Protokoll der Sitzung vom 19.02.2014

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Sehr gut!)

Freiräume schaffen und erhalten wir auch in der Forschung. So regeln Hochschulen – das wurde schon angesprochen –, wie das Open-Access-Prinzip vor Ort umgesetzt wird. Selbst verständlich verzichten wir darauf, Vorgaben dazu zu machen, was erforscht werden darf. Vielmehr setzen wir auf mehr Transparenz und auf einen offenen Diskurs vor Ort. Ich kann nicht verstehen, wie man daraus eine Wirtschaftsfeindlichkeit

ableiten kann, wenn man über Transparenz und einen offenen Austausch unter allen Beteiligten an einer Hochschule spricht. Sie haben anscheinend schon lange keine Erinnerung mehr daran, wie es an einer Hochschule zugeht.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Ein zweites Thema, das mir bei der Novelle besonders am Herzen liegt, ist der wissenschaftliche Nachwuchs. Auch da rauf ist die Ministerin schon eingegangen. Dabei geht es zum einen um die Schritte, die wir unternehmen, um die Qualität der Promotion sicherzustellen. Da haben wir die Themen Be treuungsvereinbarung, Ombudssystem und Konvent. Wir ha ben sehr umfangreiche Fachgespräche geführt, und das Feed back zu diesen Vorschlägen ist durchweg positiv.

Wir gehen da in Deutschland weit voran. Wir sind da beispiel gebend. Das hat auch die bundesdeutsche Presse gezeigt. Man schaut auf Baden-Württemberg, weil wir die Promotion stär ken und weil wir die Rolle des wissenschaftlichen Nachwuch ses stärken. Ich denke, man sollte einmal ganz positiv heraus stellen, dass wir da mutig sind und uns auf einem sehr guten Weg befinden. Wir stärken an dieser Stelle unseren wissen schaftlichen Nachwuchs.

Hierzu gehört auch das Thema Karriereweg bzw. das Thema Tenure-Track. Das wurde schon ausgeführt. Deswegen möch te ich das an dieser Stelle einfach nur erwähnt haben. Wir ha ben im Landeshochschulgesetz Wege geöffnet, um dort Neu es zu machen, was einfach auch internationalen Standards ent spricht. Das war im alten Landeshochschulgesetz stark regle mentiert, und deswegen war es wichtig, dass wir das an die ser Stelle verändern.

Drittens das Thema „Hochschulen für angewandte Wissen schaften“: Ich bin bisher davon ausgegangen, dass die Wert schätzung für die HAWs von allen hier im Haus geteilt wird. Halten wir uns noch einmal vor Augen, wie sich die ehema ligen Fachhochschulen entwickelt haben. Diese sind heute starke Hochschulen, die in engem Kontakt mit der lokalen Wirtschaft stehen. Gerade diese ehemaligen Fachhochschu len sind eng mit der Wirtschaft verbunden.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist sachlich richtig!)

Sie haben in ihrer Profilbildung als Orte angewandter Lehre und Forschung große Fortschritte gemacht. Die Novelle spie gelt diese Entwicklung wider. Angewandte Forschung ist kei ne Forschung zweiter Klasse, sondern neben der universitä ren Grundlagenforschung ein bedeutender Faktor für den In novationsstandort Baden-Württemberg.

Frau Kurtz, ich bin schon überrascht über das, was man über Sie in der Zeitung liest und was Sie heute wieder gesagt ha ben. Sie distanzieren sich sozusagen von den HAWs, wenn Sie sagen: Das trauen wir denen nicht zu.

(Abg. Sabine Kurtz CDU: Sie müssen ihnen das nö tige Geld dafür geben! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wo haben sie das Geld für die Forschung? Sa gen Sie es einmal!)

Sie haben auch gesagt, im Gesetzentwurf stünde, HAWs erhiel ten ein eigenes Promotionsrecht. Das ist schlichtweg falsch.

