Protokoll der Sitzung vom 07.11.2013

Sie wissen, dass die Vertriebenen praktisch nur noch mit ei nem halben Sitz vertreten sein werden, weil sie sich einen Sitz mit der Europa-Union teilen müssen, und dass sich die Land frauen ihren Sitz mit den Bauernverbänden teilen. Das müs sen Sie schon dazusagen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Fried linde Gurr-Hirsch CDU: Das ist doch alles Augenwi scherei! – Zuruf von der SPD: Das ist aber sinnvoll!)

In diesem Zusammenhang gibt es einen weiteren Punkt, bei dem deutlich gemacht werden muss, dass wir keine Lust ha ben, für diese Regelung mit in die Haftung zu gehen. Wir ha ben viele Briefe von den Freikirchen erhalten. Ich muss Ihnen gestehen, dass mir die Bedeutung der Freikirchen in unserem Land bislang nicht klar war. Dass Sie, wenn Sie das alles ge lesen und es sich bewusst gemacht haben, nicht die Größe ha ben, zu sagen: „Wir machen vielleicht einen Fehler, wenn wir sie aus dem Rundfunkrat hinauswerfen“, das verstehe ich nicht. Das ist einer der Punkte, bei denen ich sage, dass wir wirklich keine große Lust haben, für die Neuregelung mit in die Haftung zu gehen.

Wir werden das alles in gebührender Offenheit im Ausschuss diskutieren, aber unsere Neigung, dem Staatsvertrag zuzu stimmen, ist nicht groß.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Meine Damen und Her ren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aus sprache ist damit beendet.

Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 15/4223 zur weiteren Beratung an den Ständigen Ausschuss zu überwei sen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist so beschlos sen und Punkt 3 der Tagesordnung damit erledigt.

Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Landespersonalvertretungsge setzes, des Landesrichter- und -staatsanwaltsgesetzes und anderer Vorschriften – Drucksache 15/4224

Zur Begründung erteile ich Herrn Minister Gall das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, werte Kolleginnen, werte Kollegen!

(Zuruf von der CDU: Sind Sie ausgeschlafen, Herr Minister?)

Diese Frage kann ich mit Ja beantworten.

(Zurufe von der CDU, u. a.: Das lässt uns hoffen! – Dann sind wir froh! – Dann erwarten wir auch einen angemessenen Ton!)

Sie sehen an meinem Platz das komplette Werk des Gesetz entwurfs, und Sie gestatten, dass ich ein paar Worte zur Ziel setzung der Novellierung und zu einigen Schwerpunkten des Entwurfs sage, der – das nehme ich vorweg – nach meiner Auffassung und nach Auffassung der Regierungsfraktionen gelungen ist. Ich glaube, dass er sogar gut gelungen ist und dass er die Interessen der Beschäftigten, die Interessen der Ar beitgeberseite und der Gewerkschaften ausgewogen berück sichtigt bzw., um es etwas salopper zu sagen, unter einen Hut bringt.

Es ist unser erklärtes Ziel, mit diesem Gesetzentwurf das Per sonalvertretungsrecht des Landes Baden-Württemberg auf Au genhöhe mit den Gesetzen der anderen Länder zu bringen, es darüber hinaus fit für die Zukunft zu machen und es schon auf die zukünftigen Herausforderungen auszurichten.

Ich denke, man darf schon sagen, dass dies nach 20-jährigem Stillstand im Personalvertretungsrecht dringend erforderlich ist. Denn wir alle wissen doch, dass sich die Arbeitswelt ge rade im Bereich des öffentlichen Dienstes in diesen 20 Jahren massiv verändert hat, dass Modernisierungen und Elemente betriebswirtschaftlicher Steuerung Einzug gehalten haben und sich gleichzeitig die Beschäftigungsverhältnisse aufgrund der grundlegenden Reformen, die in den letzten Jahren im Dienst- und Tarifrecht durchgeführt worden sind, verändert haben.

