Protokoll der Sitzung vom 16.10.2014

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Möglich werden!)

Wo bleibt da die Qualität an den Schulen?

Insgesamt kommt das Papier der FDP/DVP als ein bunter Farbkasten daher. Es sind alle Farben möglich, und am Ende haben wir die Bildungslandschaft in Baden-Württemberg in einem bunten Chaos zurückgelassen. Das wäre das Erbe der FDP/DVP.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich erkenne, dass un sere bildungspolitischen Ansätze inzwischen zum Tragen

kommen, dass an den Schulen inzwischen eine hohe Akzep tanz dafür herrscht, dass Veränderungen erforderlich sind,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Begeisterung!)

und dass wir dabei auf einem guten Weg sind. Konsens kann nur dann erreicht werden, wenn sich die CDU in ihren bil dungspolitischen Forderungen zunächst einmal einig wird. Ei ne Einigung ist momentan jedoch nicht in Sicht.

(Zuruf des Abg. Ulrich Lusche CDU)

Dabei muss klar sein: Das Rad kann man nicht wieder zurück drehen. Vielmehr muss man Antworten auf die Fragen finden, die sich aufgrund der Veränderungen ergeben.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Dr. Fulst-Blei das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsi dent, Kolleginnen und Kollegen! Wenn es nach der SPD ge gangen wäre, hätten wir schon vor einem Jahr einen Schul konsens erreichen können. Nils Schmid hat einen entsprechen den Vorstoß gemacht. Insbesondere die CDU hat diesen je doch sehr brüsk abgelehnt.

(Lachen der Abg. Karl-Wilhelm Röhm und Volker Schebesta CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie erheitern uns!)

Jetzt sind wir ein Jahr weiter, und wir können feststellen, dass sich die Stimmungslage an den Schulen deutlich verbessert hat. Die Gemeinschaftsschulen erfreuen sich bei den Eltern einer großen Beliebtheit. Der Präsident der IHK Rhein-Ne ckar, Herr Dr. Vogel, zeigte sich bei einem Besuch hocher freut und sagte, das sei eine sehr spannende Geschichte,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Spannend! Stimmt!)

die die Wirtschaft positiv begleite.

Bei den Ganztagsschulen im Land erleben wir zurzeit eine re gelrechte Aufbruchstimmung. Bei den Lehrerkollegien stößt die jüngst von den Fraktionen getroffene Entscheidung zum Thema Lehrerstellen auf ein positives Echo. Wir reden mit Blick auf das nächste Schuljahr von einer Reduzierung der Zahl der zu streichenden Lehrerstellen von 1 829 auf null. Das macht sich vor Ort bemerkbar. Das haben wir am Samstag im Mannheimer Rosengarten in einer sehr engagierten und fach orientierten Diskussion mit über 400 Lehrerinnen und Leh rern, dem Ministerpräsidenten und dem Kultusminister auch spüren können.

Wir können also feststellen, dass die Reformen greifen. Die Bereiche Inklusion und Realschulen – um nur zwei Baustel len, die in Arbeit sind, zu nennen – gehen wir an. Im Grunde können wir feststellen, dass wir das, was Sie, liebe Kollegin nen und Kollegen insbesondere von der CDU, jahrzehntelang haben liegen lassen, systematisch abarbeiten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

In diese positive Grundstimmung hinein kommt nun der FDP/ DVP-Vorschlag „Schulfrieden“. Man muss der FDP/DVP zu gestehen, dass sie sich immerhin um eine konzeptionelle Ge sprächsgrundlage bemüht. Im Gegensatz zur CDU hat die FDP/DVP zwar ein meines Erachtens nicht an allen Stellen schlüssiges Konzept vorgelegt, aber immerhin war es intern abgestimmt.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU)

Positive Elemente wie die regionale Schulentwicklungspla nung werden anerkannt. Es ist sogar die Übernahme innova tiver Elemente grün-roter Gesetzgebung vorgesehen. Ich den ke dabei an das Kooperationsbudget bei den Ganztagsschu len.

Außerdem wird die Gemeinschaftsschule akzeptiert. Ein Auf wuchs wird sogar mitgetragen. Herr Rülke, ich möchte Ihnen zurufen: Endlich!

(Abg. Jörg Fritz GRÜNE: Das war nicht der Rülke! Das war der Kern!)

Das war überfällig nach dem, wie Sie in den vergangenen Jah ren an dieser Stelle über die Gemeinschaftsschulen hergezo gen sind.