Keine HAW soll ein eigenes Promotionsrecht erhalten. Es gibt eine Experimentierklausel, damit in Verbünden für ein be stimmtes Thema in einer bestimmten Frist unter Einhaltung von Qualitätssicherungskriterien die Möglichkeit zu einer Pro motion besteht.

(Zuruf des Abg. Alexander Salomon GRÜNE)

Das ist etwas vollkommen anderes als das, was Sie vorhin ge sagt haben.

Die HAWs haben sich dies erarbeitet. Es wird eine Diskussi on darüber geben, wie man das organisiert.

(Abg. Sabine Kurtz CDU: Das ist das Wichtige! Da rum geht es doch! – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Aber grundsätzlich zu unterstellen, dass die Hochschulen dies nicht könnten, dass es nicht funktioniere, das ist vollkomme ner Quatsch und diskreditiert die HAWs.

(Abg. Sabine Kurtz CDU: Nein, ich diskreditiere Ihr Vorgehen!)

Herr Birk hätte hier niemals so etwas gesagt. Ich bin wirklich irritiert darüber, was aus Ihrer Fraktion kommt.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Sehr gut! Dem werden wir noch lange nachtrauern!)

Wir wollen Baden-Württemberg voranbringen. Wir wollen, dass unsere Heimat ein exzellenter Ort von Forschung und Lehre bleibt. Denn Zukunftsfähigkeit braucht eine stetige Wei terentwicklung des Wissenschaftsbetriebs.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie müssen auch die Mittel bereitstellen!)

Wir setzen dabei auf Vertrauen und Verantwortung. Wir set zen auf Hochschulen, an denen vieles eigenständig entschie den wird,

(Abg. Winfried Mack CDU: Bla, bla, bla!)

die sich aber nicht in den akademischen Elfenbeinturm zu rückziehen, sondern mitten in der Gesellschaft stehen. Wir wissen, dass Hochschulen nur in einer Kultur von Freiheit und Anerkennung aufblühen. Die Rahmenbedingungen herzustel len, um diese Kultur zu ermöglichen, das ist unsere Aufgabe, der wir mit diesem Gesetzentwurf gerecht werden wollen.

(Abg. Sabine Kurtz CDU: Schön!)

Ich freue mich auf die Diskussion. Wenn ich hier aus den Rei hen Ausdrücke wie „bla, bla, bla“ und „schön“ höre, dann muss ich schon die Anspielungen, dass wir nicht wüssten, wie Wirtschaft und wie Kooperation zwischen Hochschulen funk tioniert, zurückweisen. Ich habe auf der Seite der Uni als Dok torand Wirtschaftsprojekte begleitet; in der Industrie habe ich Projekte von der Uni, von der Fachhochschule und auch von der DHBW begleitet.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sie waren ein Exot!)

Ich lasse mir von Ihnen nicht vorwerfen, dass wir nicht wüss ten, was Kooperation ist und wie sie funktioniert. Ich kenne das sehr gut. Von den Vertretern der Hochschulen und auch den Vertretern der Unternehmen, mit denen wir reihenweise gesprochen haben,

(Zurufe der Abg. Winfried Mack CDU und Dr. Fried rich Bullinger FDP/DVP)

kam niemals die Kritik, wie sie Frau Kurtz geäußert hat. Des halb weise ich sie als falsch zurück. Dieser Gesetzentwurf ist gut. Wir diskutieren in der Anhörung und im Ausschuss über ihn. Dann werden wir Baden-Württemberg mit dieser Novel le nach vorn bringen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf von den Grünen: Sehr gut!)

Für die SPD-Fraktion er teile ich das Wort Herrn Abg. Rivoir.

