Protokoll der Sitzung vom 09.12.2015

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Die Wahrheit sieht eben anders aus. Sie haben Lasten in die Zukunft verschoben, Sie haben erhebliche Haushaltsrisiken einfach auf die Jahre 2017 ff. verschoben.

Nach Ihrer Finanzplanung fehlen 2017 2,9 Milliarden €. Da planen Sie – das ist ja nach der Wahl – schon wieder 280 Mil

lionen € Schulden ein. 2018 fehlen immer noch 2,7 Milliar den € und 2019 2,9 Milliarden €. Verschleiernd schreiben Sie in der Finanzplanung, das sei ein haushaltswirtschaftlicher Handlungsbedarf. Das ist vielmehr eine Fehlplanung der letz ten Jahre, das ist eine Deckungslücke, eine Hypothek auf die Zukunft. Das muss deutlich gesagt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, nach der Landtagswahl müssen al le Ausgaben der grün-roten Landesregierung der letzten Jah re, die zusätzlich gemacht worden sind, auf den Prüfstand ge stellt werden. Es müssen dann Umschichtungen im Haushalt und Neuausrichtungen von Schwerpunkten vorgenommen werden.

(Zuruf der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE)

Dann sind auch die Mittel frei für dringend notwendige Maß nahmen, und damit können wir auch unsere im Wahlpro gramm niedergelegten Vorhaben gegenfinanzieren, meine Da men und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Der letzte Haushalt in dieser Legislaturperiode, den wir heu te beraten, bildet den Abschluss mehrerer Haushaltsberatun gen. Die letzten fünf Jahre werden in die Geschichte des Lan des einmal als eine Zeit eingehen, in der trotz boomender Konjunktur, in der trotz bester Steuereinnahmen Grün-Rot die Landesfinanzen nicht nachhaltig konsolidiert, sondern nach haltig ruiniert hat.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Um zu einem soliden, generationengerechten Haushalt zu rückzukehren, um eine Haushaltspolitik zu machen, die auch für künftige Generationen Spielräume lässt, bedarf es einer neuen Landesregierung, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl Zimmermann CDU: Dieser Herrmann versteht sein Geschäft!)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Frau Abg. Aras das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Auch mit dem Zweiten Nachtrags haushalt setzt die grün-rote Landesregierung ihre erfolgreiche Haushalts- und Finanzpolitik fort. Denn mit dem Zweiten Nachtrag verzichten wir auf die bisher vorgesehene Nettokre ditaufnahme von immerhin 768 Millionen €. Damit schafft diese grün-rote Landesregierung vier Mal in einer Legislatur periode eine Nettonull, das heißt keine Kreditaufnahme. Das hat bisher keine einzige Regierung vor uns geschafft.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Ja, wir sind froh und dankbar, dass es der Wirtschaft in unse rem Land gut geht, sie gute Löhne und Gehälter zahlen kann und die Steuereinnahmen des Landes steigen. Aber wir haben auch die richtigen Weichen gestellt, nämlich deutlicher Aus bau der Kleinkindbetreuung und damit Erleichterung der Ver

einbarkeit von Familie und Beruf, Investitionen in Bildung, Forschung und Entwicklung, aber auch Sanierung von Stra ßen, Brücken und vieles mehr.

Was ist jetzt der Kern dieses Nachtragshaushalts? Das sind natürlich die gestiegenen Flüchtlingszahlen und die damit zu sammenhängenden Auswirkungen auf unseren Landeshaus halt. Dabei hat der Regierungsentwurf schon wichtige und richtige Weichen gestellt: Die gute Integration geflüchteter Menschen, die dauerhaft bei uns bleiben werden, ist das Ge bot der Stunde.

Ich möchte nur an einigen Änderungsanträgen, die wir im Fi nanz- und Wirtschaftsausschuss eingebracht haben, darstel len, wie sich der Regierungsentwurf bei diesem größten und wichtigsten Haushaltsposten, nämlich der Flüchtlingsversor gung, verändert hat.

