bringt überhaupt nichts – da gebe ich der FDP/DVP vollkom men recht –, wenn Eltern in Unsicherheit leben, was denn nun der richtige Weg sei, weil auf politischer Ebene über richtig und falsch in einer Weise gestritten wird, dass die Eltern das Gefühl haben, es gehe nicht mehr um den Inhalt, sondern le diglich um Ideologie. Liebe Kolleginnen und Kollegen, da mit werden wir den Sorgen der Eltern nicht gerecht.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie behaupten doch, dass Ihr Weg der richtige sei! Das ist doch das Problem!)
Ich zitiere – nur damit Sie wissen, von welchen Worten ich spreche; in diesem Bereich sollte man seine Worte wohl sehr vorsichtig abwägen – Kollege Strobl, der am 27. Mai davon gesprochen hat, er wolle im Fall eines Wahlsiegs die Schulen „rückstandslos“, „ideologiefrei“ und „megapragmatisch“ wei terentwickeln.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, was meint Herr Strobl denn mit diesen Worthülsen? Herr Strobl weiß nicht, was er will. Herr Strobl meint nur, Beiträge liefern zu können.
Ein weiteres Element aus dieser Kakophonie der Äußerungen ist die Ankündigung des potenziellen Spitzenkandidaten, wie Sandra Boser ihn genannt hat, Guido Wolf, in einer dpa-Mel dung: Im Fall eines Wahlsiegs wolle er das Bildungssystem völlig umkrempeln. Ich zitiere wörtlich:
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, es ist fahrlässig, einen sol chen Unsinn zu erzählen, wenn man doch weiß, dass sich die Position der CDU von vor drei Jahren quasi sehr nah an die Position der Landesregierung angenähert hat.
Herr Kollege Kern, um auf weitere Punkte Ihres Papiers ein zugehen: Auch das Thema Grundschulempfehlung ist sehr vielschichtig. Nur einfach zu sagen, durch den Wegfall der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung sei nun der An teil der Nichtversetzungen gestiegen, reicht nicht. Wenn man das monokausal betrachtet, wird man der Situation nicht ge recht. Das werde ich Ihnen, Herr Kollege Bullinger, gern an entsprechenden Unterlagen nachweisen. Ich sage nicht, dass dies keinen Einfluss hätte.
Aber wenn ich Ihnen sage, dass bei näherer Betrachtung der Schulen – nehmen wir als Beispiel die Realschulen – heraus
kommt, dass über 150 Realschulen in Klasse 5 überhaupt kei ne Wiederholer haben, während andere Schulen bis zu zwei stellige Wiederholerzahlen aufweisen, dann müssen wir doch auch die Frage stellen:
Woran liegt es konkret, dass sich diese Ursache bei den einen offensichtlich stärker und bei den anderen hingegen weniger oder gar nicht ausgewirkt hat? Ich sage nicht, dass es nicht ei ner näheren Betrachtung bedürfe.
Herr Kollege Kern, ich bin vollkommen bei Ihnen: Wir müs sen die Schulen in dieser Hinsicht unterstützen. Die Lehrkräf te brauchen insbesondere Unterstützung, wenn es um die Fra ge geht, wie wir dieser Differenzierung gerecht werden.
Ich komme zu dem Punkt, den auch Kollege Schebesta ange sprochen hat: die Unterstützung der Realschulen. Ich bin nie mand, der den Realschulen als einzige Weiterentwicklungs möglichkeit die Gemeinschaftsschule vor die Nase halten will. Denn offensichtlich bestehen hier gerade im Hinblick auf die Kommunikation der vergangenen drei Jahre Probleme, indem die Realschulen das Gefühl haben, mit ihrer bisherigen Arbeit nicht genügend wertgeschätzt zu werden.
Aber – liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich neige zu einem offenen Wort; das merken Sie hoffentlich – ich möchte errei chen, dass die Realschulen als oberste Prämisse nicht die Be wahrung von bestimmten Strukturen oder Türschildern sehen, sondern erkennen, dass es allein um die Frage geht, wie die Realschulen auf die Herausforderung der Unterschiedlichkeit der Schülerinnen und Schüler in ihren Schulen richtig reagie ren,
die nicht erst seit 2011 – das werden Sie auch von den Lehr kräften an den Schulen hören – vorhanden ist, die sich aber verstärkt hat. Es wird darum gehen, den Realschulen den Weg zu zeigen. Das tun wir, indem wir intensive Gespräche mit den Verbänden der Realschulen führen.
Kollege Schebesta, dafür, dass Sie in Ihrer Regierungszeit die Realschulen im Vergleich zu den anderen Schularten mit null Poolstunden ausgestattet hatten, sollten Sie sich hier nicht zum Ritter der Realschulen machen.
Herr Kollege Kern, ich komme auf das von Ihnen angespro chene Stichwort Rucksackmodell zu sprechen. Wir müssen aufpassen, dass wir bei diesen vermeintlichen Lösungen nicht Scheinlösungen anbieten.
