Da sind wir – wenn ich das einmal so allgemein sagen darf – auch im Vergleich zu anderen Bundesländern nicht so aufge stellt, wie es sich angesichts der heutigen Grundlagen, ange sichts einer immer heterogeneren Schülerschaft und ange sichts dessen, dass heute auch immer mehr Aufgaben in die Schulen getragen werden – das kann man jetzt bejammern oder auch nicht, wie auch immer, aber es ist so –, die sicher auch gesamtgesellschaftliche Aufgabenstellungen sind, emp fiehlt. Diese Unterstützungssysteme müssen angepasst wer den.
Deshalb habe ich im Sommer dieses Jahres vorgestellt, dass wir auf den 1. Januar 2019 die Unterstützungssysteme, die wir haben, neu strukturieren und in einem Zentrum für Schulqua lität und Lehrerbildung bündeln, das die Aufgabe hat, Bera tungs- und Unterstützungsangebote von der Erarbeitung von Materialien über direkte Begleitung von Schulen, Lehrerin nen und Lehrern sowie von Eltern bereitzustellen sowie die Bündelung von Lehrerbildung und Lehrerfortbildung, die Bündelung der Bildung und Fortbildung der Fachkräfte zu er möglichen. Dies wollen wir in Beratungssysteme einbringen, die sich in diesem Zentrum für Schulqualität und Lehrerbil dung wiederfinden sollen. Auf der anderen Seite, als zweite Institution, schaffen wir ein Institut für Bildungsanalysen – auch dies ist überfällig –, wo der Aufbau des strategischen Bil dungsmonitorings, datengestützte Qualitätsentwicklung ab gebildet werden soll.
In diesen beiden Instituten geht das auf, was wir bisher haben, sowohl das Landesinstitut für Schulentwicklung als auch die Landesakademie für Fortbildung, auch die anderen Partner. Mit denen erarbeiten wir übrigens momentan gemeinsam auch die inhaltliche und strukturelle Konzeption. Das heißt, es ist eine Weiterentwicklung.
Natürlich brauchen wir eine zentrale Steuerung, die aber auch künftig regionale Besonderheiten abbildet. In einem ländlich strukturierten Flächenland wie Baden-Württemberg kann es keine zentralistische Einrichtung in Stuttgart geben, sondern zur Umsetzung brauchen wir unsere dezentralen Einheiten und deshalb natürlich auch künftig den Standort Comburg und andere Partner, die vor Ort das leisten, was aber gebündelt er arbeitet und in der Umsetzung dann nach außen getragen wird.
Als Nachfrage: Welche Aufga be hat dann der Standort Esslingen? Bleiben also die Stand orte erhalten und werden nur mit neuen Inhalten gefüllt? Wo ist eigentlich die Lenkungseinrichtung? Sie haben ja soeben kurz angedeutet, dass es das geben soll.
Wenn ich darf, möchte ich an dieser Stelle gleich eine quali tative Frage ergänzen. Geht es jetzt wieder mehr um das The ma „Wissen und Können“, oder werden Kompetenzentwick lungen und Leitlinien fortgeschrieben werden?
Ich glaube, das Thema, das ich hier vorangestellt habe – mehr Qualität und höhere Leistungsfähigkeit –, hängt inhaltlich natürlich sehr stark mit der Frage von Wissen und Können zusammen.
Heute brauchen wir sicher auch Kompetenzvermittlungen: Wie kann man Lernen lernen? Das sind natürlich Entwicklun gen, die pädagogisch heute unbestritten sind; es ist unbestrit ten, dass man heute in der Schule auch solche Ansätze braucht. Das mag vor 30 Jahren noch anders gewesen sein, aber natür lich geht es in der Schule auch um Wissen, Können und die Vermittlung von Inhalten, keine Frage.
Dass die Standorte erhalten bleiben, war von vornherein klar. Das wurde auch nie bestritten. Aber es wird folgendermaßen sein. Nehmen Sie das Beispiel – vielleicht kann man es dar an konkretisieren – der Lehrerfortbildung: Künftig werden im Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung grundlegende Fortbildungskonzepte für die einzelnen Fachkombinationen, für Themen wie „Umgang mit Heterogenität“ oder „Umgang mit Inklusion“ entwickelt. Das sind die Aufgabenstellungen. Dann wird definiert: In welcher Qualität muss Fortbildung an geboten werden? Wie kann Fortbildung aufgestellt werden? Dies kann beispielsweise – das wissen wir – mehr in den Schulen geschehen, wo die Teams als Kollegien insgesamt fortgebildet werden, usw.