Verwaltungsreformen und das Ziel der Haushaltskonsolidie rung sind die Herausforderungen, die ich eingangs erwähnt habe. Wir sind zutiefst davon überzeugt, dass wir diese Her ausforderungen nur gemeinsam mit dem Personal des Landes und mit den Personalvertretungen meistern können.

Meine Damen und Herren, die Anforderungen an die öffent lichen Verwaltungen und an die Betriebe haben sich ja nun wirklich gewandelt. Auch die Wahrnehmung des öffentlichen Auftrags der Behörden in der Bevölkerung hat sich geändert, und ich denke, sie wird sich auch in Zukunft noch verändern. Das hat natürlich auch intern in den Dienststellen seinen Nie derschlag gefunden. Mit dem Zuwachs an Verantwortung der Verwaltungen muss auch die Stärkung der Personalvertretun gen einhergehen. Deshalb stehen wir dazu: Wir brauchen star ke Personalvertretungen mit umfassenden Beteiligungs- und Informationsrechten, damit der Erfolg der Arbeit der Verwal tungen auch in Zukunft gewährleistet werden kann.

Meine Damen und Herren, ich habe es gesagt: Nach meiner Auffassung ist es uns mit diesem Entwurf gelungen, das Per sonalvertretungsgesetz auf die Höhe der Zeit zu bringen. Hier zu tragen insbesondere die folgenden auffälligen Verbesserun gen bei, die in einem ständigen und intensiven Dialog sowohl mit der Arbeitgeberseite als auch mit der Arbeitnehmerseite vereinbart worden sind. Seit Oktober 2011 sind wir in Gesprä chen, in Verhandlungen, in Erörterungen, im Diskurs, im Mei nungsaustausch zu diesem Thema.

Zu nennen ist zunächst die im Entwurf vorgesehene Auswei tung der Mitbestimmung, gepaart mit der intensiveren Einbe ziehung der Personalräte bei der Vorbereitung von Entschei dungen. Beispielsweise bei Personalauswahlgesprächen darf der Personalrat zukünftig nicht nur mit am Tisch sitzen, son dern kann mitreden und mitentscheiden. Schließlich gilt es vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels im öffentlichen Dienst, die wirklich besten Leute zu gewinnen. Warum soll ten wir hierbei die Kompetenz unserer eigenen Beschäftigen nicht mit einbeziehen?

Künftig wird der Personalrat bei Maßnahmen des Gesund heitsmanagements mitbestimmen können. Das kann er näm lich bislang auch nicht. Das ist ein Thema, das angesichts der demografischen Entwicklung eine wirklich große Bedeutung hat. Auf diese Weise soll dem Thema Gesundheitsvorsorge in der Dienststelle besser Rechnung getragen werden. Bei der Einrichtung von modernen Informations- und Kommunikati onsnetzen soll der Personalrat mitsprechen, mitwirken und mitbestimmen können, weil dies – das wissen wir doch alle aus eigener Erfahrung – selbstverständlich auch Auswirkun gen auf Arbeitsabläufe hat. Auch dies gibt das bisherige Per sonalvertretungsgesetz so nicht her.

Der Personalrat kann zukünftig von sich aus Initiativen ergrei fen, innerdienstliche Verbesserungen verlangen, und er muss

nicht erst auf Vorschläge der Dienststelle warten, wie dies ge genwärtig der Fall ist.

Gleiches gilt auch für den Abschluss von Dienstvereinbarun gen, wenn es beispielsweise darum geht, innerdienstliche Ver hältnisse zu regeln, wie wir es – ich meine, vorbildhaft – beim Interessenbekundungsverfahren im Zusammenhang mit der Polizeistrukturreform gemacht haben. Auch dieses Interessen bekundungsverfahren fußt auf einer Dienstvereinbarung. Das hat sich bewährt. Deshalb soll diese Möglichkeit auch im neu en Gesetz ihren Niederschlag finden.

