Protokoll der Sitzung vom 07.11.2013

Keine Entschuldigung. Aber Herr Pauli wird wahrschein lich ein bisschen genötigt werden; das muss man auch einmal sagen. Daher kann man auch ein bisschen Mitleid haben.

(Zurufe)

Bei den Anfragen aus CDU-Kreisen wird genannt: Sie setzen sich in Drucksache 15/2643 für die Bauernverbände ein; Sie setzen sich für die Vertriebenenverbände, die Freikirchen ein. Für alle möchten Sie einen weiteren Sitz haben,

(Zurufe von der CDU: Nein! – Abg. Friedlinde Gurr- Hirsch CDU: Andere Schwerpunkte!)

obwohl Sie eigentlich doch verlangen, den Bereich zu redu zieren. Sie müssen doch einmal die gesellschaftliche Realität anerkennen. Wir haben die Landfrauen, die Umweltverbän de, die Europa-Union, die Muslime in die Gremien geholt. Das ist der gesellschaftlichen Perspektive in diesem Land ge schuldet. In diesem Bereich hat sich in den letzten 58 Jahren immerhin etwas verändert.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Sascha Binder SPD)

Das können Sie nicht einfach negieren und sagen: „Das inte ressiert mich nicht.“ Auch die CDU muss berücksichtigen, dass sich in diesem Land etwas verändert hat.

Ganz wichtig zu erwähnen ist – weil Sie immer auf einzelne Gruppen abzielen –: In § 13 des SWR-Staatsvertrags ist klar geregelt, dass wir alle – auch Sie als Mitglied des Verwal tungsrats, Herr Pauli, ich und Herr Binder, der noch sprechen wird, als Mitglieder des SWR-Rundfunkrats – der Allgemein heit verpflichtet sind und alle Interessen vertreten müssen. Ich sitze dort nicht nur als Abgeordneter der Grünen,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Des ganzen Landtags!)

sondern ich vertrete auch die Interessen der Verbände, die dort nicht Mitglied sind. Das sind sehr viele, weil wir uns klar da für entschieden haben, dieses Gremium nicht zu vergrößern. Es gibt Verbände – es geht ja nicht nur um die Vertriebenen, die Freikirchen und die Bauernverbände –, die uns Mails ge schrieben und gefragt haben, warum sie im Gremium nicht abgebildet sind. Irgendwo ist jedoch eine Grenze erreicht. Wir haben gesagt: Das Gremium muss handlungsfähig bleiben. Die Zahl der Mitglieder konnten wir nicht verringern. Ich bit te Sie, das anzuerkennen und nicht weiter nachzukarten.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Leisten Sie einen Sparbeitrag!)

Der aus meiner Perspektive und der meiner Fraktion zweite große Schritt wurde schon im Juni 2011 angesprochen, da mals noch im alten Plenarsaal. Es ging um eine von der FDP/ DVP beantragte Aktuelle Debatte mit dem Titel „Hände weg vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk“. Damals haben Sie auch getitelt, wir würden den kompletten SWR einnehmen. Wenn Sie die Verhandlung beim Bundesverfassungsgericht am Dienstag verfolgt hätten – ich war dort –, wüssten Sie, wa rum diese Debatte ins Rollen gekommen ist: wegen Roland Koch, wegen der Einflussnahme im ZDF. Darauf haben wir gut reagiert. Wir haben die Landesregierung aus dem Rund funkrat herausgenommen; denn wir sagen: Dort wird über das Programm und seine Gestaltung gesprochen; dabei soll die Landesregierung nicht vertreten sein. Ich glaube, das ist ein guter Weg. Das wird auch das Bundesverfassungsgericht den weiteren Gremien sagen.

Wir haben meines Erachtens auch im Verwaltungsrat gut re agiert. Das sollten Sie bitte einfach zur Kenntnis nehmen, ge rade vor dem Hintergrund der Staatsferne. Das negieren Sie letztendlich, indem Sie sagen: „Unsere Mitglieder waren öf ter da.“ Da sollten Sie einmal erklären: Haben sie dann mehr Einfluss genommen, oder haben sie nicht mehr Einfluss ge nommen? Diese Widersprüche, die aus Ihren Ausführungen hervorgehen, möchte ich von Ihnen in der weiteren Debatte geklärt haben.

Abschließend möchte ich noch etwas zum Standort BadenBaden sagen. Meine Kollegin Bea Böhlen vertritt den Stand ort Baden-Baden. Von dort kamen die heftigsten Reaktionen hinsichtlich der Flexibilisierungen, der Erweiterungen. Ich kann Ihnen sagen: Es geht in diesem Staatsvertrag um eine zukunftsfähige Struktur des SWR. Es geht nicht darum, dass wir einfach nur unser Geld in Beton investieren, sondern wir wollen in Inhalte investieren. Das heißt aber auch, dass wir uns zu den Standorten, vor allem zum Standort Baden-Baden, bekennen; wir haben nicht vor, diese Standorte zu schließen. Das hat auch beim SWR niemand vor. Das hat Ihnen der In tendant Boudgoust mehrmals gesagt. Das müssten Sie jetzt einfach einmal zur Kenntnis nehmen.

