Protokoll der Sitzung vom 13.10.2011

Mit der Einführung eines Studentenparlaments hingegen wä re ein Verfahren etabliert, das in unserer Demokratie allge meine Übung ist und den Entscheidungsträgern auch eine Le gitimation gibt.

(Zuruf des Abg. Alexander Salomon GRÜNE)

So sind Unklarheiten bei der Entscheidungsfindung so weit wie möglich ausgeschlossen, da nach demokratischen Grund sätzen mit der Mehrheit der Gewählten entschieden wird.

Besonders augenfällig wird das Problem der Entscheidungs findung, wenn im Namen scheinbar aller Studenten Gelder ausgegeben werden, die aber von tatsächlich allen Studenten als Beiträge eingezogen wurden, und das Einverständnis der Studenten hierzu stillschweigend vorausgesetzt wird.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

Nein, meine Damen und Herren, Ihre Ankündigungen, die Verfasste Studierendenschaft wieder einzuführen, sind sehr nebulös. Frau Ministerin Theresia Bauer betont, sie sei im Ge spräch mit den Studenten.

(Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE: Stimmt ja auch!)

Auch hier stellt sich die Frage, wie sie denn den Willen aller Studenten erfahren will. Bei den mit demokratischer Mehr heit gewählten Vertretern eines Studentenparlaments gäbe es keinerlei Fragen nach der Legitimität.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal auf das liberale Mo dell von echt nachlaufenden Studiengebühren eingehen. Der vorliegende Gesetzentwurf der FDP/DVP-Landtagsfraktion sieht nämlich auch eine Änderung des Landeshochschulge bührengesetzes vor. Die Einnahmen aus den Studiengebühren

sollen zukünftig nur noch mit Zustimmung der Studierenden in ihrem Parlament ausgegeben werden können. Dies ist eine klare Verbesserung gegenüber dem Status quo.

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Die wir vorge schlagen haben!)

Geben Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von Grün-Rot, Ih ren Widerstand gegen nachlaufende Studiengebühren auf. Sie werden sonst ca. 200 Millionen € aus dem allgemeinen Haus halt herausschwitzen müssen. Warum – das müssen Sie ein mal erklären – wollen Sie starke Schultern schonen, Men schen, die ohne Probleme in der Lage wären, sozial gestaffel te, nachlaufende Studiengebühren zu bezahlen?

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr richtig! – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Meine Damen, meine Herren, mit unserem Gesetzentwurf zur Einführung eines Studentenparlaments haben wir Ihnen ein ausgearbeitetes, demokratisch einwandfreies Instrument an die Hand gegeben, mit dem Sie unser aller Ziel zügig umset zen können, die Entscheidungsrechte unserer Studenten in die sem Land tatsächlich zu verbessern.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Zuruf: Sehr gut!)

Ich erteile Frau Abg. Schütz für die CDU-Fraktion das Wort.

(Vereinzelt Beifall – Abg. Andreas Deuschle CDU: Hui! – Heiterkeit – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die jungen Kerle!)

Sehr geehrter Herr Präsident, mei ne sehr geehrten Damen und Herren! Studierende erwarten zu Recht, in die Entscheidungsprozesse ihrer Hochschulen wirk sam eingebunden zu werden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Erhebung von Studiengebühren, wie dies der zeit in Baden-Württemberg der Fall ist.

Die CDU-Fraktion hatte daher bereits in der vergangenen Le gislaturperiode Sympathien für ein Modell geäußert, das vom Ring Christlich-Demokratischer Studenten gemeinsam mit den liberalen Hochschulgruppen entwickelt wurde und die Einführung eines zentralen Mitbestimmungsorgans an Hoch schulen vorsieht.

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Nachdem man es abgeschafft hatte!)

In der Sitzung des Wissenschaftsausschusses im November vergangenen Jahres haben CDU und FDP/DVP diesbezüglich einen gemeinsamen Antrag eingebracht. Wir von der CDUFraktion freuen uns besonders, dass wir als Ideengeber für den Gesetzentwurf der Fraktion der FDP/DVP fungieren durften. Wir tun dies immer gern im Interesse des Landes für alle Par teien.

