Deshalb muss nun der Koalitionsvertrag im Bund zügig um gesetzt und müssen die EU-Beitrittskandidaten in die Positiv liste sicherer Herkunftsstaaten aufgenommen werden. Das gilt aus unserer Sicht für Serbien, Mazedonien, Bosnien-Herze gowina, Montenegro und Albanien.
Frau Ministerin Öney, Sie haben uns heute in den „Stuttgar ter Nachrichten“ wissen lassen, dass Sie das begrüßen. Das freut uns sehr. Wenn Sie das Witzebuch beiseitelegen, kom men ganz kluge Aussagen. Weiter so!
(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Das war aber kein Witz! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Oje, oje! Das Niveau sinkt aber gewaltig!)
Das würde in der Tat auch dazu führen, dass Antragsteller aus diesen Ländern unmittelbar zurückgeführt werden können. Das würde zu einer deutlichen Verwaltungsvereinfachung füh ren.
Warum ist diese Rückführung von abgelehnten Asylsuchen den wichtig? Auch da zitiere ich aus der Antwort auf die Gro ße Anfrage:
Werden beispielsweise Asylbewerber aus einem bestimm ten Herkunftsland, deren Asylantrag als offensichtlich un begründet abgelehnt wurde und die ihrer gesetzlichen Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, zeitnah zurück geführt, ist festzustellen, dass der Zustrom von Einreisen den aus diesem Land signifikant zurückgeht.
Diese Einschätzung, Herr Minister Gall, teilen wir ausdrück lich, und wir werden bei diesem Thema auch wachsam blei ben und beobachten, ob tatsächlich konsequent zurückgeführt wird.
Die Verfahren selbst müssen beschleunigt werden. Hier sehen wir auch den Bund in der Pflicht, mehr Personal beim BAMF einzusetzen.
Das ist der Bundesinnenminister, und den mahne ich genau so an wie den Landesinnenminister, wenn ich der Meinung bin, dass es Missstände gibt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Thomas Blenke CDU: Sehr gut! – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Bei den Verfahren des Bundes?)
Im Land könnten dann auch Bezirksstellen für Asyl die Ver fahren beschleunigen. Für die Dauer der Verfahren sollten die Antragsteller auch nicht zur Untätigkeit verurteilt werden, sondern eine Arbeitserlaubnis bekommen. Deswegen begrü ßen wir sehr, dass sich die Bundesregierung das Thema zu ei gen gemacht hat und zukünftig bereits ab drei Monaten Auf enthaltsdauer Arbeitserlaubnisse für Asylbewerber erteilen möchte.
Auch für die Unterbringung während des Verfahrens soll es Verbesserungen geben. Wir wüssten allerdings schon ganz gern, wie es die Landesregierung hinbekommen möchte, Lö sungen für das zeitgleich bestehende Problem massiv steigen der Flüchtlingszahlen und Verbesserungen bei der Wohnun terbringung unter einen Hut zu bringen.
Zu einer Willkommenskultur gehört übrigens auch, die erwor benen Qualifikationen anzuerkennen. Das Anerkennungsge setz hat lange auf sich warten lassen. Ein syrischer Ingenieur, eine Krankenschwester aus Rumänien sollten hier in ihren er lernten Berufen arbeiten können. Bei den meisten Anerken nungsverfahren geht es übrigens um Gesundheitsberufe.
Für Arbeit suchende Migranten von außerhalb der Europäi schen Union gibt es eine Blue-Card-Regelung, und ausweis lich der Antwort auf die Anfrage bescheinigt uns die OECD, eines der zuwanderungsfreundlichsten Systeme für Hochqua lifizierte zu haben. Für bereits eingewanderte Personen gilt § 18 a des Aufenthaltsgesetzes, der bei entsprechender Qua lifikation eine Aufenthaltserlaubnis möglich macht.
Allerdings muss man sich auch ein realistisches Bild vom Le ben in Europa machen. Nehmen wir einmal die Arbeitslosen statistik. Mehr als die Hälfte der Langzeitarbeitslosen bei uns haben keinen Schul- oder Berufsabschluss. Der derzeitige Aufschwung am Arbeitsmarkt geht in Teilen an denen vorbei, die über keine schulische oder berufliche Qualifikation verfü gen. Auch in Zukunft wird es nur einen geringen Bedarf an ungelernten Arbeitskräften geben. Das erlaubt ein bitteres, aber realistisches Fazit: Qualifizierte und gebildete Fachleu te aus aller Welt werden in Deutschland eine Chance haben. Vielen, die sich auf den Treck oder die Überfahrt gemacht ha ben, dürfte die Integration am deutschen Arbeitsplatz aber nur schwer gelingen.
Vor dieser Lebenswirklichkeit dürfen wir die Augen nicht ver schließen. Es wäre vielleicht eine Erkenntnis, dass diese Men schen in ihren Herkunftsländern verbleiben und trotz aller Schwierigkeiten dort nach ihren Chancen suchen sollten. Da zu wiederum können auch wir mit einer abgestimmten Au ßen- und Sicherheitspolitik, klügerer Entwicklungszusammen arbeit, Unterstützung bei Good Governance und insbesonde re mit einer besseren Zoll- und Handelspolitik einen Beitrag leisten.