Auch die Kollegin Böhlen hat in Baden-Baden gute Arbeit ge leistet. Sie hat zu Veranstaltungen eingeladen und sich mit den betreffenden Gruppierungen getroffen. Sie hat natürlich im mer noch Gegenwind. Aber ich glaube, in den nächsten Jah ren wird sich zeigen, dass wir eine gute Regelung gefunden haben, die den SWR nach vorn bringt, die dem SWR guttut. Das zeigt sich bereits in den weiteren Programmplanungen für den Fernsehbereich. Herr Hauser hat dazu einen guten Plan vorgelegt. Ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht.

Der Staatsvertrag bietet einen guten Ansatz zur Weiterent wicklung des Rundfunks in Baden-Württemberg und Rhein land-Pfalz. Ich bin sehr gespannt, ob Sie bis zur Zweiten Be ratung des Gesetzentwurfs Ihre Meinung geändert haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Günther-Martin Pauli CDU)

Das Wort für die SPDFraktion erteile ich Herrn Abg. Binder.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Pauli, wir alle wissen, dass der SWR bei den Einschaltquoten die rote Later ne hat.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Seit gestern nicht mehr! – Zuruf des Abg. Alexander Salomon GRÜ NE)

Beim Fernsehen ist es die Quote, nicht das Quorum, Herr Zimmermann. Das sind zwei verschiedene Dinge.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Herr Pauli, eines kann ich Ihnen sagen: Mit dem Schauspiel, das Sie hier gerade absolviert haben, hat der SWR keine Chan ce, die rote Laterne wieder loszuwerden.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Sie haben Behauptungen aufgestellt. Es hat mich nicht gewun dert, dass Sie sich in einem großen Teil Ihrer Rede intensiv mit der Zusammensetzung des Rundfunkrats und des Verwal tungsrats beschäftigt haben. Jetzt frage ich mich: Sind der Ver band der Landfrauen und die Europa-Union Vorfeldorganisa tionen von Grün-Rot, oder sind das gesellschaftliche Grup pen, die es wert sind, in den Rundfunkrat aufgenommen zu werden?

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es! Genau!)

Insofern geht Ihr Beispiel – –

(Abg. Günther-Martin Pauli CDU: Das hat doch nie mand kritisiert! Das begrüßen wir ausdrücklich!)

Herr Kollege Pauli, Sie haben hier die Vorhaltung gemacht, dass die Änderung der Zusammensetzung des Rundfunkrats quasi nach grün-rotem Gusto erfolgt sei

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es!)

und wir den Rundfunkrat so zusammensetzten, wie es uns ge fällt.

(Staatssekretär Ingo Rust: Unglaublich!)

Das stimmt eben nicht. Am Beispiel des Landfrauenverbands und der Europa-Union

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: VdK!)

erkennt man, dass das definitiv nicht stimmt, Herr Kollege Pauli.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Abg. Wolfgang Drexler SPD: VdK! Genau das Gleiche!)

Das gilt auch für andere.

Sie sagen: „Wir wollen den SWR flottbekommen, und deswe gen ist eine Erhöhung der Zahl der Mitglieder im Verwal tungsrat falsch.“

(Abg. Günther-Martin Pauli CDU: 20 %!)

Sie sagen: „20 %!“. Dann sagen Sie doch auch, wer diese 20 % sind. Das sind die zwei Mitglieder, die durch die Mitar beiter entsandt werden.

(Zuruf des Abg. Günther-Martin Pauli CDU)

Wenn Sie der Meinung sind, dass man den SWR besser ohne Beteiligung der Mitarbeiter flottbekommt, dann sagen Sie das den Mitarbeitern des SWR. Beziehen Sie sich nicht nur auf die 20 %, sondern benennen Sie, wer das tatsächlich ist, Herr Kollege Pauli.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Staatssekretär Ingo Rust: Sehr richtig! – Zuruf des Abg. Günther-Martin Pauli CDU)

Zum Thema Medienpolitik und zum Thema SWR-Staatsver trag hatten wir sehr lange die Tradition, dass wir sehr emoti onslos darüber diskutiert haben.

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Das merkt man! – Vereinzelt Heiterkeit)

Ich weiß nicht, warum man da heute Morgen einen solchen Ton anschlägt, Herr Pauli. Die Verabschiedung des ersten Staatsvertrags anlässlich der Fusion zum SWR im Jahr 1997 war viel, viel schwieriger als das, was wir jetzt vorhaben. Da hat man sich mit der Zusammensetzung des Rundfunkrats gar nicht groß aufgehalten. Da haben nämlich ganz andere Dinge eine große Rolle gespielt. Da war es auch für viele Kollegin nen und Kollegen hier im Landtag schwierig, zuzustimmen. Aber damals hatte man viel bedeutendere Entscheidungen zu treffen, sodass man sich nicht mit der Zusammensetzung des Rundfunkrats und des Verwaltungsrats aufgehalten hat.

Sie haben im Ständigen Ausschuss gefordert, man solle die Zahl der Mitglieder im Rundfunkrat verringern, gleichzeitig aber Anfragen gestellt, warum bestimmte Verbände nicht Mit glied des Rundfunkrats seien. Sie hätten einmal einen Vor schlag machen sollen, wie eine Reduzierung funktionieren soll, und die Verbände benennen sollen, die in Zukunft nicht mehr dem Rundfunkrat angehören sollen. Aber das haben Sie unterlassen, Herr Kollege Pauli.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Staatssekretär Ingo Rust: Sehr richtig!)

Ich glaube, es ist ein einmaliger Vorgang, dass eine Regierung freiwillig auf die Mitgliedschaft in einem Rundfunkrat ver zichtet.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ja, genau!)