(Beifall bei der CDU)

In der Sache besteht weitgehend Einigkeit. Wir begrüßen die durch das Gesetz angestrebte Bündelung von Kompetenzen bei einem zentralen Mitbestimmungsorgan – wie auch immer man dieses nennen mag: „Studentenparlament“, wie von der FDP/DVP vorgeschlagen, oder vielleicht „Studentischer Rat“. Wir sind davon überzeugt, dass die Mitbestimmung hierdurch übersichtlicher und transparenter wird. Als begrüßenswert er achten wir auch den Gedanken der Gewaltenteilung, der im Modell durch einen Studentenausschuss als Exekutivorgan und das diesen kontrollierende studentische Mitbestimmungs gremium zum Ausdruck kommt.

Damit sprechen wir uns gleichermaßen eindeutig gegen die Absicht der neuen Landesregierung aus, in Baden-Württem berg die Verfasste Studierendenschaft wieder einzuführen, die im Jahr 1977 abgeschafft wurde. Folgende Gründe sprechen für uns eindeutig gegen die Wiedereinführung der Verfassten Studierendenschaft:

Erstens: Grundsätzlich sind wir der Überzeugung, dass sich durch die Einführung einer Verfassten Studierendenschaft per se für die studentische Mitbestimmung keine Vorteile erge ben; denn Mitbestimmung hat grundsätzlich nichts mit der Existenz einer Verfassten Studierendenschaft zu tun. An ba den-württembergischen Hochschulen existieren schon heute verbindliche Mitspracherechte der Studierenden. Mit dem heute zu beratenden Gesetzentwurf sollen diese Mitsprache rechte in einem zentralen Gremium gebündelt werden.

Zweitens: Wir wollen keine Teilkörperschaft der Studieren den. Es gibt schließlich auch keine verfasste Professorenschaft und keine verfasste Assistentenschaft.

(Lachen des Abg. Alexander Salomon GRÜNE)

Die Körperschaft der Hochschulen ist auf die Einheit aller Be teiligten angelegt und ist eine Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden.

Drittens: In allen Bundesländern mit Verfassten Studierenden schaften gehört zu den originären Rechten und Pflichten auch die Erhebung von Beiträgen. Dies ist wohl auch in BadenWürttemberg so geplant. Alle Studierenden müssen also zwangs weise Beiträge bezahlen, obwohl sich nur eine Minderheit in der Verfassten Studierendenschaft engagiert.

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Das ist doch überhaupt nicht wahr!)

Ein solches Konstrukt lehnt die CDU-Fraktion entschieden ab.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Viertens: Des Weiteren sprechen wir uns gegen ein allgemein politisches Mandat der Verfassten Studierendenschaft aus. Die studentische Mitbestimmung beschränkt sich für uns der Sa che nach auf die Themen Studium und Hochschulpolitik.

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Vor wem haben Sie eigentlich Angst?)

Studierendenvertreter sollen sich mit studienrelevanten The men befassen und nicht beispielsweise über den Auslandsein satz der Bundeswehr diskutieren.

Da der heute zu beratende Gesetzentwurf im Verhältnis zum Modell der Verfassten Studierendenschaft zu bewerten ist, war es mir wichtig, nochmals deutlich die Gründe aufzuführen, die für die CDU-Fraktion gegen die Wiedereinführung der Verfassten Studierendenschaft und somit für das heute zu be ratende Modell sprechen. An anderer Stelle wird jedoch er neut intensiv darüber zu diskutieren sein, nämlich dann, wenn die neue Landesregierung ihrer Ankündigung endlich Taten folgen lässt und das Stadium des Dialogführens verlässt und einen eigenen Gesetzentwurf vorlegt.