Dies wird konzeptionell erarbeitet, von der Qualität und auch vom Bedarf her. Die Umsetzung erfolgt dann natürlich dezen tral; klar mit einer Vorgabe dessen, was qualitativ erwartet wird, aber mit einer Dezentralität, ergänzt – auch das wird man den Einheiten in Zukunft natürlich zugestehen – um re gionale Besonderheiten. Das heißt, wir brauchen eine Dezen tralität, anders funktioniert es nicht. Wir brauchen auch die Kompetenz, die regional in der Dezentralität enthalten ist. Aber was in welcher Qualität angeboten wird und welche Un terstützungsmöglichkeiten Schulen haben, das wird künftig stärker gebündelt erarbeitet, evaluiert, wissenschaftlich belegt und dann nach außen getragen. Aber es muss keiner Angst um seinen Standort haben; die Standorte bleiben allesamt erhal ten, das ist gar kein Thema.
Frau Ministerin, eine Frage mit Blick auf die Schulleitung. Wir diskutieren ja die Notwen digkeit der Stärkung der Schulleitung. Inwiefern spielen denn in Ihren aktuellen Gedankenansätzen z. B. dezentrale Fortbil dungsbudgets in der Hand der Schulleitungen eine Rolle?
Natürlich, Herr Fulst-Blei, haben Sie recht: Auf die Schulleitung kommt es an. Wir arbeiten momentan auch dar an, dass wir in den nächsten Wochen ein Konzept vorlegen wollen, wie wir die Schulleitungen insgesamt in ihrer Füh rungsfunktion stärken. Aber zur Stärkung gehören auch be soldungsrechtliche Fragen und diese Dinge; ich habe es schon mehrfach betont. Es ist auch wichtig, dass man dies auch deut lich macht.
Natürlich ist das für mich auch eine Frage, die wir in diesem Zusammenhang erarbeiten – Stichwort Fortbildungen. Wir wissen, dass beispielsweise der Wunsch vieler Lehrerinnen und Lehrer, vieler Kollegien besteht, dass eine Schule als Kol legium insgesamt fortgebildet wird, beispielsweise zu The men wie „Umgang mit Heterogenität“ oder „Umgang mit In klusion“. Es gibt ja Themen, die durchaus eine Schule insge samt betreffen. Da gibt es den Wunsch, dass ein qualifizierter
Ich habe jetzt grundsätzlich überhaupt kein Problem damit, wenn definiert ist, was mit welcher Qualität geleistet wird, dann auch beispielsweise zu ermöglichen, dass eine Schullei tung das mit einem gewissen Budget, auch mit einer gewis sen Verantwortung selbst gestalten kann. Da bin ich offen. Ich glaube, dass wir solche Ansätze auch im Sinne des Führungs gedankens erwägen sollten. Ein Rektor ist eine Führungsper son, und ein Kollegium ist auch ein Führungsgremium. Das sind aber die Themen, die wir momentan in unterschiedlichen Arbeitsgruppen mit allen Beteiligten erörtern. Aber ich habe da eine große Offenheit. Warum nicht?
Sehr geehrte Frau Mi nisterin, Sie hatten eine Umfrage bei den Lehrerinnen und Lehrern durchgeführt dazu, welche Bedarfe in Bezug auf Fort bildung vonseiten der Kolleginnen und Kollegen gesehen wer den. Welche Schritte werden Sie gehen, um diesen Bedarfen entgegenzukommen?
Vielen Dank, Frau Bogner-Unden. – Es ist richtig, wir haben eigentlich eine sehr niederschwellige Onlinebefra gung – das war ganz bewusst so gewählt – bei allen knapp 117 000 Lehrerinnen und Lehrern durchgeführt, einfach ein mal mit verschiedenen Blöcken unter dem Motto: „Wie fin det ihr die Fortbildung?“ Es war differenzierter, aber ich ver kürze es jetzt einmal.
