Protokoll der Sitzung vom 07.03.2013

Mit Blick auf den Ansturm auf die Hochschulen in den Jah ren 2011 und 2012 hat sich die Landesregierung bereits 2007 nicht nur mit rund 22 500 Studienplätzen, sondern auch mit entsprechendem Wohnraum auf den Weg gemacht. Der dama lige Wissenschaftsminister Peter Frankenberg und die dama lige Regierung haben frühzeitig vorgesorgt und mit dem Aus bauprogramm „Hochschule 2012“ in Baden-Württemberg über drei Jahre hinweg rund 1 600 Wohnheimplätze geschaf fen. Im Wintersemester 2012/2013 waren es weitere rund 1 450 Plätze. Im Wintersemester 2013/2014 werden es sogar noch einmal 1 800 Plätze sein.

Außerdem wurde 2009 im Rahmen des Landeswohnraumför derungsprogramms eine Förderung zur Schaffung allgemei nen Sozialmietwohnraums geschaffen. Dem damals bereits absehbaren Mangel aufgrund der steigenden Zahl der Studie renden konnte dadurch entgegengewirkt werden.

Die Unterstützung des Landes hat sich aber nicht nur auf Zu schüsse für den Neubau von Wohnheimen beschränkt. Min destens genauso bedeutend war, dass den Studentenwerken Grundstücke in Landeseigentum kostengünstig zur Verfügung gestellt wurden.

Dennoch ist es damit nicht genug. Die Zahlen, die Sie in Ih rer Stellungnahme nennen, sind richtig. Nach der Wohnraum erhebung des Deutschen Studentenwerks liegt Baden-Würt temberg bei den Wohnheimplätzen mit einer Versorgungsquo te von 13,62 % seit Jahren über dem Bundesdurchschnitt. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, das alles hilft relativ wenig, wenn wir grundsätzlich Probleme auf dem Wohnungs markt haben. Wenn rund 14 % der Studierenden in Wohnhei men wohnen, dann müssen sich immer noch 86 % ihre Woh nung auf dem freien Wohnungsmarkt suchen.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Oder zu Hause wohnen!)

Oder zu Hause wohnen, genau.

Sie haben im November große Ankündigungen im Zusam menhang mit dem Wohnraumförderungsprogramm gemacht. Klar ist aber auch: Sie bleiben trotz angekündigter voluminö

ser Umstrukturierungsmaßnahmen hinter den Erwartungen zurück.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Es hilft niemandem, wenn Sie verbesserte Anreize zur Schaf fung von preisgünstigem Mietwohnraum in Groß- und Uni versitätsstädten populistisch ankündigen, diese dann aber auf grund von Verstößen gegen das Beihilferecht nicht umgesetzt werden können.

Auch die erstmals aufgenommene Energiekomponente ist bei dem sozial ausgerichteten Programm kontraproduktiv. Ziel der Mietwohnraumförderung muss es sein, die zunehmend schlechter werdende Situation am Wohnungsmarkt zu verbes sern, und nicht, den Klimaschutz zu fördern.

Sie haben die Zuschüsse an die Studentenwerke zur Wohn raumförderung seit 2012 mit unserer Unterstützung um 4,5 Millionen € erhöht und dies im Haushalt 2013/2014 fortge führt. Das ist ein wichtiger Schritt, der aber leider bei Weitem nicht ausreichend ist. Hier muss eindeutig mehr passieren.

(Beifall bei der CDU)

Wir fordern Sie außerdem auf, auch die private Wohnungs wirtschaft zu unterstützen. Gerade für private Anbieter, die studienorientierte moderne Einzimmerappartements zur Ver fügung stellen, müssen Anreize gesetzt werden. Die Vorteile solcher Modelle liegen ganz klar auf der Hand. Gerade mit Blick auf den demografischen Wandel müssen Studentenwoh nungen flexibel umgestaltet werden können.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Deshalb darf der Stein brück das Mietrecht nicht ändern!)

Studentischer Wohnraum muss langfristig auch anders genutzt werden können. Welche Pläne und Alternativen haben Sie hierzu?

Sehr geehrte Damen und Herren, fest steht: Die Politik muss Lösungen erarbeiten, um Wohnraum in den Städten für Stu denten wieder bezahlbar zu machen. Es kann nicht sein, dass die führenden Köpfe von morgen wochenlang in einer Turn halle auf einer Matratze oder mehrere Monate lang bei Be kannten auf dem Sofa übernachten müssen. Die Ideen, neue Wohnheimplätze zu schaffen und hierfür etwa leere Kasernen in Studentenwohnheime umzuwandeln, sind nicht neu, wur den bisher aber leider nur unzureichend genutzt.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Herrn Abg. Lede Abal das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kol legen! Mit dem Thema „Wohnsituation von Studierenden“ ha ben wir uns im Wissenschaftsausschuss schon mehrfach be fasst, zuletzt im Oktober letzten Jahres auf Antrag der CDU, nachdem ein Antrag der Kolleginnen und Kollegen von der SPD zu diesem Thema bereits Anfang des Jahres 2012 im Ausschuss diskutiert wurde.