Wir brauchen also eine Strategie, die beiden Seiten gerecht wird: unseren Interessen an qualifizierter Zuwanderung und dem Gebot der Zufluchtsmöglichkeit für politisch Verfolgte und Flüchtlinge in eine offene und aufnahmebereite Gesell schaft auf der einen Seite und der konsequenten Anwendung des Rechts sowie dem Schutz vor Missbrauch auf der ande ren Seite.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kol legen! Wir behandeln heute die große Drucksache der CDUFraktion
zum Thema „Flüchtlings- und Asylpolitik“. Insofern ist es schon verwunderlich, dass der Kollege ungefähr die Hälfte der Zeit verbrauchte, um über Blue Card, über Zuwanderung, über hoch qualifizierte Fachkräfte zu sprechen. Ich glaube nämlich nicht, dass wir die Problematik der Zuwanderung von Fachkräften über das Asylrecht werden lösen können.
Sie haben darauf abgehoben, dass Deutschland seine humani tären Verpflichtungen erfüllt. Das ist in Teilen richtig. Deutsch land liegt, was die absoluten Zahlen angeht, sehr weit vorn. Deutschland befindet sich allerdings, was die Relation zur Be völkerung angeht, im Mittelfeld. Es gibt andere Staaten, die relativ gesehen deutlich mehr Aufnahmen vornehmen.
Italien verzeichnet ganz aktuell sehr hohe Zugangszahlen. Dort sind in den letzten zwei Tagen 4 000 Flüchtlinge von der italienischen Marine aufgenommen worden.
Das ist eine ganz grundsätzliche Frage, die die Dublin-II-Ver ordnung infrage stellt. Denn ich glaube nicht, dass wir noch lange Zeit erleben werden, dass die Anrainerstaaten des Mit telmeers diesen Zustand weiterhin dulden werden.
Wir haben, was Dublin II insgesamt angeht, eine sehr unkla re Rechtslage. Es gibt trotz gleicher Rechts- und Sachlage wi dersprüchliche Entscheidungen von Gerichten, was Rückfüh rungen und vorläufigen Rechtsschutz angeht; dies gilt insbe sondere für Italien und Ungarn. Seit 2011 werden Rückfüh rungen nach Griechenland ausgesetzt. All das sind Punkte, die Dublin II und das europäische Asylsystem und -recht infrage stellen. Wir brauchen dringend Antworten und Handlungen vonseiten der Bundesregierung.
Sie haben eben, lieber Kollege Pröfrock, auch die Armutszu wanderung angesprochen. Ich glaube, dass wir die Armutszu wanderung nicht über Anerkennungsquoten und die Definiti on von sicheren Herkunftsländern in den Griff bekommen werden. Die Definition von sicheren Herkunftsländern ist aus drücklich eine Gefahr für das individuelle Recht auf Asyl. Denn es gibt Herkunftsstaaten, in denen die Anerkennungs quote niedriger ist; aber sie ist eben nicht null. Es gibt auch in diesen Ländern begründete Ansprüche auf Asyl und deshalb aus unserer Sicht auch einen begründeten Anspruch, diese in dividuellen Rechtsansprüche auf Asyl zu prüfen.
Ich glaube, dass wir hier verkehrt liegen, wenn wir das Gan ze auf eine Debatte über Sozialleistungsmissbrauch reduzie ren. Der Zwischenbericht der Bundesregierung zur Armuts migration liegt vor. Darin konnten keine Zahlen dazu genannt werden. Es ist nicht bekannt, in welchem Umfang – entspre chende Fragen wurden bei der Pressekonferenz nicht beant wortet – es zu Sozialleistungsmissbrauch kommt. Für das Jahr 2012 gibt es Zahlen für Bayern; das sind die neuesten Zahlen, die vorliegen. Die CSU ist ja die Partei, die am entschiedens ten ein Gesetz gegen Sozialleistungsmissbrauch durch Aus länder fordert. In Bayern gab es zwölf Fälle von Sozialleis tungsmissbrauch durch Rumänen – es handelt sich wohlge
(Abg. Matthias Pröfrock CDU: Wir reden doch gar nicht über Freizügigkeit! Asylpolitik und nicht Frei zügigkeit!)
Auf der Grundlage von zwölf Einzelfällen eine gesetzliche Regelung zu fordern – eigentlich ist das schon durch beste hende gesetzliche Regelungen abgedeckt – halten wir für ver kehrt. Ich glaube, dass wir in dieser Frage mit unserer Debat te einfach am Thema vorbeigehen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Her ren! Der Anlass für diese Plenardebatte ist die Große Anfra ge der CDU zur Flüchtlings- und Asylpolitik. Bei der Lektü re der Antwort zu dieser Großen Anfrage müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass die Flüchtlingszahlen sowie die An zahl der Menschen, die einen Asylantrag stellen, wieder dra matisch steigen. Auch die Zeitungen berichten täglich darü ber. In fast jedem Wahlkreis bestehen Probleme bei der Un terbringung.
Viele erinnern sich an die Zeit in den Neunzigerjahren, als wir Turnhallen und andere Gemeinschaftsräume nutzen mussten, um die vielen Menschen irgendwo unterzubringen.