Ein ganz wichtiger Kernpunkt unseres Gesetzentwurfs, mei ne Damen und Herren, betrifft die Frage, wer eigentlich Be schäftigter ist und mithin auch unter die Regelungen des Lan despersonalvertretungsgesetzes fallen soll. Bisher sind die meisten Beschäftigten, die keinen festen Arbeitsvertrag ha ben, vom Schutz der Personalvertretungen de facto ausge schlossen. Das wollen wir zumindest grundsätzlich ändern; das Gesetz sieht natürlich im Bereich der Wissenschaft, im Bereich der Lehre, auch noch entsprechende Ausnahmen vor.

Gleichzeitig wird das Landespersonalvertretungsgesetz eine höhere Flexibilität für Personalräte und für Dienststellen er halten, was die Zusammenarbeit, finden wir jedenfalls, effek tiver machen kann. Es sind verschiedene Optionen vorgese hen, die den Personalräten die Arbeit erleichtern sollen und die es ermöglichen sollen, dass der Personalrat seine Geschäf te schneller und effektiver erledigt. Das heißt beispielsweise: Flexiblere Verfahrensfristen bei der Mitbestimmung, die zwi schen Dienststelle und Personalrat vereinbart werden können, verbessern unseres Erachtens Entscheidungs- und Reaktions fähigkeit auch der Dienststellen – des Arbeitgebers in diesem Fall –, denn sie gewährleisten, dass die erforderlichen Maß nahmen, wenn es beispielsweise um die Einstellung von Mit arbeitern geht, auch zügig umgesetzt werden können.

Künftig werden wir die Bildung von Arbeitsgemeinschaften von Personalräten ausdrücklich im Gesetz vorsehen. Arbeits gemeinschaften – das zeigt die Erfahrung auch aus dem Be triebsverfassungsgesetz – fördern den Informationsaustausch und den Meinungsaustausch in Angelegenheiten, die mehre re Dienststellen betreffen. Mitglieder der Arbeitsgemeinschaf ten werden dann beispielsweise – diese Entscheidung hat auch ganz praktische Grundlagen – dem gesetzlichen Unfallschutz unterliegen, was bisher nicht der Fall war.

Ein weiterer Kernpunkt, der insbesondere den Gewerkschaf ten und den Berufsverbänden ein Anliegen gewesen ist, ist die Erhöhung des Umfangs der Freistellungen für die Aufgaben im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit. Denn, meine Damen und Herren, ich denke, man kann sich doch unschwer vorstel len, dass die Tätigkeit der Personalräte häufig sehr zeitinten siv ist. Eine gute Personalratsarbeit kann schwerlich nur so nebenbei erledigt werden. Das ist zugegebenermaßen ein Punkt, der zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite sehr kontrovers diskutiert worden ist. Gleichwohl ist diese Verbes serung in der Rechtsstellung der Personalräte – daran habe ich bisher auch aus dem politischen Raum keine große Kritik ge hört – nach meinem Dafürhalten für eine effektive Personal ratsarbeit und für das Gelingen des Großen und Ganzen un verzichtbar. Es ist unverzichtbar, den Umfang der Freistellun gen zu erhöhen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Denn mehr Mitbestimmung für Personalräte, meine Damen und Herren, heißt auch, dass diese das nötige Rüstzeug und auch die nötige Zeit haben müssen, ihre neuen Aufgaben sach gerecht erfüllen und ihre neuen Befugnisse sachgerecht wahr nehmen zu können.

Mit den erweiterten Ansprüchen an die Freistellung von dienstlichen Aufgaben befinden wir uns übrigens in guter Ge sellschaft. Denn wir tun nicht mehr, als unsere Regelungen in die der anderen Bundesländer einzureihen. Insofern verlangt der Entwurf von Dienststellen und Betrieben nicht mehr, als in anderen Personalvertretungsrechten und im Übrigen auch in der Wirtschaft heutzutage bereits üblich ist.

