Für uns ist natürlich wichtig, dass wir dieses Lärmthema über greifend sehen, also nicht nur den Motorradlärm betrachten.
Es wurde auch der Schienenlärm angesprochen; ich nenne ein mal die Rheintalbahn. Wenn man sieht, welche Problematik
es in den betroffenen Wohngebieten in Rastatt und Offenburg gibt, dann ist nachvollziehbar, dass wir einen besseren Lärm schutz brauchen.
Insofern gehören Fluglärm, Schienenlärm, Motorradlärm und vieles andere zum Gesamtthema. Allerdings sollte man beim Fluglärm auch berücksichtigen – Herr Kollege Dörflinger, Sie haben es angesprochen –, dass der Lärm, der von einem Po lizeihubschrauber ausgeht, anders zu beurteilen ist, da er un vermeidbar ist, und deshalb nicht mit höheren Entgelten be straft werden sollte – so wie man es im Verkehrsministerium sehr undifferenziert getan hat. Es ist also erforderlich, zu dif ferenzieren, welcher Lärm unvermeidbar ist und welche Lärm problematik man über die Entgeltordnung löst.
Wir, die FDP/DVP-Fraktion, haben ein Positionspapier ent wickelt, welches das Problem des unverhältnismäßigen Lärms sehr ernst nimmt. Es darf keinen Raum für Manipulationen geben, die Motorräder lauter machen. Auch gilt die Pflicht zu einer angemessenen Fahrweise. Die Potenziale moderner Schall reduktion sind umfassend zu nutzen, und kein Motorrad soll lauter sein als unbedingt erforderlich. Einer Weiterentwick lung der Lärmregulierung für neue Motorräder stehen wir auf geschlossen gegenüber.
Aber es gibt viele Beispiele, die uns wichtig sind, ob es Schwer punktkontrollen sind, ob es Lärmmessungen bei der Haupt untersuchung sind, ob es ein Deeskalationsprogramm der Lan desregierung für besondere Konfliktstrecken ist, das helfen könnte. Auch die Lärmdisplays möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich hervorheben.
Es gibt also eine ganze Menge von Unterstützungsmöglich keiten, wo wir sagen: Wir wollen kein Gegeneinander, son dern wir wollen die Interessen von lärmgeplagten Bürgerin nen und Bürgern mit denen der Motorradfahrer in Einklang bringen.
Frau Präsiden tin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst bei der Fraktion GRÜNE dafür bedanken, dass wir heute diese Debatte führen.
Entschuldigung! Lärmschutz und Lärm sind ein Dauerthe ma, und das Problem von Dauerthemen ist gerade, dass man sie vergisst. Es ist nur angemessen, dass man, wenn sich die se Koalition einen Lärmschutzbeauftragten bei einer Frakti on bestellt, am Ende einer Legislaturperiode auch darüber
spricht, was in dieser Legislaturperiode in Sachen Lärmschutz alles gemacht worden ist und was noch ansteht.
Insofern: Danke dafür, dass wir die Debatte führen. Danke, Thomas Marwein, für die Arbeit in diesem Bereich. Ein wei teres Mal ist deutlich geworden: Man braucht bei solchen The men jemanden, der sich darum kümmert.
Herr Haußmann hat dankenswerterweise angesprochen, dass wir mit Staatssekretärin Dr. Splett schon in der letzten Legis laturperiode eine Lärmschutzbeauftragte hatten – damals der Landesregierung. Diesmal nun ist es ein Lärmschutzbeauf tragter des Parlaments. Beide Konstruktionen sind gut und wichtig gewesen bzw. sind noch wichtig, damit sich jemand um das Lärmthema kümmert, weil es sonst unter den Tisch fällt. Deswegen: Danke für das Engagement. Ich werde auch zeigen, was sich bei diesem Thema alles bewegt hat.
Übrigens zeigt sich jetzt auch, dass man eine Debatte ruhig führen kann. Und dann bleibt sie sachlich. Insofern ist diese Debatte, glaube ich, auch ein guter Beitrag im Vergleich mit dem, was wir davor hatten.
Meine Damen und Herren, mehrere Redner haben es ange sprochen: Verkehrslärm ist das, was am meisten belästigt. Auch in vielen anderen Bereichen gibt es Lärm, aber am meis ten belästigt fühlen sich Menschen von Verkehrslärm – nicht nur von Auto- und Motorradlärm, sondern genauso auch von einer lauten Eisenbahn, von lauten Güterzügen
oder vom Flugverkehr. Das Ausmaß des Lärms hängt sehr da von ab, wo man wohnt und wo man lebt. Wer in der Nähe ei nes Flughafens lebt – fernab von Eisenbahn- und Autoverkehr –, fühlt sich natürlich nicht von Eisenbahn- und Autoverkehr, sondern vom Flugverkehr belästigt. Und wer an einer Eisen bahntrasse wohnt, auf der im Dreiminutentakt laute Güterzü ge vorbeirattern, ist davon beschwert und wird davon krank. Insofern ist klar zu unterscheiden.
Herr Selcuk, ich gebe Ihnen ausdrücklich recht: Lärm ist nicht für alle Menschen in der Gesellschaft gleichermaßen belästi gend. Vielmehr ist es ganz eindeutig so: Menschen, die es sich leisten können, in ruhigen Wohngebieten oder eben nicht in der Nähe eines Flughafens oder einer Bahntrasse zu wohnen, sind natürlich nicht so sehr mit Lärm befasst wie andere, die in einfachen Wohnungen an lauten Straßen, an lauten Bahn höfen – was auch immer laut ist – leben müssen, weil es ih nen nicht anders möglich ist. Insofern ist Lärmschutz auch ei ne soziale Frage. Wir nehmen ihn als soziale Frage ernst.
