Protokoll der Sitzung vom 07.03.2013

Herr Kollege Pröfrock, die Redezeit ist abgelaufen. Damit kann ich nach der Ge schäftsordnung keine Fragen mehr zulassen.

Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Sakel lariou.

Das Mikrofon ist aber sehr hoch eingestellt.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Herr Schwarz ist 2,10 m groß! – Vereinzelt Heiterkeit)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, lie be Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf zur Vorbe reitung der Kommunalwahlen enthält einige Klarstellungen, Anpassungen und Neuerungen. Ich will einmal mit den kos tensparenden Elementen beginnen.

(Zuruf von der CDU: Ja!)

Die Regelung, dass Bürgermeisterwahlen und Bürgerentschei de demnächst gemeinsam mit Volksabstimmungen durchge führt werden können, wird Geld sparen, findet also unsere Zu stimmung.

Die Regelung, dass Wahlkreisausschüsse bei der Kreistags wahl entfallen sollen, verringert den Verwaltungsaufwand und beschleunigt die Ermittlung von Wahlergebnissen. Das findet ebenfalls unsere Zustimmung.

Wir werden Anpassungen des Berechnungsverfahrens vorneh men und von d’Hondt auf Sainte-Laguë/Schepers umstellen. Es ist vorgetragen worden, dass beide Systeme verfassungs rechtlich letztlich nicht angreifbar sind und keines der Syste me bezüglich des Gerechtigkeitsaspekts überlegen ist. Aber es ist denklogisch natürlich schon vernünftig, dass wir, da wir 2006 das Landtagswahlrecht auf Sainte-Laguë/Schepers um gestellt haben und das Bundestagswahlrecht sowie das Euro pawahlrecht seit dem Jahr 2008 ebenfalls auf Sainte-Laguë/ Schepers basieren, dies nun auch für das Kommunalwahlrecht vorsehen.

Zu den Neuerungen: Was die Abschaffung der Möglichkeit, in zwei Wahlkreisen zu kandidieren, betrifft, so haben Sie, Herr Klein, gesagt, es sei schön, dass wir uns dies zu eigen gemacht hätten. Ich kann mich aber noch genau an die Dis kussion im Jahr 2003 erinnern, als es darum ging, die soge nannte „Lex Föll“ einzuführen und so zu ermöglichen, dass Herr Föll als Jurist Finanzbürgermeister in Stuttgart werden konnte, obwohl er hierfür nicht die Voraussetzungen, nämlich die Ausbildung zum Fachbeamten für das Finanzwesen, er füllt hatte. Das war damals verknüpft worden mit der Mög lichkeit, in zwei Landtagswahlkreisen anzutreten.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Auf Wunsch der FDP/DVP!)

Das war damals der Wunsch der FDP/DVP. Wir haben das als damalige Opposition natürlich empört zurückgewiesen. Im Grunde waren wir also schon immer gegen diese Möglichkeit, und mit der Regierungsübernahme sind wir dann nicht etwa Ihrem Vorschlag gefolgt, sondern wir haben Ihren Irrtum kor rigiert und wollen den alten Rechtszustand wiederherstellen, so, wie sich das auch gehört.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Es ist letztlich genau so gekommen, wie wir befürchtet haben. Es sind extremistische Parteien in Kreistage eingezogen – die NPD und auch die Linkspartei –, und im Landkreis Schwä bisch Hall hat diese Regelung dazu geführt, dass von den sechs Sitzen, die die FDP dort hat, allein zwei Sitze diesem Verfahren geschuldet sind, weil nämlich zwei Personen durch diese Möglichkeit zusätzlich – mit ganz geringen Stimmen anteilen für ihre Person – einen Sitz errungen haben. Das ist im Grunde eine echte Verzerrung des Wahlergebnisses, die wir mit diesem Gesetz korrigieren.

Zur nächsten Neuerung, nämlich dem aktiven Wahlrecht ab 16 Jahren: Herr Kollege Klein, da muss ich sagen, das sehen wir ganz anders als Sie. Wenn Sie sich auf die Verfassungs väter des Landes Baden-Württemberg berufen, beziehen Sie sich auf Zustände von vor 60 Jahren. Es mag sein, dass vor 60 Jahren die 16-Jährigen tatsächlich schon anders eingebun den waren und anders mit Entscheidungen konfrontiert wa ren, die wir in diesem Haus getroffen haben und die später auch in kommunalen Gremien oder in Gemeinderäten getrof fen wurden.

Wenn man zu Hause selbst fünf Kinder hat und mit ihnen im mer wieder einmal am Mittagstisch diskutiert, dann stellt man

zwar fest, dass sich der Großteil der Themen auf den Schul bereich bezieht.

(Abg. Günther-Martin Pauli CDU: Das geht mir auch so!)

Da geht es um Lehrer, die Notenbildung und Ähnliches. Aber der zweitgrößte Anteil an Themen, die die Jugendlichen von sich aus problematisieren, bezieht sich auf Fragen wie: Was passiert mit den Omnibussen? Was passiert auf dem Schul hof? Was ist mit der Schulmensa, über die der Gemeinderat beschließt? Wie ist das Essen in der Schulmensa? Wie geht der Gemeinderat mit Skatern auf öffentlichen Plätzen um? All dies sind Fragen, die auch das Gespräch am Mittagstisch do minieren.

