Protokoll der Sitzung vom 25.03.2015

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die Fraktion der SPD erteile ich Frau Kollegin Graner das Wort.

Herr Präsident, sehr verehrte Kol leginnen und Kollegen!

Wir begreifen die Belange von Kindern und Jugendlichen als ein zentrales Feld der Landespolitik.

So steht es in unserem Koalitionsvertrag von 2011 geschrie ben. Dort steht auch:

Kinder- und Jugendpolitik darf aber nicht nur Politik f ü r junge Menschen sein, sie muss stets Politik m i t jungen Menschen sein.

Der Gesetzentwurf, den wir heute diskutieren, dient dazu, den „Zukunftsplan Jugend“ umzusetzen. Dass hier Politik mit jun gen Menschen und nicht nur für junge Menschen gemacht wurde, wird deutlich, wenn man bedenkt, wie viel wir seitens des Sozialausschusses mit den beteiligten Verbänden gespro chen haben. Ich glaube, über kaum ein anderes Projekt in der Sozialpolitik ist in dieser Legislaturperiode so viel mit den Beteiligten gesprochen worden wie über den „Zukunftsplan Jugend“.

Der Zukunftsplan wurde schon lange seitens der Kinder- und Jugendarbeit gefordert. Diese Forderung haben wir jetzt um gesetzt, indem wir z. B. die Zahl der durch das Land geför derten Stellen für Bildungsreferentinnen und -referenten deut lich erhöht haben. Auch das steht schon im Koalitionsvertrag. Mit dieser Maßnahme haben wir auch haushaltspolitisch ein deutliches Zeichen dafür gesetzt, dass wir die außerschulische Bildungsarbeit wertschätzen und aufwerten. Allein in den Jah ren 2013 bis 2016 haben wir hierfür insgesamt 10 Millionen € zusätzlich in den Haushalt eingestellt.

Wie gesagt: In den letzten Monaten und Jahren haben wir sehr viel mit den verschiedenen Jugendverbänden gesprochen. Ein Ergebnis daraus war, dass wir das Bildungsreferentenpro gramm von einer Anteilsfinanzierung auf eine Festbetragsfi nanzierung umstellen und dass wir es mit der Förderung der anderen Bildungsreferenten synchronisieren.

Dieses Ergebnis aus dem Dialog mit den Verbänden wird jetzt durch die Änderung in § 7 des Jugendbildungsgesetzes ge setzgeberisch umgesetzt. Dass wir die genaue Stellenzahl der Bildungsreferenten nicht fixieren und den Festbetragszuschuss nicht gesetzlich dynamisieren, halte ich für sinnvoll. Auch in früheren Staatshaushaltplänen wurde die genaue Stellenzahl

der Bildungsreferenten nicht fixiert, sondern nur mit einer ma ximalen Stellenzahl erläutert.

Außerdem haben wir im neuen Doppelhaushalt die Förderung für die Bildungsreferenten weiter erhöht und damit auch die Tarifkostensteigerung berücksichtigt, sowohl bei den bisher bestehenden als auch bei den neu eingerichteten Stellen.

Durch die Neustrukturierung, die die Festbetragsregelung ein schließt, war es uns möglich, die Zahl der geförderten Stellen für Bildungsreferenten von bisher 34 auf 51 Stellen zu erhö hen. Die Festbetragsregelung sichert dabei, dass tatsächlich alle 51 Bildungsreferentenstellen ohne Nachtragshaushalt ver lässlich genehmigt werden können.

Das gibt in den jeweiligen Arbeitsbereichen die Planungssi cherheit, die von Ihnen, Herr Schreiner, angesprochen wurde. Das ist ein wichtiger Punkt. Denn diese Planungssicherheit gibt es eben bei einem Festhalten an der Anteilsfinanzierung nicht.

Wir, auch ich, werden uns in Zukunft dafür einsetzen, dass die Festbeträge angemessen erhöht werden, auch nach 2016. Ich halte es aber nicht für sachgerecht, die Dynamisierung für Stellen aus Förderprogrammen gesetzlich vorzuschreiben. Der Haushaltsgesetzgeber muss auch in Zukunft die Freiheit ha ben, in jedem Haushalt über die Förderung einigermaßen frei entscheiden zu können, indem er die Einnahmen und andere Ausgaben berücksichtigt. Eine „Lex Bildungsreferenten“ wür de diese außerdem auch gegenüber anderen Empfängern von Förderungen unangemessen bevorzugen.

Zu den anderen Änderungen: Künftig werden das Landesku ratorium für außerschulische Jugendbildung und der Beirat für soziale Jugendhilfe ein neues, gemeinsames Gremium bil den, das Landesjugendkuratorium. Ich freue mich, dass wir uns auch im Ausschuss einig waren, dass die Zusammenfüh rung von zwei bestehenden Gremien in ein neues Landesju gendkuratorium zielführend ist. Davon bin ich überzeugt. Die Expertise aus zwei Gremien und der neue Austausch werden sicher zu guten Ergebnissen führen.

