Protokoll der Sitzung vom 05.05.2010

(Zurufe von der CDU: Woher?)

weil es nicht sein kann, dass man ihnen von heute auf morgen 60 Millionen € jährlich nimmt und sie im Regen stehen lässt.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Dr. Klaus Schüle: Schuldenma cher! Wie immer ungedeckte Schecks verteilen!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Locherer für die Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich will zunächst ein mal mit großer Freude einen Glückwunsch aussprechen – das, Herr Kollege Stober, hört sich anders an als Ihre Schwarzma lerei –, nämlich einen herzlichen Glückwunsch an die badenwürttembergischen Hochschulen Freiburg, Karlsruhe, Heidel berg, Konstanz, Tübingen, Esslingen, Ulm und Biberach. Sie sind beim Hochschulranking der Wochenzeitung „Die Zeit“ wieder ganz vorn. Das sollte hier auch einmal erwähnt wer den.

(Beifall bei der CDU)

Das zeigt einmal mehr, wie leistungsfähig die Hochschulen in unserem Land sind.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Bremen ist ganz hinten!)

Es zeigt auch, dass wir die Hochschulpolitik in Baden-Würt temberg wohl durchdacht, mit Augenmaß und mit Kompetenz gestalten, meine Damen und Herren. Das spricht für uns, und das spricht für die Hochschulen in unserem Land.

Wenn wir gerade beim Loben sind, Herr Kollege Stober: Ich lobe Sie für Ihre Ehrlichkeit. Sie haben tatsächlich darauf hin gewiesen, dass die SPD im Dezember 2008 beim Beschluss über das ZHFRUG in einer Paketlösung auch der Geschwis terregelung zugestimmt hat.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Wunderbar! – Abg. Werner Pfisterer CDU: Unglaublich!)

Ich kritisiere aber den Widerspruch, den Sie hier an den Tag legen: Zum einen sind Sie gegen Studiengebühren,

(Abg. Johannes Stober SPD: Wir haben den Ausstieg beschlossen!)

dann sind Sie für die Geschwisterreglung, die wir gemeinsam tragen, und dann beklagen Sie drittens den Ausfall von Ein nahmen für die Hochschulen aufgrund dieser Geschwisterre gelung. Ja was denn jetzt, lieber Herr Stober? Das ist ein Durcheinander hoch drei.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Ha gen Kluck FDP/DVP: Ja! So ist es! – Abg. Werner Pfisterer CDU: Keine Linie!)

Ich möchte nur eines sagen – jetzt komme ich zur Geschwis terregelung im Rahmen der Studiengebühren –: Wir entlasten hier vor allem – im Übrigen nicht allgemein, sondern ganz ge zielt – kinderreiche Familien. Dies ist auch ein wohl durch dachter Bestandteil baden-württembergischer Hochschulpo litik.

Natürlich, die Befreiungsregelung hat – das wurde gesagt – tatsächlich die Einnahmen der Hochschulen durch Studienge bühren insgesamt um rund 26 % geschmälert. Weitere 15 % der Studierenden waren aus anderen Gründen von der Studi engebührenpflicht befreit. Allerdings haben diese Einnahme verluste nur zu kurzfristigen Anpassungsschwierigkeiten ge führt.

Es ist doch klar, dass Familien die Studiengebührenbefreiung für die ältesten Kinder in Anspruch genommen haben. Diese Befreiung kann dann für die nachfolgenden Geschwister nicht mehr gewährt werden. Gleichzeit kann in der derzeitigen Si tuation auch noch der Jüngste in einer Familie die Befreiung in Anspruch nehmen, falls seine Geschwister bereits studiert oder eine andere Berufsausbildung absolviert haben. Auch von dieser Regelung wurde verstärkt Gebrauch gemacht.

Einige im Haus vergessen auch immer wieder: Die Studien gebühren sind zusätzliche Einnahmen der Hochschulen. Die Hochschulen haben sich im Rahmen ihrer Autonomie

(Abg. Katrin Altpeter SPD: Quatsch! – Zuruf des Abg. Johannes Stober SPD)

und der sich daraus ergebenden Finanzkompetenz souverän und flexibel darauf eingestellt.

Durch die veränderten Einnahmen aus Studiengebühren ist die Grundfinanzierung der Hochschulen in keiner Weise be

rührt. Das Land steht vielmehr – da widerspreche ich Ihnen, Herr Kollege Stober – zum Solidarpakt II, der den Hochschu len bis zum Jahr 2014 unter Anpassung der Tarifsteigerungen im größten Kostenbereich – dem des Personals – verlässliche Planungen ermöglicht. Der Solidarpakt ist für die Hochschu len gerade in der Wirtschaftskrise eine Absicherung gegen Einsparungen. Andere Institutionen und Politikfelder haben diese Absicherung so nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das muss auch einmal klar und deutlich gesagt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und des Abg. Ernst Behringer CDU)

Trotz der Mindereinnahmen bei den Studiengebühren erhal ten die Hochschulen noch immer erhebliche zusätzliche Be träge zum Einsatz in Studium und Lehre.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja! – Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP: So ist es!)

