Protokoll der Sitzung vom 30.09.2020

Die aktuellen Regelungen, die gestern vonseiten der Bundes regierung, aber auch vonseiten der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten ergangen sind, sprechen eine deutliche Sprache und mahnen dazu, die Verordnung wirklich genau zu überprüfen und genau zu schauen: Wo kann es Entlastungen geben? Dabei muss die Richtung eher die sein, dass wir kla re Regelungen brauchen, eine klare Haltung brauchen, um wirklich handlungsfähig bleiben zu können.

Es ist uns – das muss man sagen – bisher besser gelungen, die Zahl der Neuinfektionen, die Zahl der schweren Verläufe und die Letalitätsrate zu begrenzen, als vielen Nachbarstaaten.

(Abg. Anton Baron AfD: Das war bestimmt die Re gierung!)

Dies ist nach wie vor unser Auftrag, und es ist auch unser pri märes Ziel.

Wir können jetzt wirklich sagen, dass sich die im Juni verab redeten und überarbeiteten Corona-Verordnungen als geeig net und praktikabel zur Bekämpfung der Pandemie erwiesen haben. Wir haben, wie gesagt, nach wie vor die Pandemie, und wir werden deshalb die Pandemieverordnung in der ab dem heutigen Tag geltenden Fassung zunächst verlängern, und zwar bis zum 30. November. Das ist ein kurzer Zeitraum, und wir halten diesen auch deshalb so kurz, weil wir wirklich handlungsfähig bleiben wollen, um zeitnah eine möglicher weise notwendig werdende Anpassung vornehmen zu können.

Es ist klar, dass sich die Pandemiesituation nicht entschärfen, sondern voraussichtlich eher verschärfen wird. Und es ist mitt lerweile auch klar, was die Ursachen sind, nämlich die An sammlungen von Menschen, die sich oftmals in privaten Zu sammenhängen treffen. Deshalb gibt es entsprechende Ver ordnungen, die eine Obergrenze von Personen bei privaten Feiern enthalten, die auch eingehalten werden muss.

Wir können sehen – das finde ich einigermaßen besorgniser regend –, was in unseren europäischen Nachbarländern ge schieht, vor allem in Frankreich.

(Abg. Emil Sänze AfD: Norwegen!)

In Marseille gilt seit gestern wieder ein ziemlich umfassender Lockdown; dort sind die Restaurants wieder geschlossen.

(Abg. Emil Sänze AfD: Norwegen! Stockholm! Finn land!)

Eine solche Situation wollen wir hier möglichst vermeiden, und dafür ist es nötig, dass wir die Maßnahmen, die wir ver abredet haben, weiterhin sehr konsequent durchführen müs sen.

Wir sehen das auch hier im Parlament. Auch hier sind wir an gehalten, deutlich konsequenter auf das Tragen eines MundNasen-Schutzes zu achten. Auch müssen Kundinnen und Kun den im Gaststättengewerbe immer dann eine Mund-NasenBedeckung tragen, wenn sie nicht auf ihren Plätzen sitzen, sondern sich beispielsweise im Raum bewegen. Auch in Frei zeitparks und Vergnügungsstätten müssen Kundinnen und Kunden eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen, soweit sie sich in geschlossenen Räumen bzw. im Wartebereich befinden.

Neu ist auch ein Zutritts- und Teilnahmeverbot, falls jemand unter Verstoß gegen die Pflicht, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, bestimmte Örtlichkeiten oder Veranstaltungen be sucht. Das ist nicht unheikel, weil es Menschen gibt, die ein Attest haben – dieses müssen sie stets mit sich führen –, wel ches belegt, dass sie aus gesundheitlichen Gründen keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen müssen.

Frau Staatssekretärin, las sen Sie eine Zwischenfrage von Frau Abg. Reich-Gutjahr zu?

Ja.

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. – Ich möchte auf die Strafe eingehen, wenn der vorgeschriebene Mund-Nasen-Schutz nicht getragen wird. Wer ist denn dafür zuständig, diesen Verstoß zu ahnden? Wie muss man sich das praktisch vorstellen, dass das gelingt, was Sie vorsehen?

Das ist die örtliche Polizei behörde.

Aber die steht doch nicht in der Wirtschaft.

Nein, natürlich nicht. Es ist vielmehr so, dass ein Restaurantbesitzer diese Personen mel den muss.

(Lachen bei der AfD – Abg. Rüdiger Klos AfD mel det sich.)

Ich meine, wie können sonst – –

Ich stelle die Fra ge nicht, um hier jemanden vorzuführen, sondern wegen der Durchsetzbarkeit. Man muss sich fragen, wie sinnhaft es ist, Sachen in eine Verordnung zu schreiben, die nachher in der praktischen Umsetzung nicht gelingen werden. Denn man wird alle in die Verlegenheit bringen, sich zu fragen: „Wie soll ich das denn machen?“ Ein Wirt wird seine Kundschaft si cherlich nicht anzeigen – um das einmal ganz praktisch dar zustellen.

(Beifall bei der AfD)

Ja, das ist einerseits sicher lich zutreffend. Andererseits führen wir zwei Regelungen ein.

Erstens: Wenn die Angaben auf dem Anmeldebogen falsch sind, dann haftet der Restaurantbesitzer und muss sich dafür verantworten.

(Abg. Udo Stein AfD meldet sich.)

