Protokoll der Sitzung vom 14.12.2012

Die Ausgaben haben im Jahr 2008 bei 34,4 Milliarden € ge legen, und sie sind trotz der Krise nicht nach unten gegangen, sondern sind weiter gestiegen.

(Zuruf: Wir haben ein Ausgabenproblem!)

Wir haben seitdem eine Lücke von etwa 10 Milliarden €, und diese Lücke zwischen Steuern und Ausgaben kann man nur schwer, in harter Arbeit und durch strukturelle Maßnahmen in den Griff bekommen.

(Zuruf des Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU)

Das sagt auch das Gutachten der Hertie School of Gover nance. Dieses Gutachten sollte man studieren, dann sieht man

auch die Problematik. Es ist nicht so einfach, wie Sie das mit der Mär von den Steuereinnahmen darstellen.

Außerdem müssen wir bei den Steuereinnahmen natürlich im mer Brutto und Netto sehen. Beim Brutto hört sich die Zahl gut an; der Nettobetrag ist niedriger, weil das Land in den Län derfinanzausgleich einzahlt und großzügig 23 % an die Ge meinden abgibt. Auch hierzu ein Vergleich mit Bayern: Da sind die Bayern nicht so großzügig wie wir. Aus diesem Grund ist es uns nur möglich, einen Teil einzusparen.

Wir brauchen – obwohl das niemand gern will – für 2013 und für 2014 eine Kreditermächtigung, und wir stimmen dieser Kreditermächtigung zu. Wir stimmen auch zu, dass wir unse re Probleme mittels eines Abbaupfads lösen.

Wir stimmen aber nicht Anträgen der CDU zu, die ins Reich der Träume und auf die Schatzsuche in die Schweiz gehen und beim Haushaltsausgleich auf ein Abkommen setzen, das im Bundesrat mit 48 : 21 Stimmen abgelehnt wurde – die sechs Stimmen des Landes Baden-Württemberg waren hier nicht ausschlaggebend –, das keine Grundlage hat und jetzt im Ver mittlungsausschuss endgültig durchgefallen ist. Das ist reine Spekulation.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Spekuliert wird auch hier auf Steuereinnahmen, die wahr scheinlich nur zu einem Bruchteil eingehen, und spekuliert wird hier auch mit einem Abkommen, das große Lücken er warten lässt. Anonyme Stiftungen versuchen schon wieder, andere Lösungen zu finden, damit wir diese Steuereinnahmen nicht bekommen.

Mit dieser Milliarde aus der Schweiz ist es nun leider nichts geworden. Die CDU sagt selbst im Antrag, niemand sei in der Lage, eine seriöse Aussage darüber zu machen, wie viel un versteuertes Vermögen deutscher Steuerpflichtiger bei Kredit instituten in der Schweiz angelegt ist. Auf eine solche Aussa ge hin 1 Milliarde € in den Haushalt einzustellen ist unseriös, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf von der SPD: Jawohl!)

Meine Damen und Herren, der Länderfinanzausgleich – auch ein wichtiger Posten – kostet das Land Baden-Württemberg leider wieder sehr viel Geld. Das Ärgerliche an diesem Fi nanzausgleichssystem ist, dass das Land Baden-Württemberg bei den Steuereinnahmen vor dem Länderfinanzausgleich über dem Länderdurchschnitt liegt und in seiner Finanzkraft nach dem Länderfinanzausgleich leicht unter dem Länderdurch schnitt liegt. Das ist nicht leistungsgerecht.

Das ist aber keine Erfindung von Grün-Rot, sondern das ist die Hinterlassenschaft der alten Landesregierung. Jetzt eine Klage einzufordern und für das Jahr 2014 nach dem Prinzip Hoffnung 100 Millionen € einzustellen ist genauso unseriös wie die Nummer mit dem Geld aus der Schweiz. Wie eine sol che Klage ausgehen würde, ist äußerst ungewiss. Die Sache kann ins Auge gehen, weil die Steuerkraft unserer Kommu nen derzeit nicht voll angerechnet wird. Darauf verwies kürz lich auch Professor Dr. Feld – wir haben schon von Herrn Kößler von ihm gehört; das ist einer der Wirtschaftsweisen – beim Forum für nachhaltige Finanzpolitik des Rechnungshofs

in Karlsruhe. Seine Aussage dazu war: Baden-Württemberg läuft bei einer Klage Gefahr, mehr zu zahlen. Also: Aufge passt!

Meine Damen und Herren, zu diesen unseriösen Verbesserun gen der Einnahmeseite gehört auch das Lebensarbeitszeitkon to. Kurzfristigen Einsparungen durch Mehrarbeit stehen in der Zukunft Ausgaben durch deren Ausgleich gegenüber. Dafür muss man eine Rücklage bilden. Macht man das nicht, ent steht ein strukturelles Defizit. Bildet man diese Rücklage, dann wird aus dem Einsparvorschlag eine Nullnummer. Also gilt auch da: Ab damit in den Papierkorb.