Das Motto der Stunde ist Integration durch Bildung. Ein Bei spiel ist der Änderungsantrag N/38. Rund 30 % der Flüchtlin ge sind Kinder und Jugendliche. Deshalb ist die gute Ausstat tung der Vorbereitungsklassen für uns ein großes Anliegen. Hier fällt der Startschuss für eine erfolgreiche Schulkarriere auch für die Kinder, die ohne Deutschkenntnisse und aus schwierigen Umständen zu uns kommen.

Für die Sprachförderung von Flüchtlingskindern und -jugend lichen stehen 965 zusätzliche Lehrerstellen zur Verfügung. Durch die Verschiebung des Vollzugs der k.w.-Vermerke im Umfang von 600 Stellen können geeignete Bewerberinnen und Bewerber unbefristet eingestellt werden. Dadurch ge winnt man zum einen qualifiziertes Personal, und zum ande ren kommt Kontinuität in die Beschulung der Flüchtlingskin der.

Der nächste Antrag, den ich erwähnen will, ist der Antrag N/23. Da geht es um die Entlastung von Schulleitungen. Die Schülerzahlen sind in den Vorbereitungsklassen massiv ge stiegen, nämlich um rund 10 000 auf inzwischen fast 27 000. Das ist natürlich eine große Herausforderung für die Schulen. Vor allem die Schulleitungen müssen hier entlastet werden. Denn sie müssen ja Stundenpläne überarbeiten, das ganze Jahr über mehr Schüler aufnehmen, Lehrereinsätze neu planen und vieles mehr. Für diese Entlastung der Schulleitungen stellen wir den Regierungspräsidien 50 Deputate zur Verfügung.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Bei dem Antrag N/20 geht es um die Anerkennung ausländi scher Berufsabschlüsse in Gesundheits- und Pflegeberufen. Wie Sie wissen, werben viele Einrichtungen Fachkräfte be reits im Ausland an und sind natürlich daran interessiert, dass die ausländischen Berufsabschlüsse hier schnell und zentral anerkannt werden. Dazu eine Zahl: Die Zahl der Anträge auf Entscheidung über die Anerkennung dieser ausländischen Ab schlüsse ist im Bereich der Krankenpflege von 550 im Jahr 2013 auf fast 3 000 im Jahr 2014 gestiegen.

Laut Gesetz müssen die Entscheidungen über diese Anerken nungen innerhalb von drei Monaten erfolgen. Das Regierungs präsidium Stuttgart beispielsweise kann viele Anträge in die ser gesetzten Frist gar nicht bearbeiten, weil die Zahl der An träge so stark zugenommen hat.

Aber unabhängig von dieser gesetzlichen Frist ist es wichtig, dass die Berufsabschlüsse relativ schnell anerkannt werden,

damit die Menschen, die hier sind, ihre dringend benötigte Ar beit in den Einrichtungen der Kranken- und Gesundheitspfle ge sowie in vielen anderen Berufen aufnehmen können.

Dann komme ich zum nächsten Antrag, N/31. Da geht es um die Beschulung syrischer Kinder. Im März 2015 war die deutschtürkische Freundschaftsgruppe des Parlaments auf einer In formationsreise in der Türkei. Es waren alle Fraktionen ver treten. Wir haben u. a. ein sehr gut organisiertes Flüchtlings lager in Gaziantep besucht.

Wie Sie wissen, leben in der Türkei rund zwei Millionen Flüchtlinge, davon ca. 700 000 Kinder im schulpflichtigen Al ter. Eine Beschulung dieser Kinder findet nur in den Flücht lingslagern statt. Aber das Problem ist, dass nur 10 bis 15 % aller Flüchtlinge überhaupt in den Lagern leben, das heißt ca. 85 000 bis 90 000 Kinder. Mindestens 600 000 dieser 700 000 Kinder haben überhaupt keinen Zugang zur Bildung. Damit haben sie überhaupt keine Perspektiven. Diese Perspektivlo sigkeit ist ein wesentlicher Grund für viele syrische Familien, aus der Türkei weiter in andere Länder zu fliehen. Mit dem Änderungsantrag N/31 unterstützen wir die Beschulung syri scher Flüchtlingskinder in der Türkei.