Auch die Aufhebung von § 1 Absatz 5 des Kinderschutzge setzes Baden-Württemberg halte ich wegen der vorrangigen Regelung im Bundesrecht für zwingend, damit es keinen Un terschied mehr zwischen Bundes- und Landesrecht gibt.

Gerade mit Blick auf den aktuellen Fall Alessio ist es ein not wendiges und sehr wichtiges Signal, dass wir den Kinder schutz stärken. Wenn die Untersuchung dieses überaus tragi schen Vorgangs abgeschlossen ist, werden wir prüfen müssen und wollen, ob sich daraus Konsequenzen für Gesetze oder für die Praxis ziehen lassen.

Für unser heutiges Vorhaben danke ich dem Ministerium und den Jugendverbänden für den konstruktiven Dialog. Wir zei gen damit, dass die Belange von Kindern und Jugendlichen ein zentrales Feld der Landespolitik in Baden-Württemberg sind.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die FDP/DVP-Fraktion er hält der Kollege Haußmann das Wort.

Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie wir schon von den Vorrednern gehört haben, findet der Gesetzentwurf über die Fraktionen hinweg Zustimmung. Auch die FDP/DVPLandtagsfraktion wird der Änderung des Jugendbildungsge setzes zustimmen.

Hier sind drei Themen relevant. Zum einen geht es um die Umstellung der Förderung der Bildungsreferenten und zum Zweiten um die Zusammenlegung von zwei Gremien zum neuen Landesjugendkuratorium. Der dritte Bereich betrifft ei ne Änderung des Kinderschutzgesetzes, damit dieses stimmig zum Bundeskinderschutzgesetz wird. Wir hätten uns gern ei nen Verweis darauf gewünscht. Ich denke, dass dies aber auch so nachvollziehbar ist. Auch die Verbände, die angehört wor den sind, haben den Änderungen zugestimmt.

Kollege Poreski und Frau Graner haben den Fall Alessio an gesprochen. In der letzten Sitzung des Sozialausschusses ha ben wir darüber gesprochen, dass wir über dieses Thema im Sozialausschuss gern intensiver diskutieren wollen. Dies ist kein Thema für die große politische Diskussion. Vielmehr werden wir wirklich in der Sache daran arbeiten. Deswegen bin ich der Sozialministerin sehr dankbar und sage: Herzli chen Dank, dass Sie uns hier mit einbinden in die Bewertung und in sich möglicherweise ergebende Schlussfolgerungen, wie ein solcher Fall in Zukunft weniger wahrscheinlich ge macht werden kann.

Zweiter Punkt: In Baden-Württemberg werden gerade sehr viele Jugendkonferenzen durchgeführt, zu denen auch wir Ab geordneten eingeladen sind. Die vielen Aktivitäten des Lan desjugendrings in Verbindung mit vielen Jugendgemeinderä ten in Baden-Württemberg zeigen schon, wie groß das Enga gement bei Jugendlichen ist. Auf den Veranstaltungen stellen wir immer wieder fest, dass oft auch Jugendgemeinderäte bzw. Jugendliche viel zu wenige Informationen darüber haben, was der Landesjugendring alles leisten kann und was er bietet. Hier, denke ich, müssten wir ansetzen. Wir müssten noch mehr Kommunikation, noch mehr Informationen an die Jugendge meinderäte herantragen, damit sie noch stärkere Impulse set zen können und wir noch mehr Jugendliche für ehrenamtli ches Engagement gewinnen.

Die FDP/DVP-Landtagsfraktion wird diesem Gesetzentwurf zustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie der Abg. Thomas Poreski und Daniel Renkonen GRÜNE)

Für die Landesregierung erteile ich das Wort Frau Ministerin Altpeter.

Sehr geehrter Herr Präsi dent, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir beraten heute in der zweiten Lesung den Gesetzentwurf zur Änderung des Ju gendbildungsgesetzes, des Kinder- und Jugendhilfegesetzes für Baden-Württemberg sowie des Kinderschutzgesetzes Ba den-Württemberg.

Ich möchte mich ausdrücklich bei allen Fraktionen bedanken, dass sie diesen Änderungen heute zustimmen. Ich denke, es

ist auch in den Ausführungen deutlich geworden, dass uns über die Fraktionsgrenzen hinweg das Thema „Kinder- und Jugendbildung“, vor allem aber auch das Thema Kinderschutz ganz besonders am Herzen liegt. Der Kinderschutz macht nun einmal nicht an den Parteigrenzen halt.

(Beifall der Abg. Anneke Graner und Dr. Stefan Fulst- Blei SPD)

Die Weiterentwicklung und die Stärkung der Kinder- und Ju gendarbeit sowie der Jugendsozialarbeit sind erklärtes Ziel der Landesregierung. Hierzu haben wir in einem breiten Be teiligungsprozess – die Vorredner haben es erwähnt – den „Zu kunftsplan Jugend“ entwickelt, der viele inhaltliche Themen, viele Projekte, die angegangen werden müssen, umfasst.

