Protokoll der Sitzung vom 08.11.2017

Ich möchte noch einen Punkt klarstellen: Das Omnibusgesetz, das wir hier auf den Weg bringen, ist effizient; das entspricht dem üblichen parlamentarischen Verfahren. Es besteht Hand lungsbedarf, weil die Regelungen in Bezug auf den Mindest lohn zwischen Bund und Land auseinanderklaffen.

Ich möchte an dieser Stelle noch darauf hinweisen, dass wir das Landestariftreue- und Mindestlohngesetz hier in BadenWürttemberg – das können Sie im Koalitionsvertrag nachle sen – 2018 evaluieren werden. Hier gibt es noch zum Thema Subunternehmerhaftung etwas, was wir uns dringend anschau en müssen. Dann haben wir auch die Gelegenheit, dieses Ge setz in Gänze nochmals intensiv parlamentarisch zu diskutie ren.

Die CDU-Landtagsfraktion wird der Gesetzesänderung zu stimmen und aus den genannten Gründen die Anträge von SPD und FDP/DVP ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Stoch das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen, liebe Kollegen! Nachdem Gabi Rolland bereits zu dem Teil des Gesetzentwurfs zum Naturschutzgesetz gesprochen hat, gestatten Sie mir nun einige Worte zu dem Teil des Ge setzentwurfs, der von der Landesregierung unter – Zitat – „Weitere Vorschriften“ zusammengefasst wird. Als Teil die

ser weiteren Vorschriften in diesem Gesetzespaket gemein sam mit dem Naturschutzgesetz will eben die Landesregie rung das Landestariftreue- und Mindestlohngesetz still und leise abräumen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das kann man so tun; man muss aber dann auch damit rechnen, dass jemand merkt, dass hier ein Gesetz, das dazu da ist, Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Baden-Württemberg besser zu machen, schlicht und einfach abgeschafft wird. Mit uns, mit der SPD, ist dies nicht zu machen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Claus Paal CDU: Inhalt lich falsch!)

Ich weiß, dass Sie, Frau Ministerin, in der ersten Lesung Ih re geplante Aushöhlung des Landestariftreue- und Mindest lohngesetzes als ganz normalen legislativen Vorgang bezeich net haben. Herr Kollege Paal hat auch gerade das so genann te Omnibusverfahren genannt.

Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, man kann so vor gehen, aber man muss sich dann auch den Vorwurf gefallen lassen, dass hier ein Gesetz, das zum Schutz von Arbeitneh merinnen und Arbeitnehmern eingeführt wurde und von Ih nen danach schlicht und einfach ausgehöhlt und faktisch ab geschafft wurde, nun abgeschafft werden soll.

(Abg. Claus Paal CDU: Wo denn? Wo wird das ab geschafft?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wer so gegen Arbeit nehmerinnen und Arbeitnehmer wirkt, der hat nicht verstan den, wie die Realität auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland und auch in Baden-Württemberg aussieht.

(Beifall bei der SPD – Abg. Daniel Born SPD: So ist es! – Abg. Claus Paal CDU: Der Mindestlohn wird erhöht!)

Wir alle können deswegen an dieser Stelle auch bewerten, welches Gewicht Arbeitnehmerfragen für diese Landesregie rung haben.

Herr Kollege Paal, ja, wenn im Ausschuss aufgeregt disku tiert wird, dann verstehe ich das. Denn was für die Arbeitneh merinnen und Arbeitnehmer wichtig ist, nämlich die Frage, wie viel Geld sie für ihre Leistung bekommen, ist ein Thema, das die Menschen und auch die SPD aufregt, und das ist, glau be ich, nichts, was man hier süffisant zitieren sollte. Das soll te eigentlich uns alle als Parlamentarier auszeichnen, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben den Sinn und auch hauptsächlich den Unsinn die ser Gesetzesänderung in der ersten Lesung bereits diskutiert. Aber lassen Sie mich noch einmal darauf hinweisen, dass die se Landesregierung es für – Zitat – „Bürokratieabbau“ hält, wenn sie feststellt, dass ein Bundesgesetz, nämlich das Min destlohngesetz, nun auch in Baden-Württemberg gilt.

Frau Kollegin Lindlohr hat darauf hingewiesen: Wir haben das Landestariftreue- und Mindestlohngesetz in einer Zeit ge schaffen, als es den bundesweiten Mindestlohn noch nicht

gab. Ich sehe also auch gar keinen Widerspruch darin, dass man dieses hier im Land geltende Landestariftreue- und Min destlohngesetz mit Leben füllt, und zwar im Sinne der Arbeit nehmerinnen und Arbeitnehmer. Es ist nämlich bei Weitem nicht überholt.

Im nächsten Jahr wollen Sie das Landestariftreue- und Min destlohngesetz evaluieren. An einer Evaluation – „Was lief gut, was lief nicht so gut?“ – unter Beteiligung der Beschäf tigten, unter Beteiligung der Tarifpartner haben wir auch über haupt nichts auszusetzen. Aber was die Landesregierung hier versucht, ist die vorsorgliche Aushöhlung jeglicher Gestal tungsmöglichkeiten beim Mindestentgelt, Gestaltungsmög lichkeiten, mit denen wir gerade die Lebenswirklichkeit in Ba den-Württemberg, die hohen Mieten in Baden-Württemberg, die hohen Lebenshaltungskosten in Baden-Württemberg zu gunsten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern berück sichtigen könnten. Diese Chance geben Sie schlicht und ein fach heute dahin. Das ist aus unserer Sicht ein berechtigter Vorwurf, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Der Instinkt dieser Landesregierung ist es, den bundesweiten Mindestlohn zur Kenntnis zu nehmen, dann grandioserweise festzustellen, dass die Bundesgesetze auch in Baden-Würt temberg gelten, und dann im Zusammenhang mit der Ände rung von weiteren Vorschriften zu sagen: Das reicht. Sie be rauben sich – egal, ob fahrlässig oder böswillig – auf jeden Fall ohne Not eines Instruments, mit dem Sie die Beschäftig ten in Baden-Württemberg besserstellen können und das in seiner Konzeption gerade auch einer Vorbildfunktion der öf fentlichen Hand dienen kann.