Bei all diesen Debatten stand und steht eine Frage im Mittel punkt: Sind Studentenwerke und örtliche Wohnungsmärkte darauf ausgelegt, dass sich die Studierendenzahlen derzeit im steilen Aufstieg auf das Hochplateau befinden?

Wenn ich mich richtig erinnere, sind es vor allem zwei Bot schaften, die wir aus den damaligen Ausschussdebatten mit genommen haben. Erstens: Der doppelte Abiturjahrgang und die steigende Studierneigung stellen die Studentenwerke und die örtlichen Wohnungsmärkte insbesondere in den Universi tätsstädten in der Tat vor große Herausforderungen. Das wird auch von niemandem geleugnet. Ich weiß das auch als Mit glied des Verwaltungsrats des Studentenwerks Tübingen-Ho henheim und kann Ihnen bestätigen, dass die Wohnsituation von Studierenden heute so angespannt ist wie seit vielen Jah ren nicht mehr.

Zweitens: Im Rahmen dessen, was kurzfristig möglich ist, ist die grün-rote Landesregierung aktiv geworden, um diese ab sehbare Situation zu entspannen.

Zum Stichwort Hochplateau: Wir gehen davon aus, dass es sich beim Anstieg der Zahl der Studienanfänger nicht um ein einmaliges Phänomen handelt, das bald wieder abflaut. Der doppelte Abiturjahrgang führt in diesem Jahr zu einer spürba ren Verschärfung. Festzuhalten ist aber auch, dass wir auf ab sehbare Zeit mit steigenden bzw. gestiegenen Studierenden zahlen rechnen müssen und auch rechnen werden.

Dieser Anstieg hat etwas mit der gestiegenen Studierneigung zu tun. Er hat aber auch etwas damit zu tun, dass in Deutsch land in den vergangenen Jahren spürbar geworden ist, wie wichtig akademische Bildung ist. All das sind Punkte, die wir hinnehmen müssen und die wir begrüßen sollten; denn eine steigende Akademikerquote hat auch etwas mit der von uns gewünschten sozialen Öffnung der Hochschulen zu tun.

Hinsichtlich der Studienplätze ist die Landesregierung mit dem Ausbau des Programms „Hochschule 2012“ vorangegan gen. Zum Studium gehört aber auch das soziale Umfeld, ge hören Wohnungen und Zimmer, die sich Studierende leisten können. Neue Gebäude zu schaffen ist aufwendiger und dau ert länger. Aber auch hier haben wir etwas getan.

Ich möchte noch eines festhalten: Dass die Studierendenzah len dauerhaft ansteigen werden, war auch schon vor 2011 ab sehbar. Insofern muss durchaus auch gefragt werden, ob in der Zeit zuvor nicht noch stärkere Anstrengungen im Bereich des Wohnens notwendig gewesen wären.

Jetzt möchte ich den Blick wieder nach vorn richten.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: So ist es! Immer nach vorn schauen!)

Mit einer Versorgungsquote von 13,6 % – das haben Sie auch schon angeführt, Frau Kollegin Schmid – liegt Baden-Würt temberg mit an der Spitze beim Vergleich der Kapazitäten an Wohnheimplätzen für Studierende. Die Wohnheimkapazitä ten der Studentenwerke wurden und werden weiter ausgebaut. Im Herbst 2012 waren rund 3 500 neue Plätze in Planung bzw. schon im Bau. Das ist – in der Stellungnahme der Landesre gierung steht es noch einmal schwarz auf weiß – etwa ein Drit tel des gesamten Ausbaus in ganz Deutschland. Dazu trägt bei, dass die Landesregierung den Investitionshaushalt der Stu

dentenwerke um 4,5 Millionen € auf 14,1 Millionen € erhöht hat. Im Doppelhaushalt 2013/2014 werden diese Mittel fort geschrieben. Im vergangenen Jahr wurden allein 8,75 Millio nen € für den Wohnheimbau abgerufen.

Grün-Rot, die Landesregierung, ist hier also aktiv geworden und handelt, während es Bundesverkehrs- und Bundesbaumi nister Ramsauer beim Verbalaktivismus belässt. Er hat beim runden Tisch mit den Studentenwerken im November 2012 deutschlandweit einen Mehrbedarf von 70 000 studentischen Wohnheimplätzen identifiziert. Aber solange Ramsauer allein die Länder in der Pflicht sieht, helfen schöne Worte wenig. Das Deutsche Studentenwerk hat vorgeschlagen, den Hoch schulpakt um ein Bund-Länder-Programm für 25 000 zusätz liche Wohnheimplätze zu ergänzen.