Diese Änderungen – ich habe nur einige genannt – zeigen deutlich, dass wir im Bereich „Integration durch Bildung“ im Finanzausschuss schon einiges erreicht haben, obwohl der Re gierungsentwurf schon sehr gut war. Mich freut wirklich sehr, dass diese Änderungsanträge alle einstimmig verabschiedet worden sind, also sowohl von den Regierungsfraktionen als auch von den Oppositionsfraktionen getragen wurden. Dafür danke ich Ihnen allen ganz herzlich.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Nun möchte ich zu einem anderen Punkt kommen. Er betrifft das Antiterrorpaket. Auch die Terroranschläge vom 13. No vember 2015 in Paris haben natürlich Auswirkungen auf un seren Landeshaushalt. Mit unseren Änderungsanträgen soll die haushaltsrechtliche Ermächtigung geschaffen werden, ei ne Ergänzung des Sonderprogramms zur Bekämpfung des is lamistischen Terrorismus mit einem Volumen von 30 Millio nen € umzusetzen. Auch diese Änderungsanträge wurden im Finanzausschuss einstimmig beschlossen.

Nun möchte ich kurz zum Finanzplan kommen. Auch das ist Gegenstand unserer Beratungen. Nach der Vorlage, die Sie al le haben, steigt der finanzpolitische Handlungsbedarf tatsäch lich wieder an; das ist auch völlig klar. Im Jahr 2017 liegt er bei 2,2 Milliarden € usw. Woher kommt das? Wenn man sich anschaut, was wir allein im Flüchtlingsbereich einsetzen müs sen und eingesetzt haben, nämlich 2 Milliarden €, dann wird ganz klar, woher diese Lücke kommt. Herr Herrmann, das wissen Sie genauso gut wie ich. Nachdem Sie im Finanzaus schuss allen Anträgen zugestimmt haben, können Sie jetzt nicht sagen, wir würden eine Lücke aufbauen und könnten nicht erklären, woher sie kommt. Das ist einfach unredlich.

Natürlich hätten wir es uns einfach machen und sagen kön nen: „Was interessiert uns die aktuelle Prognose? Wir setzen einmal andere Zahlen ein.“ Das wäre vielleicht in Ihrer Re gierungszeit gegangen.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Das ist nicht ein Mal passiert bei uns!)

Wir nehmen die BAMF-Zahlen als Grundlage für die Finanz planung und rechnen diese durch. Das ist nämlich ehrlich. Das entspricht der Haushaltswahrheit und -klarheit; das ist auch ein Markenzeichen dieser grün-roten Landesregierung.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Nun möchte ich zu einem weiteren wichtigen aktuellen Punkt kommen, und zwar zum Stand der Verhandlungen über die Bund-Länder-Finanzbeziehungen. Ja, ich bin sehr froh und dankbar, dass sich die Länder in der letzten Woche nach jah relangen Verhandlungen auf ein Modell zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen geeinigt haben. Der Län derfinanzausgleich im engeren Sinn wird ja abgeschafft und wird über die Umsatzsteuer und anderes geregelt. Aber ent scheidend ist, dass das neue Modell für Baden-Württemberg eine strukturelle jährliche Entlastung von knapp 1 Milliarde € bringt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist eine grandiose Leis tung dieser grün-roten Landesregierung.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Damit wird klar: Die Strategie von Ministerpräsident Kretsch mann und von Herrn Finanzminister Schmid war vorausschau end. Es war richtig, als Geberland auf Verhandlungen zu set zen und nicht auf Klage und Krawall.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Sehr richtig!)

Es ist ein historischer Kompromiss. Generationen von CDUMinisterpräsidenten haben es nicht geschafft. Aber Minister präsident Kretschmann hat es geschafft,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Gar nichts hat er geschafft!)

und er wird wieder Geschichte schreiben. Dafür ganz herzli chen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Wir sind begeistert!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, ich kann es menschlich fast nachvollziehen, dass Sie vor Neid erblas sen,

(Lachen bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Genau!)

weil Sie es einfach nicht geschafft haben. Aber wenn Sie tat sächlich die Interessen dieses Landes vertreten – Baden-Würt temberg ist das einzige Land, das seit Bestehen des Länderfi nanzausgleichs Geberland ist –,

(Abg. Andreas Deuschle CDU: Wir sind immer noch Geberland!)