Die Rückmeldung war eigentlich in vielfältiger Hinsicht sehr interessant. Das bezieht sich ein Stück weit sehr stark auf das, was ich eben auch schon Herrn Fulst-Blei antwortete, dass der Wunsch, auch als Kollegium gemeinsam weiterqualifiziert zu werden, sehr groß ist.
Im Übrigen – ich glaube, auch das ist etwas, was alle betrifft, aber das ist vielleicht ein Stück weit ein Mentalitätsthema –: In vielen internationalen Vergleichen sieht man, dass der Team gedanke dort viel stärker verankert ist. Das gilt nicht nur für Lehrerinnen und Lehrer. Dass man sich als Gemeinschaft fühlt, ist bei uns nicht ganz so stark präsent. Deshalb spielen solche Fortbildungen – was ein großer Wunsch war – sicher eine Rolle.
Was natürlich angesprochen wurde – das muss man ehrlich sagen –, war auch der Wunsch der Lehrerinnen und Lehrer. Sie haben Interesse an Fortbildungen, das stimmt auch. Es gibt immer dieses Gerücht, es bestehe kein Interesse daran. Das stimmt nicht, es gibt ein großes Interesse an Fortbildungen. Aber die Fortbildungen, die wichtig sind oder die interessie ren – Stichworte Inklusion, Heterogenität –, muss man natür lich in ausreichendem Maß anbieten. Das ist eine Aufgaben stellung an uns.
Zum Zweiten muss man dann auch sehen – das ist etwas, was man sehr ernst nehmen muss –: Es kam von vielen die Rück meldung, dass sie gern Fortbildungen machen, aber sie woll
ten halt auch sicher sein, dass ihnen die Fortbildung etwas bringt und dass ihnen die Fortbildung in ihrem Beruf auch weiterhilft. Da muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen: Dafür ha be ich jetzt großes Verständnis. Eigentlich ist es ja peinlich, wenn es offensichtlich auch passiert, dass man eine Fortbil dung wahrnimmt, aber nicht erkennt, welchen Mehrwert man daraus hat.
Daran arbeiten wir: an Qualität und Dezentralität und auch an der Qualität der Fortbildner. Deshalb ist es, glaube ich, der richtige Ansatz, in diesen Bereich zu gehen.
Ganz konkret nochmals: Wir haben ja speziell im Bereich kaufmännische Schulen und ge werbliche Schulen das sogenannte Multiplikatorenmodell. Dieses Multiplikatorenmodell hat Vor- und Nachteile wie al le Fortbildungsmodelle. Soll das so erhalten bleiben? Ich den ke jetzt speziell an den Industriebereich, auch an die Digita lisierung, an die Unterrichte, die man bei Hewlett Packard oder bei IBM gemacht hat, und anschließend sollten das die Kollegen für Kollegen multiplizieren. Eben wurde von der Frau Kollegin angesprochen: Die Qualität war natürlich unter schiedlich. Die Menschen sind ja nun auch unterschiedlich. Wie ist hier die Denkweise in Ihrem Haus und Ihre Zielset zung?
Was ich generell nicht will – deshalb entwickeln wir diesen Prozess auch mit sehr vielen Partnern, Schulprak tikern, Experten, Wissenschaftlern –, ist, dass man sich auf ir gendetwas zwingend festlegt. Das Modell, das Sie angespro chen haben, ist tatsächlich in Baden-Württemberg sehr weit verbreitet: Einer macht eine Fortbildung und – so sage ich jetzt mal – erzählt davon den Kolleginnen und Kollegen und gibt inhaltlich weiter, was da passiert ist.
Das funktioniert zum Teil, glaube ich, auch. Bei den Beispie len, die Sie angesprochen haben, gibt es durchaus positive An sätze. Aber man muss ehrlich sagen: In der Breite funktioniert es häufig nicht. Das hängt ein Stück weit damit zusammen – das wird einem auch vor Ort bestätigt –: Man hat die Fortbil dung gemacht, und bis man dann einen Termin findet, bei dem das Kollegium Zeit hat, sind schon zwei, drei Wochen vergan gen. Dann ist die Fortbildung auch nicht mehr ganz so frisch. Viele haben auch keine große Lust, sich von einem Kollegen etwas erzählen zu lassen und das dann mitzunehmen. Das trifft schon alles ein bisschen die Grundlage.