Und das Zweite ist: Wenn die Mund-Nasen-Bedeckung – –

(Zurufe von der AfD)

Ja, aber diese Regeln sind jetzt verabredet worden und sind wirklich – –

(Unruhe)

Könnten Sie der Frau Staatssekretärin bitte zuhören, meine Herren?

Sonst macht es auch wenig Sinn, Fragen zu stellen, wenn man die Antwort gar nicht hö ren will.

Auf jeden Fall ist es so, dass das Regelungen sind, die jetzt auf Bundesebene verabredet worden sind. Das bedeutet, dass dann die örtliche Ordnungsbehörde, das örtliche Ordnungs amt dafür zuständig ist, dass diese Strafe verhängt wird. Wie realistisch das ist, wird man sehen. Ich kann nur hoffen, dass es eine abschreckende Wirkung hat, dass die Ankündigung dieser Strafe dazu führt, dass man konsequenter und nicht so leichtfertig mit der Pflicht zum Tragen eines Mund-NasenSchutzes umgeht. Ich denke, dass das damit gemeint ist. Es geht darum, dass dieser Appell nachdrücklich ist: „Liebe Leu te, wir kriegen diese Pandemie nur in den Griff, wenn wir al le die Verantwortung übernehmen.“ Das hat auch Minister präsident Kretschmann gestern und heute noch einmal betont. Es darf also nicht sein, dass jemand mal eben so ohne Maske durch die Gegend läuft. Wenn das dann geahndet wird, ist es so ähnlich wie mit dem Rauchen im Auto.

Frau Staatssekretärin, möchten Sie noch zwei Fragen von der AfD zulassen, von den Herren Abg. Klos und Stein?

Nein, danke.

(Unruhe – Abg. Udo Stein AfD: Danke auch! Die Antwort reicht!)

Wir werden diese Corona-Verordnung insgesamt noch einmal präzisieren, und zwar auch dahin gehend, wie die Entschei dungen in der gestrigen Konferenz der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin gewesen sind. Deswegen gehen wir jetzt davon aus, dass diese einheitliche Regelung auch durch gesetzt werden kann.

Zu Punkt b kann ich nur sagen, dass wir es sehr wichtig fin den, dass das Anliegen des Parlaments, eng in die Entschei dung mit eingebunden zu werden, wirklich sehr richtig ist und von uns sehr ernst genommen wird. Denn natürlich können die Rechtsverordnungen nur dann tatsächlich greifen, wenn sie auch vom Parlament in seiner Ganzheit getragen werden.

(Abg. Emil Sänze AfD: Von der Bevölkerung müs sen sie getragen werden, nicht vom Parlament!)

Jetzt bitten wir um Zustimmung zur Corona-Verordnung zum Erlass von infektionsschützenden Maßnahmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

In der Allgemeinen Aus sprache haben jetzt die Fraktionen das Wort.

Zunächst darf ich das Wort Herrn Abg. Poreski erteilen.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Die Corona-Verordnung benennt in § 1 drei wesentliche Ziele: Die Infektionsgefahren sollen wirk sam und zielgerichtet reduziert werden, die Infektionswege sollen nachvollziehbar gemacht werden, und die medizini schen Versorgungskapazitäten sollen aufrechterhalten werden. Damit schützen wir besonders gefährdete Menschen: Men schen mit Vorerkrankungen, Menschen mit Behinderungen, ältere Menschen. Daraus resultieren die AHA-Regeln: Ab stand, Hygiene, Alltagsmaske. Das sind Dinge, die viele Men schen in diesem Land inzwischen sehr unaufgeregt als Rou tine in ihren Tagesablauf integriert haben. Sie tragen dazu bei, das Coronavirus mit möglichst geringen Einschränkungen ein zudämmen. Dabei geht es nicht nur um Ältere und Kranke; denn auch junge Menschen ohne Vorerkrankungen kann das Virus schwer treffen mit zum Teil dramatischen Langzeitfol gen.

Mit unserer Politik sind fünf zentrale Botschaften verbunden.

Die erste lautet: Wir halten Maß und Mitte, auch bei dieser Verordnung. Wir haben gezeigt, dass eine Demokratie in der Krise unter Wahrung bürger- und rechtsstaatlicher Grundsät ze schnell und angemessen reagieren kann.

(Vereinzelt Beifall bei den Grünen – Beifall der Abg. Nicole Razavi CDU)

Dass wir nicht wie gewohnt feiern können, tut auch uns Grü nen weh. Seit 40 Jahren sind wir im Landtag von Baden-Würt temberg vertreten. Unsere große Jubiläumsfeier ist jedoch dem Virus zum Opfer gefallen, wie auch so mancher Geburtstag in unseren Familien und Freundeskreisen. Doch wenn wir an die Bilder aus Bergamo oder an das denken, was jetzt bei spielsweise in Madrid passiert – Inzidenz über 700 –, dann können wir feststellen: Wir haben gemeinsam Schlimmeres verhindert. In Madrid gelten seit Montag Ausgangssperren für über 800 000 Menschen.

(Zuruf von der AfD: Wir sind in Stuttgart!)

Sie dürfen ihre Wohnungen nur noch verlassen, wenn sie zur Arbeit oder in die Schule gehen oder wenn sie sich um kran ke und bedürftige Menschen kümmern. Parks und Spielplät ze werden wieder abgeriegelt. Das, meine Damen und Her ren, sind wirklich schwerwiegende Einschränkungen.