Meine Damen und Herren, ich unterstreiche, was meine Kol legin Aras gesagt hat: Wir geben 1 Milliarde € in eine Rück lage. Auch das muss man in diesem ganzen Kontext sehen. In den Jahren 2013 und 2014 geben wir mit 1 Milliarde € weit aus mehr als Bayern in die Rücklage. Wenn Sie das berück sichtigen und ferner berücksichtigen, wie die Zinslast ausse hen würde, wenn wir die Verschuldung von Bayern hätten, wenn Sie dann auch noch eine Nullrunde für die Beamten, wie es sie in Bayern gibt, hinzurechnen, wenn Sie also das alles auf Baden-Württemberg übertragen würden, dann könnten wir ebenfalls 500 Millionen € tilgen.

Eine gewisse Reserve – das gebe ich zu – sind die prognosti zierten Steuereinnahmen aus der Steuerschätzung vom No vember 2012. Ob die in Aussicht gestellten 420 Millionen € Mehreinnahmen erzielt werden, wird man abwarten müssen. In den Haushalt werden diese Einnahmen nicht eingestellt. Das ist eine seriöse und vorsichtige Finanzpolitik. Ein Dop pelhaushalt bringt immer Unsicherheiten und Unwägbarkei ten mit sich. Die Eintrübung der Konjunktur macht sich auch in Baden-Württemberg bemerkbar, und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs birgt Risiken. Auch die Tarif abschlüsse sind ein großes Risiko. Wenn so abgeschlossen wird wie

(Zuruf von der SPD: Gefordert!)

gefordert, dann kostet uns das 1 Milliarde €. Deshalb müssen wir vorsichtig sein. Wenn es dann keine Unsicherheiten mehr gibt, können wir die ganze Sache im Nachtragshaushalt re geln.

Die SPD-Fraktion stimmt dem Einzelplan 12 zu.

Ich komme zum Staatshaushaltsgesetz und verweise dazu auf die Stellenabbauprogramme. Sie werden weitergeführt. Ich verweise vor allem darauf, dass auch wieder 54 Stellen durch ein Einsparprogramm zur Refinanzierung von Stellen auf grund der Regierungsbildung abgebaut werden. Wir sind hier auf einem guten Weg. Ich unterstreiche auch eine Initiative „Gute Arbeit“. Wir haben befristete Arbeitsverhältnisse

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

finanztechnisch neutral so gestaltet, dass wir Hunderten von derzeit befristet Beschäftigten einen unbefristeten Arbeitsver trag geben können. Das ist eine gute und wichtige Sache.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Im Haushaltsbegleitgesetz ist u. a. der Pakt mit den Kommu nen geregelt. Die Verwaltungskostenpauschale, die Förderung

der Jugendkunstschulen, das Privatschulgesetz und die Lan deshaushaltsordnung werden geändert. § 18 der Landeshaus haltsordnung wird entsprechend den gefassten Beschlüssen angepasst. Wir haben damit die Möglichkeit, die Lücke von 2,5 Milliarden € Schritt für Schritt über einen Abbaupfad über mehrere Jahre bis 2019 zu schließen.

Niemand macht gern Schulden, meine Damen und Herren. Wir versuchen aber, unsere Finanzpolitik seriös und verant wortungsvoll zu machen. Deshalb halten wir das für den rich tigen Weg. Wir bieten gern an, das auch in die Verfassung zu schreiben. Bringen Sie uns ein paar gute Einsparvorschläge. Vielleicht können wir dann die Schulden in Zukunft verrin gern. Aber wir sind nicht bereit, die Anträge der CDU und der FDP/DVP mitzutragen.

Die Landesregierung versucht derzeit, den Haushalt systema tisch und langfristig zu konsolidieren, und zwar mit einem rie sigen Arbeitspensum. Es gibt eine Kommission für Haushalt und Verwaltungsstruktur. Sie wird unterstützt von einem Len kungskreis und von den Ministerien. Sie ist dabei, einen Weg festzulegen, mit dem die Verschuldung nachhaltig gesenkt wird. Dort werden sinnvolle Sparvorschläge eingebracht. Wir nehmen viele alte Denkschriftbeiträge des Rechnungshofs wieder auf und berücksichtigen natürlich auch die aktuellen. Stellenkürzungen kommen hier zur Sprache, auch Verbesse rungen bei der IT sind geplant. Die Verwaltungsstrukturen werden durchleuchtet, ein Controlling wird eingerichtet und ein Finanzplan bis zum Jahr 2020 aufgestellt, der dem Parla ment dann im Sommer vorgelegt wird.

Ich glaube, das ist ein richtiger Weg, ein Weg, mit dem wir vernünftig und zielgerichtet sparen. Wir werden es schaffen, 2013 etwa 800 Millionen € und 2014 etwa 1 Milliarde € ein zusparen.

Den Gegenbeweis ist uns die Opposition schuldig geblieben. Wir haben von ihr keine Sparvorschläge bekommen. Wenn wir all das, was wir von ihr in den Haushaltsberatungen ge hört haben, umsetzen würden,

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

dann hätten wir die Deckungslücke von 2,5 Milliarden € nicht einmal ansatzweise geschlossen, sondern dann hätten wir wei tere 2,5 Milliarden € Schulden aufgenommen.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Märchen!)