Denn genauso wie die Schulen in Baden-Württemberg unter schiedlich sind, ist auch ihre Situation, was die Strukturen an geht, sehr unterschiedlich. Wenn Sie typisierende Modelle fah ren – das ist beispielsweise der sogenannte Schülerkoeffizi ent oder ein Rucksackmodell –, besteht die Gefahr, dass Sie kleinere Einheiten anders und schlechter behandeln als grö ßere Einheiten.
Ich nenne Ihnen bezogen auf Schularten ermittelte Berech nungsergebnisse. Wir haben nämlich Ihr Modell einmal durch gerechnet und uns gefragt: Was würde das bedeuten? Wir haben in den Gymnasien und Realschulen im landesweiten Schnitt Klassen, die größer sind als der von Ihnen genannte durch schnittliche Wert von 23,8 Schülern. Das bedeutet, um die Gymnasien und Realschulen, was ihren bisherigen Bestand angeht, nicht zu benachteiligen, wären Mehraufwendungen von gut 2 000 Deputaten notwendig, nur um Ihr Modell im System der Realschulen und Gymnasien umzusetzen.
Gleichzeitig würden Sie kleineren und kleinsten Schulen in ganz erheblichem Umfang Ressourcen entziehen. Das betrifft insbesondere Grundschulen, bei denen es auch Unterschiede zwischen ganz kleinen, kleinen, mittleren und großen gibt. Sie würden auch den Werkrealschulen und den neu eingeführten Gemeinschaftsschulen Ressourcen entziehen. Wenn wir die ses Modell umsetzen würden, würden Sie das, was BadenWürttemberg wohl zu Recht als eine Stärke versteht – eine gute Qualität der Lebensbedingungen, aber auch eine große wirtschaftliche Kraft und eine hohe Bildungsqualität –, be schädigen.
Ich sage nicht, dass dieses Modell nicht auch gute Elemente enthält. Es kann Zuschläge geben. Kein Land arbeitet nach ei ner Reinform, weder was die Klassenzuteilung noch was den Schülerkoeffizienten angeht. Aber es geht in diesem Steue rungsmechanismus darum, die richtigen Mittel zu finden.
Ich glaube, dass die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen mit den Vorberatungen des Haushalts 2015/2016 ein deutliches Signal an die Schulen gesendet haben. Wir ha ben nämlich – das findet sich auch in Ihrem Papier wieder – Jahr für Jahr im Hinblick auf die tatsächliche Schülerzahlen entwicklung auch unter dem Aspekt der Zuwanderung die tat sächlichen Bedarfe für eine hohe Qualität in unserem Bil dungssystem zu ermitteln.
Wir müssen an den wichtigen Stellen die Weiterentwicklun gen schaffen, als da wären der Ganztag, die individuelle För derung, all die Dinge, die z. B. durch die Inklusion in unseren Schulen auch noch umgesetzt werden. Dann können wir im Hinblick auf die tatsächlich vorhandene demografische Ren dite prüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Lehrer stellen gestrichen werden können.
Aber, lieber Kollege Schebesta und Herr Kollege Kern, die Planungen aus Ihrer Regierungszeit für die jetzt laufende Le
(Abg. Volker Schebesta CDU: Das stimmt überhaupt nicht! – Gegenruf des Abg. Claus Schmiedel SPD: Natürlich!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben in den Jah ren 2011 und 2012 die von Ihnen bereits festgelegten Schrit te zur Streichung von Lehrerstellen nicht vollzogen. Wir ha ben in den Jahren 2013 und 2014 zwar Lehrerstellen gestri chen, aber in deutlich geringerem Maß, als Sie dies geplant hatten. Ich glaube, die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen sind auch, was das Thema Unterrichtsversorgung angeht, auf dem richtigen Weg. Baden-Württemberg muss im Bereich der Bildung spitze bleiben. Mit diesen Fraktionen und dieser Landesregierung wird das auch geschehen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wer Konsens brüsk ablehnt, das ist, glaube ich, durch die Wortmeldungen von Frau Boser und von Herrn Dr. Fulst-Blei deutlich geworden – im Ton und in der Sache.
Demgegenüber bin ich Ihnen, Herr Minister, dankbar, dass Sie auf den – aus Ihrer und auch aus unserer Sicht – Kern des Pro blems eingegangen sind, nämlich die Frage, wie Förderung von Schülerinnen und Schülern im pädagogischen Konzept umgesetzt werden kann. Dass Sie aber unterstellen, dass in meiner Rede zwei Welten aufgebaut werden, die sich gegen überstehen, das ist doch absurd. Wer hat denn zu verantwor ten, dass Professor Bohl in einer von der GEW initiierten Ex pertise feststellt, Baden-Württemberg sei das einzige Bundes land, in dem jede äußere Leistungsdifferenzierung in einem Konzept der Gemeinschaftsschule verboten werde?