Inhaltlich ist das sinnvoll. Die Länder allein können das aber nicht stemmen. Hier ist der Bund gefragt. Aber statt diese Ge bäude zu finanzieren, mauert Schwarz-Gelb und hält den Geld beutel verschlossen.

(Zuruf: Oh! Das ist aber schade!)

Meine Damen und Herren, die Frage, wie die soziale Infra struktur beim Ausbau der Studierendenplätze mit wachsen kann, ist richtig gestellt. Grün-Rot im Land ist bei den Haus halten aktiv geworden und unterstützt die Studentenwerke mit Taten. Auf die Taten von Schwarz-Gelb in Berlin warten wir nach wie vor.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Dietrich Birk CDU)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Stober das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal herzlichen Dank an die CDU-Fraktion, dass sie dieses zentrale Thema auf die Tagesordnung gebracht hat.

Ich will mich als Erstes ganz herzlich den Ausführungen und Analysen meiner Vorrednerin und meines Vorredners anschlie ßen, was die augenblicklichen Gründe für die Entwicklung der Studierendenzahlen sind. Aber – das möchte ich auch in Richtung CDU sagen – ich finde es schon ein bisschen mutig, dieses Thema so anzusprechen, vor allem wenn ich mir an schaue, was in der letzten Legislaturperiode passiert ist.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Wir schauen in die Zu kunft!)

Das war eben nicht so rosarot, wie Sie, Frau Schmid, das hier geschildert haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Zuruf des Abg. Dr. Dietrich Birk CDU)

Die Zahl der Studierenden ist in den letzten zehn Jahren von 194 000 auf 305 000 gestiegen, wie es auch in der vorliegen den Landtagsdrucksache steht. Aber der Ausbau der Wohn heimplätze hat damit nicht Schritt gehalten. Sie sind zwar et was ausgebaut worden, aber die Wohnheimquote in Baden

Württemberg ist von 15 auf 13 % gesunken. Erst jetzt, nach dem Regierungswechsel, gehen wir wieder daran, dabei Stück für Stück nach oben zu kommen.

Wenn wir uns die Statistik über die Ausbauzahlen anschauen, die auch der vorliegenden Landtagsdrucksache beigefügt sind, sehen wir, dass die Wohnheimquote an den meisten Studen tenwerksstandorten gerade in den letzten ein, zwei Jahren wie der gestiegen ist. Deswegen ist es auch völlig richtig, wieder das Ziel zu verfolgen, diese Quote von 13 auf 15 % zu erhö hen.

Das ist auch der Grund dafür gewesen, dass wir für die sozi ale Infrastruktur 4,5 Millionen € zusätzlich in die Hand genom men haben. Dazu gehören die Verpflegungsbetriebe, Mensen und Cafeterien, aber dazu gehört insbesondere auch das The ma Wohnen.

Deswegen ist es wichtig, dass wir an diesem Thema sehr, sehr offensiv dranbleiben. Ich würde mich auch freuen, wenn von Ihrer Seite z. B. Gegenfinanzierungsvorschläge gemacht wür den. Wir unterstützen es, dass man das noch weiter angehen muss, aber wir müssen das auch im Verhältnis zu den Mög lichkeiten des Landeshaushalts sehen.

Das andere Thema, auf das ich noch eingehen möchte, ist auch in Ziffer 10 des vorliegenden Landtagsantrags mit angespro chen worden. Das ist insgesamt das Thema „Soziale Miet wohnraumförderung“. Dieses Thema ist auch ganz zentral und bedeutend, weil Studierende mit anderen Menschen auf dem Wohnungsmarkt – insbesondere mit Familien mit geringem Einkommen – konkurrieren. Deswegen ist es wichtig, dass da etwas getan wird.

Das, was die alte Landesregierung in der letzten Legislatur periode getan hat – Sie, Frau Schmid, waren damals noch nicht dabei; deswegen soll das auch kein persönlicher, direk ter Vorwurf sein –, ist dünn und dürftig gewesen. Deswegen war es richtig, dass diese Regierungskoalition die Mittel für die soziale Mietwohnraumförderung erhöht hat, und zwar von 36 Millionen € im letzten Jahr auf 40 Millionen € im kom menden Jahr. Da setzen wir wirklich einen Schwerpunkt für alle Menschen hier im Land: für Studierende, aber auch für alle anderen Menschen mit geringem oder mittlerem Einkom men. Ich glaube, das ist auch das richtige Signal, das Grün und Rot in Baden-Württemberg setzen.