Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags. Der Antrag ist ein reiner Berichtsantrag und kann deshalb für erledigt erklärt werden. – Sie stimmen zu.
Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Staatsministeriums – Partnerschaft mit Burundi – Druck sache 15/909
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Rede zeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ist Herr Drexler nicht der burundipolitische Sprecher? – Ge genruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD: Noch nicht!)
Vielen Dank. – Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Her ren! Zuerst einmal ganz herzlichen Dank an die Landesregie rung für die Stellungnahme zu diesem Antrag und vor allem natürlich für die Zusage, die partnerschaftlichen Beziehungen zu Burundi weiter ausbauen zu wollen. Ich denke, ich kann
Sie wissen, auch Jahre nach dem Ende des Bürgerkriegs ist Burundi noch immer das Armenhaus Afrikas, laut Welthun ger-Index das am stärksten von Hunger betroffene Land der Welt überhaupt. Mehr als eine Million Menschen sind in den Neunzigerjahren aus Burundi geflohen und kehren jetzt nach und nach in ein Land zurück, das nicht nur unter den Kriegs folgen leidet, sondern schon immer zu wenig Anbauflächen hatte, schon immer überbevölkert war. Jetzt kommt noch hin zu, dass Burundi als Agrarland auch unter den viel zu niedri gen Weltmarktpreisen leidet.
Am schlimmsten ist die Not der Kinder, die einem vielfachen Missbrauch ausgesetzt sind. Sie leiden nicht nur Hunger, son dern es gibt Kinderarbeit, Kinderprostitution; Kinder werden zu Kindersoldaten gemacht, sie sitzen in Gefängnissen statt in der Schule. Der einst hoffnungsvolle Weg zum Frieden ist heute eher wieder hoffnungsloser geworden. Gewalt, Korrup tion und Menschenrechtsverletzungen nehmen zu.
Mit unserem Antrag wollen wir an dieses geschundene Land erinnern und auch daran, dass Baden-Württemberg seit Lan gem partnerschaftliche Beziehungen zu Burundi unterhält. Wegen des Bürgerkriegs war diese Partnerschaft über Jahre hinweg unterbrochen und ist beinahe auch – das muss ich sa gen – in Vergessenheit geraten.
Als ich vor vielen Jahren einmal mit Kollegen der CDU und der FDP zu einer Kirchengemeinde eingeladen war, musste ich feststellen, dass wir alle drei nicht wussten, dass BadenWürttemberg eine Partnerschaft mit Burundi hat. Das ist bla mabel. Aber wie soll es, wenn selbst Abgeordnete dies nicht wissen, erst den Bürgerinnen und Bürgern gehen? Deshalb, denke ich, ist es gut, dass wir heute hier im Landtag auch über dieses Thema reden.
Es war auch gut, dass wir 2007 diesbezüglich einen einstim migen Beschluss gefasst haben. Heute, fünf Jahre später, ist es Zeit, Überlegungen dazu anzustellen, wie das, was in den letzten Jahren entstanden ist – da ist sehr viel Gutes entstan den –, gefestigt und weiter ausgebaut werden kann.
Dafür ist jetzt auch der richtige Zeitpunkt; denn die Landes regierung ist gerade dabei, die entwicklungspolitischen Leit linien neu aufzustellen, und zwar, wie es sich gehört, von un ten nach oben und entsprechend des neuen Politikstils unter Einbeziehung aller Akteure der Entwicklungszusammenarbeit – der Nichtregierungsorganisationen, der SEZ, der Kirchen gemeinden und vor allem der vielen engagierten Bürgerinnen und Bürger hier im Land.
Diese Einbeziehung der Zivilgesellschaft und die Zusammen arbeit haben sich gerade am Beispiel Burundis in vielfacher Weise bewährt. Dieses vielfältige Engagement kann in die sem Zusammenhang auch gar nicht genug gewürdigt werden. Denn nur so konnte es gelingen, dass mit vergleichsweise ge ringen finanziellen Mitteln eine ganze Reihe von Projekten durchgeführt werden können. Ich erinnere z. B. an die Projek te im Gesundheitsbereich, die vor allem von Kirchengemein den unterstützt werden, aber ich erinnere etwa auch an das Projekt in Meßstetten, wo der Freundeskreis Dritte Welt eine Alphabetisierungskampagne für Frauen unterstützt hat. Da
neben gibt es Projekte im Umweltbereich, die – das muss man sagen – vor allem auch der Armutsbekämpfung dienen.
