(Heiterkeit – Vereinzelt Beifall – Zuruf: Ja, ja! – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Wie könnte es anders sein?)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Tatsache, dass Sie sich Ihren Bauch vollschlagen können, und zwar nicht mit minderwertigen Erzeugnissen, sondern mit Genussprodukten, die Tatsache, dass Sie sich in diesem Land Baden-Württem berg, einem Genießerland, mit Premiumprodukten versorgen können
und dass Sie dies auch noch zu einem ansprechenden Preis tun können, all dies ist ein Ergebnis einer europäischen Sta bilitätspolitik und auch einer europäischen Landwirtschafts politik.
Ja, meine Damen und Herren, wohlgenährt Zwischenrufe machen, das können Sie, das scheint Ihr Spiel zu sein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der AfD, Sie waren ja einmal zwei Fraktionen. Das hat offensichtlich der Stabilität Ihres Körperbaus keinen Abbruch getan.
Meine Damen und Herren, das war, wenn man so will, das Vorgespräch. Aber ich glaube, das war einmal notwendig, weil von der rechten Gruppe in diesem Haus ständig die EU ma dig gemacht wird
Dann kommt noch etwas dazu: Sie tun gerade so, als wäre bei den Milchbauern in Deutschland und in Baden-Württemberg die EU an allem Übel schuld.
Ich sage Ihnen einmal die Zahlen: Wir produzieren in Deutsch land 34 Millionen t Milch; das war der Stand des letzten Jah res. Selbst trinken und essen wir – Joghurt, Käse etc. – 13 Mil lionen t. Das ist das, was über die Theke des Lebensmittelein zelhandels in Deutschland geht. In der Industrie werden 5 Mil lionen t verwertet. Die übrigen 16 Millionen t – von deut schen, von baden-württembergischen Bauern erzeugt – wer den exportiert. Die Milchwirtschaft in Deutschland, die Milch wirtschaft in Baden-Württemberg ist die Exportwirtschaft in der Landwirtschaft schlechthin, und sie ist zwingend auf den Freihandel in der Europäischen Union und weltweit angewie sen. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren von der AfD, können Sie nicht einfach negieren und überspielen. Das sind Tatsachen. Wenn Sie Restriktionen haben wollen, dann gefährden Sie die Landwirte in Baden-Württemberg und in Deutschland.
Da sollten Sie Ihren Bauern oder denen, die Ihnen schon zeit weise zugejubelt haben, einmal reinen Wein einschenken und nicht ständig versuchen, mit Autarkiestreben und dergleichen mehr deren Horizont zu vernebeln.
Meine Damen und Herren, die Bauern in Baden-Württemberg wären die ersten Verlierer, wenn sie Ihren Spuren folgen wür den. Das ist doch die Tatsache, der wir ins Auge sehen müs sen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr richtig! – Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Voodoo-Öko nomie ist das!)
Ich beneide die Studenten nicht, die es bei Ihnen aushalten müssen. Es ist denen wahrscheinlich ganz angenehm, dass Sie hier sind.
Meine Damen und Herren, das Thema Milchwirtschaft hat uns in den letzten Jahren immer wieder beschäftigt; es beschäftigt bei dieser Debatte auch die Sozialdemokraten und uns natür lich auch.
Es ist in der Tat so, dass in einem Flächenland wie BadenWürttemberg mit einem hohen Grünlandanteil die Milchwirt schaft die einzige Möglichkeit ist, den Grünlandanteil auch zu halten. Weil wir topografisch nicht gesegnet sind – land wirtschaftlich ja, aber betriebswirtschaftlich nicht –, ist die
Bewirtschaftung ein hartes Geschäft. Das harte Geschäft schlägt sich halt in den zu erzielenden Preisen nicht nieder. Deshalb müssen wir die Milchwirtschaft, die Milchviehhalter und die Grünlandwirtschaft in Baden-Württemberg entspre chend unterstützen. Das ist die beste Wertschöpfungsmöglich keit. Das tun wir vielfältig durch die Förderung der Investiti onen, das tun wir durch die Bewirtschaftungsbeihilfen, bei spielsweise über das FAKT, das tun wir im ökologischen Landbau, das tun wir auch bei den Direktzahlungen.
Auch die Direktzahlungen der Europäischen Union haben ei nen wettbewerbsfördernden Charakter, nämlich einen wettbe werbsfördernden Charakter in Bezug auf den Weltmarkt. Ich habe Ihnen vorhin die Exportzahlen genannt. Da spielt der Weltmarkt durchaus eine Rolle. Das kann man nicht einfach wegwischen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Milchpreis, der sich herausgebildet hat, nachdem die Europäische Union die Milchwirtschaft liberalisiert hat – – Da muss man einfach sa gen: Was in den Fünfzigerjahren notwendig war, nämlich ein gewisser planwirtschaftlicher Eingriff, ist seit 20 Jahren ei gentlich nicht mehr notwendig, weil wir genügend Produkti onskapazitäten haben und weil wir auch keine Defizite, son dern im Prinzip eher Überschüsse zu gewärtigen haben. Also brauchen wir die Planwirtschaft nicht mehr. Nachdem die Planwirtschaft der Europäischen Union durch das Quotensys tem weggefallen ist, herrscht, wenn man so will, Markt.
Der Markt ist jedoch nicht abgesichert. Das ist das Problem der Europäischen Union. Ein Problem, das bisher nicht gelöst wurde, besteht darin, dass mit dem Wegfall der Quote keine Kriseninterventionsinstrumente größeren Ausmaßes vorhan den waren und dass die Marktpartner nicht entsprechend re agiert haben.
Frau Kollegin Braun hat vorhin zu Recht ausgeführt, dass sich die Biomilchproduzenten – das hat sie als Vorbild auch für die sonstige Milchproduktion dargestellt – streng am Bedarf ori entieren
und dass sich auch die Milchwirtschaft, die Biomilchproduk te verarbeitet, streng am Bedarf orientiert und nicht mehr Milch annimmt und auf den Markt bringt, als tatsächlich nach gefragt wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, genau das ist das Prinzip, das wir jetzt brauchen: dass Verarbeiter – egal, ob es Private sind oder Genossenschaften – diese Marktsituation ge nau nachbilden und auf diese Marktsituation reagieren, etwa wenn weniger Milch nachgefragt und gebraucht wird, sei es im Inland, im Lebensmitteleinzelhandel, sei es auch im Ex port, in Exportbereichen, in denen auch Nationen außerhalb der Europäischen Union maßgeblich sind, z. B. Neuseeland, z. B. die USA, die gerade in den letzten Wochen den Milch preis beeinflusst haben, weil aus den USA, aus Kanada, aus Neuseeland das, was wir weniger produziert haben – wir ha ben nach der Milchkrise in den letzten beiden Jahren weniger Milch produziert und abgeliefert –, durch eine stärkere Pro duktion nahezu vollständig aufgefangen wurde.
Deshalb spielt es schon eine Rolle, dass die Marktpartner, die den Markt viel besser kennen und viel näher am Markt dran sind als jeder Landwirt, dies berücksichtigen. Da sind die Ge nossenschaften, meine ich, in einer Führungsfunktion. Die Ge nossenschaften müssen darauf auch reagieren.
Die Zahlen sind doch sehr rar gesät. – Also, manche Genos sen in den Genossenschaften können gut nachvollziehen,