Für uns gilt ganz klar: Der heute zu beratende Gesetzentwurf, der auf gemeinsamen Überlegungen in der vergangenen Le gislaturperiode beruht, ist eindeutig das bessere und das rich tige Konzept für eine zukunftweisende und modernisierende Studentenbewegung bzw. studentische Mitbestimmung in un serem Land.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Herrn Abg. Salomon das Wort.

Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Der uns vorliegende Entwurf, der übrigens die weiblichen Studierenden ausnimmt – auch das muss man ein mal erwähnen –, erweckt für das ungeübte Auge den An schein, als würden die Studierenden an den baden-württem bergischen Hochschulen durch die Einführung von Studen tenparlamenten in ihren Mitwirkungsrechten gestärkt. Doch die 34 Jahre ohne demokratische Rechte an unseren Hoch schulen haben unseren Blick nicht getrübt. Sieht man nämlich genauer hin, so zeigt sich, dass zwar ein neues Verfahren mit einem neuen Gremium eingeführt werden soll, das Vorhaben letztlich aber auf halbem Weg stecken bleibt. Es geht Ihnen folglich nicht um das Sein, sondern um den Schein. Das muss man so feststellen, und das will ich auch mit Nachdruck be tonen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Effektiv mehr Rechte erhalten Studierende, wie Frau Schütz schon gesagt hat, nämlich nicht. Es wird vielmehr gebündelt. Wir dagegen wollen Studierende ernst nehmen. Hierbei geht es um ein hochschulpolitisches Kernprojekt des grün-roten Koalitionsvertrags. Um dieses Projekt umzusetzen, ist es je doch notwendig, der zukünftigen studentischen Vertretung ein entsprechendes Mandat zur Willensbildung zu geben und sie mit Satzungs- und Finanzautonomie auszustatten. Das funk tioniert in anderen Bundesländern, und dort haben wir noch keine Revolte gesehen. Dort werden die Bürgerinnen und Bür ger für ihre spätere Mitbestimmung letztendlich vielmehr ge stärkt. Das müssen Sie endlich einmal einsehen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf der Abg. Katrin Schütz CDU)

Sagen Sie mir: Worin soll denn der Fortschritt liegen, wenn wir ein Gremium einführen, das sich mit dem wohlklingen den Namen „Parlament“ schmücken darf, aber einen Maul korb tragen muss und in zentralen Fragen vom Wohlwollen der jeweiligen Hochschulverwaltung abhängt?

Lassen Sie uns gleich Nägel mit Köpfen machen. Die Wieder einführung der Verfassten Studierendenschaft, wie sie von Grünen und SPD vorgeschlagen wird, führt tatsächlich zu ei ner Stärkung der studentischen Mitbestimmung, die der Ge setzentwurf der FDP/DVP nur im Titel vor sich herträgt.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Damit kommen wir an unseren Hochschulen wieder zu sol chen demokratischen Standards, wie sie sonst quasi überall üblich sind.

In die konkrete Ausgestaltung müssen die Studierenden inten siv einbezogen werden. Es muss auch einen Raum geben, um lokale Besonderheiten, die in den 34 Jahren gewachsen sind, zu berücksichtigen. Wir suchen deshalb aktiv das Gespräch mit den Studierenden, die großes Interesse an unserer Initia tive haben. U. a. gab es getreu dem Motto der Politik des Ge hörtwerdens bereits im Juli ein erstes landesweites Treffen da zu im Landtag, dem sich Besuche in einzelnen Hochschulen angeschlossen haben. Der Diskussionsprozess um die konkre te Ausgestaltung der Verfassten Studierendenschaft hat also bereits begonnen und wird von uns natürlich weitergeführt.

Darüber hinaus soll die Rolle der Studierenden an den Hoch schulen bereits im Zuge der Abschaffung der Studiengebüh ren aufgewertet werden. Es wurde bereits genannt: Studieren de werden künftig im Einvernehmen – statt wie bisher ledig lich im Benehmen – an der Verteilung der Kompensationsmit tel beteiligt. Das ist ein wichtiger Schritt, und wir zeigen da mit, dass wir die Studierenden stärker beteiligen wollen.