Deswegen bin ich der festen Überzeugung, dass Jugendliche im Alter von 16 Jahren sehr wohl ein massives Interesse dar an haben, ihr Lebensumfeld in der Kommune mitzugestalten, und dass sie feste Überzeugungen haben.

Herr Kollege Maier hat mir erzählt, er habe gestern 60 Jugend liche, die sich bei der Jugendfeuerwehr engagieren und auch noch keine 18 Jahre alt sind, zu Gast gehabt. Alle diese Ju gendlichen, die sich bei der Jugendfeuerwehr einbringen, sei en von der Möglichkeit begeistert gewesen, ihre Unterstützer in den Gemeinderat zu wählen und womöglich – als Partei mitglied – auch mitzubestimmen, an welcher Stelle auf der Liste diese Personen stehen. Das ist eine wirkliche Neuerung, von der ich mir sehr viel verspreche.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Sakella riou, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Klein?

Gern. Wird die Redezeit an gehalten?

Herr Kollege, es geht mir nicht dar um, wie die Zustände vor 60 Jahren waren, als die Landesver fassung und das Grundgesetz geschaffen wurden, sondern es geht um Verfassungsgrundsätze, wenn das Wahlalter nicht mehr mit der Volljährigkeit zusammenfällt. Das Alter zur Er reichung der Volljährigkeit wurde im Laufe der Zeit gesenkt. Die entscheidende Frage ist, ob man diese beiden Aspekte trennen sollte.

Herr Kollege, wie lau tet Ihre Frage?

Meine Frage ist: Wie sehen Sie das?

Ja, das war klar.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Herr Kollege Pröfrock, haben Sie eine ähnliche Frage, sodass wir diese gleich anschließen können?

(Abg. Matthias Pröfrock CDU: Nein!)

Andernfalls wird die Redezeit des Kollegen Sakellariou mög licherweise abgelaufen sein.

Herr Abg. Sakellariou, zur Frage, bitte.

Sie haben in Ihrem Beitrag selbst erwähnt, dass es darum geht, dass die Jugendlichen mündige Staatsbürger werden. Ich meine, indem für das pas sive Wahlrecht weiterhin ein Mindestalter von 18 Jahren vor gesehen ist und das aktive Wahlrecht vorverlagert und bereits ab 16 Jahren ausgeübt werden soll, ist eine Hinführung zu die sem Zustand erreicht.

Wenn die Jugendlichen dann mit der Volljährigkeit sowohl das aktive als auch das passive Wahlrecht haben, sind sie zu vor schon mitgenommen worden; sie haben sich schon ein bringen können. Schon allein daraus verspreche ich mir eine Verbesserung, weil man dann nicht zu spät kommt. Die Ju gendlichen im Alter zwischen 16 und 18 Jahren wurden dann schon mitgenommen, sie sind dann nicht erst mit 18 Jahren zum ersten Mal gleichermaßen aktiv und passiv wahlberech tigt, und sie haben dann nicht das Gefühl, in der einen oder anderen Frage schon abgehängt zu sein.

Ich finde diesen Prozess über zwei Jahre sinnvoll, auch wenn andere das möglicherweise anders sehen.

Zweite Frage?

Nein. Ihre Redezeit ist abgelaufen, lieber Herr Kollege.

Von wegen; ich hatte vor dem Stellen der Frage noch 48 Sekunden Redezeit.

Herr Kollege, das ist mir klar. Aber die Länge Ihrer Antwort bestimmen Sie selbst. Die Zeit für die Fragestellung wird nicht auf Ihre Redezeit an gerechnet; das gilt aber nicht für Ihre Antwort. Sonst könnte jeder Redner sogar zehn Minuten antworten. Das geht leider nicht. Ich hätte Ihnen die Zeit gern zugestanden, aber die Ge schäftsordnung lässt das nicht zu.

Dann beantrage ich, die Ge schäftsordnung zu ändern.

(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Winfried Mack CDU: Müssen wir nicht erst eine Sondersitzung des Präsi diums machen?)

Ich werde demnächst den Antrag stellen, die Geschäftsord nung entsprechend anzupassen.

Die SPD wird dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. – Für die FDP/DVP-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Professor Dr. Goll das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf bein haltet durchaus Teile, die uns gefallen; ich nenne natürlich auch die Umstellung des Wahlsystems auf Sainte-Laguë/Sche pers. Ich habe mit Interesse festgestellt, dass Kollege Klein von der CDU – vielleicht zu Ihrer Überraschung – hier Zu stimmung signalisiert hat. Vielleicht hat sich herumgespro chen, dass bei der Landtagswahl in Niedersachsen die vorhe rige Regierung noch im Amt wäre, wenn dort das Wahlsys

tem nach Sainte-Laguë/Schepers beibehalten und nicht wie der das d’hondtsche Verfahren angewandt worden wären. Das ist so; Sie können sich gern erkundigen. Jedenfalls ist das an dere System auch unserer Meinung nach besser.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Wir sind ja nicht in Niedersachsen!)

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Wir sind ja nicht in Niedersachsen! – Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: In Baden-Württem berg wird es immer sichere Ergebnisse geben!)