Lärmschutz und Lärm sind übrigens nicht nur ein städtisches Problem, sondern dort, wo z. B. auf bestimmten Straßen am Wochenende viele Motorradfahrer unterwegs sind, werden idyllische Landschaften und Dörfer plötzlich total verlärmt. Davon sind dann wieder ganz andere Gruppen betroffen. In sofern müssen wir uns den unterschiedlich Betroffenen auch jeweils mit unterschiedlichen Maßnahmen widmen.
Sie haben dankenswerterweise auch vorliegende Zahlen dazu zitiert, dass Lärm – durch Studien belegt – krank macht. In der Folge eines dauerhaften Krankseins kann es auch zu To desfällen kommen. Die EU geht von etwa 12 000 Menschen jährlich aus, die aufgrund dieser Dauerbelastung sterben – al so erst Stress, dann Herzinfarkt, dann Tod; so läuft das. Man stirbt ja nicht, weil ein Auto laut ist, sondern diese Belastung erstreckt sich sozusagen über Jahre. Das ist auch der Grund, warum wir uns um den Lärmschutz kümmern.
Wir haben unlängst ein Lob dafür bekommen, dass wir das machen, auch systematisch machen. Das ist gut so. Ich stehe auch dazu, dass ein Lärmschutzbeauftragter der Regierung da bei behilflich ist, dieses Thema immer wieder anzugehen.
Wir haben uns in verschiedener Weise des Themas angenom men. Ich komme nachher noch zu einigen Details.
Wir haben auch eine Grundsatzentscheidung getroffen. Na türlich ist es ein Unterschied, ob es einem egal ist, wie der Verkehr funktioniert, oder ob man sagt: Wir betrachten den Verkehr unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten. Und zur Nach haltigkeit gehört eben: leise, ressourcenschonend und auch umwelt- und naturschonend. Insofern kann man sagen: Eine neue, an Nachhaltigkeit orientierte Verkehrspolitik ist zugleich auch immer ein Beitrag zum Lärmschutz. Das ist doch klar. Wenn in einer Stadt weniger Autos fahren oder wenn die Au tos keine lauten Verbrennungsmotoren, sondern leise Elek tromotoren haben, ist das ein Beitrag zur Lärmminderung und damit zu einer neuen Lebensqualität.
Wenn wir die Menschen dazu bringen, auf das Rad umzustei gen und etwas zu Fuß zu machen – es ist ja unser Anspruch, mehr Menschen zu einer aktiven Bewegung anzuhalten –, ist das ein direkter Beitrag zum Lärmschutz. Als Fußgänger muss man sich schon anstrengen, hörbar zu sein. Ich will jetzt nicht sagen, wie; aber das geht auch.
Ich will nur sagen: Die andere Form des Sich-Fortbewegens ist auch ein wesentlicher Beitrag dazu, dass eine Stadt eine andere Ruhe ausstrahlt. In den Coronazeiten, in denen viele Menschen nicht mehr Auto gefahren sind – in der harten Lock down-Phase –, hat, glaube ich, jeder gemerkt, wie leise eine Stadt sein kann, wie leise es ist, wenn man mit dem Rad un terwegs ist oder zu Fuß durch die Stadt geht. Ich finde, davon kann man auch etwas in die Zeit danach mitnehmen.
Weniger Verkehr, weniger laute Antriebe, umweltfreundliche Mobilität sind ein Beitrag zum Lärmschutz, und deswegen treiben wir das voran.
Ich möchte Herrn Dörflinger ausdrücklich recht geben: Eine moderne Infrastrukturpolitik auf der Straße und auf der Schie ne ist ein wichtiger Beitrag zur Lärmbekämpfung.
Ortsumfahrungen – das ist für uns ein wichtiges Kriterium – nehmen wir ernst. Wenn Anwohner über Jahrzehnte durch Ab gase und Lärm belästigt werden und eigentlich keine Lebens qualität mehr haben, dann bauen wir Ortsumfahrungen. Wir
haben in den letzten Jahren zahlreiche Ortsumfahrungen ge baut. Wir achten aber auch darauf, dass die Ortsumfahrungen nicht neue Betroffenheiten auslösen. Das Problem zu verschie ben wäre natürlich falsch. Es wird auch immer sehr auf Lärm schutzwälle, auf Lärmschutzwände geachtet. Insgesamt kann man sagen: Das ist eine deutliche Verbesserung für die An wohner.
Das gilt übrigens auch für den Schienenverkehr. Das größte Lärmschutzaktionsprogramm war im Rheintal, dadurch, dass Pläne der Bahn geändert wurden und das dritte und vierte Gleis nicht durch die Städte, sondern entlang der Autobahn gelegt wurden.
Selbstverständlich sind wir seit Jahren dabei, in besonderer Weise am Flughafen Stuttgart, Änderungen mit Blick auf die Start- und Landegebühren vorzunehmen – Gebühren, deren Höhe sich am Lärm orientiert. Das hat auch Erfolg. Heutzu tage fliegen zwar mehr Flugzeuge als vor 20 Jahren, aber ins gesamt ist der Lärmpegel messbar heruntergegangen. Mit den Änderungen bei den Start- und Landegebühren haben wir da zu beigetragen, dass die Flotte modernisiert wurde, dass es sich in Stuttgart lohnt, mit moderneren, leiseren Flugzeugen zu landen. Das ist sozusagen ökonomisch gut.