Der Ministerrat hat den „Zukunftsplan Jugend“ im März 2013 beschlossen und das Sozialministerium mit der Umsetzung beauftragt. Ein wesentlicher Bestandteil ist die Weiterentwick lung des Förderwesens. Denn wir wollen ein transparentes, ein aufgabengerechtes Förderwesen für die Zukunft schaffen. Es geht um Förderverlässlichkeit, aber auch Förderverbind lichkeit, um Fördertransparenz und nicht zuletzt um Förder gerechtigkeit.

Die Neugestaltung des Bildungsreferentenprogramms ist da bei ein ganz wichtiger Schritt. Deshalb war es unser Ziel, die Landesförderung von Personalstellen im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit sowie der Jugendsozialarbeit zu vereinheit lichen und zu vereinfachen. Dazu haben wir uns die Jugend sozialarbeit an öffentlichen Schulen und die mobile Jugend arbeit zum Vorbild genommen, die bereits eine Festbetragsfi nanzierung erhalten und durch Fördergrundsätze geregelt sind. Das ist auch das erklärte Ziel unserer Gesetzesänderung ne ben der Tatsache, dass wir den Forderungen der Jugendver bände auch weitgehend entgegengekommen sind und die Zahl der Bildungsreferentinnen und -referenten entsprechend auf gestockt haben.

Der Kollege Poreski hat es schon erwähnt: Es werden 3 Mil lionen € pro Jahr zusätzlich zur Verfügung gestellt, um auch den Aufgabenbereich der Bildungsreferenten entsprechend abzudecken und die Stellen zur Verfügung zu stellen.

Die Höhe des Festbetrags – das ist mir in diesem Zusammen hang wichtig – wird regelmäßig nach dem Förderzeitraum nach Maßgabe des Staatshaushaltsplans überprüft, und die vorhin angesprochene Dynamisierung ist in dem Festbetrag bis zum Ende des Jahres 2016 bereits enthalten und abgedeckt. Über eine weitere Dynamisierung wäre in der Tat im Rahmen der Aufstellung des nächsten Staatshaushaltsplans zu spre chen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es war mir wichtig, die beiden erwähnten Gremien zusammenzulegen. Wir hatten auf Landesebene im Bereich Kinder- und Jugendhilfe mit dem Landeskuratorium für außerschulische Jugendbildung und dem Beirat für soziale Jugendhilfe zwei gesetzlich normierte Beratungsgremien der Landesregierung. Die Zusammenfüh rung dieser beiden Gremien in ein neues Gremium, das Lan desjugendkuratorium, ist ein weiterer Schritt zur Umsetzung des „Zukunftsplans Jugend“.

Ich halte das auch für richtig, denn ich halte es für schwierig, wenn wir die Jugendarbeit noch einmal unterteilen in Sozial-

oder vielleicht nur Freizeitarbeit. Kinder und Jugendliche sind Kinder und Jugendliche. Deswegen ist es wichtig, diese Dop pelstruktur aufzuheben und damit auch Synergieeffekte in der Zusammenarbeit im neuen Gremium zu erzielen. Ich bin da von überzeugt, dass wir mit dem Landesjugendkuratorium ein Gremium schaffen, von dem wichtige Impulse für das Land im Bereich Kinder- und Jugendpolitik ausgehen. Ich finde, das Wichtige ist doch, dass man diese Impulse hat und auch auf nehmen kann.

Der vorliegende Gesetzentwurf umfasst auch eine Änderung im Kinderschutzgesetz. Die bislang in § 1 Absatz 5 des Kin derschutzgesetzes geregelte Befugnis für Berufsgeheimnis träger zur Informationsweitergabe an die Jugendämter wird aufgehoben. Diese Befugnis ist nunmehr bundesgesetzlich ge regelt und deshalb auf Landesebene entbehrlich.

Was die angesprochenen Fragestellungen zum Thema Kinder schutz betrifft, ist es mir und uns allen, denke ich, in der Tat wichtig, sehr genau zu schauen, ob wir an den Schnittstellen der Institutionen, z. B. zwischen Arzt und Jugendamt, zwi schen Kindertageseinrichtung und Jugendamt oder Arzt, für einen verbesserten Kinderschutz noch stärker tätig werden müssen. Das werden sicherlich unsere Diskussionen noch er geben. Wenn es sich dann als notwendig herausstellen sollte, das Kinderschutzgesetz in Baden-Württemberg zu ändern, würden wir die erforderlichen Änderungen nach unseren Be ratungen auch hier einbringen.

Zunächst darf ich Sie um Unterstützung für den vorliegenden Gesetzentwurf bitten.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Meine Damen und Herren, in der Allgemeinen Aussprache liegen keine weiteren Wortmeldun gen vor.

Wir kommen daher in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 15/6510. Ab stimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Aus schusses für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren, Drucksache 15/6621. Der Ausschuss empfiehlt Ih nen, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.

Sind Sie damit einverstanden, dass ich die Artikel 1 bis 4 des Gesetzentwurfs gemeinsam zu Abstimmung stelle? – Dies ist der Fall.

Artikel 1 bis Artikel 4