Aber es geht um euren Nachtragshaushalt, liebe grün-rote Ko alition. Sie sind angetreten mit der Absicht und dem Verspre chen, die strukturelle Verschuldung des Landes Baden-Würt tembergs abzubauen.
Zu diesem angeblichen Abbau der strukturellen Verschuldung des Landes Baden-Württemberg gibt es immer wieder Was serstandsmeldungen. Potemkinsche Dörfer, beispielsweise der Griff in den kommunalen Finanzausgleich oder die Ausschüt tung der Landesbank Baden-Württemberg, sind angeblich strukturelle Einsparungen.
Wenn man sich aber einmal den Haushalt ganz genau betrach tet, meine Damen und Herren, dann stellt man fest, dass die strukturellen Belastungen für den Haushalt für die Zukunft niemals so angewachsen sind wie unter dieser Regierungsko alition.
Das wird in Zukunft noch wesentliche Konsequenzen haben. Sie wirtschaften den Landeshaushalt über diese Belastungen der letzten Jahre in Grund und Boden.
Mittlerweile liegen wir bei rund 10 Milliarden € zusätzlichem Haushaltsvolumen im Vergleich zu den schwarz-gelben Haus halten bis 2010.
Sie können das im Moment dadurch kaschieren, dass Sie Rücklagen geschaffen haben, dass Sie aufgrund überborden der Steuereinnahmen Verschuldungsrechte nicht nutzen muss ten und sie dann bis zur Zeit unmittelbar vor der Wahl aufhe ben können. Sie haben das Glück niedriger Zinsen, und Sie haben vor allem gewaltige Steuermehreinnahmen.
Aber diese Zeit wird sich irgendwann ändern. Ein altes Sprich wort sagt: Wenn der Wasserstand fällt, dann sieht man, wer ohne Badehose im Wasser ist.
Meine Damen und Herren, man wird dann, wenn die Steuer einnahmen wieder sinken, sehen, wie solide Ihre Haushalts politik ist. Sie schaffen enorme Belastungen für die Zukunft. Sie haben zu Zeiten, in denen keine neuen Schulden notwen dig gewesen sind, diese Verschuldungsrechte gezogen, um jetzt mit Volksbeglückungshaushalten vor der Landtagswahl glänzen zu können.
Dieser Nachtrag ist im Prinzip nicht notwendig. All das hät ten Sie in den Doppelhaushalt 2015/2016 einarbeiten können. Das hätten Sie alles einarbeiten können.
Der einzige Grund, warum Sie es nicht in diesen Haushalt ein gearbeitet haben, ist, dass Sie jetzt noch einmal als Volksbe glücker glänzen können.
Innere Sicherheit: Bei der inneren Sicherheit besteht Hand lungsbedarf. Aber warum? Weil Sie zunächst mit Ihrer unsäg lichen Polizeireform der inneren Sicherheit im Land BadenWürttemberg geschadet haben.
Verfassungsschutz, Bekämpfung des Islamismus – hätte man längst machen können. Frau Sitzmann hat sich vorhin dafür gelobt. Was ist denn der Grund dafür, dass das Ganze so spät kommt? Weil Sie noch Probleme mit dem Verfassungsschutz hatten.
Sie wollten doch den Bestand des Landesamts für Verfas sungsschutz herunterschrumpfen, Frau Sitzmann. Erst im Lichte neuerer Entwicklungen sind Sie dann umgekehrt und haben mit der Notwendigkeit des Ganzen halbwegs Ihren Frie den gemacht.
Flüchtlingspolitik ist natürlich notwendig. Sie ist, bei Licht betrachtet, der einzig wirklich nachvollziehbare Anlass für ei nen Nachtrag, weil die Zahlen nicht in diesem Umfang bere chenbar gewesen sind.
Auch in der Bildungspolitik wäre kein Nachtrag notwendig gewesen. Für das Thema Inklusion haben Sie vier Jahre ge braucht, weil Sie sich nicht einig geworden sind,
weil Sie herumgeeiert haben. Es wäre längst möglich gewe sen, das Thema im Doppelhaushalt 2015/2016 einzuarbeiten.
Nein, wollten Sie nicht. Sie haben immer wieder erklärt: „Wir wollen ein zweigliedriges Schulsystem aus Gymnasium und Gemeinschaftsschule.“
Das heißt, die Realschulen sollten weg. Das war Ihre Politik. Erst als Sie erkannt haben – Kollege Wolf hat es schon ange sprochen –, dass kaum eine Realschule in Baden-Württem berg Gemeinschaftsschule werden will, haben Sie gemerkt: „Die Realschulen bekommen wir so schnell nicht kaputt;
(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Jetzt reicht es aber! – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: So eine blöde Un terstellung!)
wir müssen eine andere Strategie einschlagen. Dann müssen wir die Realschulen eben durch unsere Politik durch die Hin tertür zu Gemeinschaftsschulen machen.“
Sie bejubeln sich für die Hochschulfinanzierung. Kunststück, wenn einem die Steuereinnahmen so durchs Dach hineinreg nen.
Aber nicht einmal das wird seriös vor Ort verkauft, denn vor Ort ziehen die Abgeordneten dieser Regierungskoalition durch die Lokalpresse und behaupten, es handle sich alles um völ lig neue Stellen, sodass selbst das „Schwäbische Tagblatt“ in Tübingen bei diesen frohen Botschaften, die Sie vor Ort ver kündet haben, von Etikettenschwindel gesprochen hat.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Hört, hört!)
Dann erklärt diese Landesregierung: „Wir sind die großen Lordsiegelbewahrer der Digitalisierung – Industrie 4.0.“ Dann haben Sie ein bisschen was gemacht. Doch vergleichen Sie einmal das, was zum Thema Digitalisierung und zum Thema „Digitale Infrastruktur“ im Haushalt des Freistaats Bayern steht, mit dem, was in diesem Landeshaushalt steht. Das kann man ja machen. Sie regieren, Sie können Schwerpunkte set zen. Aber in diesem Bereich liegt mit Sicherheit kein Schwer punkt. Da hat der Kollege Wolf völlig recht: Was Digitalisie rung anlangt, was Industrie 4.0 anlangt, gibt es bei Ihnen sehr viel Schein, aber überhaupt kein Sein, meine Damen und Her ren. Das ist Ihr Problem.
Dieser Nachtragshaushalt ist grundunnötig, genauso wie die Schulden unnötig sind, die Sie in dieser Legislaturperiode ge macht haben. Bei den gegebenen Rahmenbedingungen der Wirtschaft hätten Sie in dieser Legislaturperiode überhaupt keine neuen Schulden gebraucht und trotzdem wesentliche Schwerpunkte setzen können. Meine Damen und Herren, die ser Nachtragshaushalt ist ein Ausdruck von finanzpolitischer Verantwortungslosigkeit – wie Ihre gesamte Finanzpolitik in dieser Legislaturperiode.