Darüber hinaus anerkennt die Fraktion der FDP/DVP den Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung. Allerdings mutet es etwas befremdlich an, dass als Ultima Ratio die Rückkehr zur Verbindlichkeit genannt wird. Wie Sie es als Freiheitspartei hinbekommen, den Eltern die Freiheit zu neh men, eine wesentliche Entscheidung im Leben ihrer Kinder zu treffen, das werden Sie selbst aushalten müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

In diesem Konzept gibt es leider aber auch einige Tretminen. Die Dreigliedrigkeit wird weiter forciert bzw. beibehalten,

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Vielgliedrigkeit!)

anstatt gemeinsam mit uns systematisch an einem Zweisäu lensystem zu arbeiten. Verbundschulen werden als Hilfsmit tel bei der Krise insbesondere im Bereich der Haupt- und Werkrealschulen angesehen. Das erinnert an das Herumdok tern vor 2011. Wir setzen dagegen auf Nachhaltigkeit, weil wir unser System zukunftssicher aufstellen wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Zuruf des Abg. Andreas Deuschle CDU)

Herr Dr. Kern, wenn man Ihre Formulierung genau liest, dann stellt man fest, dass Sie in den Bereichen der institutionellen Lehrerbildung und der Lehrerfortbildung offenbar deutliche Einschnitte planen. Auch das werden wir kritisch beobachten.

Hinsichtlich der Rhythmisierung zeigt sich leider auch nichts Neues. Für mich als Erziehungswissenschaftler ist es befremd lich, dass Sie das zentrale Thema der Rhythmisierung aufge ben wollen, obwohl sämtliche Forschungsergebnisse zeigen, dass das zentral für den Bildungserfolg ist. Die Rhythmisie

rung ist übrigens auch zentral mit Blick auf die Bildungsge rechtigkeit. Herr Rülke, geht es vielleicht doch nur wieder ein mal um die Kinder der Besserverdienenden?

(Oh-Rufe von der CDU)

Mitleid von der rechten Seite.

Ferner wollen Sie den Wettbewerb forcieren. Auf der anderen Seite wollen Sie zusammen mit der CDU den Gemeinschafts schulen die Möglichkeit nehmen, in einen Wettbewerb einzu treten, nämlich die Oberstufe. Ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Wir werden den Eltern der rund 20 000 Kinder an unseren über 200 Gemeinschaftsschulen mitteilen: „CDU und FDP/ DVP wollen eurer Schule eine zentrale Entwicklungsmöglich keit nehmen.“

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Tun Sie das ruhig!)

Damit schaden Sie übrigens vor allem dem ländlichen Raum.

Auch bei den Poolstunden reden Sie von einer Privilegierung. Welche Angleichung wollen Sie denn vornehmen? Geht es nach oben, oder geht es nach unten, was die anderen Schulen angeht?

(Abg. Andreas Deuschle CDU: Wer regiert hier ei gentlich?)

Eigentlich ist die FDP/DVP heute gar nicht das Problem. Frau Kollegin Boser hat das bereits ausgeführt. Herr Schebesta, ei gentlich muss doch die CDU erst einmal ihr schulpolitisches Chaos überwinden. Frau Boser hat recht, wenn sie darauf hin weist, dass es weder eine Bereitschaft noch ein Konzept gibt. Mittlerweile haben wir sogar Probleme, einen Ansprechpart ner in Ihren Reihen zu finden.

Erlauben Sie mir bitte ein bisschen Wiederholung. Dabei stei ge ich etwas tiefer ein, als Frau Boser das gemacht hat. Herr Wacker sprach, bezogen auf die Vergangenheit, immer von der Dreigliedrigkeit. Das wäre maximal für Verbundschulen vorstellbar.

(Zuruf des Abg. Georg Wacker CDU)

Auf einer Landespressekonferenz erklärt er auf die Frage, in wiefern sein Konzept mit Landesvorstand und Spitzenkandi daten abgestimmt sei, dies sei dem Vorstand bekannt.

Herr Schebesta legte im September 2014 ein offensichtlich nicht abgestimmtes Konzept vor. Darin positioniert er sich klar gegen Herrn Wacker, indem er leistungsheterogene Lern gruppen als vorstellbar bezeichnet. Damit erkennt er eigent lich auch die Gemeinschaftsschule an. Er postuliert ausdrück lich, man solle nicht den Fehler machen, den Gemeinschafts schulen ihr Konzept wieder wegzunehmen. Heute positioniert er sich jedoch gegen die Pädagogik der Gemeinschaftsschu le.

Herr Kollege Schebesta, es ist bedauerlich, dass Ihr Vorstoß in der eigenen Fraktion so ziemlich ins Leere gelaufen ist. Es ist aber auch bemerkenswert, dass Sie sich mit Ihrem Papier gegen Ihren möglichen Spitzenkandidaten Wolf positioniert haben, der alles zurück auf null drehen möchte. Darauf kom me ich gleich noch zu sprechen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Abg. Volker Schebesta CDU: Geht es eigentlich auch um die Sache?)

Frau Gurr-Hirsch wiederum applaudiert heute gegen ein Kon zept, das ihr Fraktionsvorsitzender vor einem Jahr vorgelegt hat. Darin hat die CDU ausdrücklich erklärt, sie werde die Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung nicht wieder ein führen. Heute applaudiert sie jedoch, nachdem Herr Kern ge nau das gefordert hat.