Darüber hinaus möchten wir mit unserem Entwurf auch dem Umstand Rechnung tragen, dass es im öffentlichen Dienst zu nehmend auch um wirtschaftliche Fragestellungen geht, bei spielsweise wenn es um die finanzielle und wirtschaftliche La ge in der Dienststelle oder um Umorganisationen von Dienst stellen geht. Deshalb werden wir die Möglichkeit schaffen, ei nen Wirtschaftsausschuss einzurichten, wenn dies gewünscht wird.

In der Gesamtschau, meine Damen und Herren, können und wollen wir mit diesen Maßnahmen durch die Stärkung der Selbstverantwortung und die Möglichkeit der Beschäftigten, ihre Arbeitsbedingungen aktiv mitzugestalten, die Attraktivi tät des öffentlichen Dienstes erhöhen. Wir sind davon über zeugt, dass dies auch zu einer erhöhten Arbeitszufriedenheit beitragen wird. Angesichts der demografischen Entwicklung muss die Verwaltung nämlich in Zukunft auch qualifizierte Berufseinsteiger haben und für die Mitarbeit im Landesdienst attraktiv bleiben.

Das ist, meine Damen und Herren, zugegebenermaßen kein Wert an sich, sondern diese Werte schlagen sich – davon sind wir sehr überzeugt – in den Leistungen der Dienststellen ge genüber den Bürgerinnen und Bürgern sowie auch gegenüber der Wirtschaft, in der auf Standortvorteile geachtet wird, ent sprechend nieder. Der gute öffentliche Dienst in Baden-Würt temberg ist eben zu einem großem Teil ein Verdienst unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Sie sehen, meine Damen und Herren, wir machen einen, wie ich finde, großen Schritt in Richtung Stärkung der Personal vertretungen. Die Qualität öffentlicher Dienstleistungen hängt von der Identifikation der Beschäftigten mit dem jeweiligen Arbeitgeber ab. Daraus resultieren auch gute Arbeitsverhält nisse und qualitativ gute Dienstleistungen für die Bürgerin nen und Bürger unseres Landes.

Deshalb bitte ich um wohlwollende Beratung des Gesetzent wurfs in den anstehenden Ausschussberatungen. In diesem Sinn hoffe ich, dass Sie den Gesetzentwurf entsprechend un terstützen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Das Präsidium hat für die Aussprache über diesen Gesetzentwurf eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Blenke das Wort.

Danke schön. – Frau Präsiden tin, werte Kolleginnen und Kollegen! Leistungsfähige Perso nalvertretungen sind unabdingbar für einen funktionierenden öffentlichen Dienst. Die CDU-Landtagsfraktion dankt deshalb allen Frauen und Männern, die sich in den Personalräten im Land für die Interessen der Beschäftigten einsetzen.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen, der SPD und der FDP/DVP)

Der öffentliche Dienst hat sich in den vergangenen Jahren stets weiterentwickelt – Herr Minister, Sie haben darauf hingewie sen –, und wir stehen auch vernünftigen Weiterentwicklungen des Landespersonalvertretungsgesetzes offen gegenüber. Da rüber werden wir im weiteren Verfahren reden.

Heute möchte ich mich mit ein paar grundlegenden Punkten beschäftigen; denn der vorliegende Gesetzentwurf trägt leider erhebliche Mängel in sich. Das zeigt sich schon allein daran, dass praktisch alle Organisationen unabhängig von ihrer In teressenlage Kritik an diesem Gesetzentwurf üben.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Dann ist er ausgewo gen!)

Heute sind gerade Vertreter der Zentren für Psychiatrie im Haus. Wir haben mit ihnen gesprochen, und ich glaube, auch Sie haben mit ihnen gesprochen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Die sind zum Danken gekommen!)

Ja, bei uns haben sie sich bedankt. – Nur ein Beispiel: Die Regierung lobt sich für eine angeblich breit angelegte Betei ligung. Beim Beamtenbund – BBW – hört sich das jedoch ganz anders an – Zitat –: Es fehle