Protokoll der Sitzung vom 07.11.2013

Ja, bei uns haben sie sich bedankt. – Nur ein Beispiel: Die Regierung lobt sich für eine angeblich breit angelegte Betei ligung. Beim Beamtenbund – BBW – hört sich das jedoch ganz anders an – Zitat –: Es fehle

die ansonsten übliche frühzeitige Beteiligung am Referen tenentwurf... Der BBW sieht darin eine undemokratische Missachtung der gesetzlich vorgeschriebenen Beteili gungspflicht.

Der Grund für die Eile, die jetzt an den Tag gelegt wird, liegt auch auf der Hand: Der Regierung läuft die Zeit davon. Im Frühjahr des nächsten Jahres sind Personalratswahlen, und of fensichtlich gab es wieder einmal ein bisschen Zoff in der Ko alition. Zwei grüne Minister, so hören wir, verweigern zu nächst die Mitzeichnung, und der Ministerpräsident besteht auf Kostenneutralität. Das Ganze darf unter dem Strich nichts kosten.

(Unruhe)

Genau an diesem Punkt wird es jedoch ernst, meine Damen und Herren. Sie planen eine deutliche Vergrößerung der Per sonalratsgremien und eine Ausweitung des Umfangs der Frei stellungen.

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Sehr gut!)

Beides verursacht Personal- und Sachkosten in erheblicher Höhe. Die kommunalen Landesverbände gehen von Mehrbe lastungen in Höhe von 16 Millionen € pro Jahr allein bei den Personalkosten aus. Im Bereich der öffentlichen Finanzinsti tute ist ebenfalls von Mehrkosten in jährlich zweistelliger Mil

lionenhöhe die Rede. Die Kommunen warnen in der Anhö rung eindringlich – ich zitiere –:

Die Mehrkosten sind... nicht gegenfinanziert. In den Kommunalverwaltungen wurde... jahrelang Verwaltungs personal durch Rationalisierungserfolge eingespart.... zusätzliche... Freistellungen können nicht aus vorhande nen Personalbudgets gedeckt werden.

Was soll dieses Beteiligungsverfahren, wenn Einwände der Betroffenen einfach ignoriert werden? Anstatt die Brandbrie fe ernst zu nehmen, heißt es dann bei der Regierung lapidar, das Konnexitätsprinzip werde nicht ausgelöst. Auf Deutsch: Das Land macht ein Gesetz zulasten Dritter.

Kommunen und Sparkassen können rechnen. Wie sieht es aber mit den Mehrkosten für das Land selbst aus? Erst auf eine An frage unserer Fraktion hin erfahren wir: Allein für zwei Ge schäftsbereiche – Kultus und Wissenschaft – machen die zu sätzlichen Freistellungen 250 Vollzeitstellen aus, allein 200 davon im Schulbereich.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Unglaublich!)

Mehr erfahren wir auf Nachfrage nicht. Deswegen müssen wir hochrechnen. Wir gehen davon aus, dass es allein aufgrund der Freistellungen einen Bedarf von 500 zusätzlichen Voll zeitstellen geben wird.

Der Ministerpräsident verlangt aber – ich habe es vorhin ge sagt –, dass das Ganze kostenneutral sein soll. Das ist in der Tat schwer zu realisieren. Deshalb steht in der Begründung des Gesetzentwurfs:

Die Dienststellen... haben im Hinblick auf die Konsoli dierung des Haushalts einen etwa entstehenden Mehrauf wand mit den vorhandenen personellen und sächlichen Mitteln zu tragen.

Das heißt auf Deutsch: 500 volle Stellen werden für Freistel lungen zusätzlich benötigt. Die Arbeit muss vom übrigen Per sonal aufgefangen werden.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die Wahrheit ist konkret. Beispiel Schulen: Sie streichen bei den Schulen in diesem Schuljahr ohnehin schon 1 200 Stellen. 200 weitere Stellenstreichungen kommen durch Freistellungen hinzu. Ab sofort gilt: Sie schwä chen die Unterrichtsversorgung um 1 400 Stellen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Genau!)

Jetzt zu der Frage, woher wir diese Zahlen haben. Wir haben sie nicht aus Ihrem Gesetzentwurf. Diese Zahlen müsste die Regierung aber eigentlich für die Beratungen im Parlament liefern. Wir mussten Sie mit einem Antrag auffordern, die Kosten zu beziffern. Das ist aber nur mit mäßigem Erfolg ge schehen. Deshalb fordere ich Sie auf, dem Parlament in den anstehenden Beratungen klipp und klar zu sagen, was auf die Steuerzahler und was auf die Beschäftigten zukommt. Wir, der Landtag, müssen Klarheit bei unserer Entscheidungsfin dung haben. Die Fakten hierzu muss die Regierung liefern.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Zum Schluss noch kurz zum Thema „Schmiedel und die Frei heit der Kunst“. Die Theater warnen vor einer Attacke auf die Kunstfreiheit. So war es vorgestern in der Presse zu lesen. Die SPD wollte den in § 95 des Landespersonalvertretungsgeset zes geregelten Schutz der Kunstfreiheit auf Wunsch des DGB – so hören wir – streichen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Ver.di!)