Die Regierung hat Mut bewiesen und auch bittere Entschei dungen getroffen. Wir haben bei den Mitarbeitern gespart. Wir haben bei den Beamten Entscheidungen getroffen, zu denen uns viel Protest entgegengeschlagen ist. Was von der Oppo sition kam, waren Krokodilstränen. Herr Rülke, wahrschein lich gehen Sie dann im Sommer zusammen mit den Beamten demonstrieren. Aber das trägt nicht dazu bei, unsere Proble me zu lösen.

Wir bringen noch einen kleinen Antrag ein. Er betrifft den Zu schlag von 10 %, der bei einer freiwilligen Verlängerung der Lebensarbeitszeit gewährt wird. Diesen Antrag Drucksache 15/2717-1 – er wurde gestern ausgeteilt – beziehen wir auf die Besoldungsgruppen B 2 bis B 11, R 3 bis R 8, W 3 und C 4 k.w. Wir sagen einfach: Wer 9 000 € und mehr verdient und länger arbeiten will, der braucht diese 10 % nicht; der ist

in einer guten finanziellen Situation. Deswegen umfasst die Kürzung diese Besoldungsgruppen.

Meine Damen und Herren, die mittelfristige Finanzplanung zeigt noch einmal auf, dass wir Konsolidierungsbedarf haben. Wir werden auch die künftigen Haushalte 2015 und 2016 mit Krediten ausgleichen. Die mittelfristige Finanzplanung ist aber wie der Doppelhaushalt 2013/2014 ein deutlicher Ein stieg in den Abbau des Haushaltsdefizits. Der Weg des Abbau pfads wird fortgesetzt. In der mittelfristigen Finanzplanung wurde dokumentiert, wie man nach und nach bis 2019 zu ei ner nachhaltigen Haushaltspolitik gelangt. Wir stimmen die ser Finanzplanung zu. Wir nehmen sie positiv zur Kenntnis.

Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen ganz herzlich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Für die FDP/DVP-Frak tion erteile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Rülke.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Aber heute Abend ein bisschen ruhiger!)

Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Dieser Haushalt ist ein Haus halt, der Baden-Württemberg immer weiter in die Verschul dung führt.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Die Zahlen lügen hier nicht, und sie sind eindeutig. Der Staats haushaltsplan für das Jahr 2010 hatte ein Volumen von knapp 35 Milliarden €, der Staatshaushaltsplan für 2011 in der Fas sung des Vierten Nachtrags ein Volumen von knapp 36,8 Mil liarden €. Das ist eine Steigerung um 5,2 %. Der Staatshaus haltsplan für 2012 umfasst 38,85 Milliarden €; das entspricht einer Steigerung um 5,7 % gegenüber 2011. Beim Staatshaus haltsplan für 2013 sind es 40,7 Milliarden €; das entspricht ei ner Steigerung um 4,8 % gegenüber 2012.

Meine Damen und Herren, wenn Sie das Haushaltsvolumen jedes Jahr um 5 %, um 2 Milliarden €, steigern, ist es kein Wunder, dass wir nicht aus der Neuverschuldung herauskom men. Das ist Ihr Problem, und nichts anderes.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Die den einzelnen Ressorts aus dem allgemeinen Steuerauf kommen zur Verfügung gestellten Mittel sind – ohne Berück sichtigung des kommunalen Finanzausgleichs und des Län derfinanzausgleichs – von 19,06 Milliarden € im Jahr 2011 um mehr als 1,5 Milliarden € auf 20,63 Milliarden € im Jahr 2012 angewachsen. 2013 liegt dieser Zuwachs deutlich über dem Zuwachs der Steuereinnahmen, der netto, nach dem Ab zug der Mehrleistungen für den kommunalen Finanzausgleich und den Länderfinanzausgleich, mit etwa 600 Millionen € ver anschlagt ist. Brutto sind es nach der Steuerschätzung vom Mai 2012 924 Millionen €.

Auch hier wird deutlich: Sie haben ein Ausgabenproblem. Das wird auch deutlich, wenn man sich die einzelnen Ressorts an schaut. Das Staatsministerium gibt 3,2 Millionen € mehr aus.

Beim Innenministerium sind es 80,7 Millionen € mehr, beim Ministerium für Kultus, Jugend und Sport 253,2 Millionen €, beim Justizministerium 10,4 Millionen €, im Bereich Wirt schaft 23 Millionen €, beim Ministerium für Ländlichen Raum 22 Millionen €, beim Sozialministerium 95,5 Millionen €, beim Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft 28,4 Millionen €, beim Verkehrsministerium 94,4 Millionen €, beim Wissenschaftsministerium 131,8 Millionen € und beim Integrationsministerium 17,4 Millionen €, meine Damen und Herren. In all diesen Bereichen gibt es Mehrausgaben. Auch hier wird deutlich: Dieser Haushalt hat kein Einnahme-, son dern ein Ausgabenproblem.