Ganz besonders freue ich mich als Abgeordnete aus dem Kreis Tübingen, dass es eine Partnerschaft zwischen einer in mei nem Wahlkreis ansässigen Hochschule sowie einem Institut der Universität Tübingen und der Universität in Burundi gibt.
Bei all diesen Projekten spielt die Stiftung Entwicklungs-Zu sammenarbeit bekanntermaßen eine ganz wichtige Rolle. Oh ne diese Stiftung wären in den Krisenjahren 1993 bis 2005 viele der Kontakte einfach abgebrochen.
Die neu gewählte Landesregierung will genau daran anknüp fen, und sie will das Kompetenzzentrum, das in Burundi mitt lerweile aufgebaut worden ist, stärker unterstützen. Diese Un terstützung soll nicht allein unter wirtschaftlichen Gesichts punkten erfolgen. Das ist übrigens der Grund – ich nehme an, der Minister wird gleich selbst noch etwas dazu sagen –, wes halb das Thema Entwicklungszusammenarbeit mittlerweile beim Staatsministerium und nicht mehr beim Wirtschaftsmi nisterium angesiedelt ist.
Gestatten Sie, dass ich mich bei den vielen Initiativen und Ein zelpersonen bedanke, die sich bislang bei dieser Arbeit enga giert haben. Wir wollen – fraktionsübergreifend; das betone ich hier – hierfür bessere Rahmenbedingungen schaffen. Da zu gehört übrigens auch die Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern. So wird beispielsweise Ruanda von Rhein land-Pfalz unterstützt; die Probleme in Ruanda sind ganz ähn lich wie die in Burundi. Deswegen wollen wir mit RheinlandPfalz in diesem Bereich enger zusammenarbeiten.
Zum Schluss möchte ich noch einmal den Hinweis geben, dass das Landesjubiläum bevorsteht. Im Rahmen der Jubiläums veranstaltungen soll auch Burundi unterstützt werden. Für uns Abgeordnete ist dies eine gute Gelegenheit, für diese Partner schaft zu werben. Ich hoffe, Sie sind alle dabei, und bedanke mich fürs Zuhören.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und liebe Kollegen! Afrika darf nicht weiterhin der verlorene Kontinent sein. Wir brauchen von Europa aus gehend ein stärkeres Engagement für diesen Kontinent, so wohl im Bereich Entwicklungshilfe als auch bei der humani tären Hilfe und in Bezug auf die Menschenrechte. Wir brau chen aber auch ein wirtschaftliches Engagement als Hilfe zur Selbsthilfe.
Momentan sind die Chinesen verstärkt in Afrika unterwegs, und zwar nicht unter den von mir angesprochenen Gesichts punkten, sondern aus ganz anderen Erwägungen, nämlich mit dem Ziel der Machtoptimierung, der wirtschaftlichen Ausbeu tung, der Ausbeutung von Ressourcen und Bodenschätzen.
Ich glaube, wir Europäer haben die Bedeutung Afrikas in den vergangenen Jahrzehnten zu wenig in den Blickpunkt genom men.
Deswegen ist es so erfreulich, dass es aus Baden-Württem berg traditionell ein starkes Engagement für den kleinen afri kanischen Staat Burundi gibt und dass sich unsere Bemühun gen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit nicht auf wirtschaftliche Gesichtspunkte beschränkt haben, sondern sich auch auf den humanitären Bereich richten; hier gibt es auch ein großes bürgerschaftliches Engagement.
Die Geschichte dieser Partnerschaft erstreckt sich schon über Jahrzehnte. Der Landtag von Baden-Württemberg hat sich hierfür bereits unter seinem Präsidenten Schneider sehr stark engagiert und hat versucht, dieses bürgerschaftliche Engage ment mitzutragen, es zu unterstützen und in die Öffentlichkeit zu bringen. Deswegen ist es, glaube ich, gut, dass diese Tra dition weitergeführt wird.
Wir haben bereits in der vergangenen Legislaturperiode ver sucht, Initiativen auf den Weg zu bringen. So ist mit dem da maligen Minister Peter Hauk an der Spitze eine große Dele gation nach Burundi gereist. Wir haben viele Projekte besich tigen können, die vom Land Baden-Württemberg initiiert wur den. Wir haben in der vergangenen Wahlperiode das Stiftungs kapital der Stiftung Entwicklungs-Zusammenarbeit um 5 Mil lionen € aufgestockt, um die Arbeit intensivieren, ausbauen zu können. Wir haben das Kompetenzzentrum Burundi bei der SEZ geschaffen. Das war ein richtiger Impuls. Wir haben bei unseren Gesprächspartnern aus Burundi immer gemerkt, dass dieses Engagement zu einer wirklichen Vertiefung kam.
