er möchte. Ob er studieren, nach der Realschule aufs berufliche Gymna sium gehen oder nach dem Abitur einfach eine Ausbildung machen und möglichst schnell Geld verdienen möchte, das soll seine Sache und seine Entscheidung bleiben.
Wenn gut ein Viertel aller Studienberechtigten, die sich gegen ein Studium entschieden haben, als Grund dafür anführen, dass ein Studium ihre finanziellen Möglichkeiten übersteigt, dann wissen wir, dass Studiengebühren, wie wir sie in BadenWürttemberg haben, abschrecken
und mit dazu beitragen, dass 71 % aller Akademikerkinder studieren, aber nur 24 % der Kinder aus Nichtakademikerfa milien.
Nehmen Sie sich doch einfach einmal die Zeit, lieber Kol lege Scheuermann, um sich die neue Sozialerhebung des
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Die Studierendenzahlen stei gen doch!)
dann wissen Sie, wie die Situation hier im Land Baden-Würt temberg bzw. in der gesamten Bundesrepublik ist.
Wenn Sie die Situation, die ich gerade beschrieben habe, rich tig und gut finden, dann stelle ich mir aber wirklich andere Fragen, lieber Herr Kollege.
Die soziale Selektivität ist vielmehr weiterhin erschreckend stabil, wie der Präsident des Deutschen Studentenwerks, Pro fessor Dobischat, zu Recht gegenüber der „taz“ bemerkte. Was uns aber wirklich Sorgen machen muss, ist, dass erstmals die Eltern finanziell weniger zum Studium ihrer Kinder beigetra gen haben. Ich bin sicher, dass das nicht am fehlenden Willen der Eltern liegt, sondern schlicht und ergreifend daran, dass die Mittelschicht in unserem Land am Rande ihrer finanziel len Möglichkeiten angekommen ist.
Genau diese, lieber Kollege Kluck, belasten wir bzw. belas ten Sie noch einmal, wenn Sie ihnen jährlich 1 000 € aus der Tasche ziehen.
(Beifall bei der SPD – Abg. Dietmar Bachmann FDP/ DVP: Weil wir auch an die Arbeitnehmer denken, nicht nur an die Studierenden!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es bringt die Studierenden besonders auf die Palme, wenn diese Mittel eben nicht zusätz lich sind, wie es bei der Einführung versprochen wurde.
Vielmehr müssen wir feststellen, dass nach dem Motto „Rech te Tasche, linke Tasche“ inzwischen Maßnahmen aus Studi engebühren bezahlt werden, die bisher aus allgemeinen Haus haltsmitteln finanziert wurden.
Die Universitäten haben auch gar keine Alternative dazu, wenn ihnen die Kosten – ich nenne hier beispielhaft einmal die Energiekosten – davonlaufen und sie dafür keinen Ersatz vom Land bekommen. Nicht zufällig war daher bei den Stu dierendenprotesten im letzten Herbst nicht nur der Bologna
Dieser Protest galt auch denen – den Studierenden und ihren Eltern, den Leistungsträgern unserer Gesellschaft –, denen Sie immer mehr in die Tasche greifen.
Deshalb – ich habe zwar nicht den Eindruck, dass Sie dem folgen, aber ich spreche den Appell hier noch einmal aus –: Kommen Sie endlich zur Einsicht, und schaffen Sie zusam men mit uns die Studiengebühren, aber auch viele andere Bil dungshemmnisse in unserem Land ab,
(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Was jetzt? Die Ge schwisterregelung oder die Studiengebühren? – Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP: Wir wollen an die Ar beitnehmer denken und nicht nur an die Studieren den!)
damit das Wort „Chancengleichheit“ auch in Baden-Württem berg endlich wieder großgeschrieben werden kann.
Jetzt zu Ihrem Zwischenruf, Herr Kluck: Wir wollen die Stu diengebühren ganz abschaffen, und zwar Schritt für Schritt.
Den ersten Schritt haben wir mit der Geschwisterregelung ge schafft. Aber dafür brauchen die Hochschulen einen entspre chenden Ausgleich,