Ver.di. – Vorgestern trat Herr Schmiedel gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten vor die Presse und verkündete, es bleibe alles, wie es ist. Zum Glück wurde dieser Plan also doch noch verhindert.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Den Plan gab es nicht! Es gab Sommerträume, aber keine Pläne!)

Die SPD hat wieder einmal für ihre Klientel mächtig die Ba cken aufgeblasen und ganz leise die Luft rausgelassen.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Herrn Abg. Lucha das Wort.

(Zuruf von der CDU)

Das ist eine schöne Erwar tungshaltung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Minister, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal herzlichen Dank an das federführende Innenministerium sowie an die Kolleginnen und Kollegen aus den fraktionsinternen und den interfraktionellen Arbeitsgruppen, die an den seit Oktober 2011 stattfindenden Gesprächen mit allen relevanten gesell schaftlichen Gruppen, mit allen Gewerkschaften, mit Arbeit geberverbänden und weiteren Verbänden teilgenommen ha ben. Heute liegt uns ein extrem gut geglückter Kompromiss vor.

(Lachen bei der CDU)

Manche Forderungen der Gewerkschaften gingen weiter. Ich darf Sie daran erinnern, dass in Baden-Württemberg im Jahr 1995 mit Blick auf die Beteiligungstiefe und die Mitbestim mung das im Bundesvergleich schlechteste Landespersonal vertretungsgesetz auf den Weg gebracht worden ist. Im Jahr 2005 hat Ihre Regierung weitere Verschlechterungen bei ein zelnen Punkten vorgenommen, sodass Baden-Württemberg im Hinblick auf die Mitbestimmungstatbestände Schlusslicht ist.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: War!)

Im Augenblick bildet Baden-Württemberg noch das Schluss licht. Das wird aber nicht mehr lange der Fall sein, weil wir jetzt an der Regierung sind.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Wir schaffen es natürlich nicht, von heute auf morgen von null auf hundert bzw. von Platz 16 auf Platz 1 zu kommen. Dies geht auch deshalb nicht, weil wir auch noch einen Haushalt

konsolidieren. Im Gegensatz zu Ihnen denken wir daran. Sie versprechen immer etwas, sagen aber nicht, wie es finanziert werden soll. Bei den Beamten z. B. sagen wir, woher wir das Geld nehmen wollen. Deshalb haben wir beschlossen, einen Platz im vorderen Mittelfeld anzustreben. Das ist uns mit die sem Entwurf geglückt.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Lieber Herr Blenke, ich bin schon lange genug im Geschäft. Ich bin schon 20 Jahre lang in der Kommunalpolitik tätig. Ich bin außerdem ehrenamtlicher „Kreissparkässler“. Zu den Kreissparkassen sage ich Ihnen einmal etwas,

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das Amt ist ver süßt! – Weitere Zurufe von der CDU)

was mich geärgert hat. All das, was in der „Subprime-Besof fenheit“ 2008 und 2009 in irgendwelchen Lofts in Manhattan versenkt wurde, ist heute noch in den Bewertungsrisiken der Kreisparkassen enthalten, und die Kreditausschüsse und Ver waltungsräte müssen sich damit herumschlagen. Das betrifft beispielsweise die Beteiligung an der LBBW. Das macht ih nen Sorgen, aber nicht die paar Euro für Personalvertretun gen, die jetzt für hoch qualifizierte, engagierte „Kreissparkäss ler“ im Raum stehen,

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

die durch ihre Beteiligung und ihre Kompetenz dazu beitra gen, dass die Kreditinstitute vor Ort nach wie vor gut arbei ten. Andersherum wird also ein Schuh daraus. Da müssen sich diejenigen an die Nase fassen, die damals das Geld versenkt haben.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Uns liegen Rückmeldungen vor, die Sie nicht zitiert haben. Die Kritik des Beamtenbunds kann ich nicht nachvollziehen. Dieser war auch frühzeitig eingebunden, und mit ihm wurden viele Einzel- und Gruppengespräche geführt, wie mit allen an deren Gruppen auch.

(Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Das bewegt sich alles im Rahmen des rechtlichen Verfah rens.

Jetzt sage ich Ihnen einmal etwas. Das Ganze hat so lange ge dauert, weil wir den Ausgleich der Interessen, die sich teil weise diametral gegenüberstanden, sehr ernst genommen ha ben. Die SPD ist nicht umgekippt oder „vollmundig gestar tet“, was das MWK betrifft. Vielmehr haben wir tatsächlich miteinander gerungen. Dabei standen eine ordentliche Vertre tung der akademischen Mitarbeiter sowie die Freiheit der Kunst und der Wissenschaft im Vordergrund. Außerdem wur de die Besonderheit der Drittmittelfinanzierung berücksich tigt. Es ist uns gelungen, das alles unter einen Hut zu bringen. Wir haben bis zur letzten Minute daran gearbeitet, und das war gut so. Vielen Dank noch einmal.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)