Darüber hinaus wurde das Burundi-Netzwerk Gesundheit ge bildet, wo sich Ärzte, Krankenschwestern und andere, die im Bereich der Medizin tätig sind, engagieren und vielfältige Hil fe nach Burundi getragen haben: Aufbau von Krankenstatio nen und Krankenhäusern, Transport von Ausstattungsgegen ständen. Dies war von einem großen persönlichen Engage ment vieler Menschen und auch vieler Firmen aus BadenWürttemberg getragen.
Wir haben Projekte im Bereich der Bildung, der Landwirt schaft und der Gesundheit über die Stiftung EntwicklungsZusammenarbeit initiiert. Vor allem haben wir die Treffen des Burundi-Netzwerks weiterhin unterstützt, nicht nur in der ver gangenen Legislaturperiode. Denn dessen Teilnehmer haben das Engagement auch in Zeiten des Bürgerkriegs in Burundi fortgeführt, als offizielle Kontakte nur schwer möglich waren.
Deswegen begrüßen wir alles, was in eine weiterführende Richtung geht, um diese Partnerschaft mit Burundi auszubau en. Wir begrüßen auch den Dialogprozess, der jetzt geschaf fen werden soll, um alle Partner einzubinden. Wir glauben aber auch, dass das baden-württembergische Parlament, der Landtag, eine eigene Initiative auf den Weg bringen sollte, so, wie es in der vergangenen Legislaturperiode alle vier Frakti onen angekündigt hatten.
Wir stehen ausdrücklich hinter dem Vorschlag unseres Land tagspräsidenten Guido Wolf, der vorgeschlagen hat, den Land tag von Baden-Württemberg und die Nationalversammlung
in Burundi in eine offizielle Partnerschaft zu führen, um den vielfältigen Akteuren im Bereich der Entwicklungszusammen arbeit aus Baden-Württemberg – den engagierten Bürgern, den Kirchen, den Schulen, den Universitäten, den Initiativen aus der Wirtschaft, den vielen kleinen Gruppen, die in BadenWürttemberg unterwegs sind, um auf die schrecklichen Le bensbedingungen in Burundi aufmerksam zu machen – eine offizielle Unterstützung zu geben.
Jetzt hatten wir, die CDU-Fraktion, einen Beschlussantrag ein gebracht. Da haben Sie von den Regierungsfraktionen noch Gesprächsbedarf gesehen. Wir wären schon heute bereit ge wesen, den Beschluss zu fassen, dass wir die Initiative unse res Landtagspräsidenten Guido Wolf aufgreifen, die Partner schaft der Parlamente zu etablieren. Wir erkennen jedoch den Gesprächsbedarf an und möchten Sie herzlich einladen, die ser Initiative beizutreten. Denn ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir auch einen offiziellen Charakter schaffen, dass wir, das baden-württembergische Landesparlament, selbstbewusst bekunden, hinter dieser Partnerschaft zu stehen
Herr Kollege, zum einen ist Ihre Redezeit schon abgelaufen, zum anderen liegt trotz dem eine Nachfrage des Herrn Abg. Frey vor. Wenn Sie die se Frage bitte in aller Kürze beantworten.
Herr Kollege Lasotta, mir ist we der Herrn Wolfs Initiative – vielleicht war ich draußen, als er sie bekannt gegeben hat – noch Ihr Antrag bekannt. Wann ha ben Sie den Fraktionen den Antrag übermittelt? Mir ist er nicht bekannt.
Wir haben gestern, um diese Debatte ein bisschen mit konkreten Ergebnissen zu un terfüttern, über die Landtagsverwaltung diese Initiative an die Fraktionen schicken lassen. Dann hat die Landtagsverwaltung die Rückmeldung bekommen, dass dazu noch Gesprächsbe darf besteht. Das ist okay. Das muss auch nicht innerhalb ei nes Tages sein. Deswegen habe ich das nicht als Kritik formu liert, sondern als Einladung, und gesagt: In Ordnung, wenn es hier Gesprächsbedarf gibt, ist es okay, und dann sprechen wir darüber.
Ich möchte Sie also herzlich einladen, diese Initiative zu un terstützen; denn ich halte sie für sinnvoll. Wir haben immer gesagt: Wenn sich nach den Wahlen die Regierung und die Parlamente in Burundi stabilisieren – es gab erst einen Bür gerkrieg, dann die ersten freien Wahlen und dann Wiederho lungswahlen, bei denen es nicht zu Unruhen gekommen ist; das politische System ist stabil geblieben –,