Meine Damen und Herren, nicht von ungefähr haben wir ei nen solchen Zulauf an die baden-württembergischen Hoch schulen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: So ist es! – Abg. Jo hannes Stober SPD: Bei hohen Jahrgängen ist das kein Wunder!)

Wenn alles so schlecht wäre, wie Sie, Herr Stober, es darstel len, dann wäre dies doch nicht der Fall.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Lassen Sie mich ganz besonders noch einmal auf die Ge schwisterregelung eingehen. Ich betone noch einmal: Hier werden kinderreiche Familien berücksichtigt. Denn pro Kind entstehen ein zusätzlicher Finanzbedarf und zusätzliche Be lastungen, insbesondere ab dem dritten Kind. Bei Familien mit mehr als drei Kindern sinkt erwiesenermaßen das ProKopf-Einkommen, und die Wahrscheinlichkeit für eine Be rufstätigkeit beider Elternteile nimmt signifikant ab.

Eine Familie wendet – das sollte man auch einmal erwähnen – nach Aussagen des Statistischen Bundesamts pro Kind zwi schen 70 000 € und 120 000 € auf. Diese Kosten entstehen un abhängig von der Altersstaffelung der Kinder. Die baden-würt tembergische Regelung trägt diesem Bedarf deshalb bewusst auch dann Rechnung, wenn dieser zeitlich gestreckt auftritt.

Übrigens ist auch sehr wichtig: Im Vergleich und im Verhält nis zum Bundesland Bayern ist eine Begrenzung der Befrei ungsregelung auf einen gleichzeitigen Kindergeldbezug nicht maßgebend. Wir entlasten hier die Familien allgemein. Insbe sondere durch die Absenkung der Altersgrenze für den Kin dergeldbezug mit Wirkung vom 1. Januar 2007 von vormals maximal 27 Jahre auf 25 Jahre entstand für die Familien eine neue Situation. Auch darauf nehmen wir Rücksicht und ent lasten kinderreiche Familien.

Meine Damen und Herren, deshalb wurde die Geschwisterre gelung von der Bevölkerung in Baden-Württemberg positiv aufgenommen.

(Abg. Johannes Stober SPD: Das haben die Studen tenproteste gezeigt!)

Sie zeigt den Menschen, dass die Ziele der Initiative „Kinder land Baden-Württemberg“ ernst genommen werden. Mit der Geschwisterregelung werden finanzpolitische und familien politische Komponenten vereint.

Der Vollzug der Regelung erwies sich trotz vielfach vorgetra gener Bedenken – heute haben wir sie wieder gehört – als nicht problematisch. Nachdem die erste Antragswelle zum Sommersemester 2009 von den Hochschulen bewältigt wur de, sind keine besonderen Schwierigkeiten beim weiteren Vollzug der Regelung eingetreten oder für die Zukunft abzu sehen.

Die Zielrichtung der recht alten SPD-Anträge ist übrigens zwi schenzeitlich aus den vorgenannten Gründen verpufft. Wegen fehlender Gegenfinanzierungsvorschläge der SPD lehnen wir diese Anträge entschieden ab.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU – Abg. Werner Pfisterer CDU: Sehr gut!)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Bauer für die Fraktion GRÜNE.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Wir reden heute – so habe ich die An träge der SPD verstanden – nicht über das grundsätzliche Pro und Kontra von Studiengebühren.

(Abg. Werner Pfisterer und Abg. Paul Locherer CDU: Auch!)

Diese Diskussion ist vielfach geführt worden. Heute stehen das Thema Geschwisterregelung und das Thema „Verwen dung von Studiengebühren“ zur Debatte. Das sind die beiden Aufhänger der Anträge der SPD. Da haben Sie als Landesre gierung und auch als Regierungsfraktionen ein Problem. Denn Sie haben beim Thema Studiengebühren – an diesen beiden Fragen festgemacht – das Vertrauen verspielt.

(Lachen des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Beim Punkt Studiengebühren traut man Ihnen nicht mehr über den Weg, und das geht selbst Leuten so, die noch nicht ein mal grundsätzliche Gegner von Studiengebühren sind. Sie ha ben Ihre Versprechen gebrochen, dafür zu sorgen, dass erstens sozial verträgliche Regelungen geschaffen werden und dass die Studiengebühren zweitens zusätzlich zur Verbesserung der Lehre dienen. Bei beiden Punkten ist inzwischen klar, dass Sie Ihre Versprechen nicht gehalten haben.

(Abg. Werner Pfisterer CDU: Beides haben wir ge macht!)

Deswegen hat sich das Misstrauen so festgesetzt, und zwar nicht nur bei denen, die sowieso auch mit guten Gründen schon immer gegen Studiengebühren waren, sondern auch bei den anderen, die sagen, man könnte damit unter Umständen etwas Gescheites machen. Auch diese sagen inzwischen zum baden-württembergischen Gebührenmodell: So geht es nicht.

Zum Punkt Geschwisterregelung: Als sozial verträglich kann man die Geschwisterregelung beileibe nicht darstellen. Denn

sie bedeutet ja, dass z. B. die drei Kinder eines Chefarztes ge nauso in den Genuss der Gebührenbefreiung kommen – eines von den drei Kindern – wie die Kinder einer Verkäuferin. Mit Sozialverträglichkeit hat das nichts zu tun.