Ich kann es mir dort vorstellen, wo es sich bewährt hat. War um nicht? In einzelnen Bereichen, gerade im beruflichen Be reich, ist es vielleicht auch noch einmal etwas anderes, weil es sich da um ein sehr dezidiertes Thema handelt. Aber an sonsten, glaube ich, sollten wir uns schon zutrauen, dann eher mit qualifizierten Fortbildnern in die Schulen zu gehen und alle gemeinsam dann fortzubilden, als es einem Einzelnen zu überlassen. Es hat ein bisschen etwas von „Stille Post“ und
Ich will noch einmal zu rückkommen auf unser Thema von vorhin, wo ich nicht gleich nachfragen konnte. Können wir denn damit rechnen – Sie ha ben gesagt, in den nächsten Wochen werden Sie einen Vor schlag unterbreiten –, dass das Thema oder eine Entscheidung über ein dezentrales Fortbildungsbudget von Schulleitungen dort bereits vorkommt im Sinne von „machen wir“ oder „ma chen wir nicht“?
Nicht in der Entscheidung; da will ich ehrlich sein. Wir werden ansprechen, dass das ein Thema ist. Ich glaube aber, wir sollten das eher an den Gesamtprozess der Qualitäts entwicklung koppeln, der im Jahr 2018 vollzogen wird, und es in diesem Zusammenhang dann in ein Gesamtkonzept ein gliedern. Wir würden das Thema benennen und sagen, dass es Sinn macht, dass man darüber nachdenkt, aber es eher im Qua litätsgesamtgefüge im Hinblick auf den 1. Januar 2019 sehen und diesen Teil nicht dezidiert vorziehen.
Gibt es weitere Fragen? Ich blicke in die Runde. – Das ist nicht der Fall. Dann ist das Thema beendet.
Frau Ministerin, ich bedanke mich für die Beantwortung und darf die Regierungsbefragung für heute eine Minute vor dem Ende der vorgesehenen Zeit – ich denke, wir rufen kein wei teres Thema mehr auf – beschließen.
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Eu ropa und Internationales zu der Mitteilung des Ministeri ums der Justiz und für Europa vom 20. Oktober 2017 – Bericht über aktuelle europapolitische Themen – Druck sachen 16/2882, 16/2888
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Ausspra che eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.
Herr Präsident, sehr geehrte Da men und Herren! Anlass dieser Debatte ist der jüngste Bericht der Landesregierung über aktuelle europapolitische Themen. Herzlichen Dank für diesen Bericht, der durch die aktuellen Entwicklungen in der Europäischen Union wieder einmal überlagert wird. Wie wichtig die europäische Regulierung ist, offenbart sich in diesen Tagen aufgrund der aktuellen Ent wicklungen wieder einmal auf eindrückliche Art und Weise.
Die Enthüllungen zu den Paradise Papers vom letzten Wo chenende zeigen nun doch, wie dringend wir die Europäische Union und ihre Regulierung benötigen. Der Skandal zeugt ein mal mehr vom Versagen einzelner nationaler Politiken bei der Bekämpfung von Steuerflucht. Denn eines ist klar: Steueroa sen und legale wie kriminelle Methoden der Steuervermei dung lassen sich in der Europäischen Union nur gemeinsam mit unseren europäischen Partnern trockenlegen.
Deutsche Steuereinnahmen in Höhe von 17 Milliarden € jähr lich sollten wir nicht einfach verloren geben, sondern sie im Sinne der Steuergerechtigkeit und des Gemeinwohls den Bür gerinnen und Bürgern in unserem Land zufließen lassen. Es gäbe durchaus wirksame Mittel gegen Steuertricks von Kon zernen und Reichen. Sie müssen nur auf europäischer Ebene auch von allen eingeführt und angewandt werden. Was hier fehlt, ist der politische Wille – auch in Deutschland. Wir müs sen jedweder Art der Steuervermeidung den Boden entziehen. Wirksam wird das aber nur mit einer Europäischen Union ge lingen. Dazu brauchen wir endlich drei Maßnahmen.