Frau Präsidentin, meine Kollegin nen und Kollegen! Die Regierungsfraktionen und die Regie rung sind stolz auf die Hochschullandschaft in Baden-Würt temberg und das, was sich hier in den letzten Jahren entwi ckelt hat. Wir haben erkannt, dass diese Hochschullandschaft weiterentwickelt werden muss, dass wir modernisieren müs sen. So müssen wir beispielsweise den Hochschulen die Frei heit, die durch das frankenbergsche Leitbild der „unterneh merischen Hochschule“ eingeschränkt worden ist, zurückge ben. Deswegen gehen wir an diese Punkte heran und versu chen – ich denke, der vorliegende Gesetzentwurf ermöglicht dies –, ein modernes, ein zukunftsgerichtetes Landeshoch schulgesetz auf den Weg zu bringen.

Meine Damen und Herren, ich behaupte, dass in den letzten 60 Jahren kein Gesetz im Hochschulbereich so intensiv und so nachhaltig mit allen Betroffenen diskutiert worden ist wie der Entwurf, der jetzt hier vorliegt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Die Verantwortlichen an den Hochschulen, aber auch im Mi nisterium haben feststellen müssen, dass die Politik des Ge hörtwerdens durchaus anstrengend sein kann. So haben wir uns in vielen Diskussionsrunden ausgetauscht und haben vie le der Anregungen, die im Laufe des Prozesses eingespeist worden sind, aufgegriffen.

Frau Kollegin Kurtz, wenn Sie sagen, es sei etwas vorgege ben worden, ohne die Betroffenen einzubeziehen, so ist dies eine Missachtung derjenigen, die über Monate hinweg gear beitet haben, sich intensiv mit all den Vorschlägen und Ände rungen befasst haben und die von uns vorgeschlagenen Än derungen in den allermeisten Bereichen gutgeheißen haben, für richtig gehalten haben und auch für den richtigen Weg zur Weiterentwicklung der Hochschullandschaft in Baden-Würt temberg halten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Meine Damen und Herren, ich möchte ein paar Punkte her ausgreifen. Vieles wurde bereits gesagt. Ein Punkt, der uns

wichtig ist, ist die Neujustierung der Leitungsstrukturen. Es geht uns darum, eine klare Abgrenzung der Aufgaben, die Stärkung der jeweiligen Aufgabenbereiche und die Stärkung der Verantwortung der Gremien durchzusetzen.

Wir stärken den Senat in seiner Zuständigkeit für die akade mische Selbstbestimmung.

Die Hochschulräte sollen sich zukünftig darauf konzentrie ren, sich die Strategie der jeweiligen Hochschule zu überle gen und diese zu kontrollieren. Im Gegensatz zu dem, was Sie gerade gesagt haben, behalten die Hochschulräte ihre Ent scheidungsbefugnisse. Wir haben schon sehr früh deutlich ge macht: Hochschulräte haben auch zukünftig an den Hochschu len in Baden-Württemberg Mitspracherecht und Entschei dungsbefugnisse. Das ist wichtig.

(Zurufe der Abg. Sabine Kurtz und Andreas Deusch le CDU)

Die operative Steuerung der Hochschule bleibt auch zukünf tig die Aufgabe der Rektorate.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass sich zukünftig bei der Wahl des Rektors einer Hochschule Senat und Hochschulrat auf Augenhöhe begegnen und sich nicht gegenseitig ausspie len oder blockieren. Wir geben vielmehr einen vernünftigen und praktikablen Weg vor, auf dem ein Rektor gewählt wer den kann.

Sehr wichtig ist uns auch, dass zukünftig eine Frauenquote von 40 % in den Hochschulräten gesetzlich vorgeschrieben sein wird. Ich glaube, dass dies einen neuen und wichtigen Impuls an die Hochschulen bringt.

Als zweiten Punkt möchte ich das Thema „Promotionsrecht für Zusammenschlüsse von HAWs“ ansprechen. Es ist in der Tat erstaunlich, dass Sie versucht haben, hier die Qualität der HAWs in Baden-Württemberg kleinzureden.