Wenn Sie sich die Anhörung des DGB, auch die schriftliche Äußerung des Deutschen Gewerkschaftsbunds anschauen, dann sehen Sie, genau das ist der Vorwurf, der hier gemacht wird. Sie begeben sich der Chance, landesspezifische Mindest entgeltregelungen zu haben. Ich glaube, gerade wenn die öf fentliche Hand als Auftraggeber im Spiel ist, dann geht es auch um die Vorbildfunktion des öffentlichen Dienstes, dann geht es um die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh mern und das, was sie berechtigterweise verdienen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD – Abg. Claus Paal CDU: Und Sie glauben nicht mehr an die Sozialpartnerschaft?)

Herr Kollege Paal, die Sozialpartnerschaft ist etwas, was un serem Gedanken zugrunde liegt. Denn wir legen hier nicht po litisch fest,

(Abg. Claus Paal CDU: Doch! Die SPD möchte!)

welches wir als sinnvolle Mindestlohngrenze sehen, sondern wir nehmen den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes als Maßstab, also das Ergebnis von Tarifverhandlungen.

Wir fordern daher eine Korrektur des Gesetzentwurfs. Wir for dern als Lohnuntergrenze für Aufträge der öffentlichen Hand, zumindest die Bedingungen und Untergrenzen der öffentli chen Hand in baden-württembergisches Recht aufzunehmen. Damit kann dann auch der negative Aspekt beseitigt werden, dass wir Anreize setzen, wie das Tarifgefüge im öffentlichen Dienst ausgehöhlt werden kann. Wer Aufträge von der öffent

lichen Hand haben möchte, der muss auch bereit sein, den Ar beitnehmerinnen und Arbeitnehmern auskömmliche Löhne zu zahlen, auskömmliche Einkünfte zu zahlen. Das bemessen wir am Tarifvertrag der öffentlichen Hand, meine sehr geehrten Damen und Herren. Die Regelungen zum Thema Mindestlohn sind aus unserer Sicht ein wichtiger Teil des Gesetzes, und deswegen werden wir das Gesetzespaket im Ganzen ableh nen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die FDP/DVP-Fraktion er teile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Schweickert.

Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! In Sonntagsreden gibt man sich ja gern als Versteher der Wirtschaft, redet man vom Bürokra tieabbau. Heute haben Sie die Möglichkeit, etwas dafür zu tun und nicht bloß zu reden. Denn das Tariftreuegesetz ist „ein adipöser Amtsschimmel mit der Immunschwäche der Euro parechtswidrigkeit“,

(Oh-Rufe von den Grünen und der SPD)

ein Amtsschimmel, der aus dem „Gestüt Nahles“ kommt, „Planwirtschaft“ – –

(Beifall der Abg. Carola Wolle AfD – Zurufe)

Halt mal, halt mal, halt mal! Das sind gar nicht meine Wor te. Das sind Zitate aus der Rede des damaligen Kollegen Löff ler von der CDU bei der Einbringung dieses Gesetzes am 28. Januar 2015.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD sowie des Abg. Dr. Wolfgang Gedeon [fraktionslos] – Heiterkeit bei Abgeordneten der AfD – Zuruf von der AfD: Der war gut!)

Das war die Position der CDU, meine Damen und Herren.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der AfD)

Da Sie in der Vergangenheit immer erklärt haben, Bürokratie abbauen zu wollen, muss ich jetzt feststellen, Herr Kollege Paal: Es wird zwar ein Normenkontrollrat eingerichtet,

(Abg. Anton Baron AfD: Populisten! Das ist ja un glaublich! Lauter Populisten!)

der intern für Bürokratieabbau sorgen soll. Wenn jedoch er klärt wird, dies sei schon der große Erfolg, kann es das nicht gewesen sein, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Unter all den Gründen, die damals angeführt worden sind, ins besondere auch von der SPD, war auch das Argument, man müsse die Handwerker vor den Dumpinglöhnen aus dem Os ten schützen. Der Handwerkstag hat gesagt: „Das Gesetz bringt nichts.“ Die Landesvereinigung Bauwirtschaft BadenWürttemberg und alle anderen sind der gleichen Auffassung: Die Ziele werden nicht erreicht, das Gesetz hat sich nicht be währt. Es ist unnötige Bürokratie, und deswegen gehört es ab geschafft, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der Abg. Carola Wol le AfD)

Ich möchte auch der CDU eine Möglichkeit geben. Denn man erfährt hier ja wirklich Neues. Herr Kollege Paal, in Ihrem Koalitionsvertrag habe ich nicht gelesen, dass – wie Sie gera de hier gesagt haben – für 2018 eine Evaluation vorgesehen wäre.

(Zuruf des Abg. Claus Paal CDU)

Darin steht nämlich nur: