Ich möchte noch auf einen Punkt eingehen, den auch der Staatssekretär angesprochen hat, weil auch uns an einer ge sprächsweisen Einigung liegt. Vielleicht können wir uns, weil das Ziel so groß und so bedeutend ist, auf einen richtigen Weg verständigen. Dazu gibt es ja noch Ausschussberatungen und weitere Gespräche.
Eine Regelung hat im Anhörungsverfahren ein breites Mei nungsspektrum ausgelöst; das ist die Regelung zur Wählbar keit von Bürgermeistern in § 46 Absatz 2. Da gab es absolu te Zustimmung, da gab es bloßes Akzeptieren und völlige Ab lehnung wegen angeblicher absoluter Überflüssigkeit. – Sie sehen, da gibt es nichts, was in der Stellungnahme nicht ge äußert worden ist. Das ist für uns der Ball, den wir aufnehmen müssen, um daraus Politik zu machen, um daraus gute Poli tik zu machen.
Ich glaube, dass die vorgesehene Regelung – ich habe auch eine persönliche Meinung, die noch mit niemandem abge stimmt ist, aber die darf ich an dieser Stelle mal haben; denn ich weiß ja, wo ich herkomme – praktisch kaum Bedeutung erlangen wird. Wenn Sie aber die Gesetzesbegründung nach lesen, dann steht da auch drin, dass das aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit gemacht wird.
Mein Vertrauen in das verantwortungsvolle Handeln des Wäh lers ist grenzenlos. Deswegen müssen wir an dieser Stelle über diese Dinge noch einmal reden. Denn – jetzt kommt ein klei nes Schmankerl – der Gesetzentwurf enthält keine entspre chende Regelung für den Herrn Landrat, der ja gleicherma ßen wichtig ist. Wenn Sie das noch einmal nachlesen: Das ist ein spannendes Thema; darüber müssen wir uns noch einmal unterhalten. Da gibt es einen Grund: Der Landrat wird natür lich von einem besonderen beschließenden Ausschuss aus dem Kreistag vorgeschlagen.
Moment. – Und man traut Kreisräten und dem Innenminis terium wahrscheinlich zu, eine solche Vorauswahl zu treffen, die der Wähler vielleicht nicht treffen muss.
Ja, das weiß ich. Ich wollte nur noch einmal sagen, dass ich das an dieser Stelle gesehen und gelesen habe und dass wir uns darüber durchaus Gedanken machen können.
Wir werden mit diesem Thema umgehen. Wir müssen auch damit umgehen, dass wir mit unserem Gesetzentwurf über den Gesetzentwurf der SPD und der FDP/DVP hinausgehen. Das werden wir zu diskutieren haben.
Der Gesetzentwurf enthält noch weitere Dinge, die mit dem eigentlichen Gesetzeszweck nichts zu tun haben. Da kommt der alte Ladenhüter von der Abwahl der Bürgermeister wie der hinten hervor. Das werden wir zu einem späteren Zeit punkt vielleicht diskutieren müssen. Ich will das nicht baga tellisieren; es spielt aber jetzt heute keine Rolle.
Alles in allem glaube ich, dass die Menschen zu Recht heute dieses Signal begreifen. Wir nehmen sie ernst, wir stellen sie gleich. Die von vielen Menschen als solche empfundene Dis kriminierung – die rechtlich nie vorhanden war; das will ich noch mal sagen –, hört heute auf bzw. dann, wenn wir das Ge setz endgültig beschließen. Ich glaube, das ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer inklusiven Gesellschaft. Die CDUFraktion beweist damit einmal mehr, dass sie alle Menschen im Blick hat und für sie das Beste will.
Frau Präsidentin, liebe Kol legen! „Den Letzten beißen die Hunde“ – aber keine Angst, ich kann auch zurückbeißen.
Über dieses Thema habe ich ja schon einmal eine Rede gehal ten. Ich muss natürlich sagen, ich habe meine Meinung nicht geändert. Ich versuche jetzt mal, da ein kleines bisschen Klar heit reinzubringen.
Ja, was heißt da „oje“? – Nach einem Vorlauf etwas vor Jah resfrist unternimmt das Parlament hier einen neuen Anlauf,
etwas schlechter zu regeln, was schon vernünftig geregelt war. Richtiger wäre, zu sagen: schon vernünftig geregelt schien.
Vor vielen Jahren hat sich der Gesetzgeber schon um das Wahlrecht von Menschen Gedanken gemacht, die dauerhaft unter Betreuung stehen. Dazu sei gesagt: Es geht wirklich um diese Menschen, die sich nicht mehr selbst äußern können, al so nicht etwa um körperlich Behinderte,
Nein. Der lässt mich ja auch nie reden. – In so gut wie allen Fällen fehlt es ihnen aus un terschiedlichen Gründen an der Fähigkeit, sich mit Fragen der politischen Willensbildung im Land zu befassen. Sie können kaum eine begründete Wahlentscheidung treffen. Die Teilnah me an Kommunikationsprozessen zwischen Volk und Staats organen ist ihnen nicht möglich.
Der Gesetzgeber und die Juristen waren damals nicht weni ger schlau als heute. Sie haben auch nicht gegen die Verfas sung verstoßen. Sie hielten es für die am wenigsten kompli zierte und für die am besten handhabbare Regelung, Personen von den Wahlen auszuschließen, wenn sie auf Dauer einer Be treuung unterstehen. Damit haben Bund und Land auch Jahr zehnte gute Erfahrungen gemacht. Warum – –
Warum nun das Bundesverfassungsgericht plötzlich die gute und fundierte Begründung der derzeitigen Regelung verwor fen hat,
bleibt sein Geheimnis. Angeblich soll der Ausschluss von Menschen, die unter voller rechtlicher Betreuung stehen, ge gen den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl gemäß Arti kel 38 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes sowie gegen das Verbot der Benachteiligung wegen einer Behinderung gemäß Artikel 3 Absatz 3 Satz 2 des Grundgesetzes verstoßen.
Das Gericht hatte den Bundesgesetzgeber aufgefordert, die Bestimmungen zu ändern. Das hat er kürzlich auch getan. Lei der bewahrheitet sich auch hier das Sprichwort: Etwas Bes
seres kommt selten nach. Die Nachfolgeregelungen, die vom Bund im Bundeswahlgesetz schon kodifiziert worden sind und für das Land angepasst werden sollen, halten wir für viel pro blematischer als die Vorgängerregelungen.
Mit der Einführung der zulässigen Assistenz wird das Wahl geheimnis erneut durchlöchert. Wie schon bei der Briefwahl ist zu befürchten, dass die Grundsätze der persönlichen und geheimen Wahl irreparabel beschädigt werden. Die AfD sieht die Gefahr der – ich nenne es mal so – Veruntreuung der Wahl entscheidung in einer ganz neuen Dimension auf uns zukom men. Die bisherigen Wahlausschlüsse boten auch die Gewähr dafür, dass Betreuungspersonen nicht in Versuchung kamen, anstelle des Betreuten zu wählen. Dennoch wird die „Betreu te Assistenz“ eingeführt. Niemand – ich wiederhole: niemand – kann garantieren, dass bei einer Wahlentscheidung, die wo möglich sogar per Briefwahl getroffen wird, der Wille des bis her Betreuten vollumfänglich zur Geltung kommt.
Die Versuchung für Betreuungspersonen wird groß sein, be wusst oder unbewusst die ihnen Anvertrauten in die eine oder andere Richtung zu beeinflussen.